Ermittler! Kein Entkommen

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September 2006: Die 14-jährige Georgine wird am helllichten Tag auf ihrem Heimweg entführt. Zehn Jahre lang gilt das Mädchen als vermisst – bis verdeckte Ermittler den Täter überführen sollen. In einem zweiten Fall meldet sich ein Mann bei der Polizei und gibt an, er habe in Notwehr seine Frau in der Badewanne erstochen. Wie plausibel ist diese Erklärung, und welche Beweise gibt es? Die Ermittler führen eine spektakuläre Mord-Rekonstruktion durch.
Es ist der 5. Februar 2013 in Wiesbaden. Die 22-jährige Rechtsanwaltsfachangestellte Jolin Smith ist auf dem Weg nach Hause. Um 18:25 Uhr betritt sie den Eingangsbereich ihres Wohnhauses – und dann passiert es: Sie wird von hinten angegriffen, mehrere Stiche verletzen die junge Frau schwer. Eine Hausbewohnerin hört Jolins Schreie und alarmiert umgehend die Polizei. Der Täter flüchtet. Die eintreffenden Notärzte tun alles, um das Leben der Frau zu retten – doch sie erliegt im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen. Die anschließende Obduktion ergibt nicht nur Aufschluss über die Todesursache, sondern zeigt auch: Jolin war schwanger. Wer steckt hinter der kaltblütigen Tat? (Text: ZDF)

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Transcript
00:00Oft dauert es Jahre, manchmal sogar Jahrzehnte, bis Morde aufgeklärt werden. Oft haben die Täter
00:17ausgeklügelte Strategien, um sich ihre Strafe zu entziehen. Und dennoch gelingt es den Ermittlern
00:21der deutschen Polizei, die meisten zu überführen. Diese drei Mordermittlungen zeigen auf, wie das
00:27möglich ist. Einmal mit einer aufwändigen Tatrekonstruktion. Einmal mit verdeckten
00:37Ermittlern, die sich an einen Tatverdächtigen ranspielen. Und ein anderes Mal mit Weg-Zeit-Diagrammen.
00:46Drei Methoden, die die Täter am Ende allesamt entlarven.
00:50Berlin, Moabit. Die 14-jährige Georgine Krüger. Die Schülerin ist voller Energie und Träume,
01:07doch eines Tages verschwindet sie auf dem Nachhauseweg plötzlich spurlos.
01:11Für Kriminalhauptkommissar Thomas Ruhf ist es sein außergewöhnlichster Fall. Hunderte Male kommt er
01:20an den Ort zurück, an dem Georgine verschwand. Er ist sich sicher, hier liegt die Lösung des Falls.
01:26Aber am Ende wird es ihn und seine Kollegen nicht nur Jahre kosten, den Fall zu klären,
01:31sondern sie müssen auch ihre ganze kriminalistische Raffinesse aufbringen.
01:36Sehr präsent sind eigentlich auch noch mal, wenn man jetzt hier auch noch mal steht, die Erinnerungen
01:42an die Kontaktphasen zur Mutter. Diese quälende Ungewissheit, Tag für Tag, Nacht für Nacht,
01:49Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Das ist für die Angehörigen die größte Schwierigkeit, die Ungewissheit.
01:58Es ist Montag, der 25. September 2006. Gegen 13.50 Uhr kommt Georgine aus der Schule.
02:05Sie steigt aus dem Bus, hat nur 200 Meter Fußweg bis nach Hause. Doch diese 200 Meter werden ihr zum Verhängnis.
02:12Am helllichten Tag verschwindet das Mädchen.
02:15Ich war immer auf der Suche nach dem Spalt, der sich irgendwo zwischen Bushaltestelle und ihrem Wohnhaus aufgetan hat
02:21und der Georgine förmlich verschluckt hat und sich danach wieder verschlossen hat.
02:27So war die Gefühlslage, ihr spurloses Verschwinden, trotz aller Mühen keinen richtigen Ansatzpunkt zu finden.
02:34Ja, das ließ immer irgendwie so dieses Bild in einem aufkommen, das kann doch nicht wahr sein.
02:40Als Georgine nicht nach Hause kommt und auch ihr Handy ausgeschaltet ist, verständigt die Familie die Polizei.
02:47Die zögert nicht lange und beginnt sofort mit der Suche nach der Teenagerin.
02:51Auch Thomas Ruf und seine Kollegen von der Mordkommission werden umgehend eingeschaltet.
02:58Dass wir vom Einstieg in diesen Fall sehr früh und zeitnah in den Fall einsteigen konnten,
03:06das ist bei einer Vermissten-Sache ja nicht unbedingt immer gleich der Fall.
03:10Hier waren aber die Umstände, die letztendlich uns geschildert wurden, die waren schon sehr suspekt.
03:17Und insofern sind wir schon sehr früh davon ausgegangen, dass hier halt ein Verbrechen vorliegen könnte.
03:23Georgine träumt, seit sie denken kann, von einer Schauspielkarriere.
03:27An dem Tag, als das Mädchen verschwindet, ist sie eigentlich zu ihrem allerersten Casting eingeladen.
03:34Sie hatte am Freitag vor ihrem Verschwinden tatsächlich eine SMS bekommen,
03:39in der ihr angeboten wurde, in den anstehenden Herbstferien an einer Serie, türkisch für Anfänger, eine Statistenrolle zu übernehmen.
03:50Und das war für sie natürlich, sie war hellauf begeistert, das war für sie aus ihrer Sicht der Beginn ihrer Karriere.
03:59Den Termin zum Vorsprechen für diese Rolle hätte Georgine niemals verpasst.
04:04Fest steht, Zeugen sehen sie noch hier an dieser Bushaltestelle.
04:09Die Ermittler versuchen jetzt doch noch, das Handy des Mädchens zu orten.
04:13Bei der Überprüfung ihrer Handydaten konnten wir dann also feststellen,
04:17dass sich ihr Handy an diesem Montag tatsächlich um 14.06 Uhr direkt in der Funkzelle ihrer Wohnung aus dem Funknetz ausgelockt hatte.
04:28Und das war halt ein objektives Kriterium, was wir ermitteln konnten,
04:32was uns darin bestärkt hatte, in diesem Bereich der Funkzelle unsere Absuchemaßnahmen massiv voranzutreiben, um etwas aufzufinden.
04:43Über Wochen werden hunderte Dachböden, Keller und Garagen in der Umgebung in Augenschein genommen und durchsucht,
04:50um das Mädchen oder Hinweise auf ihren Verbleib zu finden.
04:54Doch für die Einsatzkräfte ergibt sich keine Spur.
04:58Auch die Rundum-Ermittlungen bei angehörigen Freunden und Bekannten von Georgine ergeben für Thomas Ruf und sein Team keinen Ansatz.
05:06Auch ein Motiv wird nicht gefunden.
05:09Auch Sexualstraftäter, die in der Gegend wohnen, werden überprüft. Ohne Ergebnis.
05:15Je länger wir keinen Hinweis darauf erhielten, dass Georgine irgendwo lebt,
05:20dann ist ganz automatisch, dass man ein Stück weit innerlich davon ausgeht,
05:25es wird in diesem Bereich, wo ihr Handy ausgegangen ist, wird es zu einem Tötungsdelikt gekommen sein.
05:31Aber es fehlt das corpus delicti, das heißt es fehlt Ihnen der Anknüpfungspunkt an einen Tatort.
05:37Und vom Tatort können Sie sich ja dann wieder ein Stück weiter hangeln.
05:41Und solange wir das corpus delicti nicht hatten, waren wir im Grunde genommen, wir schwebten in der Luft.
05:47Und weil es eben keine Leiche gibt, ist es für die Ermittler umso schwieriger, in dem Fall weiterzukommen.
05:53Es vergehen Jahre, in denen die Ermittler immer wieder neuen Hinweisen nachgehen.
05:58Doch Georgine bleibt verschwunden.
06:01Thomas Ruf und seine Kollegen müssen sich etwas Neues einfallen lassen, um in dem Fall weiterzukommen.
06:07Wenn solche Ermittlungen letztendlich sich abzeichnen, dass es überhaupt nicht weitergeht.
06:12Und alles, was sie so an einer kleinen Spur irgendwo vielleicht auch hochziehen,
06:17selbst entwickeln oder eben auch Hinweise, die gekommen sind, die interessant waren.
06:22Aber wenn alles im Sande verläuft, dann spürt man natürlich schon so immer wieder ein Stück weit, schade, hat wieder nicht geklappt.
06:32Thomas Ruf lässt der Fall keine Ruhe.
06:35Doch trotz allen Grübelns, er hat keine Ahnung, wie er noch eine Spur finden soll.
06:40Und mit den Jahren, die vergehen, wird es immer schwieriger, vielleicht sogar aussichtslos.
06:46Der kleine Ort Güstrow in der Nähe von Rostock.
06:50Dieses Original-Ermittler-Video zeigt die Rekonstruktion eines Tötungsverbrechens.
06:56Polizeibeamte mimen dabei Opfer und Täter.
07:00Sie versuchen so, den Tod einer 36-jährigen Frau aufzuklären.
07:04Der Rostocker Kriminalhauptkommissar Andreas Seifert hat in dem Fall die Ermittlungen geleitet.
07:11Das Besondere an diesem Fall ist für mich, dass der Tatablauf, so wie er sich dargestellt hat,
07:16so gewandelt hat, dass man von einem möglicherweise sogar überzogenen Notwehrverhalten
07:22bis zum Schlimmsten, was man im Bereich der Tötungsdose durchführen kann,
07:26nämlich dem bewussten, vorsätzlichen, heimtückischen Mord eines Menschen gewandelt hat.
07:33Am Sonntag, dem 4. März 2018, taucht der 40-jährige Jörg H. in Begleitung seines Vaters in der Dienststelle Güstrow auf.
07:41Der Mann will sich selbst anzeigen.
07:44Er ist persönlich erschienen im Polizeirevier und hat mitgeteilt, dass er möglicherweise in der vergangenen Nacht
07:49im Rahmen eines Affektes seine ehemalige Lebensgefährtin getötet hat.
07:53Er sprach davon, dass sie ihn mit Messer angegriffen hätte.
07:57Kriminalhauptkommissarin Astrid Nelle ist eine Kollegin von Andreas Seifert.
08:01Sie hat den Fall bis ins Detail analysiert und erinnert sich noch genau an die ungewöhnliche Selbstanzeige.
08:08Zum Anfang versucht man natürlich erst festzustellen, ob derjenige unter Betäubungsmittel oder Alkohol oder Ähnliches steht,
08:17um diese Äußerung überhaupt zu tun. Das war in diesem Fall nicht so.
08:22Andreas Seifert und seine Kollegen von der Mordkommission machen sich sofort auf den Weg zur Wohnung der Frau.
08:27Die Bereitschaftspolizei ist bereits vor Ort, um Jörg H.'s Angaben zu überprüfen.
08:33Silke W. liegt tot in ihrer Badewanne.
08:36Doch das ist noch nicht alles.
08:39Es war von Anfang an auch davon die Rede, dass der Tatort verendet ist.
08:44Das wirft bei den erfahrenen Ermittlern schon vor ihrer Ankunft am Tatort viele Fragen auf.
08:49Man fragt sich natürlich auch, warum wurde der Tatort gereinigt? Welche Person hat das gemacht und mit welchem Ziel?
08:57Weil die hat uns ja der Tatverdächtige gesagt, dass sie das Tatort gereinigt hat.
09:03Am Tatort angekommen, offenbart sich den Ermittlern ein rätselhaftes Bild.
09:07Nicht nur der Tatort scheint gereinigt worden zu sein.
09:11Der Körper der Toten weist eine Veränderung an.
09:15Die Veränderung ist eine Veränderung, die sich in der Tat nicht nur in der Tat verändern kann,
09:20sondern auch in der Tat verändern kann.
09:23Die Veränderung ist eine Veränderung, die sich in der Tat verändern kann,
09:27die sich in der Tat verändern kann.
09:31Der Körper der Toten weist eine Vielzahl von Stichverletzungen auf.
09:35Doch es gibt so gut wie kein Blut.
09:38Einen so sauberen Tatort gerade in dem Bereich, wo gerade eine Person mit Messerstichen getötet wurde,
09:44habe ich noch gar nicht gesehen.
09:46Es war ja tatsächlich so, dass die Leiche wirklich gereinigt wurde,
09:49dass überhaupt kein Blut an ihr war, kein Blut in der Badewanne war.
09:52Und das habe ich so noch nicht erlebt.
09:54Werden die Ermittler überhaupt noch brauchbare Spuren finden, um den Tathergang rekonstruieren zu können?
10:00Es wurde auch durch den Täter mit Desinfektionsmittel gearbeitet.
10:04Und man hat Angst gehabt, letztendlich die Täterschaft zu beweisen.
10:10Er hatte zwar gesagt, dass er derjenige wäre.
10:13Aber es ist wichtig, die objektive Beweisführung im Gerichtssaal auch darzustellen,
10:18um den Täter objektiv auch zu überführen.
10:21Den Ermittlern war klar, dass es eine schwierige Situation geben wird
10:26und letztendlich die Beweisführung auch sehr viel Zeit und Akrepie in Verbindung bringen musste.
10:32Die Wohnungstür des Opfers ist unversehrt.
10:35Nichts deutet auf ein gewaltsames Eindringen hin.
10:38Der Tatort und die Leiche werden auf Spuren untersucht.
10:41Dabei werden neben einem Messer auch das Handy des Opfers und ein Fitnessarmband sichergestellt,
10:47das Silke W. zum Zeitpunkt ihres Todes trug.
10:50Jörg H. wird nochmals vernommen und gibt zu Protokoll, dass ihm Silke W. selbst die Tür öffnete.
10:57Offenbar erwartete sie allerdings jemand anderen.
11:00Dann hat sie mitbekommen, dass es nicht der erwartete Besuch von ihr war, sondern ihr ehemaliger Lebensgefährte.
11:07Dann soll es zu einem verbalen Streit gekommen sein.
11:10In der Folge, sie sich beide gegenseitig schubsten und auch in die Wanne fielen.
11:15Und letztendlich sie dann auch das Messer geholt haben soll, um ihn zu verletzen, was aber nicht gelungen war.
11:24Und dementsprechend war dieser Streit immer wieder körperlich nach seinen Aussagen zwischen ihnen beiden stattgefunden.
11:31Er kommt in die Wanne zum Fallen, sie fällt hinterher.
11:34Und in dem Rahmen soll es dann dazu gekommen sein, dass sie ihn unter Wasser gedrückt hat.
11:38Er hätte Augennot bekommen, er hätte sich aus der Wanne rauswinden können.
11:42Und letzten Endes hätte sie ihn aber wieder mit dem Kopf unter Wasser gedrückt,
11:45sodass er dann in seiner Not das Messer genommen hätte, um auf die Geschilder einzustechen und damit praktisch diesen Angriff zu entgehen.
11:53Könnte Silke W. beim plötzlichen Aufeinandertreffen mit ihrem Exfreund tatsächlich so wütend geworden sein,
11:59dass sie ihn mit dem Messer angegriffen hat und er sie dann in Notwehr tötete?
12:03Die Ermittler bezweifeln, dass es so war, doch beweisen können sie es nicht.
12:08Sie hoffen, dass die Mieter im Wohnhaus der Toten vielleicht etwas gesehen und gehört haben, was die Polizei weiterbringt.
12:15Der Mieter, der unterhalb dieser Wohnung wohnte, war in der Nacht aufgewacht und hatte mitbekommen, dass das Wasser eingelaufen war in der Wanne.
12:26Aber mehr eben nicht. Es gab keine Kampfgeräusche, die ohne Weites hätten übertragen werden müssen.
12:33Interessant für den Zeugen war weiterhin, dass er, weil er nun wach war und nicht so wirklich schlafen konnte,
12:39eben Geräusche oben aus der Wohnung gehört hat und später auch hörte, wie die Tür oben zuging und jemand die Treppe runterging,
12:47er selbst dann zum Fenster gegangen ist und eine Person aus dem Haus weggehen sehen konnte.
12:53Dieser Mann wird als Jörg H. identifiziert.
12:57Doch die Tatsache, dass die Nachbarn in dem hellhörigen Haus keinen Kampf gehört haben,
13:02lässt die Ermittler an der von Jörg H. geschilderten Version des Tathergangs immer mehr zweifeln.
13:09Können Astrid Nelle und Andreas Seifert seine Notwehrversion mit Beweisen widerlegen?
13:15Wiesbaden. Es ist der 5. Februar 2013. Die 22-jährige Rechtsanwaltsfachangestellte Jolin ist auf dem Weg nach Hause.
13:25Um 18.23 Uhr verlässt sie den Bus und fährt nach Wiesbaden.
13:30Die Nachbarin von Jolin ist in Wiesbaden.
13:34Die Nachbarin von Jolin ist in Wiesbaden.
13:38Um 18.23 Uhr verlässt sie den Bus und fährt nach Wiesbaden.
13:43Die Nachbarin von Jolin ist in Wiesbaden.
13:48Die Nachbarin von Jolin ist in Wiesbaden.
13:53Die Nachbarin von Jolin ist in Wiesbaden.
13:58Die Nachbarin von Jolin ist in Wiesbaden.
14:03Ein Detail lässt ihn bis heute nicht los
14:06und berührt den erfahrenen Kriminalisten besonders.
14:09Das Besondere war gleichzeitig das Schlimmste.
14:12Ich glaube, es war vorher niemand aufgefallen.
14:15Aber als ich die Obduktionsbilder am Tag nach der Obduktion gesehen habe,
14:19ich war selbst bei der Obduktion nicht dabei,
14:22fiel mein 1. Blick auf ein Bild, wo praktisch erkennbar war,
14:26dass die in ihr Kopfhörer von Jolien unter ihrer Leiche gelegen haben.
14:32D.h. in dem Fall war für mich in dem Moment mehr als klar,
14:35sie war in einer anderen Welt.
14:37Sie hat Musik gehört, sie wollte nach Hause,
14:40sie hatte Feierabend, sie hatte sich gefreut.
14:43Dann hat sie das nächste Erlebnis gehabt,
14:45dass ein riesengroßes Messer in ihren Körper eingedrungen ist.
14:49Diese Vorstellung, die hat mich schwer getroffen.
14:55Doch was ist hier genau passiert?
14:58Stefan Lange und seine Kollegen von der Spurensicherung
15:01hoffen auf erste Erkenntnisse am Tatort.
15:06Die Situation war so, dass die Spurensicherungsmaßnahmen
15:09im Inneren des Hauses am Eingang gelaufen sind.
15:12Das Haus war verschlossen, dass niemand da reinkommt.
15:15Die Kollegen drinnen haben ihre Arbeit gemacht.
15:18Wir konnten keinerlei große Blutspuren oder Ähnliches finden,
15:21weil die Jolien S. eine dicke Winterjacke getragen hat,
15:25die sämtliche Spurenexplorationen verhindert hat.
15:28Die dicke Daunenjacke, die Jolien an diesem Tag trägt,
15:32hat demnach sämtliches Blut aufgesogen.
15:34Die Spuren am Tatort sind dürftig.
15:37Lediglich Einweghandschuhe werden gefunden, aber keine Tatwaffe.
15:41Auch die Befragungen der Nachbarn bringen keine neuen Erkenntnisse.
15:45Wir hatten keinerlei direkte Tatzeugen.
15:48Bedingt allerdings auch durch den Tatablauf der Täter
15:52hat praktisch Jolien beim Aufschließen von hinten
15:56derart überfallen, dass er ihr dort schon im Stehen
15:59den 1. Stich in den Rücken gesetzte.
16:02Und dann mit ihr zusammen praktisch in den Hausflur hineingefallen ist.
16:06Oder sie dann mit 2 weiteren Stichen traktiert hat.
16:09Sie hat sich noch gewehrt.
16:11Entsprechende Abwehrverletzungen konnten festgestellt werden.
16:14Aber er konnte ihr noch 2 weitere tödliche Stiche setzen.
16:17Jolien hatte keine Überlebenschance.
16:19Ihr Tod wird noch dramatischer, als klar wird,
16:22die junge Frau war in der 12. Woche schwanger.
16:25Ihr Lebensgefährte ist der damals 21-jährige Isa S.
16:29Kommissar Stefan Lange macht sich auf den Weg zu Joliens Eltern,
16:32um mehr über die Beziehung zu erfahren.
16:35Der Vater der Jolien äußerte den Verdacht bezüglich des Freundes,
16:40des momentanen Freundes von der Jolien.
16:43Weil er mitbekommen hatte, dass es dort Spannungen gab
16:46im Verhältnis gerade wegen der Schwangerschaft.
16:49Bereits die ersten Ermittlungen zeigen,
16:51Der Deutsche mit afghanischen Wurzeln unterstützte Jolien zwar.
16:55Isa S. zeigte sich aber auch von einer anderen Seite.
16:58Allerdings verlangte er dann auch von ihr,
17:01dass sie sich seinen Lebensgewohnheiten unterordnet.
17:05D.h. auf Schweinefleisch verzichtet, keine Gummibärchen mehr isst.
17:09Und, ja, sag ich mal,
17:10in die typisch traditionelle islamische Welt mehr hineinlebt.
17:16Sie durfte keine anderen Freunde mehr besuchen.
17:19Also, er war da sehr kontrollierend, nenne ich das jetzt so.
17:23Isa S. wird von den Ermittlern aufgesucht und u.a. gefragt,
17:27wo er sich zur Tatzeit aufgehalten hat.
17:31Er erklärte uns seinen Tagesablauf zunächst mit 2, 3 Worten.
17:35Und erklärte uns, dass er keinen Kontakt in dem Abend
17:38zu Jolien gehabt hat.
17:39Und dass er uns dann zur Verfügung stand für eine weitere Vernehmung,
17:45indem wir die Details danach ausarbeiten konnten.
17:48Joliens Freund wird auf der Wache erneut zum Tattag befragt.
17:51Der Student gibt zu Protokoll, dass er am Nachmittag
17:54des fraglichen Tages in der Fachhochschule in Rüsselsheim war.
17:58Später sei er dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln
18:01zurück nach Wiesbaden gefahren, wo er seinen Vater getroffen habe.
18:05Hat sich dort ein Fahrzeug geholt oder das Fahrzeug des Vaters geholt,
18:09um dann in die Bücherei zu gehen und dort zu lesen und zu lernen.
18:14Die wäre dann beschlossen gewesen,
18:16und dass er sich dann entschlossen hat, zur Firma Hugendube zu gehen.
18:20Das ist ein Buchhandel in der Innenstadt von Wiesbaden.
18:23Zum genauen Tatzeitpunkt soll er sich also hier
18:26in dieser Buchhandlung aufgehalten haben.
18:28Lange und seine Kollegen überprüfen das, und tatsächlich finden sie
18:32Isa S. auf der Aufzeichnung einer Überwachungskamera,
18:35die 18.22 Uhr anzeigt.
18:38Nur wenige Momente vor der Tat. Ein wasserdichtes Alibi.
18:41Die Ermittlungen von Stefan Lange befinden sich in einer Sackgasse.
18:45Scheinbar.
18:49Zurück in Berlin.
18:51Bereits seit mehreren Jahren beschäftigt hier Ermittler Thomas Ruf
18:54das Verschwinden der 14-jährigen Schülerin Georgine Krüger.
18:58Das Mädchen ist mitten am helllichten Tag spurlos verschwunden.
19:02Auch Jahre später haben die Ermittler nicht den geringsten Hinweis darauf,
19:07was ihr passiert sein könnte.
19:10Und trotzdem geben sie nicht auf.
19:15Die Motivation, die ist eigentlich immer da.
19:18Das ist genau, warum ich diesen Job gemacht habe
19:21und immer noch gerne mache.
19:23Dieses Rätsel irgendwie zu lösen und letztendlich
19:27einer zerstörten Familie das letzte Stück mitgeben zu können.
19:33Der Ermittler ist nach wie vor der Meinung, dass die Lösung des Falles
19:38in der Straße zu finden ist, in der Georgine verschwand.
19:41Er nimmt deshalb erneut sämtliche Bewohner unter die Lupe.
19:45Meine Hoffnung bestand letztendlich darin,
19:47vielleicht zeigt sich bei irgendeinem der männlichen Bewohner
19:51auf ihrer Straßenseite eine Auffälligkeit,
19:54die für mich einen Ansatzpunkt bieten könnte,
19:57auch in Richtung des Verschwindens von Georgine zu kommen.
20:01Bei dieser Ermittlung stößt Thomas Ruf auf Ali K.
20:04Er hatte 2011 einen Sexualdelikt begangen,
20:08von dem die Mordkommission aber nichts wusste.
20:12Das war dann tatsächlich so, dass bei dieser Überprüfung
20:16der Ali K. sichtbar wurde mit einem Delikt, was er 2011 begangen hat,
20:24zum Nachteil einer damals, ich glaube, 17-Jährigen, Jugendlichen
20:28aus seiner unmittelbaren Nachbarschaft.
20:30Ali K. lockte damals das Mädchen unter einem Vorwand in seinen Keller.
20:35Dort versuchte er es unter Anwendung massiver Gewalt zum Sex zu machen.
20:41Das Opfer kann sich aus der Situation befreien
20:44und erstattet Anzeige.
20:46Ali K. wird wegen schwerer sexueller Nötigung
20:49in Verbindung mit schwerer Körperverletzung verurteilt.
20:52Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
20:55Für Thomas Ruf deutet alles darauf hin,
20:57dass er auch mit Georgines Verschwinden
21:00etwas zu tun haben könnte.
21:01Manipulatives Vorgehen und dann ein unvermitteltes Einsetzen
21:05körperlicher Gewalt gegen das Opfer, das waren 2 Momente,
21:09die uns haben sehr hellhörig werden lassen.
21:12Weil genau das war so unsere mögliche Vorstellung
21:16von dem Ablauf einer Tat.
21:18Und dass genau auch Georgine so etwas hat 2006 widerfahren können.
21:24Und deswegen haben wir uns natürlich gesagt,
21:27dieser Spur, der werden wir jetzt ganz genau nachgehen.
21:31Ali K. lebt nur wenige Meter
21:33von Georgines elterlicher Wohnung entfernt.
21:36Nach außen hin ein unauffälliger Familienvater.
21:39Die Ermittler überlegen,
21:41wie sie nach so langer Zeit nun überhaupt vorgehen können.
21:49Ein offenes Ansprechen auf Georgine jetzt so viele Jahre
21:53nach dem Verschwinden, das macht überhaupt keinen Sinn,
21:57weil wir ja nichts in der Hand haben.
22:00Dann hat man natürlich die Überlegung,
22:03wir könnten ja uns den Keller angucken.
22:06Vielleicht haben wir dort einen objektiven Nachweis
22:09und können dort einen finden.
22:11Aber aufgrund des Zeitablaufs ist auch die Wahrscheinlichkeit,
22:15dass sie da tatsächlich was Verwertbares noch finden,
22:18extrem gering.
22:20Die Ermittler entscheiden sich für eine andere Taktik
22:23und tasten sich über die Befragung des Wohnumfeldes
22:26langsam an den Verdächtigen heran.
22:28Dabei ergibt sich ein interessantes Bild.
22:31Schon vor Georgines Verschwinden
22:33verhielt sich Ali K. jungen Mädchen gegenüber grenzüberschreitend.
22:37Bei der Befragung kommen viele Aussagen zusammen.
22:40Z.B. ob sie schon sexuellen Verkehr hatten.
22:43Er hat sich sogar auch als Jünger ausgegeben.
22:46Er hat sich als Lebenspartner angeboten.
22:49Er hat gesagt, er ist in seiner Ehe mit seiner Frau nicht mehr glücklich.
22:53Es waren viele Bereiche, die wir dann noch sichtbar machen konnten,
22:57die uns gezeigt haben, unsere Spur, die ist schon interessant.
23:01Das war unsere Hoffnung,
23:03dass wir dadurch vielleicht bei der Staatsanwaltschaft
23:06als Herren des Verfahrens
23:08ein Anfangsverdacht gegen Ali K. konstruieren und herbeirufen können.
23:13Damit wir gegen Ali K. nämlich verdeckte Maßnahmen fahren können.
23:18Denn nur das war aus unserer Einschätzung die Möglichkeit,
23:22zu klären, hat Ali K. etwas mit der Tat zu tun, ja oder nein.
23:27Die zusammengetragenen Informationen über Ali K.
23:30reichen der Staatsanwaltschaft aus, um auf den nunmehr Verdächtigen
23:34insgesamt 3 verdeckte Ermittler anzusetzen.
23:37Das Ziel ist ja dann,
23:39erst mal in den Kreis der verdächtigen Person zu gelangen.
23:43Jetzt kann ich vor der Kamera nicht ins letzte Detail gehen.
23:47Aber klar war hier in dem Fall,
23:49als Legende hat man hier konkret eine Geschäftsmodell-Idee genommen,
23:54dass sich die verdeckten Ermittler der Zielperson, hier also dem Ali K.,
23:59mit einer Legende genähert haben,
24:01dass sie hier in Berlin vorhaben, ein Geschäft aufzumachen.
24:05Man weiß aber auch, es steht extrem viel Arbeit vor einem.
24:09Und der Ausgang ist total ungewiss.
24:12Die verdeckten Ermittlungen laufen über ein Jahr
24:15und werden zum Nervenkrieg.
24:17Und dann endlich bringt eine inszenierte Geschichte
24:20Ali K. zum Reden.
24:22Von einem der verdeckten Ermittler
24:24bekommt er das Angebot, einen Auftragsmord zu begehen.
24:27Dabei prallt er mit einem Mord,
24:29den er selbst schon mal begangen habe, den an Georgin.
24:33Dann hat er alles erzählt.
24:35Dann hat er im Grunde genommen diese Tatsituation,
24:38wie es sich dargestellt hat, wie er Georgin damals angesprochen hatte,
24:43dass er sie sozusagen mit vollgepackten Tüten
24:46vor seiner Haustür einfach abgepasst hat.
24:49Und Georgin ist halt mitgegangen.
24:52Dann sind sie unten in seinem Keller gewesen.
24:55Er hat sie bewusstlos geschlagen und hat sie dann vergewaltigt.
24:59Und nachdem er sie vergewaltigt hat, hat er sie getötet.
25:03Ali K. schildert dem verdeckten Ermittler sehr detailliert,
25:07wie er Georgin brutal erwirkt, ihre Leiche in einen Teppich rollt
25:11und anschließend in einem großen Müllcontainer entsorgt.
25:15An seiner Täterschaft besteht nun kein Zweifel mehr.
25:19Man muss sich vor Augen führen,
25:21der Ali K. hat 12 Jahre lang keinem einzigen Menschen,
25:25auch nur ein Sterbenswörtchen von dieser Tat,
25:28von seinem Erlebnis geschildert.
25:30Und dann tut er es genau ein einziges Mal.
25:33Und das ist ein verdeckter Ermittler, das ist ein Polizist,
25:37der das alles letztendlich aufnehmen konnte,
25:40also sensationell, ein riesiges Glück.
25:43Ein absolutes Kompliment an die Arbeit der verdeckten Ermittler.
25:47Ohne die wäre eine Lösung des Falles nicht möglich gewesen.
25:5112 Jahre nach dem Mord an Georgin wissen Thomas Ruhf
25:55und seine Kollegen endlich,
25:57was an jenem Tag im September 2006 passiert ist.
26:00Ali K. hat es ihnen selbst erzählt.
26:02Er wird wegen seiner Vergewaltigungen
26:05vor dem Landgericht Berlin angeklagt.
26:08Am 17. März 2020 wird er zu lebenslanger Haft verurteilt.
26:12Vor Gericht schweigt er zu den Vorwürfen.
26:15So einen Fall, den hat man in der beruflichen Laufbahn
26:19wahrscheinlich nicht so häufig.
26:21Wahrscheinlich wirklich nur ein einziges Mal
26:24über so eine lange Zeit,
26:26so eine lange Ermittlung letztendlich zu führen.
26:30Und dann eben auch zu so einem glücklichen Abschluss bringen zu können.
26:35Das ist schon, das macht einen schon froh.
26:38Das macht ein Stück weiser, so ein Verfahren.
26:41Der Fall der verschwundenen Georgin.
26:44Jahrelang litt ihre Familie unter der Ungewissheit,
26:47was mit dem Mädchen passiert ist.
26:49Ermittler Thomas Ruhf und seine Kollegen
26:52konnten diese Ungewissheit auflösen
26:54und den Mörder von Georgin überführen.
26:58Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern.
27:01Hier haben es die Ermittler Astrid Nelle und Andreas Seifert
27:05mit einer ungewöhnlichen Situation zu tun.
27:08Der 40-Jährige Jörg H. hat sich selbst angezeigt.
27:12Er behauptet, er habe seine Ex-Freundin in Notwehr getötet.
27:17Doch das ist nicht der Fall.
27:19Der 40-jährige Jörg H. hat sich selbst angezeigt.
27:23Er behauptet, er habe seine Ex-Freundin
27:26in Notwehr getötet.
27:29Zum anderen war für uns die Frage vor Ort.
27:32Wie kam er in die Wohnung rein?
27:34Welche Handlungen haben sich vorher ereignet?
27:37Gab es vorher einen Streit?
27:39Wurde er angegriffen mit einem Messer?
27:41War das in der Wohnung zu erkennen?
27:44Es waren keine Kampfspulen im Rest der Wohnung zu sehen.
27:48Mit Tätig-Auseinandersetzungen, wie er sie uns beschrieben hat,
27:52war von Anfang an nicht zu erkennen.
27:54Die Zweifel erhärten sich, als ein fingiertes Online-Profil auftaucht.
27:58Jörg H. hatte demnach mit seiner Ex-Freundin Silke W.
28:01vor ihrem Tod unter falschem Namen Kontakt.
28:04Der Beschuldigte legt diesen Fake-Account an auf einen Mike Müller.
28:10Und hat dann letztendlich sie jeden Tag über Stunden
28:15darüber auch manipuliert.
28:17Innerhalb von 7 Monaten
28:19kommen über 860 Seiten Chat-Protokolle zusammen.
28:23Die Nachrichten werden immer vertraulicher und erotischer.
28:27Mit der Zeit entwickelt sich so eine Art Online-Beziehung
28:30zwischen dem falschen Mike Müller und Silke W.
28:34Er hat es so begründet, weil er sie wieder zurückgewinnen wollte.
28:38Es war an dem Abend vor ihrem Tod
28:41letztendlich auch ein reger Chat-Verkehr zwischen ihnen beiden.
28:45Wo der Beschuldigte über den Fake-Account
28:48der Geschädigten mitteilte, sie möchte doch mehr trinken.
28:52Damit der Sex im Nachgang schöner sei.
28:55Er hatte dann, nachdem er seit über 7 Monaten
28:59ein Treffen verweigerte, an dem Abend über den Fake-Account
29:04endlich ein Treffen auch zugesagt.
29:07Und hat dieses dann auch bestätigt.
29:10Und die Geschädigte selbst hat sich darauf gefreut.
29:14Und hat ihn eingeladen zu sich in die Wohnung.
29:18So zumindest stellt es Jörg H. dar.
29:21Doch anstatt Mike Müller trifft Silke W.
29:24an der Wohnungstür auf ihren Ex-Freund Jörg H.
29:27Was genau hat sich danach in ihrer Wohnung abgespielt?
29:30Die Obduktionsergebnisse liefern den Ermittlern
29:33dazu wertvolle Erkenntnisse.
29:35Der Körper der Toten weist neben 12 massiven Stichverletzungen
29:39im Bereich des Herzens auch Abwehrverletzungen an den Armen auf.
29:43Für Kriminalhauptkommissar Andreas Seifert
29:46spricht das gegen ein typisches Notwehr-Szenario,
29:50So wie er die Tat geschildert hat,
29:52hätten die Stiche auch nicht so dicht aneinanderliegend sein können.
29:56Denn so wie er es darstellt, war sein Kopf unter Wasser.
29:59Er greift zur Messe und sticht wahllos in Richtung der Geschädigten.
30:03Dann 12-mal genau einen eng umfassten Bereich zu treffen,
30:06das wäre schon äußerst ungewöhnlich.
30:08Er hatte überhaupt keine Verletzung.
30:10Und die Geschädigte lag in der Wanne, gesäubert,
30:14mit 12 Messereinstichen in den Brust, ziemlich zentral.
30:19Und Abwehrverletzungen im Handbereich.
30:23Und er hatte wenige Kratzer auf den Oberarm,
30:26die diese Notwehr überhaupt nicht plausibel machten.
30:30Für Andreas Seifert und seine Kollegen wird immer klarer,
30:33dass Jörg Haas' Version vom Tod seiner Ex-Freundin so nicht stimmen kann.
30:37Es vergehen Wochen, in denen der Beschuldigte
30:40immer neue Versionen des Tathergangs liefert
30:43und die Ermittler nach weiteren stichhaltigen Beweisen suchen.
30:48Auf alle Fälle möchte man die Wahrheit wissen.
30:51Mir geht es nicht darum, eine Person möglichst hart zu bestrafen,
30:55sondern ich möchte wissen, was wirklich passiert.
30:58Und wenn man eine Aussage bekommt,
31:00die immer wieder durch Details widerlegt wird,
31:03verschiedene Szenarien sind durchgegangen,
31:06Sachen nachgemessen, nach bestimmten Dingen gesucht,
31:09die er angegeben hat, die in der Wohnung stattgefunden
31:12oder gewesen sein sollen.
31:14Wenn eine Aussage immer wieder widerlegt wurde,
31:17hat man seine Zweifel an den Aussagen, die er macht.
31:20Dann möchte man wissen, was wirklich passiert.
31:23Dann kniet man sich umso mehr rein, um die Wahrheit zu erfahren.
31:27Jörg Haas' Wohnung wird durchsucht.
31:29Dabei landen die Beamten einen Glückstreffer.
31:32Sie finden u.a. Schlüssel,
31:34die nicht zu den Wohnungsschlüsseln des Beschuldigten passen.
31:38Diese Wohnungsschlüssel wurden überprüft.
31:41Er hat diese Schlüssel nachgemacht,
31:43um in das Haus und in die Wohnung zu kommen.
31:46Diese Schlüssel muss sich Jörg Haas
31:48ohne das Wissen seiner Ex-Freundin angeeignet haben,
31:51um sie zu überraschen.
31:53Man wusste, dass die Geschädigte nie wollte,
31:56dass der Beschuldigte einen Schlüssel zur Wohnung
31:59oder zur Haustür haben darf.
32:01Sie lehnte es kategorisch ab.
32:03Er sollte klingeln, wenn er in die Wohnung kam.
32:06Er hatte bis dato, das ist durch Freunde und Zeugen belegt worden,
32:10für mich war erkennbar,
32:12dass ein möglicherweise heimtückisches Vorgehen gegeben war.
32:16Dass der Beschuldigte, ohne dass er die Geschädigte
32:19darüber informierte, in der Wohnung aufgesucht hat.
32:22Dass er sie dort überrascht und mit einer Messe angegriffen hat.
32:26Die Schlüsselkopie legt nahe,
32:28dass Jörg Haas sich Zugang zu der Wohnung verschaffen wollte,
32:32um seine Ex-Freundin zu überraschen.
32:34Doch der Schlüssel ist kein Beweis dafür,
32:36dass er seine Ex-Freundin vorsätzlich getötet hat.
32:39Andreas Seifert will es endlich wissen
32:42und ordnet eine umfangreiche Rekonstruktion des Tathergangs an.
32:46Hier ist zu sehen, wie die Polizeibeamten
32:49das angebliche Szenario durchspielen.
32:52Wird das Jörg Haas' Version widerlegen können
32:55und dem Mann zum Verhängnis?
33:01Wieder in Wiesbaden.
33:03Ermittler Stefan Lange hat es hier mit dem hinterhältigen Mord
33:07seiner schwangeren Jolin zu tun.
33:09Der erfahrene Kriminalist hält Jolins Freund Isa S. für verdächtig.
33:13Doch der hat ein Alibi,
33:15war zur Tatseit nachweislich in einem Buchladen.
33:18Dennoch lässt Lange das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmt.
33:22Auch aufgrund einer Aussage,
33:24die Isa S. über sich selbst getätigt hat.
33:27Er konnte auch ein anderer sein als das Saniwal.
33:30Es gab einen Spruch, du wirst den Afghanen in mir kennenlernen.
33:34Was immer du hast.
33:36Stefan Lange überprüft noch einmal das Alibi von Isa S.
33:40Als er sich die Überwachungsanlage des Buchladens näher ansieht,
33:44stößt er auf ein sehr wichtiges Detail.
33:50Die Kameras bei der Firma Hugendube sind auch zeitbelegt.
33:54D.h. da gibt es eine Zeit,
33:56die eingeblendet wird in die Aufzeichnung.
33:59Das Problem in dem Fall war,
34:01dass diese Zeit vom System des Kamerasystems
34:04nicht festgestellt war.
34:06D.h. die Zeit sah so aus,
34:08als wenn Isa schon vor der Tatzeit bei der Firma Hugendube gesessen hätte.
34:13Das konnten wir am nächsten Tag leicht feststellen
34:16durch einen Abgleich mit der Realzeit und der Systemzeit.
34:20Diese Zeiten wichen damals um 22 min ab.
34:23D.h. er war nicht vor der Tatzeit schon im Hugendube,
34:27sondern erst nach der Tatzeit.
34:29Aber wäre es zeitlich überhaupt machbar gewesen für Isa S.,
34:33seine Freundin um 18.25 Uhr zu töten
34:36und um 18.44 Uhr im Buchladen gewesen zu sein?
34:39Um das herauszufinden,
34:41erstellen Lange und sein Team ein sog. Weg-Zeit-Diagramm.
34:46Es ist ohne Weiteres möglich,
34:48vom Tatort zur Firma Hugendube in der Zeit zu gelangen
34:51und auf dem Weg dorthin auch noch Tatkleidung
34:54oder das Tatwerkzeug temporär zu deponieren,
34:57und zwar im Fahrzeug des Vaters.
34:59Dort kann ich das ablegen, abschließen, gehen
35:02und begebe mich zur Firma Hugendube und lasse mich aufzeichnen.
35:06Und dann, wenn ich fertig bin mit dem und ich gehe wieder raus,
35:10hole ich das Auto und entsorge ganz sicher Tatbekleidung und Tatmesser.
35:14Der 21-Jährige rückt so immer mehr in den Fokus der Ermittler.
35:18Und ein Motiv eröffnet sich nun auch.
35:21Lange kann durch Umfeldermittlungen herausfinden,
35:24dass der gebürtige Afghane kein Kind mit Jolin möchte.
35:28Die Aussagen, die er tätigte, waren, wenn man das mal ganz platt sagt,
35:32sie möchte dieses ungewollte Kind abtreiben.
35:36Das hat er wirklich in sehr unschönen Formulierungen ausgedrückt,
35:40sodass man wirklich erkennen konnte, was er eigentlich bezwecken wollte.
35:44Und er übte sehr starken Druck, nicht nur selbst auf sie aus,
35:48für den Druck zur Abtreibung benutzte er sogar ihren Ex-Freund,
35:52mit dem Jolin zwischenzeitlich mal wieder eine On-Off-Kurzbeziehung hatte.
35:57Freunde, Bekannte, Kommilitonen,
36:00also er versuchte wirklich vielschichtig auf Jolin einzuwirken,
36:04um es zur Abtreibung kommen zu lassen.
36:08Doch Jolin will ihr Kind nicht abtreiben lassen.
36:11Ist das ihr Todesurteil?
36:13Die Ermittler suchen weiter nach objektiven Beweisen
36:16und können auf den Einweg-Handschuhen vom Tatort wichtige Spuren sichern.
36:21Bei der Untersuchung dieser aufgefundenen Handschuhe,
36:24diese Einmal-Handschuhe, konnten Fasern festgestellt werden,
36:27die korrespondierten mit Fasern seiner eigenen Handschuhe,
36:31die in seiner Jackentasche sichergestellt worden sind.
36:34Das heißt also, diese Handschuhe, diese Einmal-Handschuhe vom Tatort,
36:37müssen in einem gewissen Kontakt gestanden haben mit den Handschuhen,
36:41die Isa üblicherweise zu dieser Jahreszeit dann auch getragen hat
36:44und in seiner Jackentasche verwahrt hatte.
36:46Die Indizienkette wird immer länger
36:48und die Auswertung der Handydaten von Isa S.
36:51liefert einen weiteren wichtigen Beweis gegen ihn.
36:55Dadurch gelang es uns dann festzustellen,
36:58dass er sich zur Tatzeit im näheren Tatort-Bereich aufgehalten haben musste.
37:05Wir konnten also feststellen, dass er von der Hähnchenwagen seines Vaters
37:11sich in die Nähe des Tatorts begeben hat,
37:13dort dann bis dahin Kommunikation geführt hat,
37:16die kaum erklärlich für die Kommunikationspartner war.
37:19Die wussten gar nicht, warum er sie anschreibt, anruft.
37:22Und das gleiche Verhalten setzte dann wieder ein,
37:25als er sich vom Tatort entfernt hatte.
37:27Und somit war für uns im Prinzip klar,
37:30dass Isa sich dort aufgehalten haben muss
37:33und nicht den Weg, den er uns beschrieben hat,
37:35durch die Stadt genommen hat.
37:37Jetzt reichen die Indizien,
37:39um Isa S. wegen Mordes an seiner Freundin Jolin festzunehmen.
37:42Und dann meldet sich auch noch ein Zeuge bei Stefan Lange.
37:46Ein Mann, der berichtet, Isa S. hätte ihm gegenüber die Tat gestanden.
37:51Während unserer Ermittlungen kam es dann zu einer Meldung eines Rechtsanwaltes,
37:56dass er einen Mandanten vertritt, der in der JVA Frankfurt einsitzt, genau wie Isa S.,
38:01dem gegenüber Isa S. sich geöffnet hatte
38:05und ihm auch Details der Tat geschildert hat,
38:09also die Tat eingeräumt hat ihm gegenüber
38:12und dann auch Details der Tat geschildert hat,
38:14die mit unseren Erkenntnissen,
38:16die sonst nirgendwo veröffentlicht worden waren, übereingestimmt haben.
38:20Die Indizienkette reicht aus.
38:22Isa S. wird vor dem Landgericht Wiesbaden wegen Mordes angeklagt.
38:26Doch er bestreitet weiter, etwas mit der Tat zu tun zu haben.
38:30Es gab auch wirklich jetzt vom Erfahrungsgemäß
38:35keinen anderen Grund, dieses Mädchen zu töten.
38:39Es gibt in diesem Fall keinen zufälligen Täter,
38:42der andere Absichten geegt hat.
38:44Das Mädchen sollte nicht vergewaltigt werden,
38:47sie sollte nicht beraubt werden oder sonst was alles,
38:51sondern dieses Mädchen sollte getötet werden, um das Kind zu vernichten.
38:55Und so wird Isa S. wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
39:00Das Gericht spricht im Urteil von Heimtücke und niederen Beweggründen.
39:04Dieser junge Mann hat das Leben einer jungen Frau, einer noch jüngeren Frau
39:08und eines ungeborenen Kindes ausgelöscht
39:10und dafür gibt es für mich keine 2 Wege.
39:13Er hat seine gerechte Strafe bekommen.
39:15Ermittler Stefan Lange ist es einmal mehr gelungen,
39:19das Schicksal eines Opfers zu klären und den Täter zu überführen.
39:28Zurück in Güstrow.
39:30Die Kommissare Astrid Nelle und Andreas Seifert
39:33haben es hier mit einem geständigen Tatverdächtigen zu tun.
39:36Dennoch müssen sie genauestens überprüfen,
39:39ob die Tat wirklich so abgelaufen ist, wie der Mann aussagt.
39:45Der Beschuldigte hat ja viele Aussagen gemacht.
39:48Und es ist in einem Fall immer wichtig,
39:50be- und entlastende Seiten auch zu beleuchten.
39:54Und hier war es so, dass er sehr plausibel auch erklärte,
39:57wie letztendlich der Kampf im Badezimmer stattgefunden hat.
40:01Und deshalb haben wir eben überlegt, kann das so stattgefunden haben?
40:05Die Beschreibung war gut.
40:07Aber dann haben wir uns auch mit seinem Einverständnis dazu entschlossen,
40:12eine Rekonstruktion der Abläufe im Badezimmer nachzustellen.
40:16Und so begeben sich die Beamten in das Original-Badezimmer,
40:19in dem das Opfer getötet wurde.
40:21Hier werden jetzt die Aussagen des Tatverdächtigen
40:24von Polizeibeamten nachgespielt.
40:26Wir sind die Rekonstruktion durchgegangen,
40:28Schritt für Schritt, so wie der Beschuldigte das geschildert hat,
40:31mit dem Eintreffen ins Zimmer.
40:33Und letzten Endes auch, als er dargestellt hat,
40:35dass der Tätige, der geniete, soll sie ja mit ihren Beinen
40:38noch in der Badewanne liegen,
40:40seinen Kopf unter Wasser gedrückt haben.
40:42Das war rein anatomisch nicht möglich.
40:48Man kam einfach mit seiner Körpergröße,
40:50wenn man sich über den Badewannenrand lehnt,
40:53nicht unter die Wasserlinie, das ging schlichtweg nicht.
41:02Es ist natürlich immer was Besonderes,
41:04wenn sich das mal tratelt, sich noch mal auffällt.
41:06Und dann eine Tat, die immerhin dazu geführt hat,
41:09dass ein Mensch gestorben ist, dann noch mal so nachvollzieht.
41:12Aber letzten Endes hat uns diese Rekonstruktion
41:15auch tatsächlich die Augen geöffnet.
41:17Das war eine sehr interessante Veranstaltung.
41:19Und auch für das Beweisverfahren in diesem Vorgang äußerst wichtig.
41:24Andreas Seifert und sein Team
41:26haben noch ein weiteres starkes Beweismittel.
41:28Das Fitnessarmband von Silke W.,
41:30das sie bis zu ihrem Tod am Handgelenk trug.
41:35Jeder heutzutage hat ja ein Fitnessarmband,
41:37um letztendlich seine körperliche Fitness ein bisschen darzustellen.
41:40Und dann legt sie sich in die Badewanne
41:43und dann merkt man, dass der Puls abrupt steigt.
41:46Was ja ungewöhnlich ist, wenn man entspannt in der Badewanne liegt.
41:49Und deshalb wissen wir ziemlich genau, wann die Tat begann,
41:53wie die Tat letztendlich durch ihre Abwehrhaltung
41:57mit der Hand letztendlich produziert wurde.
42:00Und letztendlich konnten wir eben auch ganz eindeutig nachvollziehen,
42:03wann sie verstorben war.
42:05Mit dem Aufhören des Pulses,
42:07weil der Fitnessträger dann auch keine Übertragung mehr
42:10an das Handy lieferte.
42:12Die Daten beweisen, der Todeskampf von Silke W.
42:15dauerte, anders als von Jörg H. beschrieben, nur wenige Minuten,
42:19in denen sie sich ihrem Angreifer
42:21vergeblich zur Wehr gesetzt haben muss.
42:23Also ein Mord bewegt einen schon sehr.
42:26Und dieser Mord ist eben auch sehr...
42:32...richtig zu begründen gewesen,
42:34weil sie wirklich in der Badewanne lag
42:37und auf einmal steht er in dem Bad.
42:41Und sie ist entsetzt.
42:43In dem Moment geht der Puls auch hoch.
42:45Und dann hat sie gar keine Chance, sich dem zu erwehren,
42:49weil er sofort auch auf sie losgeht und sie umbringt.
42:53Und das ist natürlich in diesem Moment...
42:56Sie hatte nie eine Chance, sich dieser Tat zu entziehen.
43:01Das falsche Online-Profil, die Schlüsselkopien
43:04und nicht zuletzt die widerlegte Notwehrversion
43:07reichen dem Gericht.
43:09Jörg H. wird im April 2019 vom Landgericht Rostock
43:12zu lebenslanger Haft verurteilt.
43:14Dass er wegen vorsätzlichen Mordes verurteilt wurde,
43:17war für mich am Ende tatsächlich folgerichtig.
43:20Und in dem Sinne auch Genugtuung,
43:22dass der Beschuldigte seiner gerechten Strafe zugeführt wurde.
43:26Es ist nicht am Menschen ums Leben gekommen.
43:29Und das eben nicht in einer aus Versehen Tat,
43:32wie er es ursprünglich dargestellt hat,
43:34sondern ganz bewusst, dass dieses Leben ausgelöscht wurde.
43:37Die hochkomplexen Ermittlungen von Andreas Seifert
43:40und seinen Kollegen sind ein herausragendes Beispiel
43:43für die kompetente Polizeiarbeit in deutschen Mordkommissionen.
43:50Untertitel im Auftrag des ZDF, 2021

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