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Bundespräsident Alexander Van der Bellen will nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP weitere Möglichkeiten ausloten, um zu einer Regierung zu kommen. Aus diesem Grund werde er in den kommenden Tagen mit "Politikerinnen und Politikern" - also wohl den Parteichefs - Gespräche führen, wie eine künftige Regierung aussehen soll, sagte er Mittwochabend in einem Statement in der Hofburg. Präferenzen zeigte er nicht.

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Transkript
00:00Bundespräsident Alexander Van der Bellen will nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen
00:04zwischen FPÖ und ÖVP weitere Möglichkeiten ausloten, um zu einer Regierung zu kommen.
00:10Wir haben eine Bundesregierung und wir werden eine Bundesregierung haben.
00:17Warum ist es diesmal so kompliziert, eine neue zu finden?
00:22Ich glaube, das liegt an mehreren Punkten, einer davon ist, es gibt keine eindeutig dominante
00:28Kraft im Parlament, was die Mandatsverteilung betrifft, nur wenige Prozentpunkte trennen
00:34die drei größeren Parteien und es gibt weniger Bereitschaft, Einigungen zu erzielen.
00:41Es fällt schwerer, Kompromisse zu erzielen und das ist aus meiner Sicht das eigentliche
00:47Problem.
00:48Der Kompromiss ist in Verruf geraten.
00:52Irgendwann hat sich die Meinung eingeschlichen, dass Kompromiss, einen Kompromiss zu schließen,
00:57etwas für Verlierer ist.
00:59Dabei ist es nur ein anderes Wort für eine gemeinsame Lösung und wenn jeder auf seinem
01:05Standpunkt beharrt, dann gibt es eben keine Lösung.
01:08Die politische Landschaft polarisiert sich, nicht nur in Österreich und Menschen aus
01:15unterschiedlichen Parteien stehen einander immer unversöhnlicher gegenüber, statt eben
01:21gemeinsame Lösung zu finden.
01:24Es geht nicht darum, ich bitte mich nicht misszuverstehen, es geht nicht darum, immer
01:29einer Meinung zu sein, ganz im Gegenteil, aber um zu einem Kompromiss zu kommen, muss
01:34man akzeptieren, dass die Meinung des anderen auch zählt, genauso zählt und ihre Berechtigung
01:40hat wie die eigene.
01:42Also aus dem eigenen Standpunkt A, ich habe das schon einmal so formuliert, und dem Standpunkt
01:47B des anderen kann dann sehr oft ein neuer, besserer Standpunkt C resultieren.
01:54Und so sind in der Vergangenheit oft gemeinsame, gute und tragfähige Lösungen für Österreich
02:01entstanden.
02:02Gemeinsame, gute und tragfähige Lösungen, die im Wesentlichen, bin ich überzeugt, das
02:08Erfolgsrezept der Zweiten Republik darstellen.
02:11Der Kompromiss in Österreich ist ein Schatz, eine Art Kulturgut, mit dem wir immer gut
02:19gefahren sind.
02:20Wann immer wir zusammenkommen, stellen Sie sich vor, beim Stammtisch oder in Vereinen,
02:27bei der Arbeit, bei unseren internationalen Partnern oder in der Familie mit unseren Freunden,
02:35immer geht es doch auch darum, Ausgleich durch Kompromisse zu finden, einen Interessenausgleich.
02:41Und darauf konnten wir immer in Österreich stolz sein.
02:45Wenn aber jeder glaubt, er spricht für alle, dann fehlt die Demut vor der Meinung und dem
02:54Standpunkt des anderen.
02:56Mir kommt vor, dass das bei allen bisherigen Verhandlungen der Fall war.
03:02Der Ministerpräsident von der Bellen wird in den kommenden Tagen mit Politikerinnen
03:05und Politikern Gespräche führen, wie eine künftige Regierung aussehen soll.
03:09Was kommt jetzt?
03:10Es gibt durchaus einige Varianten, die unsere Verfassung vorsieht.
03:16Ich zähle die Möglichkeiten kurz auf, ohne Vorlieben, ohne Reihung, ohne Wertung.
03:26Möglichkeit 1, der Nationalrat beschließt Neuwahlen.
03:31Diese Neuwahlen fänden frühestens in einigen Monaten statt.
03:36Die Zeit bis dorthin würde die zurzeit bestehende interimistische Regierung bestreiten.
03:41Möglichkeit 2, eine Minderheitsregierung unter Duldung des Parlaments.
03:48Möglichkeit 3, eine Expertenregierung, die von Parteien eine gewisse Zeit im Nationalrat
03:55unterstützt werden könnte.
03:57Option 4, es gibt doch noch einen Weg, dass sich eine Regierungsmehrheit unter den im
04:06letzten Herbst gewählten Parteien findet.
04:08Liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle interessierten Menschen in Österreich
04:16und auch alle interessierten internationalen Beobachterinnen, die liberale Demokratie
04:22lebt vom Kompromiss, lebt durch den Ausgleich unterschiedlicher Interessen.
04:28Nur so bleibt eine Gesellschaft stabil und kann auf Dauer erfolgreich sein.
04:34Meine Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass unser Land eine handlungsfähige Regierung
04:40bekommt.
04:41Wie diese Regierung zusammengesetzt ist, hat für mich grundsätzlich keine Rolle zu spielen,
04:48solange sie auf dem Boden der Verfassung zustande kommt.
04:51Sich auf Koalitionen zu einigen, ist die Aufgabe der gewählten Politikerinnen und Politiker.
04:58Ich werde also in den kommenden Tagen Gespräche mit Politikerinnen und Politikern führen,
05:05um auszuloten, welche der vier genannten Optionen erfolgreich sein können, so schnell
05:11wie möglich, so lange wie nötig.
05:14Denn es geht darum, endlich Kompromisse zu finden.
05:17Lösungen.
05:18Es geht schon ums Staatsganze.
05:21Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

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