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NewsTranskript
00:00Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren, danke Ihnen, dass Sie den Otti diese Ehre erteilen.
00:16Und ich möchte die Maria Mauchkala bitten, die erste Rede zu halten.
00:22Du stehst sozusagen für die Politik.
00:26Bitteschön.
00:28Weil Sie den Otti gekümmert haben.
00:35Es ist einfach schön, Sie hat sich so um ihn gekümmert.
00:40Du hast den Otti gepflegt, gehegt, er hat in Dir eine Stütze gehabt.
00:46Und auch nachdem der René nicht mehr da war.
00:49Entschuldigung, ich habe noch etwas vergessen, leider.
00:52Ich bin doch in einem Zustand.
00:56Der Otti hat einen Lebensmenschen gehabt.
00:59Seine René war über 60 Jahre mit ihr verheiratet.
01:04Und sie hat unter Aufgabe ihrer schauspielerischen Karriere, sie hat ein großes komödiatisches Talent.
01:13Man kann es noch in einem Fotostück sehen, was im Fernsehen und im Internet auch noch zu sehen ist.
01:21Sie hat das aufgegeben, sie hat den Otti gefördert, sie hat ihn gezwungen diszipliniert zu sein.
01:28Sie hat ihm alles von sich, alles böse, alle Unbild des Lebens, alle Schwierigkeiten, alle Streite von ihm weggehalten.
01:39Und hat ihn ermöglicht für seine Kunst, für seine Karriere und auch für euch zu leben.
01:46Er wird im Grab neben ihr liegen.
01:50Sie warten jetzt schon auf ihn, aber sie warten nicht im Grab, sie warten oben und haben hoffentlich ein Netz.
01:55Und eines muss ich sagen, die Mutter ist das Beispiel und die Beziehung dieser beiden.
02:02Für den Satz, den ich immer sage, der Mensch denkt und das Mensch denkt.
02:10Bitte, Maria.
02:14Lieber Konstantin, liebe Familie Schenk, sehr geehrter Herr Dompfarrer, sehr geehrter Herr Bürgermeister,
02:21liebe Freunde, Wegbegleiterinnen, Verehrerinnen und Verehrer von Prof. Otto Schenk.
02:28Über den großartigen Schauspieler, Regisseur, Autor, Komödianten, über den universalen Tierwundertkünstler Otto Schenk zu sprechen,
02:38gibt es viel berufenere als mich.
02:42Lassen Sie mich aber einige Gedanken und Worte über den Menschen Otto Schenk aus der Sicht und dem Erleben seines Freundes und Reises sagen.
02:53Lieber Konstantin, ich habe die Note nicht gekriegt, er hat die großartige Pflegung in den Menschen, die um ihn waren,
02:59die ihn großartig unterstützt haben bis zu seinem Einschlafen und er hatte auch viele Freunde, die um ihn herum waren
03:08und ich darf vielleicht stellvertretend für Sie diese Worte sagen.
03:13Über den Menschen Otto Schenk, der fast 70 Jahre lang mit seiner Frau René, die er liebevoll Mika nannte, zusammen war und nie von ihrer Seite wich.
03:25Über den Ehemann Otto Schenk, der mehr als drei Jahre, fast den ganzen Tag neben dem Bett seines schwerkranken geliebten René saß,
03:35ihr die Hand hielt, sie streichelte, sie frostete und mit den lustigsten und kuriosesten Kosenamen gelacht hat.
03:44Über den Menschen Otto Schenk, der bis zu seinem Tod seiner René dankbar war, dass sie ihm zwei wunderbare Rückzugsorte geschaffen hat,
03:55die Wohnung am Rudolfsplatz und das von beiden besonders geliebte Haus am Irrsee.
04:05Über den Vater, Großvater und Urgroßvater Otto Schenk, der Kinder besonders liebte, auch wenn er es vielleicht den eigenen Enkelinnen und Urenkeln nicht immer so zeigen konnte, wie er es eigentlich wollte.
04:22Über den Gastgeber und Hobbykoch Otto Schenk, der sich insbesondere im Sommer auch selbst einen Herd stellte,
04:30um für seine Gäste augenverdächtiges Gulasch oder Risotto mit Steinpilzen aus dem eigenen Garten, auf den er ganz besonders stolz war, und andere künstliche Produkte zuzubereiten.
04:46Über den Erzähler Otto Schenk, der immer Geschichten parat hatte, um seine Gäste zu unterhalten, aber immer auch gut und gerne zuhören konnte.
04:58Über den interessierten Zuhörer Otto Schenk, der an allem Neuen in der Welt interessiert war, unglaublich viel wusste, ein begehrtes Passionsprogramm verbracht und bis ins hohe Alter ein phänomenales Gedächtnis hatte.
05:16Über den Kunstsammler Otto Schenk, der die von ihm und René auch auf Flohmärkten gesammelten Lieblingsstücke genau kannte, die einzelnen Stücke gerne um sich hatte, meist noch eine Geschichte drumherum wusste und auch wie und wo er sie erstanden hatte.
05:36Über den altgewordenen Otto Schenk, dem der Schalk immer noch im Langen saß und der seine Freude daran hatte, auch als er schon sehr gebrechlich war, seine Pflegerinnen mit kunstvoll gespielten Sturzbewegungen zu erschrecken.
05:55Über den Wittmann Otto Schenk, der auch nach dem Tod seiner geliebten René gerne Menschen um sich hatte und dankbar war für jedes Fest, jede Einladung, jeden Besucher, jede Besucherin.
06:11Lieber Otto, wir, deine Freundinnen und Freunde, sind dankbar für all die wunderbaren Stunden, die wir mit dir und deiner René verbringen durften.
06:23Wir sind ganz sicher, dass du jetzt deiner geliebten René wieder ganz normal bist und wir werden euch beide in liebevoller Erinnerung bewahren. Danke für alles.
06:40Danke, liebe Maria, für die berührenden Worte.
06:51Der Vater war immer ein Freund des Understatement.
06:58Sie waren in New York auf einem Empfang eingeladen, er und Carlos Kleiber, der berühmte Dirigent.
07:07Ein sehr reicher Amerikaner kam ins Gespräch mit den beiden, nicht wissend, wer die beiden sind.
07:12Er hat Carlos Kleiber gefragt, was er genau so an das Statement hatte, was er macht.
07:18Ja, ich mache ein bisschen Musik.
07:21Ja, haben Sie auch was studiert?
07:24Ja, ich habe Chemie studiert, aber nicht ganz fertig.
07:28Der reiche Amerikaner sagt, das ist doch schrecklich, versuchen Sie doch das fertig zu studieren.
07:35Carlos Kleiber, ich werde tun, was ich machen kann.
07:39Und der Otto Schenk, der neben den angefangen hat, was machen Sie?
07:43Ich habe ein ganz kleines Theater in Wien.
07:46Aber haben Sie davon entnommen?
07:49Naja, es geht schon irgendwie, aber Sie sollten sich auch mal was überlegen.
07:53Darf ich bitte den Direktor dieses kleinen Theaters bitten?
07:58Es war natürlich die Josefine.
08:01Ein Herbert Föttinger, er ist sowas wie, ich darf das doch sagen,
08:06weil ich hatte das nur schon mein ganzes Leben.
08:09Du bist mein Ziehsohn von Otti.
08:12Ich bin das Sohn von Otti.
08:15Und beide hatten es nicht leicht in dieser Situation.
08:18Und jetzt mach was draus.
08:21Der Otti wird eine kleine Freude an Dir.
08:24Und was Du aus seinem Theater gemacht hast.
08:27Erzähl doch was.
08:31Werte Trauergemeinde,
08:38lieber Otto Schenk,
08:42Du warst einer der melancholischsten und nachdenklichsten Menschen,
08:48denen ich je begegnet bin.
08:51Es gehört zum schönen Artists des Lebens,
08:55dass ausgerechnet Du zum größten Verbreiter von Heiterkeit geworden bist.
09:02Du warst der größte Menschen- und Namendarsteller dieser Stadt,
09:08dieses Landes und weit darüber hinaus.
09:12Die Menschen brauchten Dich ganz dringend,
09:16weil sie große Angst haben vor dem Anblick ihrer eigenen Verrücktheit,
09:22vor dem Wahrnehmen ihrer Abgründe.
09:27Sie brauchten einen, der für sich hinschaut,
09:31das erhabene Getue zur Seite schiebt und vom Lächerlichen, das er sieht,
09:37die lustigsten Geschichten erzählen kann.
09:41Du warst der Tanzbär über den Abgründen der Menschen.
09:47Und Du musstest tanzen, jeden Abend tanzen,
09:52damit sie etwas zum Lachen hatten.
09:56So ein Abgrundschauer wie Du
10:00hatte selber Angst und wollte festgehalten werden
10:04von seiner Frau, von seinen Freunden, von Geld, von der Anerkennung.
10:10Wir bemühten uns rechtlich,
10:14aber ich fürchte, dass wir Dir alle nicht helfen konnten.
10:19In Wahrheit hielt Dich keine Gage, kein Ort, keine Jubelfeier,
10:26sondern einzig und allein das Lachen Deiner Zuschauern.
10:32Wenn sie auflachten, war ihre, aber auch Deine Trauer geblieben.
10:38Wenn sie ihr Unglück vergaßen, vergaßt auch Du Deines.
10:45Ihre neugierigen Gesichter, wenn sie es sahen,
10:49waren das Geländer, an dem Du Dich festlegst.
10:55Ihre gebackenen Augen waren das Einzige, was Du sehen konntest.
11:00Du ranntest von New York bis Langelois,
11:04von der Josefstadt bis in die Mehrzweckalle,
11:08damit dieses Lachen, dieses Schauen nicht aussetzen würde.
11:13Denn würde dies geschehen, für länger als einen Moment,
11:18Du würdest abstürzen mit allen Orten und Titeln
11:23und wärst Mause zu Hause.
11:26Jetzt ist dies tatsächlich geschehen.
11:31Aber das ist nur eine Nachricht, ein Begegnis, nur eine Veranstaltung,
11:38eine Versammlung von zutiefst erschrockenen,
11:42die ohne dieses Lachen, das Du ihnen geschenkt hast,
11:46das Leben nicht aushalten können und wollen.
11:49Eine Gemeinschaft von Menschen, welche die eigenen Widrigkeiten
11:54und die um sie herum nur ertragen,
11:58weil Du sie ihnen als Unterhaltung vorführst.
12:03Also werden sie weiterhin hinschauen, wenn Du erscheinst.
12:08Sie werden nicht mehr aufhören,
12:11sie werden nicht mehr aufhören,
12:14Also werden sie weiterhin hinschauen, wenn Du erscheinst.
12:19Sie werden Deiner Mimik und der Bewegung Deiner Hände folgen.
12:24Sie werden die Pirouetten Deines scheinbar tollpatschten Körpers belachen.
12:31Deine weithin bekannten Beuten immer wieder mit Spannung heran.
12:36Sie werden nicht und nicht genug von Dir kriegen.
12:42Und sowas nennt man Unsterblichkeit.
12:48Mit dieser, lieber Otto Schenk,
12:52hättest Du Dir noch ein bisschen Zeit lassen können.
12:56Ich hätte so gerne bei unserem Telefonaten-Treffen
13:00mit Dir über laufende Zeiten gewitzelt.
13:04Vielleicht wäre es nachher etwas bitterer geworden.
13:08Mein lieber Otti,
13:11ich danke Dir für eine mehr als 30-jährige Freundschaft.
13:16In ihr hat eine große Nähe, ja Liebe, Ego so Platz
13:22wie das Austragen unterschiedlicher Auffassungen
13:26über die Zukunft des Theaters.
13:31Wir Josefstädter danken Dir
13:34Wir Josefstädter danken Dir für die Jahre des gemeinsamen Spiels
13:40und eine unübersichtbare Menge von Menschen dankt Dir,
13:45dass sich die Dunkelheit, die sich manchmal in uns allen ausbreitet,
13:51durch Dein Spiel plötzlich ins Hellste verwandelt.
13:56Einen kurzen Moment für die Dauer eines Rathaus.