Kripo live-Tätern auf der Spur-Der Mordfall Jonathan H.

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Kriminalisten und Rechtsmediziner berichten über die Suche
nach dem Täter, der einen Jungen erst getötet, dann
zerstückelt in die Leipziger Elster geworfen hat. Vier Monate
dauert es, bis der Mörder gefasst werden kann.

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00:00Liebe Zuschauer, ich lade Sie ein, gemeinsam mit mir wieder die Spur der Täter zu verfolgen.
00:29Heute geht es um einen Fall, der vor drei Jahren hier in Leipzig spielte und einmalig ist in der sächsischen Kriminalgeschichte.
00:37Ein Abend, Anfang Oktober 2011.
00:41In einem Leipziger Badezimmer sticht ein junger Mann mit voller Wucht auf einen anderen ein.
00:46Mehr als 20 Mal.
00:49Danach zerstückelt der Täter die Leiche und wirft die einzelnen Teile ins Älsterbecken.
00:57Eine Tat im Affekt, aus Rache oder Mordlust?
01:05Rückblende. Leipzig, Ende der 1980er Jahre.
01:10Hier blickt Jonathan das Licht der Welt, als Kind einer Todesgeschichte.
01:15Hier blickt Jonathan das Licht der Welt, als Kind einer Leipzigerin und eines vietnamesischen Gastarbeiters.
01:21Die Mutter schickt den Jungen später auf eine christliche Internatsschule bei Zeitz.
01:26Hier macht er sein Abitur. Seine Mitschülerin Katharina Schmelzer erinnert sich.
01:31Also er war erstmal sehr ruhig und eher zurückhaltend, hat wenig gesprochen.
01:36Aber er war gleichzeitig auch sehr wissbegierig.
01:38Also wenn ich ihn außerhalb von Kursen gesehen habe, dann meistens in der Bibliothek.
01:42Manchmal hat er was gelesen, manchmal saß er auch vorm Rechner.
01:46Jonathan gilt als hochbegabt, aber auch als chaotisch.
01:50Er programmiert Computer, kann sich aber für keine Studienrichtung entscheiden.
01:55Er freundet sich mit Mitgliedern der Leipziger Manga- und Cosplay-Szene an.
01:59Jungen Leuten, die sich in ihrer Freizeit als Figuren aus japanischen Comics verkleiden, wie hier während der Leipziger Buchmesse.
02:06Dustin K. hat Jonathan damals kennengelernt.
02:10Also Jonathan war in seiner eigenen Welt, hat er immer gelebt.
02:14Und wenn es um diverse Themen ging, wie Programmiersprache oder Videospiele, dann war er halt immer sehr begeistert.
02:23Hat immer viel geredet, war halt immer lustig drauf und hat immer Späße mitgemacht.
02:28Also ich habe ihn auch nie schlecht gelaunt erlebt.
02:33Ortswechsel. Wieder Ende der 80er Jahre. Eine kleine Stadt in Thüringen.
02:37Hier wird Benjamin geboren. Er ist ein Einzelkind. Benjamin ist schmächtig und blass, er stottert.
02:44In der Schule hat er kaum Kontakt zu seinen Mitschülern.
02:49Schon als Kind träumt er sich in Science-Fiction-Welten, in denen er der Held ist.
02:55Eine Bäckerlehre in der Heimat bricht er ab.
02:592010 geht er nach Leipzig. Er zieht in eine WG und beginnt eine Ausbildung zum Physiotherapeuten.
03:06Auf einer Party in Leipzig begegnen sich Benjamin und Jonathan zum ersten Mal.
03:12Sie freunden sich an. Gemeinsam sitzen sie am Computer, kochen zusammen und verbringen viel Zeit miteinander.
03:19Niemand ahnt die Katastrophe, auf die diese Beziehung hinsteuert.
03:24Das Leipziger Elsterflutbecken. Künstlich angelegt in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts.
03:30Das Gebiet rings um das Wasserbecken ist heute beliebt bei Spaziergängern und Freizeitsportlern zu jeder Jahreszeit.
03:38Anfang November 2011 macht ein Leipziger in Ufernähe einen grausigen Fund.
03:44Also es war am 6.11., es war ein Sonntag. In den Nachmittagsstunden fanden Spaziergänger an der Elster,
03:53hinter dem Palmgartenwehr und zwischen Friedrich-Ludwig-Jahn-Allee im Uferbereich menschliche Knochen.
04:04Sie waren also der Überzeugung, das sind menschliche Knochen und haben die Polizei informiert.
04:09Noch am Sonntagnachmittag wird die Taucherstaffel der Leipziger Bereitschaftspolizei zum Einsatz gerufen und beginnt mit der Absuche des Elsterflutbeckens.
04:23Gemeinsam mit dem Chef der Tauchergruppe, Hauptkommissar Dieter Trischler, schaue ich mir das Elsterflutbecken genauer an.
04:31Wenn ich hier so ins Wasser gucke, sieht man, es ist relativ trübe.
04:36Was sagt der Fachmann, wie sind hier im Elsterbecken die Sichtverhältnisse?
04:40Also die Sicht unter Wasser beträgt ca. 10 cm. Das heißt also, der Taucher sieht fast nichts.
04:48Das heißt für den Taucher, dass er praktisch seine zehn Finger einsetzt, die praktisch seine Augen sind und am Ende unter Wasser alles abtastet.
05:00Wenig später wird an diesem Sonntag von den Tauchern ein zweiter Arm in Ufernähe entdeckt.
05:08Dieser Fundort wird seinen Ursprung belassen. Es wird nichts verändert.
05:13Innerhalb von kürzester Zeit kommt dann vor Ort die Tatortgruppe und fertigt Bilder, vermisst den Fundort und anschließend wird diese Bergung durchgeführt.
05:23Bei der Untersuchung der Arme fällt Rechtsmediziner Dr. Karsten Hädrich ein besonderes Detail auf.
05:28Die Fingerendglieder waren allesamt abgetrennt. Das war auch kriminalistisch sehr interessant, weil es ließ Rückschlüsse auf den Täter, seine Motivation, seine Kenntnisse zu.
05:42Denn die einzig vernünftige Erklärung war, dass die Finger abgetrennt wurden, um die Identifikation anhand von Fingerabdrücken unmöglich zu machen.
05:51Wer ist der Tote und wo befinden sich die anderen Körperteile?
05:57Eine der größten und intensivsten Suchaktionen in der Leipziger Kriminalgeschichte beginnt.
06:03Das Elsterflutbecken wird weiträumig abgesperrt. Der Flusslauf und die angrenzenden Parkflächen werden akribisch abgesucht.
06:11Jeder gefundene Gegenstand könnte mit dem Fall zu tun haben und die Taucher werden noch einmal fündig.
06:18Unmittelbar gegen Mittag wurde an der Zeppelinbrücke ein Busse gefunden, der im Schlamm fast versteckt war.
06:28Auf der gegenüberliegenden Seite der Zeppelinbrücke entdecken die Taucher danach noch Teile eines Gesäßes.
06:35Die Fundorte konzentrieren sich zwischen Zeppelinbrücke und Palmengartenwehr.
06:40Die Leipziger Staatsanwaltschaft leitet die Ermittlungen.
06:44Auch in diesem Fall wurde die Staatsanwaltschaft unverzüglich informiert.
06:49Die Staatsanwaltschaft hat dann bereits am nächsten Tag, also am 7. November 2011, die ersten Maßnahmen in die Wege geleitet.
06:59Es wurde also die Obduktion der aufgefundenen Leichenreste durchgeführt.
07:05Im Rechtsmedizinischen Institut der Leipziger Universität werden die Leichenteile untersucht.
07:10Auch für Dr. Karsten Hedrich eine besondere Erfahrung.
07:14Es war in meiner zwölfjährigen Karriere in der Rechtsmedizin der erste Fall, den ich zu untersuchen hatte,
07:22dass ein Leichennamen in dieser Art und Weise zerstückelt wurde.
07:26Deswegen mischte sich in der Leichenteile die Leichenschaften der Leichenteile,
07:31auch in der gewissen Neugier, was denn mit diesem Fall wird, wie der sich weiterentwickelt.
07:37Der Rechtsmediziner kann wichtige Ansätze für die Ermittlungen liefern.
07:42Die Obduktion ergab, dass es sich um Teile einer männlichen Leiche handelt.
07:48Der sehr schlanke Körperbau und der Nachweis von mehreren sehr dunklen, längeren Haaren,
07:55legte schon bei der Sektion den Verdacht nahe, es könnte sich um einen asiatischen Menschen handeln.
08:03Die Todesursache konnten wir eingrenzen anhand der festgestellten Verletzungen.
08:08Es waren insgesamt 22 Stichverletzungen am Rumpf, sodass unsere Vermutung war,
08:15dass ein Verbluten nach innen durch die Messerstiche zum Tod geführt hat.
08:19Die DNA-Analyse bestätigt nicht nur, dass alle Teile zu ein und derselben Person gehören,
08:25sondern auch die vermutete asiatische Abstammung.
08:33Als Besonderheit konnten wir durch die Untersuchung der sogenannten Y-Chromosomen,
08:39also den nur vom Vater vererbten Körper, die Leichenteile,
08:44feststellen, dass der Vater asiatischer Herkunft gewesen sein muss,
08:51einfach weil ein bestimmtes DNA-Muster, das wir gefunden haben, in Europa extrem selten ist, in Asien aber sehr häufig.
08:59Alle verfügbaren DNA-Datenbanken werden in den nächsten Tagen bundesweit abgeglichen.
09:05Doch es gibt keinen Treffer.
09:07Dem Rechtsmediziner fällt aber noch etwas auf.
09:11Die Art der Zerteilung war auffällig.
09:14Es entsprach den anatomischen vorgegebenen Stellen, wo eine Leiche am leichtesten zu zerteilen ist.
09:22Der Verdacht lag nahe, dass der Täter anatomische Grundkenntnisse besitzt.
09:27Eine weitere Woche vergeht ohne dass die Datenbanken in Asien veröffentlicht werden.
09:31Der Verdacht lag nahe, dass der Täter anatomische Grundkenntnisse besitzt.
09:35Eine weitere Woche vergeht ohne dass es den viel zitierten Durchbruch bei den Ermittlungen gab.
09:40Und die laufen weiterhin auf Hochtouren.
09:43Leichensuchhunde hatten bei einer erneuten Absuche des Elsterbeckens dort drüben am Palmengartenwehr auffällig reagiert.
09:51Die Ermittler hoffen, endlich den entscheidenden Hinweis zu finden, um den Toten zu identifizieren.
09:57Wieder sind die Taucher am Einsatz.
09:59Ein paar Tage später wurde nochmal eine groß angelegte Suche durchgeführt,
10:05wo praktisch dieses Palmengartenwehr, was wir vor uns sehen, jeweils rechts geschlossen wurde, links geschlossen wurde, um letztendlich was zu finden.
10:15Das Palmengartenwehr wird zunächst geschlossen, um durch den abgesenkten Wasserspiegel die Absuche zu erleichtern.
10:25Danach wird das Wehr wieder geöffnet.
10:27Die Ermittler hoffen, dass die Wasserstrudel eventuell weitere Leichenteile an die Wasseroberfläche spülen.
10:35Doch auch diese Hoffnung erfüllt sich nicht.
10:39Außer den Uferbereichen werden jetzt auch die Parkflächen und alle Müllbehälter in den angrenzenden Wohngebieten durchsucht.
10:47Man hat die Container dort alle auf einem Platz fahren lassen und man hat dort im Kleinen jeden Müll sich begutachtet,
10:56weil wir hatten ja auch das Verpackungsmaterial oder das Verbringungsmaterial zu den Leichenteilen nicht gefunden.
11:05Und aus diesem Grunde wurde gesucht nach Säcken, Behältnissen, Decken und ähnliches, wo Teile eingepackt sein konnten,
11:13oder anderen Behältnissen, ob das jetzt Rucksäcke waren, die eventuell mit entsorgt wurden und ähnliches.
11:20Es werden keine Leichenteile oder andere Hinweise gefunden.
11:24Immer noch steht die Leipziger Mordkommission Elster vor der Frage, wer ist der Tote?
11:32In dieser Situation entscheiden sich die Ermittler für ein ungewöhnliches Experiment hier am Elsterbecken.
11:38Sie geben Schweinefleischstücke ins Wasser.
11:45Mit diesem Experiment haben wir versucht, die Strömungsgeschwindigkeit, das Strömungsverhalten festzustellen
11:51und auch die möglichen Veränderungen durch Matenfraß und Tierfraß, um auf die Liegezeit im Wasser oder an Land zu schließen.
12:01Die Ermittler hoffen auf diese Weise vor allem herauszubekommen, wo die Leichenteile ins Wasser geworfen worden sein könnten.
12:09Sind die Leichenteile an den Futtorten abgelegt worden oder können sie durch Strömungsgeschwindigkeit
12:17und durch das Hineinwerfen an einer anderen Stelle vor dem Palmgartenbär in südlicher Richtung ins Wasser gelangt sein,
12:25dann wäre der mögliche Tatortbereich oder der Ablageort riesengroß geworden,
12:32weil sich natürlich die Gewässer nach südlicher Richtung dort enorm ausdehnen.
12:38Das Experiment lässt zumindest den Schluss zu, dass die Teile nicht weit weg von ihren Fundorten ins Wasser verbracht wurden.
12:45Doch noch immer ist der Tote nicht identifiziert.
12:49Das größte Problem war eigentlich natürlich, dass wir den Kopf nicht gefunden haben.
12:54Und auch dieses Untersuchungsexperiment mit den Schweineteilen erbrachte ja, dass wir nicht alle Schweineteile wieder gefunden haben.
13:02Das heißt also, dass es durchaus möglich sein kann, dass der Kopf irgendwo im tiefen Schlamme steckt und dass wir ihn halt nicht finden konnten.
13:09Mitte November 2011 stecken die Ermittlungen fest.
13:13Deshalb gehen die Kriminalisten in die Öffentlichkeit mit den wenigen Anhaltspunkten, die es zu diesem Zeitpunkt gibt.
13:20Es wird eine Belohnung für Hinweise ausgelobt.
13:23Die umfangreichen Ermittlungen haben natürlich auch in der Öffentlichkeit zu vielen Gesprächen geführt.
13:30Und wir waren eigentlich sicher, dass unsere gesuchte Person hier aus dem wenigstens Großraum Leipzig stammen könnte.
13:38In dieser Hinsicht wurden ja alle Vermisstenanzeigen bundesweit überprüft, um mit dieser fragmentarischen Personenbeschreibung eine Näherung zu erzielen.
13:49Drei Wochen nach dem Fund der Leichenteile erscheint eine junge Frau bei der Polizei in Leipzig und meldet einen Freund als vermisst.
13:57Er gehört, wie sie, zur Leipziger Manga- und Cosplay-Szene, in der man sich kennt und regelmäßig trifft.
14:03Bei einem dieser Treffen entstehen diese Videoaufnahmen des jungen Mannes.
14:08Doch seit Anfang Oktober sei der Freund verschwunden und hätte sich seitdem auch nicht mehr gemeldet.
14:14Zum ersten Mal fällt der Name Jonathan H.
14:18Und noch ein Detail passt, Jonathan H. hat einen vietnamesischen Vater.
14:23Mit diesem Hinweis sind wir natürlich dann auch an die Wohnung gelangt, des vermeintlichen Opfers,
14:29und haben dann dort durch die Überprüfung in der Wohnung DNA-Spuren nehmen können,
14:34die zweifelsfrei vom späteren Opfer standen und haben sie so einer Untersuchung zuführen können.
14:41Danach steht zweifelsfrei fest, der Tote ist Jonathan H.
14:45Fast vier Wochen sind vergangen, seit dem grausigen Fund hier am Leipziger Elsterbecken.
14:50Jetzt endlich hat das Opfer einen Namen, ein Gesicht und eine Lebensgeschichte.
14:55Irgendwo in dieser Geschichte muss der Schlüssel zum grausamen Tod des jungen Mannes verborgen sein.
15:01Für einige Boulevardblätter sind die Verbindungen des Opfers in die Leipziger Manga-Szene
15:07und den Tod des jungen Mannes, die Leipziger Opfer.
15:10Für einige Boulevardblätter sind die Verbindungen des Opfers in die Leipziger Manga-Szene Schlagzeilen Futter.
15:17Jonathans Homosexualität und ein Foto von ihm in einem Kleid werden benutzt,
15:22um die Szenen in ein zwielichtiges Licht zu rücken.
15:26In einem offenen Brief wehren sich die jungen Leute und trauern um ihren toten Freund.
15:32Warum wird ein aufrichtiger und lieber Mensch wie er wegen eines Party-Gags verurteilt und in den Schmutz gezogen?
15:38Reicht es nicht, dass er ermordet und zerstückelt wurde?
15:42Reicht es nicht, dass im Kreis seiner Freunde eine große Lücke klafft, die niemals wieder gefüllt werden kann?
15:51Aus Jonathans Freundeskreis kommen wichtige Hinweise für die Ermittlungen.
15:57Als die Kriminalisten die Wohnung des Opfers untersuchen, finden sie auch einen mit Computer geschriebenen Brief.
16:04Dieser Brief, der dort gefunden wurde, deutete vornehmlich darauf hin,
16:09dass derjenige, der ihn geschrieben hat, sich verabschieden wollte auf unbestimmte Zeit und zu einem Freund gehen wollte.
16:16Es ist dann später nachgewiesen worden, dass der Brief fingiert war und letztlich dazu dienen sollte,
16:23dass beim Öffnen der Wohnung und bei einer eventuellen Suche nach dem Vermissten ein falscher Pfad gelegt wird,
16:29eine falsche Spur, die sozusagen den Untersucher, die Polizei, die Angehörigen auf diese Linie bringen sollten.
16:37Ich bin ja freiwillig weg, ihr braucht mich nicht zu suchen.
16:41Auf dem Brief finden Kriminaltechniker Spuren, die zunächst nicht zugeordnet werden können.
16:47Wer hat diesen Brief geschrieben?
16:50Das Opfer selbst? Womöglich unter Androhung von Gewalt?
16:54Oder der Täter?
16:55Hatte er Zugang zur Wohnung?
16:58Die Ermittler beginnen sich zunächst ein Bild vom Opfer und seinem Leben zu machen.
17:03Wir haben einen hochintelligenten jungen Mann mit einem IQ von 126, er hat irgendwann mal einen Test gemacht, festgestellt.
17:11Wir haben auf der anderen Seite eine gewisse Lebensuntüchtigkeit hier auch feststellen können,
17:16die auch von seinem Freundeskreis hier beschrieben wurde.
17:19Wir haben ein breit gefächertes Interessengebiet im IT-Bereich.
17:22Computertechnik festgestellt.
17:24Und er hat an den Arbeitsstellen, wo er tätig war, außerordentlich gute Beurteilung bekommen.
17:29Also man hat ihn als liebenswerten, freundlichen, immer hilfsbereiten jungen Mann beschrieben.
17:37Also das ist ein Persönlichkeitsbild, was uns schon sehr bewegt hat.
17:42Anfang Januar 2012 wird etwa 600 Meter vom Ofer des Elsterbeckens entfernt,
17:47wieder ein Knochen entdeckt.
17:49Die rechtsmedizinische Untersuchung ergibt, es ist ein Oberschenkelknochen von Jonathan H.
17:55Es bleibt der letzte sterbliche Überrest von Jonathan, der gefunden wird.
18:01Wieder gehen die Kriminalisten an die Öffentlichkeit, um herauszufinden,
18:05wie und vor allem mit wem Jonathan H. seine letzten Lebenstage verbracht hat.
18:10Auch in der MDR-Sendung Kripo Live werden die Zuschauer um Hinweise gebeten.
18:15Aufgefunden wurden die Leichenteile am 6. November, meine Damen und Herren.
18:20Also es geht um die Tage und vielleicht auch Wochen zuvor.
18:24Hinweise nimmt die Kripo Leipzig entgegen.
18:28In vielen Zeugenvernehmungen wird immer wieder ein Name genannt, Benjamin H.
18:33Jonathan und Benjamin hatten ein freundschaftliches Verhältnis.
18:36Sie haben sich also zusammen getroffen, auch in der Wohnung von Jonathan.
18:40Sie haben zusammen gekocht und sie haben zusammen am Computer gespielt oder gearbeitet.
18:45Es war ein intensives freundschaftliches Verhältnis.
18:50Benjamin H. wird deshalb als Zeuge vorgeladen.
18:55Benjamin H. ist ein Freund von Jonathan H.
18:58Benjamin H. ist dieser Vernehmungsaufforderung aber nicht gefolgt.
19:02Er hat eine E-Mail an die Polizei geschickt, kurz die Gründe ausgeführt,
19:07wieso und warum er nicht kommen kann und dann hat er allgemein dargelegt,
19:12welchen Kontakt er bzw. in welcher Art und Weise er mit dem Getöteten bisher in der Vergangenheit zu tun gehabt hat.
19:20Bei weiteren Zeugenvernehmungen ist es so,
19:23dass Benjamin H. einen engeren Kontakt zu Jonathan hatte, als er selbst zugab.
19:28Als die Ermittler erneut versuchen, Kontakt aufzunehmen, ist Benjamin H. bereits abgetaucht.
19:34Ab dem Moment, wo er gewahr wurde, dass hier möglicherweise das Verbrechen doch aufgeklärt würde,
19:41hat er sich aus der Stadt abgesetzt.
19:44Er hat sich aus der Stadt abgesetzt, weil er das Verbrechen aufgenommen hat.
19:48Er hat sich aus der Stadt abgesetzt, weil er das Verbrechen aufgeklärt würde.
19:54Er war nirgendwo mehr aufzufinden.
19:57Auch bei seinen Eltern in Thüringen hatte sich Benjamin H. nicht mehr gemeldet.
20:02Für die Kriminalisten ist das ein Alarmsignal.
20:05Weil er dort den Kontakt zu allen abgebrochen hat,
20:08sahen wir uns dann veranlasst, auch mit der Familie zu reden
20:12und eine Vermisstenanzeige erstellen zu lassen von den Angehörigen,
20:18da unter Umständen auch ein Suizid von Benjamin H. angenommen werden konnte,
20:23im Zusammenhang mit unserem Delikt.
20:26Daraufhin schauen sich die Kriminalisten in der Wohnung von Benjamin H. im Leipziger Westen um.
20:31Der Suizidverdacht bestätigt sich nicht, aber die Ermittler können DNA-Material sicherstellen.
20:37Die Untersuchung ergibt, die Spuren auf dem Abschiedsbrief aus der Wohnung des Opfers stammen von Benjamin H.
20:44Ab jetzt ist er dringend tatverdächtig und wird per Haftbefehl gesucht.
20:49Anfang März 2012 löst die Polizei noch einmal eine große Öffentlichkeitsfahndung aus, diesmal nach Benjamin H.
20:57Eine Spur führt nach Kassel, in die Wohnung eines Bekannten von Benjamin H.
21:01Nun, wir haben eine Telefonüberwachung gemacht von dieser Wohnung
21:05und die Stimme, die da im Hintergrund kurze Zeit zu hören war, hatte einen Sprachfehler.
21:10Und die wurde Personen dann vorgelegt, die ihn kannten und von denen kam dann die Aussage,
21:16das ist er mit hoher Wahrscheinlichkeit.
21:19Am nächsten Tag ist die Mordkommission mit Unterstützung des SEK in Kassel dort eingerückt
21:26und hat ihn dort in der Wohnung festgenommen.
21:30Benjamin H. leistet bei seiner Festnahme am 11. April 2012 keinen Widerstand.
21:36Die Ermittler stellen dabei auch ein Diktiergerät sicher, auf dem er Gewaltfantasien festgehalten hat.
21:43Rechtsmediziner Dr. Hedrich begegnet Benjamin H. vor dem Prozess.
21:47Ich habe ihn in der Justizvollzugsanstalt in Leipzig besucht, im Auftrag der Staatsanwaltschaft untersucht.
21:53Es ging um die Feststellung von Verletzungsspuren, die möglicherweise noch im Tatzusammenhang stehen.
21:59Mein erster Eindruck war ein unauffälliger junger Mann, dem man sowas nie zutrauen würde.
22:08Bei der Untersuchung des Verdächtigen fallen merkwürdige Verletzungen auf.
22:14Er hatte keine Verletzungen, die mit dem Tathergang im Zusammenhang stehen,
22:19aber er hatte Schürfungen an den Beinen, wo ich gefragt habe, wo die denn herkommen.
22:26Und er meinte, die kommen vom Laufen durch den Wald.
22:30Da konnte ich damals nicht viel damit anfangen.
22:33Im Nachgang in der Verhandlung klärte sich das dann auf,
22:37dass der Täter nach seiner Flucht aus Leipzig wohl einige Zeit im Wald gelebt hat, um sich dort zu verstecken.
22:44Bei der intensiven kriminaltechnischen Untersuchung der Wohnung von Benjamin H.
22:49finden sich schließlich Blutspuren, die vom Opfer stammen.
22:53Die Staatsanwaltschaft hat dann zusammen mit der Kriminalpolizei sehr zügig ermittelt
23:01und hat dann schon drei Monate später die Anklage erhoben wegen des Tatvorrufs,
23:08der Vergewaltigung, der schweren Körperverletzung sowie des Mordes und der Störung der Totenruhe.
23:15Am 8. Oktober 2012, fast genau ein Jahr nach der Tat, beginnt der Prozess vor dem Leipziger Landgericht.
23:24Benjamin H. schweigt zunächst zu allen Vorwürfen.
23:28Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird im Gerichtssaal ein vierstündiges Videogeständnis eingespielt,
23:34in dem sich Benjamin H. gegenüber seinen Anwälten geäußert hat.
23:37In diesem Video hat der Angeklagte zusammenfassend die Tat eingeräumt
23:47und hat auch entsprechende Nachfragen der unmittelbaren Verfahrensbeteiligten dazu beantwortet.
23:54Damit wird endlich die Frage beantwortet, was an jenem 6. Oktober 2011 geschah.
24:01Benjamin H. lud seinen Freund in seine Wohnung ein, angeblich, um seinen Geburtstag zu feiern.
24:08Aber er hatte geplant, seine Mordfantasien auszuleben.
24:15Nachdem er Jonathan H. bewusstlos geschlagen hatte, zerrte er ihn in die Badewanne und stach mit einem Messer auf ihn ein.
24:24Er schaute zu, wie sein Freund verblutete.
24:27Dann zerteilte er den Leichnam mit einem Dolch und einem Sägemesser.
24:32Dabei kam ihm seine Kenntnis aus der physiotherapeutischen Ausbildung zugute.
24:37Er verstaute die Teile zunächst im Kühlschrank und ging zu einer Geburtstagsfeier.
24:44In den Tagen danach warf er die Teile dann ins Elsterbecken.
24:49Er wollte einen Menschen sterben sehen, so wird es Oberstaatsanwältin Claudia Laube schließlich in der Anklage formulieren.
24:56Und es sollte genau an seinem Geburtstag passieren, sozusagen als Geschenk an sich selbst.
25:03Weil Benjamin H. kein anderes in seinen Augen geeignetes Opfer fand, musste sein argloser Freund Jonathan sterben, auf unvorstellbar grausame Weise.
25:13Die Staatsanwaltschaft fordert im Prozess eine lebenslange Haftstrafe.
25:18Im Ergebnis der Untersuchung des forensisch-psychiatrischen Sachverständigen ist dieser zu der Auffassung gekommen,
25:27dass bei dem Angeklagten eine schwere schizoide Persönlichkeitsstörung vorlag,
25:34wodurch also die Hemmschwelle der Psychiaterin und der Psychiater,
25:40die Hemmschwelle möglichen Tötungsfantasien zu widerstehen, einfach stark herabgesetzt war.
25:50Im Leipziger Universitätsklinikum therapiert Prof. Peter Schönknecht auch Patienten mit schizoiden Persönlichkeitsstörungen.
26:01Bei der schizoiden Persönlichkeitsstörung haben Sie sehr zurückgezogene, gefühlsarme Menschen.
26:06Diese Gefühlsarmut macht es Ihnen schwer, auch Ihr eigenes Wesen zu erkennen und auch Bedürfnisse, die Sie trotzdem haben, umzusetzen.
26:14Und wenn man wiederum die Lehrmeinung verfolgt zu schizoiden Persönlichkeitsstörungen und der Möglichkeit von Gewalt- oder Sexualstraftaten,
26:22dann lässt sich hier eben erkennen, dass der Täter diese Gewaltfantasien konditionierte, aufrechterhielt und fortentwickelte.
26:31Und das trifft sich sehr gut mit den Annahmen zum Tathergang, die ja eine äußerst genau geplante Tathandlung erkennen lassen,
26:40womit wiederum auch schon eine Vorwegnahme der Tat selbst in der Fantasie belegt sein kann.
26:46Das Gericht folgt dem psychiatrischen Gutachten und erkennt auf verminderte Schuldfähigkeit.
26:52Benjamin H. wird zu 14 Jahren Haft und zur dauerhaften Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik verurteilt.
26:58Das Gericht sah hier die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt.
27:03Nach den Ausführungen des Sachverständigen kann danach nicht ausgeschlossen werden,
27:09dass von dem Angeklagten weiterhin eine Gefahr ausgeht, wiederum und wiederholt derartige schwere Straftaten zu begehen.
27:19Benjamin H. nimmt das Urteil äußerlich unbewegt entgegen.
27:23Die Staatsanwaltschaft geht zunächst in Revision, zieht diese aber wieder zurück.
27:28Nachdem wir aber dann die mündliche Urteilsbegründung haben reviplosieren lassen,
27:33haben wir uns doch dafür entschieden, hier die Revision nicht weiter zu verfolgen,
27:38da sie uns doch im Ergebnis als wenig erfolgversprechend erschien.
27:4214 Monate nach der Tat findet einer der spektakulärsten Fälle der jüngeren sächsischen Kriminalgeschichte damit sein Ende.
27:51Also ich würde es schon, das betrifft nicht nur mich selbst,
27:55sondern das betrifft auch die Mitarbeitenden und Kollegen, als sehr herausragendes Ereignis bezeichnen,
28:01wo vielleicht bei vielen Kollegen in der gesamten polizeilichen Praxis nichts Vergleichbares da gewesen ist.
28:07Das hat ja bei der Absuche begonnen und die unterschiedlichen Qualitäten im Wasser, im Schlamm, im öffnen Gelände.
28:13Unter diesem Druck in der Öffentlichkeit so ein Ergebnis zustande zu bringen, das ist großartig.
28:21Ungewöhnlich ist natürlich auch, dass, wie das Landgericht ja letztlich festgestellt hat,
28:27bei einem Täter mehrere Mordmerkmale, wie hier im vorliegenden Fall gegeben sind.
28:33Unter anderem auch das Mordmerkmal der Mordlust.
28:36Also, dass das Landgericht tatsächlich am Ende die Feststellung getroffen hat,
28:40dass hier jemand einen anderen Menschen getötet hat, um zu sehen, wie ein anderer Mensch stirbt.
28:48Das ist letztlich auch ein Sachverhalt, den wir hier bei der Staatsanwaltschaft
28:53in unseren gesamten Tötungsverbrechen doch eher selten haben.
28:58Seinem Opfer verweigert Benjamin Hahn noch immer ein würdiges Begräbnis,
29:02denn er hat bis heute nicht preisgegeben, wohin er den Kopf des Freundes verbracht hat.
29:07Das war die Spur der Täter für diesmal.
29:10Wir sehen uns wieder am nächsten Mittwoch mit neuen spannenden Fällen.

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