• vor 3 Monaten
In der Nacht zum 14. Juli 2014 feiert ganz Deutschland den Sieg der Fußball-Weltmeisterschaft. Doch in Bad Reichenhall in Bayern wird der Freudentaumel durch Sirenen unterbrochen. Der Grund: Ein Mann wird auf offener Straße erstochen, eine junge Frau lebensgefährlich mit einem Messer verletzt. Hans-Peter Butz ist Leiter der Kriminalpolizei Traunstein und für die Ermittlungen verantwortlich. Er sagt noch heute: „Das war ein ganz heftiger, ein außergewöhnlicher Fall.“ Warum ihn die Suche nach dem Täter bis nach Norwegen brachte, berichtet er in dieser spannenden Episode von „Ermittler“.
Ebenfalls in Bayern hat es Ermittler Alfred Eisenried mit einem Mord im Drogenmilieu zu tun. Alexander L. steht unter Verdacht, seinen eigenen Bruder Victor getötet zu haben. Doch alle Ermittlungen reichen nicht aus, den Mann rechtskräftig zu verurteilen, und so kommt er wieder auf freien Fuß. 2016 schlägt Alexander L. erneut zu – und richtet ein Blutbad an. Eisenried setzt nun alles daran, diesen gefährlichen Kriminellen endlich hinter Gitter zu bringen. (Text: ZDF)

Category

📺
TV
Transkript
00:00Bad Reichenhall. Der bayerische Kurort wird 2014 zum Schauplatz gleich mehrerer
00:26Verbrechen. Am frühen Morgen nach dem Finale der Fußball-WM sticht ein unbekannter Täter an
00:32verschiedenen Orten in der Stadt auf zwei Passanten ein. Beide haben den WM-Sieg gefeiert.
00:38Hans-Peter Butz ist der Leiter der Kriminalpolizei Draunstein. Die Ermittlungen werden ihn sehr lange
00:45beschäftigen, weit über deutsche Grenzen hinaus. Das war schon ein sehr heftiger Fall. So einen Fall
00:51hatten wir seitens der Dienststelle bis dahin noch nie. In dieser Dimension, in dieser Brutalität
00:58schon ein sehr außergewöhnlicher Fall. 13. Juli 2014. Ganz Deutschland ist im Freudentaumel
01:06über den Fußball-WM-Sieg. Um 3.04 Uhr geht bei der Polizei ein Notruf ein. Hans-Peter Butz erinnert
01:14sich an die Situation, die seine Kollegen am ersten Tatort im Zentrum von Bad Reichenhall vorfinden.
01:19Es ist ein 72-jähriger Malermeister auf offener Straße im Zentrum von Bad Reichenhall von einer
01:30unbekannten Person attackiert worden, mit dem Messer angegriffen worden und niedergestochen
01:35worden. Und die Person ist noch am Tatort verstorben. Doch damit nicht genug. Nur wenige
01:42Minuten später geht ein weiterer Notruf bei der Polizei ein. Polizeioberkommissar Tobias Piatke
01:48macht sich sofort auf den Weg in die Berchtesgadener Straße. Wir sind in dieser WM-Nacht gegen drei
01:56Uhr hier am Tatort eingetroffen, haben hier eine schwer verletzte junge Dame vorgefunden,
02:01am Boden liegend, Blut überströmt. Die Dame war noch ansprechbar. Sie hat sehr nach Luft gerungen.
02:10Wir konnten ein bisschen mit ihr sprechen, nur erschwert. Sie hat immer gesagt, sie bekommt
02:17keine Luft mehr, sie bekommt keine Luft mehr. Ein toter 72-jähriger Mann, eine schwer verletzte
02:2317-jährige Auszubildende. Das ist die Bilanz des Morgens in Bad Reichenhall nach den Feiern
02:28zum deutschen WM-Sieg. Zwei Tatorte, die nur wenige hundert Meter auseinander liegen.
02:33Hans-Peter Butz und seinem Team drängt sich da natürlich ein Verdacht auf. Ja, wir gingen
02:42natürlich sofort davon aus, dass die beiden Taten zusammengehören. Ob es sich um einen oder mehrere
02:50Täter handelt, das bedurfte noch der weiteren Abklärung. Aber klar war, dass in Bad Reichenhall
02:56zur Nachtzeit, wenn da innerhalb von 40 Minuten zwei solch schreckliche Taten begangen werden,
03:01auch augenscheinlich mit dem gleichen Tatwerkzeug, vermutlich einem Messer,
03:05dass diese beiden Taten zusammengehören. Das war für uns schon, das lag auf der Hand.
03:10Doch von einem möglichen Täter fehlt jede Spur. Noch am selben Morgen ruft Hans-Peter Butz die
03:16Sonderkommission 14. Juli ins Leben. Hier werden alle Spuren und Hinweise akribisch
03:21zusammengetragen. Die 60 Ermittler wissen, jedes noch so kleine Detail ist wichtig.
03:27Zum Team gehört unter anderem Fred Haas. Die Kleidung war beschädigt, es gab Stoffwetzen,
03:36die von einem Kampfgeschehen zeugten und an den Örtlichkeiten lagen. Und es gab auch Kleingeld,
03:43möglicherweise mit Spuren drauf, das zu sichern war. Und weiters gab es noch diverse Blutspuren
03:49und Spritzer, die eben auch entsprechend gesichert werden mussten. Langsam ergibt sich für Hans-Peter
03:56Butz und die Kollegen ein Bild, was am Morgen des 14. Juli mit dem 72-jährigen Mann am ersten
04:01Tatort genau passiert ist. Das männliche Opfer hat hier etwa 200, 300 Meter entfernt in einem
04:08Lokal das WM-Finale verfolgt, hat mit Freunden gefeiert und ist am Ende des Abends nach Hause
04:16gegangen, hat hier diesen Weg genommen, um letztendlich dort in der Innenstadt auf den
04:23Täter zu treffen. Auch der Angriff auf die 17-jährige Auszubildende Sarah lässt sich rekonstruieren.
04:31Nach einer WM-Feier bei Freunden geht sie nach Hause, als sie plötzlich angegriffen wird.
04:36Die Tat hat sich hier an der Bundesstraße 20 ereignet. Das weibliche Opfer ist von der
04:45Innenstadt kommend auf dem Nachhauseweg gewesen. Sie hat ein Fahrrad geschoben und ist auf dem
04:52Gehsteig linkseitig der Straße gegangen und dort hat sie schon den Täter auf sich zukommen sehen.
04:59Die beiden haben sich passiert, er hat noch kurz Hallo gesagt und der Angriff kam dann unvermittelt
05:04von hinten. Der Täter sticht mehrfach auf die Auszubildende ein. Die kann sich jedoch
05:09befreien und sucht, schwer verletzt, Hilfe bei Anwohnern. Sie wird in ein Krankenhaus nach
05:17Salzburg gebracht und überlebt. Einige Tage später kann sie der Polizei erste nützliche Hinweise geben.
05:24Sie konnte sich erstaunlicherweise an sehr viele Details erinnern. Sie konnte das Tatgeschehen im
05:32Detail nochmal schildern, die ganzen Abläufe, trotz dieses Schocks, der für sie mit Sicherheit
05:40damit verbunden war. Sie konnte den Täter auch beschreiben, so dass wir dann auch ein
05:46Phantrumbild gefertigt haben. Die Polizei sucht nun nach einem jungen Mann zwischen 20 und 30
05:52Jahren, ca. 1,80 Meter groß. Trotz zahlreicher Zeugenaussagen gibt es nach wie vor keine konkrete Spur.
06:09Mai 2011 im niederbayerischen Landau an der Isar. Kurz nach Mitternacht geht ein Notruf in der
06:15Einsatzzentrale der Polizei ein. Der Anrufer? Alex L. Er meldet, dass sein Bruder leblos im
06:23Wohnzimmer liegt. Als die Beamten vor Ort eintreffen, finden sie die Leiche in Rückenlage zwischen Sofa
06:30und Bett. Der erfahrene Kommissar Alfred Eisenried übernimmt die Ermittlungen. Um 0.49 Uhr hatte Alex
06:42beim Notruf angerufen und hat gesagt, ich bräuchte sofort Hilfe. Mein Bruder hat eine Überdosis
06:48genommen. Bei dem Toten handelt es sich um Viktor L. Er und sein Bruder Alex haben offenbar den
06:55ganzen Tag miteinander verbracht, Bier getrunken und Heroin genommen.
07:02Der Bruder war heroinabhängig, genauso wie der Alex. Beides sind in der Drogenszene bekannt und jahrelang
07:10als solche auch aufgetreten und haben hier bei der P.I. Landau viel Arbeit verursacht.
07:16Ein Drogentod erscheint deshalb plausibel. Doch dann kommt das Ergebnis der Obduktion,
07:22das ein ganz neues Licht auf den Fall wirft.
07:24Durch die Obduktion hat sich herausgestellt, dass hier ein Mensch auf brutale Art und Weise
07:32zu Tode getrampelt worden ist. Und Ermittler Alfred Eisenried erhält noch weitere detaillierte
07:39Erkenntnisse über das Verletzungsbild des Toten.
07:41Er hatte Verbrennungen am Ohrläppchen, in den Haaren, auf der Nase. Das klingt so nach
07:49Beziehungstat. Warum wird jemand so behandelt, wenn man solche Spuren sieht? Das sind natürlich
07:55Fragen, die sich von Anfang an gestellt hat. Also es wird sich nicht jemand selber diese
08:00Verletzungen an der Nase, am Ohr beibringen mit einer brennenden Zigarette.
08:05Hat Alex L. seinen Bruder umgebracht? Der damals 36-Jährige kommt in Untersuchungshaft.
08:12Der Bruder wurde unmittelbar nach der Tat festgenommen. Um abzuklären, hat er mit der
08:22Tat was zu tun oder ist er nur der Mitteiler, der der Polizei helfen will, dass vielleicht
08:28seinem Bruder noch geholfen wird? Die Spuren am Einsatzort und das Verhalten von Alex L.
08:34bei den Vernehmungen. Kommissar Eisenried glaubt immer mehr daran. Alex L. hat seinen
08:38Bruder auf dem Gewissen. Der Gelegenheitsarbeiter bleibt in Untersuchungshaft.
08:43Insgesamt haben wir für diesen Fall 2500 Seiten Akten produziert. Das heißt,
08:52das sind diese Gutachten, das sind diese Zeugenvernehmungen, diese Spurenbilder,
08:57diese Maßnahmen, die da gelaufen sind. Nach anderthalb Jahren kommt es vor dem
09:03Landgericht Landshut zum Prozess gegen Alex L. mit überraschendem Ausgang. Denn die Beweislage
09:08reicht dem Richter für eine Verurteilung nicht aus. Mit hinreichender Sicherheit kann nicht
09:13gesagt werden, dass Alexander der Mörder seines Bruders gewesen ist. Damit war er freizusprechen.
09:23Ein Rückschlag für die Ermittler. Doch sie müssen die Entscheidung des Gerichts akzeptieren. Vor
09:31allem die offene Frage nach einem eventuellen Motiv hat demnach letztlich zum Freispruch geführt.
09:36Bekannt war, dass Victor und Alex sich immer gut verstanden haben. So ist es von der Familie
09:42geschildert worden, so ist es auch sonst wahrgenommen worden. Also wir konnten keinen
09:47Streit während des ganzen Tages, aber auch die Zeit vorher nachweisen, dass die beiden Brüder
09:53mal sich an die Wäsche gegangen sind. Und das ist natürlich eine schwache Geschichte
10:01oder ein schwacher Punkt, der durchaus Spekulationen und damit auch andere Möglichkeiten eröffnet
10:09hat. Trotz alledem ist sich Eisenried sicher, dass ihn seine kriminalistische Intuition
10:14nicht täuscht. Und tatsächlich wird Alex L. seinen Weg erneut kreuzen.
10:23Zurück in Bad Reichenhall. Hier ermitteln Hans-Peter Butz und die Soko 14. Juli gleich
10:33wegen Zweierverbrechen. Ein unbekannter Mann hat nach den Feiern zum deutschen WM-Sieg
10:40einen Passanten erstochen und eine junge Frau schwer verletzt.
10:44Alle Einsatzkräfte, die vor Ort waren, haben natürlich noch diese Bilder im Kopf. Viel
10:54Blut an den Tatorten, am Boden natürlich noch das getötete Opfer am Boden liegend.
11:03Wir mussten dann auch die Spurensicherungsmaßnahmen dort treffen. Das überlebende Opfer war
11:08zwischenzeitlich natürlich schon im Krankenhaus. Die Sonderkommission lässt nicht locker. Wenige
11:14Tage später finden Spurensichere in einem Gebüsch einige hundert Meter vom Tatort entfernt die
11:19Tatwaffe. Ein ganz besonderes Messer. Im Zuge der Ermittlungen war die Bundeswehr eine mögliche
11:33Ermittlungsrichtung, weil das Tatwerkzeug, das Messer, das dann schließlich auch gefunden wurde,
11:38ein Messer ist, das auch in Bundeswehrbeständen Verwendung findet. Nun gibt es endlich eine erste
11:45heiße Spur. Sie führt Butz und seine Kollegen zur Hohenstaufenkaserne in Bad Reichenhall. Keine
11:51zwei Kilometer von den Tatorten entfernt. Wir haben die Bundeswehrangehörigen befragt,
11:57also die sowohl Führungskräfte als auch dann Mannschaft. Es kam dann auch aus der Bundeswehr
12:03heraus, diese Hinweise, die zur weiteren Überprüfung geführt haben. Die Aussagen
12:10führen zu Christoph R., 21 Jahre alt, Soldat. Doch hat er wirklich einen Mann getötet und eine
12:16Frau schwer verletzt? Um das zu klären, will die Polizei den Soldaten befragen. Doch der
12:23ist spurlos verschwunden. Kriminalist Butz und sein Team durchsuchen daraufhin die Stube des
12:30Soldaten. Dabei findet Spurensicherer Christian Kirsch zahlreiche Gegenstände, die mit der Tat zu
12:36tun haben könnten. Unter anderem auch blutverschmierte Schuhe. Die nimmt er jetzt genauer unter die Lupe.
12:44An dem zweiten Tatort war es so, dass man auf Pflastersteinen blutige Schuhabdruckspuren fand,
12:54die man dann später auch mit Schuhen des Tatverdächtigen verglichen hat und festgestellt
13:02hat, dass die blutigen Schuhspuren am Tatort durch diese Schuhe verursacht wurden. Jetzt ist klar,
13:10Christoph R. ist an beiden Tatorten gewesen. Doch es gibt noch einen weiteren entscheidenden Beweis.
13:16Im Spind des Soldaten liegt eine Messerscheide. Wir haben dann beim Landeskriminalamt in München
13:24ein Formspurengutachten erstellen lassen, wobei sich dann herausgestellt hat, dass die Scheide
13:30und das Messer praktisch eine Einheit bilden und eben dem Tatverdächtigen zugeordnet werden konnte.
13:39Außerdem melden sich jetzt mehrere Jugendliche. Sie geben an, ein Unbekannter habe nach den
13:46Verbrechen damit geprahlt, Menschen niedergestochen zu haben. Hans-Peter Butz ist sich nun sicher.
13:52Christoph R. ist der Täter von Bad Reichenhall.
13:56Ich habe dann sofort die Zielfahndung vom Bayerischen Landeskriminalamt mit ins Boot
14:08genommen. Die haben dann ihre Kontakte geknüpft bundesweit und international und man konnte dann
14:14sehr schnell feststellen, dass sich unser Tatverdächtiger über Frankfurt nach Oslo
14:21abgesetzt hat. Somit war Norwegen als das Land, wo er sich sehr wahrscheinlich aufhält,
14:29für uns natürlich Ermittlungsziel.
14:32Aber warum ausgerechnet Norwegen? Hat Christoph R. hier Freunde, die ihn verstecken könnten? Oder
14:41will er sich alleine in der Wildnis durchschlagen? Hans-Peter Butz kann darüber nur mutmaßen.
14:47Für mich persönlich als Ermittler liegt aber schon die Schlussfolgerung nahe,
14:52dass er sich einfach absetzen wollte. Norwegen ist ein dünn besiedeltes Land,
14:57da ist das Entdeckungsrisiko vermutlich deutlich geringer. Und er hatte auch in der Vorgeschichte
15:05ein paar Kontakte und Bezüge zu Norwegen. Nicht im Sinne einer Person, die er aufsuchen wollte,
15:12sondern eher so als Reiseland, das für ihn interessant erschien.
15:17Hält sich Christoph R. tatsächlich immer noch in Norwegen auf?
15:20Die Polizei dort ist jetzt informiert und hält Ausschau nach ihm.
15:24Als der internationale Haftbefehl dann gesteuert wurde über die polizeilichen Kanäle,
15:32haben sich die Kollegen dort vor Ort erinnern können, dass sie eine Person,
15:36auf die die Beschreibung passt, ein paar Tage vorher auch gesehen haben. Sie haben mit ihm
15:41sogar gesprochen als Tourist und war insofern auch auffällig, dass er mit Bundeswehr-Kamouflage
15:50gekleidet war. Die deutschen Ermittler hoffen jetzt auf einen Fahndungserfolg ihrer
15:57norwegischen Kollegen. Die Suche nach Christoph R. wird zum Wettlauf gegen die Zeit.
16:02Landau an der Isar in Bayern.
16:10Monatelang haben hier Ermittler Alfred Eisenried und sein Team im Todesfall Viktor L. ermittelt.
16:16Obwohl sein eigener Bruder Alex L. unter Mordverdacht steht, reicht es nicht für eine Verurteilung.
16:23Ich habe den Alexander in diesem ersten Fall dreimal vernommen, wobei er die Tat nie
16:32eingeräumt hat. Er hat den Tagesablauf geschildert, aber wie wir zum eigentlichen
16:36Tag geschehen gekommen sind, hat er seine Version der Geschichte erzählt, die nicht
16:42grundsätzlich widerlegt werden konnte. Alex L. ist jetzt wieder auf freiem Fuß. Immer wieder
16:48fällt er in den nächsten Jahren bei der Polizei auf, verbüßt wegen kleinerer Delikte Haftstrafen.
16:53Im Jahr 2016 geht dann erneut ein Notruf bei der Polizei Landau ein.
16:59Polizeieinspektion Landau. Schönen guten Tag. Hauptstraße. Es hat eben ein Passant mitgeteilt,
17:11dass wohl in der unteren Stadt irgendwo in Höhe des Geschäftszieleprofi ein junges Mädchen
17:20blutüberströmt von einem Mann mit Messer mitgezogen wird. Das Mädchen wird über mehrere
17:26Kilometer brutal durch Landau gezerrt. Der Entführer? Kein anderer als Alex L.
17:31Ich selbst bin dann dorthin alleine nachgefahren und habe dort eben gerade mitbekommen, wie die
17:42Kollegen das Martin-Fahren eingeschalten haben und sich dann das Mädchen von dem Mann losreißen
17:47konnte und eben zu den Kollegen und zu mir flüchten konnte. Alex L. selbst rennt in einen
17:54Wald. Hier wird er wenig später aufgegriffen. Das verletzte Mädchen belastet ihn schwer. In der
18:01Wohnung ihres Vaters in der Brückengasse ist vor ihrer Entführung Schreckliches passiert.
18:06Hinter dieser Tür hat Alex ein Blutbad angerichtet, eine Person massiv umgebracht
18:15mit Hammer-Einsatz, mit Messer-Einsatz, aber auch mit einem Fernseher hat er auf
18:19seinen Opfer eingedroschen. Was war passiert? Am Sonntagvormittag trifft sich Alex L. mit
18:27mehreren Freunden zu einer Grillparty an der Isar. Es wird viel getrunken. Noch ist die Stimmung
18:33ausgelassen und gut. Am späteren Abend dann geht Alex mit zwei Freunden und der Tochter eines der
18:39beiden hier in die Brückengasse zum Übernachten. Am darauf folgenden Morgen passiert das Unfassbare.
18:46Zuerst wird einer der beiden Männer von Alex L. angegriffen. Dann hat ihn der Alex in der Früh,
18:556 Uhr, 6.30 Uhr etwa, aufgeweckt aus unerfindlichen Gründen und hat auf ihn eingeprügelt. Er hat
19:02ihn dann mit Fäusten durch das Schlafzimmer gedrängt, geschlagen, gedrückt und hat ihn
19:10dann ins Badezimmer reingedrückt und sagte dann zu ihm, hole Messer. Nachdem Alex L. den Mann im
19:19Bad mit dem Messer attackiert hat, geht er jetzt auf den zweiten, noch schlafenden Mann zu. Er
19:24greift auch ihn an. Attackiert vermutlich mit einem Hammer, hat dann auch noch einen Fernseher,
19:31der im Schlafzimmer stand, hat ihn über den Kopf geschlagen. Bilanz, ein Toter, ein Schwerverletzter,
19:38eine verschleppte 13-Jährige. So etwas hat Kommissar Alfred Eisenried in seiner
19:43Laufbahn bis dahin noch nicht erlebt. Dieses Blutbad, gerade im zweiten Fall,
19:51ist der Fall, der mir am meisten im Gedächtnis bleibt, weil so viel Blut an einem Tatort,
20:01auch diese Massivität, wie Alex sich gegenüber dem Mädchen verhalten hat, ist schon beeindruckend.
20:09Alex L. handelte in beiden Fällen ohne jedes erkennbare Motiv. Doch wie kann das sein?
20:15Professor Helmut Tausendteufel ist Kriminalsoziologe. Er beschäftigt sich mit solch extremen Straftätern.
20:23Grundsätzlich gibt es eben die Möglichkeit, dass der eigentliche Anlass nicht unbedingt zu
20:31dem, zu der Tat passt, dass der Anlass sehr gering ist. Und das gibt es eigentlich relativ
20:36häufig. Denn eben die Handlungsbereitschaft, das, was dann den Antrieb zur Tat irgendwie ausmacht,
20:42kann ja oft über einen sehr langen Zeitraum hinweg entstehen. Oft ist das ganze Leben,
20:46die ganze Biografie von einem langen Scheitern geprägt, von immer wieder Versuchen, Fuß zu
20:50fassen und so weiter. Und dann baut sich eine innere Spannung auf, die dann eben nur einen
20:55kleinen Trigger, also den Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, dann braucht. Und dann
21:01stehen dieser Anlass in einem Missverhältnis zu der Tat eben selber. Professor Tausendteufel
21:07kann aber auch einschätzen, welche Auswirkungen der Drogenmissbrauch von Alex L. auf sein Handeln
21:11möglicherweise hatte. Also Alkohol spielt beim Großteil der Tötungsdelikte eine wichtige Rolle.
21:20In unterschiedlicher Hinsicht. Also eben als etwas, was so ein Schmiermittel für die emotionale
21:29Eskalation dann ganz häufig, aber eben auch im Zusammenhang mit Alkoholismus und vor allem
21:35dann auch chronischem Alkoholismus, wo dann so bestimmte Scham-Schwellen abgebaut werden und
21:42das dann die Gewalt dann eben auch erleichtert. Das definitiv. Auch wenn Alex L. die Tat wieder
21:49leugnet. Dieses Mal gibt es Zeugen. Eines der Opfer überlebt, schwer verletzt und kann sich
21:55an alle Details erinnern. In diesem zweiten Fall war ich mir sehr sicher, dass es zu einer
22:04Verurteilung kommt, weil wir einen überlebenden Zeugen hatten, der eben das Massaker gegen ihn
22:12schildern konnte, beziehungsweise auch eine 13-Jährige, die es sehr gefestigt und sachlich
22:23im Prozess aussagen konnte. Erneut kommt es vor dem Landgericht Landshut zum Prozess gegen Alex L.
22:29Der Alex wurde im zweiten Fall, im ersten ist er rechtskräftig freigesprochen worden. Also es war
22:38im zweiten Fall nicht mehr möglich, auf diese erste Tat einzugehen, außer er würde ein
22:43Geständnis ablegen. Im zweiten Fall ist der Alex zu lebenslanger Haft unter Prüfung, ob nicht eine
22:51Sicherheitsverwahrung gegen ihn verhängt wird, verurteilt worden. Damit enden jahrelange
22:58Ermittlungen für Kommissar Eisenried und sein Team. Doch dann erhält Kommissar Eisenried
23:03nochmals einen Anruf. Es geht um Alex L. Jetzt hat sich dann noch mal was Neues ergeben. Er hat
23:12nämlich Selbstmord in der JVA Straubing begangen und damit ist der Fall, beziehungsweise die Akte
23:19Alex für mich tatsächlich geschlossen worden. Alfred Eisenried konnte die zweite Tat nicht
23:25verhindern, obwohl er alles Menschenmögliche versucht hatte. Bad Reichenhall. Mittlerweile
23:38weiß Kripo-Chef Hans-Peter Butz, dass der tatverdächtige Messermörder Christoph R.
23:43nach Norwegen geflüchtet ist. Dennoch ist er beunruhigt, dass sich dieser gefährliche
23:48Straftäter immer noch frei bewegen kann. Er könnte jederzeit wieder zuschlagen. Also die
23:55Soko 14. Juli, die ich installiert habe und die darauffolgenden Wochen, dreieinhalb Wochen,
24:02waren die anstrengendste Zeit in meinem dienstlichen, aber auch privaten Leben. Denn
24:08wir haben im Grunde den ganzen Tag und auch am Wochenende ermittelt. Man ist mit dem Fall ins
24:16Bett gegangen, man ist mit dem Fall wieder aufgestanden und man hat natürlich dann mit
24:21großem Druck arbeiten müssen. Und das war eine Zeit, die schon sehr anstrengend für alle
24:28Beteiligten war. Und dann endlich am 5. August 2014 die erlösende Nachricht aus Norwegen. Den
24:36Kollegen dort ist es gelungen, den Deutschen ausfindig zu machen. Der Soldat wird festgenommen
24:41und nach Deutschland ausgeliefert. Hans-Peter Butz erinnert sich,
24:46wie sich Christoph R. damals verhielt und was er zu den Taten zu sagen hatte.
24:50Der Täter hat zur Tat konkret sich nicht erklärt. Er hat den Tatvorwurf, wie er im
25:01Haftbefehl formuliert wurde, bestätigt. Aber keine weiteren Angaben zur Tat. Was den Täter
25:09letztlich dazu bewogen hat, in dieser Nacht diese beiden Taten zu begehen, ohne dass es
25:15eigentlich eine Vorgeschichte gab, ohne dass es eine Beziehung zu den Opfern gab,
25:19ist für mich weiterhin völlig rätselhaft. Fakt ist, dass er es gemacht hat. Und Fakt ist,
25:27dass es natürlich für die beiden Opfer und deren Angehörige zu erheblichem Leid geführt hat.
25:33Christoph R. wird vor dem Landgericht Traunstein der Prozess gemacht.
25:39Die Anklage lautet Mord und versuchter Mord. Während des Prozesses kommt auch zur Sprache,
25:44dass er am Computer gerne sogenannte Ego-Shooter spielte. Was das mit der Tat zu tun haben könnte,
25:50erläutert Soziologie-Professor Helmut Tausendteufel. Das Computerspiel kann natürlich irgendwo sein,
25:55hängt dann vom Inhalt ab. Aber nochmal so richtig loszuballen, Leute abzuschlachten,
26:00kann ein Mittel sein oder auch da wieder eine Absenkung von Hemmschwellen sein,
26:05um dann die Tat begehen zu können. Aber der eigentliche Antrieb muss etwas anderes sein.
26:10Was genau das war, wird wohl für immer im Dunkeln bleiben. Doch die Beweislage und
26:15sein Geständnis genügen für eine Verurteilung von Christoph R.
26:18Der Täter ist vor dem Landgericht Traunstein wegen Mordes und schwerer Körperverletzung
26:24verurteilt worden. Er hat 14 Jahre Freiheitsstrafe bekommen. Zum Ende der
26:29Haft seithin wird die Sicherungsverwahrung geprüft. Christoph R. wird nach Jugendstrafrecht
26:35verurteilt. Ein Motiv nennt er im Prozess nicht. Er ist verschlossen, macht keine Aussage. Dass
26:41er keine weiteren Taten begehen konnte, ist für die Polizei und auch für die Betroffenen enorm
26:46wichtig. Das ist eine Erleichterung, die kann ich gar nicht in Worte fassen. Also da fällt einem,
26:52ich habe gesagt, der Stein, der mir vom Herzen gefallen ist, den hat man wahrscheinlich in
26:57Norwegen noch gehört. Dreieinhalb Wochen lang hat die Soko 14. Juli praktisch rund um die Uhr
27:03gearbeitet. Das WM-Finale 2014 wird keiner der Ermittler je vergessen. Eingetöteter Mann und
27:11die schwerverletzte Sarah. Sie wird auf einem Auge für immer blind bleiben. Bei den Polizisten hat
27:17sie sich mit einem ganz persönlichen Geschenk bedankt.
27:33Untertitel der Amara.org-Community

Empfohlen