• letztes Jahr
In Kehl, an der Grenze zu Frankreich, geht ein Frauenmörder um, der die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Kommissar Gerhard Heck läuft die Zeit davon. Grenzüberschreitend muss auch Kommissar Ari Freyers in Lörrach ermitteln. Nachdem eine 19-Jährige verschwunden ist, glaubt er, den Täter zu kennen – doch die Leiche fehlt. Kehl im Jahr 1999: Frauen trauen sich abends nicht mehr alleine auf die Straße. Die Stadtverwaltung verfügt, dass die Strahlkraft der Straßenlaternen erhöht wird. Ein allgemeines Misstrauen greift um sich. Der Grund: das „Phantom von Kehl“. Der Mann kommt aus dem Nichts, schlägt grund- und gnadenlos zu.
Im Oktober 1999 ist die 22-jährige Altenpflegerin Hatice C. das erste Opfer: Der Mörder zertrümmert ihren Kopf und entkleidet sie teilweise. Sieben Wochen später entkommt Bärbel Z. (39) dem Täter mit schweren Platzwunden. Die Zeitungsausträgerin Gisela D. (66) hat im Dezember 1999 weniger Glück: Sie überlebt den Angriff am frühen Morgen nicht. Kriminalrat Gerhard Heck leitet eine 40-köpfige Sonderkommission. Er weiß: Der Mörder kann jederzeit wieder zuschlagen. Das tut er auch – auf der anderen Rheinseite bei Straßburg. Doch jetzt sind ihm Heck und seine Kollegen auf der Spur.
Fünf Jahre später muss Kommissar Ari Freyers aus Lörrach ebenfalls in einem Kapitalverbrechen ermitteln. Im September 2004 wird die 19-jährige Melanie B. vermisst. Sie träumt von einer Modelkarriere – doch dann werden ihre Träume brutal zerstört, als sie nach dem Besuch einer Telefonzelle spurlos verschwindet. Kommissar Ari Freyers ermittelt mithilfe der Mobilfunkdaten aus Melanies Handy einen möglichen Täter. Nur: Beweisen kann er den Mord nicht, denn Melanies Leiche ist verschwunden. Als die Ermittlungen in die Schweiz ausgedehnt werden, sind die Lörracher Beamten der Lösung jedoch sehr nahe. Wie nahe, ahnen sie zunächst selbst nicht. (Text: ZDF)

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00:00Kehl, eine Kleinstadt an der deutsch-französischen Grenze. Kurz vor der Jahrtausendwende. Es
00:21ist der 11. Oktober 1999. Die Altenpflegerin Hatice C. begibt sich morgens gegen 3.30 Uhr
00:29zur Arbeit. Sie hat Frühschicht in einem Altenheim. Als sie das Gelände betritt, wird
00:36sie von einem Unbekannten mit einem Hammer angegriffen. Brutal schlägt der Mann auf die
00:4522-Jährige ein. Hatice C. erliegt ihren schweren Verletzungen.
00:57Der Kommissar Gerhard Heck von der Kripo Offenburg ist vom ersten Tag an mit dem Mordfall an
01:01der Altenpflegerin betraut. Er stellt die klassischen Fragen.
01:04Wer war zur Tatzeit in Tatortnähe? Wer hatte eine Beziehung zu diesem Opfer? Wer hatte
01:12möglicherweise einen Grund, auf dieses Opfer so wütend zu sein, dass er ihm sowas antut?
01:17Und wie sieht es in familiärem Geflecht aus?
01:20Die Polizei ermittelt im Umfeld von Hatice C. Warum wurde die junge Frau umgebracht?
01:27Eine Beziehungstat? Spielte Eifersucht eine Rolle?
01:30Zunächst ergab sich da eine Spur. Die junge Frau hatte kurz vor dem Angriff ihre Verlobung
01:37gelöst. Und diese Personen wurden natürlich sehr intensiv überprüft. Es haben sich aber
01:45alle Spuren und Hinweise in diese Richtung nach und nach aufgeklärt, so dass nach etwa
01:53fünf bis sechs Wochen klar war, es ist überhaupt niemand im Visier, der einen Grund gehabt
02:01hätte, diese junge Altenpflegerin zu der Zeit anzugreifen.
02:04In Kehl geht das Leben derweil ganz normal weiter. In der Bevölkerung ist das Tötungsdelikt
02:11nur kurzzeitig Thema. Alles sieht nach einem tragischen Einzelfall aus.
02:16Doch die Stimmung vor Ort ändert sich sechs Wochen später, als vor einem Mehrfamilienhaus
02:20am Rande der Innenstadt ein weiteres Verbrechen geschieht.
02:23Am 23. November 1999 verlässt die Putzfrau Bärbel Z. gegen 4.30 Uhr ihr Haus. Die 39-Jährige
02:34will mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, als sie plötzlich von einem Mann mit einer Eisenstange
02:38angegriffen wird. Durch die Hilferufe wird der Ehemann von Bärbel Z. alarmiert. Er kann
02:47den Angreifer schließlich vertreiben. Die 39-Jährige kommt mit einer Kopfplatzwunde
02:54davon und erleidet einen Schock. Der Mord an Hatice C. sechs Wochen zuvor und nun der
02:59Angriff auf Bärbel Z. Könnte es sein, dass hierfür ein und derselbe Täter verantwortlich
03:04ist?
03:05Wir haben gehofft, dass es nicht so ist, aber wir konnten es auch nicht ausschließen. Wir
03:09haben daraufhin zur Nachtzeit die Polizei in Kehl verdoppelt, einfach als Vorsichtsmaßnahme,
03:15haben den Fall aber der Ermittlungsgruppe in Kehl überlassen. Einfach, es sah aus wie,
03:21das ist jemand von da. Vielleicht war es auch Zufall, dass es zwei Fälle waren, weil der
03:27Ermittlungsaufwand im Familienumfeld der Atempflegerin, der war relativ hoch und der war noch nicht
03:32abgeschlossen. Also da war immer noch die Hoffnung, das ist vielleicht doch ein Beziehungsdelikt.
03:36Allerdings, es gab schon Stimmen und ich habe mich mit dem Leiter der Kehl-Ermittlungsgruppe
03:41damals auch lange unterhalten. Wenn es zusammenhängt, haben wir ein Problem in Kehl.
03:46Hatice C. und Bärbel Z. kannten sich nicht. Sie haben nichts gemeinsam. Außer, dass sie
03:51möglicherweise Opfer des gleichen Täters geworden sind, der ihnen frühmorgens auflauerte,
03:56um sie brutal anzugreifen.
03:57Kommissar Heck und seine Kollegen ermitteln damals intensiv in alle Richtungen. Sollte
04:03es sich wirklich um einen Serientäter handeln, könnte er jederzeit wieder zuschlagen.
04:07Lörrach, direkt an der Grenze zur Schweiz. Hier lebt Melanie B., ein 19-jähriges, auffallend
04:17hübsches Mädchen. Sie jobbt in einer Pizzeria und träumt von einer Model-Karriere.
04:21Am Abend des 3. September 2004 spricht sie von dieser Telefonzelle aus mit ihrem Freund.
04:29Auf ihrem Handy hat sie kein Guthaben mehr. Das Telefonat ist ihr letztes Lebenszeichen.
04:34Die 19-Jährige gilt als sehr zuverlässig. Umso beunruhigter sind die Angehörigen. In den ersten
04:47Tagen nach Melanies Verschwinden suchen sie auf eigene Faust nach dem Mädchen. Im ganzen
04:51Stadtgebiet hängen sie Plakate auf. Doch von Melanie fehlt jede Spur. Nun wendet sich die
04:58Familie an die Polizei. Kriminalkommissar Ari Freiers nimmt den Fall gleich sehr ernst.
05:03Am 6.9. haben wir dann schließlich hier beim Kriminalkommissariat Lörrach zunächst eine
05:10Ermittlungsgruppe und im Anschluss daran eine Sonderkommission bestehend aus 16
05:15Kriminalbeamten eingerichtet, die sich dann mit dem Fall, vermissten Fall, Melanie B.
05:20beschäftigt haben. Die Beamten sind von den Umständen des Verschwindens der 19-Jährigen
05:26alarmiert. Mit einem Großaufgebot suchen sie nach Melanie. Ist sie einem Unfall zum Opfer
05:32gefallen? Hat sie sich selbst umgebracht? Das scheidet nach Meinung der Ermittler zumindest aus.
05:41Wir mussten aufgrund verschiedener Umstände zwingend davon ausgehen, dass Melanie B. das Opfer
05:47einer schwerwiegenden Straftat geworden ist, insbesondere eines Menschenraubes, einer Entführung
05:53oder sogar eines Kapitaldeliktes beziehungsweise Tötungsdeliktes. Grund zur Annahme gab uns,
06:00dass Melanie relativ locker und leger bekleidet von zu Hause wegging und ihrer Mutter gegenüber
06:08äußerte, sie wolle nur kurz telefonieren gehen. Melanie B. führte außerdem keinerlei großen
06:15persönlichen Gegenstände mit sich, also wie zum Beispiel eine Handtasche, Ausweislapiere oder
06:20Hausschlüssel. Die Beamten rätseln. Sie haben inzwischen Lokale und Treffpunkte besucht,
06:26viele Menschen befragt, doch sie kommen einfach nicht weiter.
06:32Die 19-Jährige hatte wenige Monate vor ihrem Verschwinden noch ein Casting-Video
06:36aufgenommen, weil sie auf eine Modelkarriere hoffte. Wo ist Melanie B.?
06:47In Kehl sind Kommissar Gerhard Heck und seine Kollegen immer noch auf der Suche nach dem
06:51unheimlichen Täter, der offenbar eine Frau umgebracht und eine weitere angegriffen hat.
06:56Noch während der intensiven Ermittlungen wird die Stadt von einem weiteren, schweren Verbrechen
07:00erschüttert. Es ist der 4. Dezember 1999, fünf Uhr morgens. Nur elf Tage sind seit dem Angriff
07:09auf die Putzfrau Bärbel Z. vergangen. Die Zeitungsausträgerin Gisela D. ist in der
07:14Kehler Innenstadt unterwegs, als sie plötzlich von einem Mann angegriffen wird.
07:1916 Mal sticht der Täter mit einem Messer auf sie ein. Die 66-Jährige hat keine Überlebenschance,
07:25sie stirbt. Zwei Morde, ein Mordversuch, und das innerhalb von nicht einmal zwei Monaten.
07:31In der Kleinstadt Kehl ist nun nichts mehr wie zuvor.
07:36Es war eine Stimmung, die kann man so gar nicht mehr greifen, das war zum Schneiden.
07:43Die Leute waren wirklich extrem aufgeregt. Die Kollegen sind reingekommen, haben berichtet,
07:50zwei ältere Frauen im Bademantel mit Dachlatten bewaffnet, bringen die jungen Enkelin zum Bus,
07:56warten am Bus. Es war nachts wie ausgestorben, keine Frau mehr auf der Straße.
08:01Den Beamten der Sonderkommission Kindsicher Allee ist jetzt klar, sie müssen einen Serienmörder
08:06überführen. Die Öffentlichkeit macht Druck, man macht
08:10sich selber Druck, weil alle, die daran beteiligt sind, denken, es könnte wieder passieren.
08:14In jedem Streifenwagen ist das Thema, es wird alles kontrolliert, was entfernt auch nur in
08:22die Richtung geht. Man versucht wirklich alles und denkt, hoffentlich machen wir keinen Fehler,
08:27hoffentlich übersehen wir nichts und hoffentlich passiert nicht noch ein Fall und wir sind dran
08:32vorbeigelaufen. Kriminaltäter sind in der Kleinstadt Kehl,
08:35in der Nähe von Gisela D. Die Ermittler können an der Leiche von Gisela D. eine fremde DNA feststellen.
08:453.700 Männer werden daraufhin zu einer freiwilligen Speichelprobe eingeladen.
08:50Die Aktion bleibt jedoch ohne Erfolg. Es gibt keine Übereinstimmung mit der gefundenen DNA.
08:55Neun Tage nach dem Mord an der Zeitungsausträgerin,
09:00es ist der 14. Dezember 1999 und wieder früher morgen.
09:05In der Nähe des letzten Tatorts, direkt vor einer Bäckerei, bemerkt eine Verkäuferin einen
09:10verdächtigen Mann. Er treibt sich in einem Hinterhof herum und macht der 20-Jährigen
09:15Angst. Doch als sich der Wagen eines Brotlieferanten nähert, flieht der Unbekannte.
09:20Aber mit den Angaben der Verkäuferin lässt die Polizei ein Phantombild des Mannes anfertigen.
09:32Ist es der Serienkiller, den Heck und seine Kollegen suchen?
09:36Also wir sind damals davon ausgegangen, es könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit der Täter sein,
09:41der wieder unterwegs ist. Und das Phantombild, die junge Frau war sich relativ sicher,
09:46so sieht er aus, damit muss noch was.
09:48Auf den Mann mit dem breiten Oberlippenbart gehen viele Hinweise ein. Zu viele. Offenbar ähneln
09:54zahlreiche verschiedene Männer dem Gesicht auf dem Phantombild. Wird diese Spur dennoch zum
09:59Täter führen? In Lörrach muss Kommissar Freiers derweil erst einmal klären, ob die verschwundene
10:06Melanie B. überhaupt einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Die 19-Jährige ist nun schon seit
10:12fast einer Woche verschwunden. Auf der Suche nach einem möglichen Täter erhält die Polizei
10:17einen Hinweis. Einen Hinweis auf den 33-Jährigen Jörg W.
10:21Wir wussten aufgrund von einigen Zeugenaussagen, also Bezugspersonen von Melanie, dass Jörg W.
10:35die Melanie B. kannte. Er hatte sie ein paar Tage zuvor in einer Pizzeria hier in Lörrach
10:42kennengelernt. Hat ja zugleich von Anfang an Komplimente gemacht, wie schön und attraktiv
10:49sie aussehen würde. Hat ihr nach wenigen Tagen schon Geschenke in Form von Bekleidung
10:54oder CDs gemacht. Und außerdem hat er auch bei ihr nachgefragt, ob sie nicht bereit wäre,
11:01Aktfotos von sich zu machen lassen. Aktfotos? Das kommt Kommissar Freiers sehr verdächtig vor. Er
11:08und seine Kollegen beschließen Jörg W. genauer unter die Lupe zu nehmen. Und sie lassen die
11:13Mobilfunkdaten von Melanies Handy auswerten. Denn das hatte die junge Frau dabei, als sie
11:18spurlos verschwand. Diese Ortung ergab dann, dass das Mobiltelefon bereits am Freitagabend
11:27gegen circa 22.40 Uhr im Bereich eines Sendemastes in Lörrach-Hauingen ausgelockt wurde. Dieser
11:36Sendemast hat eine Abstrahlung von circa 1,2 Kilometer gehabt. Und die Wohnung des Jörg W.
11:41lag mitten in diesem Radius drin. Nun konzentriert sich das Interesse der
11:47Ermittler endgültig auf den 33-jährigen Jörg W. Jörg W. könnte die Person gewesen sein,
11:53die Melanie B. tatsächlich zuletzt dort gesehen hat, beziehungsweise mit ihr Kontakt hatte.
12:00Jörg W. arbeitet bei einer Spedition in Kaiser August in der Schweiz,
12:05nur wenige Kilometer hinter der Grenze auf der anderen Seite des Rheins.
12:12Kommissar Ari Freiers und seine Kollegen befragen Jörg W. an seinem Arbeitsplatz.
12:17Können die Ermittler hier dem Schicksal von Melanie B. auf die Spur kommen?
12:28Kehl im Jahr 2000. Eine Stadt im Ausnahmezustand. Bei der Polizei werden zahllose Überstunden
12:34absolviert auf der Suche nach einem Frauenmörder, der in den Medien inzwischen das Phantom von
12:39Kehl genannt wird. Mit diesem Phantombild sucht die Sonderkommission nach dem Mann.
12:43Man hat kein Beziehungsdelikt. Es sind drei Opfer, die miteinander nichts zu tun haben.
12:48Es kann jeder gewesen sein. Es kommen dann auch Leute, die auf den ersten Blick sehr
12:53seriös wirken und eine auf den ersten Blick sehr gut klingende Geschichte erzählen. Wenn man aber
12:59dann mal genau rangeht, erweist sich ein Teil als frei erfunden. Und dann zu sagen, jetzt machen wir
13:05Schluss und dass diese Leute trotzdem dann Ruhe geben, das ist manchmal schwierig. Es gab auch
13:11massive Beschuldigungen gegen Nachbarn, zum Teil sogar mit anonym verteilten Fotokopien,
13:16mit üblen Anschuldigungen. Es ging sehr weit manchmal in Kehl.
13:20Auch im Nachtleben der Stadt spürt man große Auswirkungen der Stimmung in Kehl. Zum Beispiel
13:26im inzwischen geschlossenen Club Oase, einem Tanz- und Striplokal. Einer der früheren
13:32Geschäftsführer erinnert sich. Er möchte anonym bleiben.
13:35Die Beschäftigten vom Cabaret wollten natürlich nicht alleine zu Fuß nach Hause, sondern da haben
13:45wir von der Direktion her einen Fahrdienst eingestellt, der die Mädchen direkt zum
13:50Feierabend abgeholt hat und sie dann auch direkt an die Haustüre gebracht und als Sonderservice
13:55auch gewartet hatte, bis die Haustüre auf war und das Licht gebrannt hatte.
13:59Bei den weiblichen Angestellten und Besuchern herrscht große Verunsicherung.
14:03Ich behaupte nicht nur unter den Damen, auch unter der männlichen Welt. Man wusste ja nicht,
14:09was auf einen zukommen wird. Ist der nächste vielleicht ein männliches Opfer?
14:11Anfang Mai 2000 veröffentlicht die Polizei ein Überwachungsvideo,
14:16das einen verdächtigen Mann nachts in der Kehler Innenstadt zeigen soll. Auch hier gehen
14:21anschließend viele Hinweise bei der Polizei ein, doch die Identität des Gesuchten bleibt ungeklärt.
14:26Es kommt noch schlimmer. Kurze Zeit später gibt es einen weiteren Mord. Nicht in Kehl,
14:34sondern gegenüber auf der anderen Rheinseite, in Straßburg. Es ist der 15. Mai 2000. Die
14:4045-jährige Lehrerin Ursula B. radelt in den Rheinauen. Bei Lawanzenau wird sie von einem
14:46Unbekannten vom Fahrrad gestoßen und erstochen. Gerhard Heck und seine Straßburger Kollegen
14:55vermuten schnell einen Zusammenhang. Die Kollegen am Tatort haben sofort angerufen.
15:02Und es war uns relativ schnell klar, ihnen auch. Sie haben es auch befürchtet. Es ist
15:07dasselbe. Es geht auf französischer Seite weiter. Die ganze Nacht über lag die Tote in dem Wäldchen.
15:14Die Tatortarbeit gestaltet sich sehr schwierig. Immerhin erhält die Polizei nun erstmals ganz
15:20konkrete Hinweise aus der Bevölkerung. Es kam immer wieder die Rede auf einen Mann,
15:27auffällig gekleidet, Joggingklamotten, zum Teil verschiedene Joggingklamotten und vermutlich
15:33dunkelhäutig. Die Polizei erstellt einen sogenannten Bewegungsradius des Mörders.
15:38Ist der Jogger der gesuchte Serientäter? Kommissar Ari Freiers sucht in Lörrach immer
15:47noch nach der verschwundenen Melanie B. Die Ermittler verdächtigen Jörg W. etwas mit dem
15:53Verschwinden der 19-Jährigen zu tun zu haben. Der Verdacht erhärtet sich, als sich der Mann
15:58in seinen Vernehmungen in Widersprüche verwickelt. Und er hat ungewöhnliche Verletzungen. Woher
16:04stammen sie? Wir haben Jörg W. dazu natürlich befragt. Er hat diese Verletzungen dann hingestellt,
16:12seien es kleinere häusliche Unfälle oder Arbeitsunfälle an seiner Firma in Kaiseraus gewesen.
16:18Letztendlich haben wir uns aber dazu entschieden, einen Rechtsmediziner hinzuzuziehen. Dieser
16:25Rechtsmediziner hat die Verletzungen dann begutachtet und attestiert und kam auch zu
16:31dem Ergebnis, dass diese Kratzer, diese Hautabschürfungen und blauen Flecken tatsächlich
16:38von einer sich wehrenden Person stammen könnten. Kommissar Freiers ist sich nun ziemlich sicher,
16:44Jörg W. muss die 19-Jährige Melanie getötet haben. Doch ihm fehlen die Beweise. Die
16:50Arbeitskollegen von Jörg W. in der Spedition im schweizerischen Kaiseraugst werden erneut
16:55befragt. Und jetzt gibt es den entscheidenden Hinweis einer Angestellten.
17:00Sie teilte mit, dass Jörg W. sich seit ca. einer bis anderthalb Wochen sehr auffällig verhalten
17:10würde. Er sei nicht mehr so gesprächig wie schon vorher. In einem Nebensatz erwähnte
17:17diese Zeugin dann auch, dass es auf dem Areal der Firma komisch riechen würde. Die Zeugin
17:24konnte das aber nicht weiter konkretisieren. Wir haben dann in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft
17:30Lörrach und den Schweizer Justiz- und Polizeibehörden Beschlüsse erwirken können zur groß angelegten
17:38Durchsuchung bzw. Absuche des Firmengeländes. Wir konnten auch erwirken, dass deutsche Leichensuchhunde
17:47an dieser Absuche bzw. Durchsuchung teilnehmen dürfen. Kommissar Freiers trifft sich auf
17:54dem Speditionsgelände in Kaiseraugst mit seinem Schweizer Kollegen Bernhard Hoppler
17:58von der Kantonspolizei Aargau. Wir fingen dann mit der Absuche des Geländes an und dann
18:04gaben die Leichensuchhunde hier an, am äussersten Schacht links. Diese war versperrt mit Sperrgittern
18:11und sonstigen Materialien. Und dann, als die Hunde angegeben haben, haben wir mit der Suche
18:16begonnen. Man hat das zur Seite geräumt und ist dann im Inneren effektiv auf einen verdächtigen
18:22Sack gestossen. Bei der Durchsuchung des Schachts findet die Spurensicherung außerdem
18:28Frauenschmuck. Die Bergung des Sacks dauert mehrere Stunden bis in den späten Abend hinein.
18:35Anschließend gibt es traurige Gewissheit. Bei der Toten in dem Sack handelt es sich
18:39tatsächlich um Melanie B. Wird es jetzt gelingen, Jörg W. als Mörder zu überführen?
18:45Kommissar Heck und seine Kollegen sind dem Phantom von Kehl dicht auf den Fersen.
18:54Zeugenbefragungen bringen ihn und sein Team schließlich auf einen Verdächtigen. Jacques P.,
18:59waffennah und Kampfsportfan, aus dem französischen Überseedepartement Guadeloupe. Der 26-jährige
19:07Ex-Armee-Angehörige wird intensiv überprüft. Nachdem der Name Jacques P. durch die französischen
19:13Kollegen ermittelt war, gab es sofort einige Überprüfungen, auch nähere Überprüfungen seiner
19:19Person auf französischer Seite. Und auch die Sonderkommission in Kehl hatte den Namen
19:25tatsächlich schon in der Kontrollliste möglicher Passanten, die in Tatseitnähe in Kehl unterwegs
19:32waren. Es gab also einige Indizien, die für Jacques P. gesprochen haben. Allerdings ist es
19:38nicht gelungen, gegen Jacques P. objektive Beweise zusammenzutragen. Wie gefährlich Jacques P.
19:44tatsächlich ist, wird den Ermittlern spätestens am 19. Januar 2001 bewusst. Der Streitschweier
19:50Autofahrer mündet in eine Verfolgungsjagd. Auf dem Parkplatz eines Supermarkts in Straßburg
19:56dreht Jacques P. dann völlig durch. Der Täter ist ausgestiegen und hat mit seinem Säbelscheiben
20:03seines Kontrahenten eingeschlagen, sodass dieser in Panik aus dem Auto geflüchtet ist. Und dabei
20:08hat er ihn durchs Säbel durchgebohrt. Also völliger Gewaltausbruch aus nichtigem Anlass. Nach der
20:15Attacke auf dem Parkplatz kommt Jacques P. in Untersuchungshaft. Doch ist er auch das Phantom
20:19von Kehl? Es war so, dass Jacques P. aus dem Gefängnis heraus einen Antrag gestellt hat an die
20:25französischen Kollegen. Er wollte mit dem Beamten sprechen, der die erste Vernehmung von ihm
20:30durchgeführt hatte. Jacques P. hat in diesen Gesprächen immer wieder vom Verhältnis zu seiner
20:35Mutter und von seiner Jugend und Kindheit gesprochen, ohne damit rauszurücken, was er
20:39eigentlich sagen will. Daraufhin hat der Kollege einen Antrag gestellt, nach Guadeloupe zu fliegen
20:45und mit der Mutter von Jacques P. zu sprechen. Diese war dazu auch bereit und er hat sich
20:50ausführlich mit ihr unterhalten. Er hat nachher gesagt, diese Gespräche mit der Mutter und die
20:55Folgegespräche mit Jacques P. waren eigentlich der Schlüssel zu seiner Persönlichkeit. Als er
21:00ihm dann seinen Eindruck vom Verhältnis und von dem, was seine Mutter über ihn berichtet hat,
21:05schildern konnte, hat Jacques P. angefangen, die Taten zu gestehen. Nur den Mord an der alten
21:12Pflegerin Hatice C. will Jacques P. nicht zugeben. Die Polizei hält ihn dennoch auch in diesem Fall
21:17für den Täter. Das Phantom ist gefasst.
21:30Nun ist auch klar, das Phantombild, mit dem die Polizei monatelang nach dem Mörder suchte, führte
21:35die Beamten in die Irre. Bis heute ist nicht klar, um wen es sich bei dem abgebildeten Mann
21:40tatsächlich handeln könnte. Auch die DNA, die an der Leiche der Zeitungsausträgerin Gisela D.
21:46gefunden wurde, kann niemandem zugeordnet werden. Allerdings kann die Polizei eine Verbindung des
21:52Täters zum Kehler Nachtclub Oase ermitteln. Er hatte in einem Stripclub in Kehl eine Freundin,
22:00eine rumänische Bardame, und die hat er immer wieder abgeholt und die anderen Bardamen zu ihren
22:05Autos begleitet, weil in Kehl läuft ja ein Mörder rum. Also das war noch die Ironie. Er hat sich
22:11da als Beschützer der Animierdamen in dem Stripclub aufgespielt und einen großen Gentleman.
22:16Wenn die Frauen gewusst hätten, was er mit Anderen gemacht hätte, wären sie mit ihm nicht auf den Parkplatz gegangen.
22:21Die Frauen, die Jacques P. über Monate sicher nach Hause brachte, ahnten nie etwas von der Gefahr,
22:27in der sie schwebten.
22:29Nach und nach wird nun auch mehr über die Persönlichkeit von Jacques P. bekannt.
22:33Bekannte beschreiben ihn als vielschichtig und unberechenbar.
22:40Die Leute, die ihm da begegnet sind, die meisten fanden ihn extrem charmant und sympathisch.
22:44Aber Einzelne haben immer wieder gesagt, dass er im Nachhinein natürlich noch unheimlicher Vorgänger ist.
22:50Wenn plötzlich irgendwas gegen ihn ging oder es hat ihm was nicht gepasst,
22:53konnte er die Stimmung von einer Sekunde auf die anderen wechseln und war plötzlich ein hoch aggressiver Typ.
23:00Der Prozess gegen Jacques P. findet in Frankreich statt. Er wird 2005 vom Kolmarer Gericht in zweiter Instanz
23:06zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
23:09Doch die Gefahr ist, dass er sich nicht mehr auf den Parkplatz trifft.
23:12Der Prozess gegen Jacques P. findet in Frankreich statt.
23:14Er wird 2005 vom Kolmarer Gericht in zweiter Instanz zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
23:212021 muss die Justiz über eine vorzeitige Entlassung entscheiden.
23:28Ich wünsche mir es nicht, weil er ist immer noch relativ jung.
23:32Und weil er sich fit gehalten hat, halte ich ihn für nach wie vor sehr gefährlich.
23:37Ob er dann, wenn er im Gefängnis war und rauskommt, nicht wieder anfängt,
23:41das kann keiner sagen, aber man hält es für möglich.
23:44Von 1999 bis 2001 versetzte das Phantom von Kehl die Menschen in der gesamten Region in Angst und Schrecken.
23:51In Zusammenarbeit mit seinen französischen Kollegen konnten Kommissar Heck und sein Team den Verbrecher überführen.
23:58Nachdem die Leiche von Melanie B. am Arbeitsplatz von Jörg W. gefunden wurde, wird der Mann festgenommen.
24:04Für die Tatzeit beruft er sich auf alkoholbedingte Erinnerungslücken.
24:07Schließlich berichtet er sogar, Melanie habe an jenem Abend bei ihm an der Tür geklingelt.
24:12Sie habe ihn gebeten, Aktfotos von dem Mädchen zu machen.
24:16All diese Aussagen waren für uns völlig unglaubwürdig.
24:20Schutzbehauptungen und hatten nichts mit kriminalistischer Erfahrung zu tun.
24:28Für die Polizei ist klar, Jörg W. hat in dieser Nacht die 19-Jährige in seine Wohnung gelockt und sie dort dann umgebracht.
24:36Ihre Leiche hat er anschließend in einen Sack verpackt und das tote Mädchen zwei Nächte später in seinem Auto über die Grenze in die Schweiz geschafft.
24:45Auf dem Speditionsgelände, seinem Arbeitsplatz, hat er sie schließlich versteckt.
24:52Die weiteren Ermittlungen der Polizei ergeben, dass die Beamten fast zu spät gekommen wären.
24:57Kommissar Freiers und seine Kollegen finden Hinweise darauf, dass Jörg W. den Sack mit der Leiche in der Wohnung verpackt hat.
25:03Und darauf, dass Jörg W. den Sack mit der Leiche in der Müllverbrennungsanlage Basel verschwinden lassen wollte.
25:09Wäre ihm das gelungen, hätte der Fall wohl nur sehr schwer geklärt werden können.
25:14Nach der Festnahme von Jörg W. wird klar, der Mann ist noch für weitere Verbrechen verantwortlich.
25:21Bei der Durchsuchung seiner Wohnung findet die Polizei belastendes Bild- und Videomaterial.
25:27Insgesamt 17 Opfer sind darauf zu sehen.
25:33Diese 17 Frauen bzw. jungen Mädchen wurden dann in der Folge vernommen und haben uns dann über die sadistischen, abartigen und widerwärtigen Handlungsweisen von Jörg W. berichtet.
25:50Diese Mädchen und Frauen, sprich Bekannte bzw. Freundinnen des Jörg W. haben jahrelang, teilweise sogar jahrzehntelang unter diesen Erlebnissen gelitten.
26:03Wir konnten ihm also im Nachhinein noch circa 50 bis 60 weitere Straftaten, wie zum Beispiel Vergewaltigung, sexueller Missbrauch von Kindern,
26:13gefährliche Körperverletzungen, Bedrohungen, Verstöße gegen das Waffengesetz, Förderung der Prostitution etc. nachweisen.
26:21Ohne den Fund wären die Verbrechen nie zur Anzeige gebracht worden. Die betroffenen Frauen hatten große Angst vor Jörg W.
26:29Ein Opfer erinnert sich, die Frau möchte anonym bleiben.
26:31Er hat mein Leben wirklich kaputt gemacht, seelisch, moralisch, körperlich. Er hat mich gequält, geschlagen, misshandelt.
26:45Er ist eiskalt einfach. Kein Gefühl, kein nichts, wie ein Monster, wie der Teufel.
26:57Als die vielen Taten von Jörg W. bekannt werden, gibt es in Lörrach spontan eine Demonstration gegen Gewalt.
27:03Der Prozess gegen Jörg W. findet anschließend vor dem Landgericht Freiburg statt. Es herrscht eine aufgeheizte Atmosphäre, das Gericht gleicht einer Festung.
27:12Der Prozess war natürlich explosionsgeladen, eigentlich jeden Tag, jeden Prozestag. Es gab entsprechende Bedrohungen zu seinem Nachteil.
27:22Er wurde unter anderem als Bastard, der an der Hölle schmoren soll, bezeichnet.
27:27Im November 2005 wird der 34-Jährige wegen Mordes und mehreren Vergewaltigungen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
27:35Die besondere Schwere der Schuld wird festgestellt. Eine Sicherungsverwahrung für Jörg W. wird aber nicht ausgesprochen.
27:42Da seine Verbrechen auch hinter Gittern bekannt werden, wird Jörg W. im Gefängnis zweimal von Mithäftlingen attackiert.
27:48Er steht auf der untersten Stufe der Knast-Hierarchie. In wenigen Jahren könnte Jörg W. allerdings wieder auf freien Fuß kommen.

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