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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den Bundestag aufgelöst und den 23. Februar als Termin für die vorgezogene Neuwahl festgesetzt, wie er in Berlin sagte. AFPTV dokumentiert seine komplette Rede im Worlaut.

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Transkript
00:00Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich habe heute entschieden,
00:05den 20. Deutschen Bundestag aufzulösen und Neuwahlen für den 23. Februar
00:12des kommenden Jahres anzusetzen.
00:15Ein entsprechendes Schreiben ist zur Ebene der Präsidentin
00:19des Deutschen Bundestages übergeben worden.
00:24Politische Stabilität in Deutschland ist zu Recht ein hohes Gut.
00:29Sie hat uns genützt und geschützt.
00:34Die Auflösung des Bundestages vor dem Ende der Legislaturperiode
00:38und vorgezogene Neuwahlen sind in unserem Land Ausnahmefälle.
00:44So haben es die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes auch gewollt.
00:50Aber gerade in schwierigen Zeiten wie jetzt braucht es für Stabilität
00:56eine handlungsfähige Regierung und verlässliche Mehrheiten im Parlament.
01:01Ich habe in der letzten Woche Gespräche mit den Vorsitzenden
01:04der Fraktionen und Gruppen im Deutschen Bundestag geführt.
01:08Die jetzige Regierung verfügt ausweislich der Abstimmung
01:13über die Vertrauensfrage über keine Mehrheit mehr.
01:19Aber auch für eine anders zusammengesetzte Regierung
01:23habe ich in den Gesprächen keine Mehrheiten erkennen können.
01:27Deshalb bin ich überzeugt, dass zum Wohle unseres Landes
01:33Neuwahlen jetzt der richtige Weg ist.
01:37Unsere Verfassung hat für diese Lage Vorkehrungen getroffen.
01:42Der Bundestag arbeitet weiter, bis sich ein neuer Bundestag konstituiert hat.
01:47Die Bundesregierung ist im Amt und führt die Geschäfte auch nach
01:50der Bundestagswahl weiter, bis eine neue Regierung gebildet wird.
01:56Unsere Demokratie funktioniert auch in Zeiten des Übergangs.
02:02Ich wünsche mir, dass die Stärke unserer Demokratie für die Wählerinnen und Wähler
02:08auch jetzt im beginnenden Wahlkampf sichtbar wird.
02:12Die nächste Bundesregierung hat große Aufgaben vor sich.
02:15Deshalb muss es in den kommenden Wochen um die besten Lösungen
02:20für Herausforderungen unserer Zeit gehen.
02:23Es geht um die wirtschaftlich unsichere Lage,
02:26in der Unternehmen in Schwierigkeiten kommen und Arbeitsplätze gefährdet sind.
02:31Es geht um die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine,
02:34deren Auswirkungen auch bei uns zu spüren sind.
02:38Es geht um die drängenden Fragen der Steuerung von Zuwanderung
02:41und Integration und um den Klimawandel,
02:43dessen Folgen auch uns immer stärker treffen,
02:48das friedliche und sichere Zusammenleben in unserem Land.
02:53Nach den zuletzt langen parteipolitischen Auseinandersetzungen
02:57über das Ob und Wie von Neuwahlen, nach dem jetzt beginnenden Wahlkampf,
03:04muss gelten, es ist jetzt an der Zeit, dass das Problemlösen
03:09wieder zum Kerngeschäft von Politik wird.
03:12Genau das ist es, was die Menschen jetzt erwarten.
03:15Sie erwarten tragfähige Vorschläge für eine gute Zukunft für unser Land,
03:20das sich in schwieriger Zeit behaupten muss.
03:23Und ich glaube, Sie verstehen, dass auch Prioritätensetzungen
03:29und schmerzhafte Wahrheiten dazugehören.
03:32Denn Politik ist immer die Verhandlung dessen, was möglich ist.
03:37Und das kann nie alles gleichzeitig sein.
03:41Natürlich kann die Debatte über die besten Lösungen
03:44auch mit Zuspitzungen und Schärfen geführt werden, gerade im Wahlkampf.
03:50Das verträgt unsere freiheitliche Demokratie oder mehr noch,
03:54sie braucht den Wettstreit der Ideen.
03:56Aber ich erwarte, dass dieser Wettstreit mit Respekt
04:01und mit Anstand geführt wird, schon allein deshalb,
04:06weil nach der Wahl die Kunst des Kompromisses gefragt sein wird,
04:11um eine stabile Regierung zu bilden.
04:14Und ich erwarte auch, dass der Wahlkampf mit fairen,
04:20mit transparenten Mitteln geführt wird.
04:22Einflussnahme von außen ist eine Gefahr für die Demokratie,
04:27sei sie verdeckt, wie kürzlich offenbar bei den Wahlen in Rumänien,
04:33oder offen und unverhohlen, wie es derzeit besonders intensiv
04:38auf der Plattform X betrieben wird.
04:41Ich wende mich entschieden gegen alle äußeren Einflussversuche.
04:45Die Wahlentscheidungen treffen allein die wahlberechtigten Bürgerinnen
04:49und Bürger in Deutschland.
04:53Noch etwas versteht sich von selbst.
04:56Hass und Gewalt dürfen keinen Platz haben in diesem Wahlkampf.
05:00Und das, was sie vorbereitet, auch nicht.
05:02Verunglimpfung, Einschüchterung, Gewalt,
05:05all das ist Gift für die Demokratie, all das beschädigt unsere Demokratie.
05:11Wir müssen Gewalt ächten, das erwarte ich von allen,
05:15die sich um Verantwortung bewerben.
05:19Es liegt jetzt an Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
05:22darüber zu entscheiden, welchen Weg wir in den nächsten Jahren
05:27gemeinsam gehen werden.
05:30Die Entscheidung ist nicht einfach, nicht für die Alten,
05:33deren Gewissheiten durch die Krisen der Welt erschüttert sind,
05:38nicht für die Jungen, die mit Skepsis in die Zukunft schauen,
05:42nicht für diejenigen, die zugewandert sind,
05:45nicht für diejenigen, die frustriert oder enttäuscht sind,
05:49weil sie nicht gesehen oder gehört werden.
05:53Aber, und das ist das Entscheidende, wir brauchen sie alle.
05:58Ihre Meinung zählt.
06:01Deshalb bitte ich Sie, gehen Sie wählen.
06:06Und wählen Sie in dem Bewusstsein,
06:10dass Ihre Stimme die entscheidende sein könnte.
06:14Schützen und stärken wir unsere Demokratie.
06:19Vielen Dank.

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