• letztes Jahr
Wer das Restaurant „In Galera“ besucht, sitzt während des Essens selbst hinter Gittern. Schwerverbrecher kochen und servieren dort Gourmetküche.

Category

🗞
News
Transkript
00:00Haute Cuisine im Knast. Jedoch nicht für die Insassen. Hinter diesen Gittern verbirgt
00:07sich ein Gourmet-Restaurant. Hier kochen und kellnern Häftlinge für die Restaurantgäste.
00:15Aber warum sollte man freiwillig ins Gefängnis gehen, um sich von Schwerverbrechern bekochen
00:22zu lassen?
00:23Viele sind überrascht von unserer Professionalität. Das sagen sie jedenfalls.
00:30Ja, wir sind freiwillig hier. Wir wollten mal die Handschellen hier sehen. Aber nein,
00:36es ist ein tolles Erlebnis. Mal was ganz anderes.
00:38Das Personal? Schwerverbrecher mit langen Haftstrafen. Das Ambiente? Elegant, aber hinter Gittern.
00:46In Gallera, im Knast, heißt dann auch das Restaurant. Es gehört zum Gefängnis Bolate
00:51in Mailand, im Norden Italiens.
00:57Chester de Mesa ist schon seit zehn Jahren in Haft und hat noch vier weitere Jahre vor
01:02sich.
01:03Viele Gäste wollen wissen, wie lange wir noch sitzen müssen und was wir verbrochen
01:08haben. Aber wir sagen das grundsätzlich niemandem.
01:11Die Mailänder Haftanstalt Bolate gilt als Mustergefängnis in Italien mit mittlerer
01:18Sicherheitsstufe. Viele Häftlinge nutzen die Möglichkeit zu arbeiten. Neben dem Restaurant
01:23gibt es ein Core-Center und eine Glaserei. Das Konzept hat Erfolg. Nur zwei Prozent der
01:30Insassen in Italien, die im Gefängnis einen Beruf erlernen, werden später rückfällig.
01:34Die allgemeine Rückfallquote liegt bei rund 70 Prozent.
01:38Mit dem Restaurant will Projektleiterin Silvia Polleri auch Menschen von außen mit Häftlingen
01:43in Kontakt bringen.
01:45Wir wollten ein Restaurant hier im Gefängnis, um den Gästen zu zeigen, dass die Insassen
01:51Menschen sind wie sie und keine Außerirdischen. Hier können die Häftlinge beweisen, wie gut
01:57sie arbeiten können.
02:01Chester arbeitet hier seit drei Jahren als Kellner und fühlt sich jedes Mal wie verwandelt,
02:06wenn er in seine Uniform schlüpft.
02:07Ich will gut sein in diesem Job und spreche gerne mit den Gästen. Ich will, dass sie
02:16gerne hier sind und zufrieden hier rausgehen.
02:19Das Gourmet-Restaurant hinter Gittern ist einzigartig in Italien und meistens ausgebucht
02:26mit Gästen aus der ganzen Welt. Nach der Kontrolle am Eingang geleitet sie ein Häftling
02:31zum Restaurant. In Galera hat zwar keinen Stern, wird aber im Michelin-Führer lobend
02:37erwähnt.
02:38Auf der Speisekarte findet man zum Beispiel Sashitata auf Rote Beete Cappaccio, Meereszikaden
02:47oder Lachs-Tataki. Ein Hauptgericht kostet ab 24 Euro.
02:54Das Essen ist sehr gut. Auch, dass ich kein Fleisch esse, haben sie schnell und professionell
03:03gemanagt.
03:04Sie sind sehr kompetent und man merkt, dass sie ihr Handwerk verstehen.
03:13Chefkoch Davide Sobacchi ist kein Häftling und führt schon seit acht Jahren das Knast-Restaurant.
03:19Neun Insassen arbeiten hier unter seiner Aufsicht. In Galera ist inzwischen profitabel, die
03:24angestellten Häftlinge haben feste Arbeitsverträge und verdienen zwischen 1.300 und 2.400 Euro
03:31netto.
03:32Und vor Ankunft der Gäste kommen die Gefangenen selbst in den Genuss ihrer Gerichte. Wichtiger
03:38ist ihnen aber, dass sie hier arbeiten können und einen Beruf erlernen.
03:42Ich bin sehr stolz auf diese Arbeit, dass mir die Möglichkeit gegeben wurde und ich
03:51schon viele Jahre durchgehalten habe. Allein schon Arbeit zu finden ist schwer und dran
03:55zu bleiben nicht einfach.
03:56Ich habe eine kleine Tochter, meine Frau arbeitet nicht und ich schicke Geld nach Hause, um
04:04sie zu unterstützen. Von dienstags bis samstags arbeite ich hier und sonntags habe ich jetzt
04:12eine Ausgangserlaubnis.
04:152025 feiert das in Galera zehnjähriges Bestehen. Eine Erfolgsgeschichte. Wer es geschafft hat,
04:21hier zu arbeiten, hat beste Voraussetzungen für einen Neustart. Fast alle im Team wollen
04:27auch nach der Entlassung in der Gastronomie arbeiten.

Empfohlen