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Durch den Klimawandel wächst in den Alpen die Gefahr von Steinlawinen. Der tauende Permafrost kann das Gestein nicht mehr festhalten. Immer mehr Bewohner in den Alpentälern siedeln um.

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Transkript
00:00Franziska von Bergen will noch einmal ihren Rasen mähen, vor ihrem Haus im Berner Oberland.
00:08Hier in Guthanen, wo ihre Familie seit Generationen wohnt.
00:13Doch die Umzugskartons sind schon gepackt. Die Schweizerin muss Haus und Grund verlassen,
00:20denn von den umliegenden Bergen drohen Steinlawinen, sogenannte Murgänge.
00:25Diese Bilder stammen von einer Überwachungskamera aus Guthanen und zeigen die Gefahr.
00:55Ihr Haus liegt gleich neben dem Fluss Are. Der hatte früher hier ein kleines Bett.
01:07Jetzt türmen sich 20 Meter Geröll und Stein auf,
01:11sodass beim nächsten Hochwasser auch die Häuser überschwemmt werden können.
01:15Eigentlich ist Guthanen ein Postkartenidyll. Mit hohen Bergen ringsherum,
01:22so wie die Schweiz sich gern touristisch vermarktet. Ein Paradies für Biker,
01:27Wanderer und Bergsteiger. Der nahe Grimselpass bietet Tagesausflüglern
01:32nach kurzer Zeit ein hochalpines Panorama.
01:35Doch Werner Schleppi hat keine Zeit für schöne Blicke. Der Ortsvorsteher von Guthanen zeigt,
01:45wo die neue Gefahr für seine Gemeinde ihren Ursprung hat.
01:49Es sind solche Vertiefungen in den Berghängen oberhalb der Baumgrenze.
01:56Hier liegt Gestein und Eis. Doch das taut neuerdings wegen der hohen Temperaturen.
02:01Durch das Auftauen von Permafrost, durch die Erwärmung, die zweifellos stattfindet,
02:09hat es Sturzprozesse gegeben. Der brüchige Fels ist lose und wenn das
02:17längere Zeit warm ist im Sommer, Nullgradgrenze auf 4000 oder höher,
02:23über zwei bis drei Wochen so, dann wird es eigentlich in diesem Gebiet gefährlich.
02:31Auch 2024 war der Sommer in der Schweiz gefährlich. Ein Murgang in Graubünden,
02:38der sich nach Starkregen durch die Ortschaft wälzt und wichtige Straßen zerstört.
02:43Oder im benachbarten Tessin, eine Woche später nach ebenso Sintflutartigen Niederschlägen.
02:49Wie zeitgleich im Saastal im Wallis. Schweizer Touristendestinationen,
02:56die mit den Folgen von immer heißeren Sommern und gleichzeitig enormen Niederschlägen zu kämpfen
03:02haben. Markus Wies ist Ingenieur und für die Schutzmaßnahmen im Berner Oberland zuständig.
03:09Hier in Brienz wurde sogar eine 15 Meter hohe Schutzmauer von einem Murgang überschwemmt.
03:15Mitten im August stürzen die Wassermassen durch den Ort und nehmen alles mit, auch Bäume.
03:28Der Behördenleiter spricht in Brienz regelmäßig mit den Anwohnern auch über unangenehme Wahrheiten.
03:35Ob die Häuser hier am Bachbett noch stehenbleiben können oder weiteren Schutzmassnahmen weichen
03:41müssen. Und immer wieder alles aufzubauen, würde irgendwann auch einfach zu teuer.
03:47Wir werden nie eine hundertprozentige Sicherheit erreichen können. Zum einen wäre das technisch
03:56und finanziell kaum bewältigbar. Zum anderen gerade im Lichte des Klimawandels sind die
04:03Unsicherheiten sehr groß, was in Zukunft passieren kann. Zehntausende von Kubikmeter
04:10Geröll mussten nicht nur hier an der Schutzmauer abgetragen werden. Brienz versuchte Neuanfang,
04:17doch mit der Gewissheit, dass solche Katastrophen in Schweizer Bergorten immer häufiger werden und
04:23dass ein Umdenken erforderlich ist. Was hieße das dann, wenn man nicht mehr Sicherheit schaffen kann?
04:30Das hieße, dass gewisse Gebiete nicht mehr genutzt werden können, allenfalls sogar
04:36Siedlungsgebiete aufgegeben werden müssten, vor allem in den Bergen, die stark exponiert sind.
04:44Ganze Dörfer aufgeben, weil der Klimawandel es zu gefährlich macht, sie weiter zu bewohnen?
04:50Im nahegelegenen Gut Tannen ist diese Entscheidung schon gefallen. Die Häuser hier sind geräumt.
04:57Franziska von Bergen und ihre Familie werden zukünftig weiter unten im Tal in einer neuen,
05:03sicheren Unterkunft leben. Ich bin dankbar, dass ich gehen kann, bevor etwas so passiert.
05:09Es zeigt auch, wie schnell so etwas passiert. Je nachdem hat man nicht Zeit, noch zu reagieren.
05:19Die Natur ist immer stärker, das weiss man hier in den Bergen, auch wenn es so idyllisch aussehen kann.
05:27Untertitel im Auftrag des ZDF für funk, 2017

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