Nach dem Ende der Sowjetunion wurde im Budapester Abkommen die Abgabe der in der Ukraine stationierten Atomwaffen geregelt. Viele Ukrainer sehen das heute als Fehler. Wie wird sich das Land in Zukunft verteidigen können?
Category
🗞
NewsTranskript
00:00Dies ist kein U-Boot, sondern eine Kommandozentrale für Atomwaffen aus der Sowjetzeit, 40 Meter unter der Erde.
00:09Sie hätten nicht gewusst, ob sie New York oder Boston bombardieren. Man hätte ihnen nur gesagt, Plan 15.
00:15Beide Offiziere mussten dann gleichzeitig diesen Knopf drücken und einen Schlüssel drehen.
00:22In den 1980er Jahren befanden sich allein an diesem Ort zehn sowjetische Atomraketen,
00:28die in wenigen Minuten amerikanische Städte hätten treffen können.
00:32Heute ist der Bunker ein Museum und Henne die Fremdenführer.
00:36Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erbte die jetzt unabhängige Ukraine das drittgrößte Atomwaffenarsenal der Welt.
00:44Das gab sie gegen Sicherheitsgarantien ab, bekannt als Budapester Memorandum.
00:49Diese Garantien Russlands, der USA und des Vereinigten Königreichs haben sich als wenig sinnvoll erwiesen.
00:55Immer mehr Ukrainer bedauern, dass ihr Land diese Waffen in den 90er Jahren abgegeben hat.
01:01Mit Atomwaffen in der Ukraine wären die Russen vielleicht nicht einmarschiert.
01:06Aber jetzt fragen sich die Menschen, wie sich die Ukraine schützen kann.
01:10Vor einem größeren, nuklearbewaffneten Nachbarn Russland, der ständig damit droht,
01:15das Land mit genau denselben Sprengköpfen anzugreifen, die damals hier stationiert waren.
01:25Jehor Firsov wurde 2014 in das ukrainische Parlament gewählt.
01:29Nach dem Einmarsch Russlands ging er zum Militär und befähigt heute eine Drohneneinheit.
01:34Er spricht mit uns von der Front.
01:40Wir wurden in Budapest übertölpelt. So einfach ist das.
01:43Wir haben damals keine wirklichen Sicherheitsgarantien erhalten und dafür zahlen wir jetzt mit unserem Blut.
01:49Die Ukrainer werden nicht zulassen, dass sich so etwas wiederholt.
01:55Was brauchen die Ukrainer für ihre Sicherheit?
01:58Seit Beginn der russischen Invasion hat die Ukraine eine Reihe von bilateralen Sicherheitsabkommen unterzeichnet.
02:04Länder wie Deutschland, Großbritannien und die USA verpflichten sich, Waffen zu liefern
02:09und innerhalb von 24 Stunden zu beraten, falls die Ukraine erneut angegriffen wird.
02:14Firsov sagt, das sei nicht genug. Er sieht nur eine weitere Chance für einen dauerhaften Frieden, internationale Truppen.
02:25Wenn wir tausende britischer, französischer, deutscher und polnischer Truppen an den Fronten haben,
02:30dann ist das eine echte Garantie dafür, dass der Frieden tatsächlich halten könnte, dass dieser Krieg zu Ende ist.
02:37Alles andere, alle anderen Absprachen sorgen nur dafür, dass der Krieg pausiert, aber in einem Monat oder einem Jahr wieder ausbricht.
02:49Analysten sagen, dass dafür Zehntausende von Soldaten benötigt würden.
02:53Nicht nur entlang der tausend Kilometer langen Frontlinie, sondern auch an den Grenzen der Ukraine zu Russland.
02:59Und sie müssten bewaffnet werden.
03:01Selbst wenn, und das ist ein großes Wenn, Länder wie Deutschland und das Vereinigte Königreich bereit wären, Truppen gegen Russland zu schicken,
03:08verfügen sie überhaupt über genügend Soldaten?
03:12Die ehemalige stellvertretende NATO-Generalsekretärin Rose Gottemöller war in den frühen 1990er Jahren
03:18für die Kontrolle der Atomwaffen in der ehemaligen Sowjetunion zuständig.
03:24Wir haben die jetzige Aggression aus Russland nicht vorhergesehen.
03:29Vielleicht war das naiv, aber nichtsdestotrotz hat das Budapester Memorandum und die Trilaterale Erklärung der Ukraine
03:3730 Jahre Unabhängigkeit und Souveränität verschafft.
03:40Es hat sich als starkes Land etabliert, das in der Lage ist, um sein Überleben zu kämpfen,
03:46wie es das in den letzten drei Jahren getan hat.
03:49Gottemöller ist skeptisch, ob alle 32 NATO-Mitglieder sich auf eine friedenserhaltende Mission einigen.
03:55Aber auch die Anwesenheit von Truppen einer Handvoll NATO-Mitglieder wäre hilfreich.
04:01Der Sinn der Präsenz von Truppen aus NATO- und EU-Mitgliedsstaaten bestünde im Wesentlichen darin,
04:08eine abschreckende Kraft und eine Art Stolperdraht zu entwickeln.
04:12Russland müsste ein größeres Engagement befürchten, falls es Länder der NATO oder der Europäischen Union angreift.
04:21Der gewählte US-Präsident Trump muss vielleicht mehr für Europas Sicherheit tun, als ihm derzeit lieb ist.
04:32Nun, Herr Trump möchte doch der große Friedensstifter sein und kein Verlierer.
04:37Die Vereinigten Staaten müssen einige Vereinbarungen und Verpflichtungen eingehen,
04:42und das wird Teil des endgültigen Friedensabkommens sein.
04:48Derzeit gibt es keine Anzeichen, dass die Ukraine ernsthaft über die Wiederbeschaffung von Atomwaffen nachdenkt.
04:54Experten zufolge würde dies Jahre dauern und wäre im Geheimen kaum zu bewerkstelligen.
05:00Außerdem würde es die Beziehungen der Ukraine zum Westen aufs Spiel setzen.
05:04Andere Länder mit nuklearbewaffneten Nachbarn beobachten die Lage in der Ukraine.
05:08Sie wollen wissen, ob man westlichen Sicherheitsgarantien trauen kann oder ob sie eigene Vorkehrungen treffen müssen.