Viele Haftanstalten in Großbritannien sind dermaßen überfüllt, dass im Herbst sogar Häftlinge entlassen wurden, um Platz zu schaffen. Die Regierung spricht selbst von einem Skandal. Eine ehemalige Insassin schildert die schlimmen Haftbedingungen.
Category
🗞
NewsTranskript
00:00Die britische Regierung wirbt um Wachpersonal für ihre Gefängnisse.
00:05Aber die Realität sieht anders aus als auf den Werbevideos.
00:09Körperliche Gewalt, Angriffe auf Mithäftlinge oder Beamte.
00:13Britische Gefängnisse sind derartig überfüllt,
00:16dass die Regierung einige Gefangene vorzeitig entlassen musste.
00:21Francesca Fatore saß wegen Drogenhandel fast vier Jahre hinter Gittern,
00:25einen Teil davon in diesem Frauengefängnis in der Nähe von London.
00:29Nur einmal am Tag durfte sie ihre Zelle damals verlassen, erinnert sie sich.
00:34Es herrschte völliges Chaos.
00:37Die Menschen kommen ja aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen.
00:41In dem Moment, wo die Zellen aufgesperrt wurden, benahmen sie sich alle wie die Tiere.
00:47Francesca Fatores Zelle war eigentlich nur für eine Person ausgelegt,
00:52aber dann wurde noch eine weitere Insassin untergebracht.
00:56Viele Frauen in ihrem Umfeld litten unter psychischen Problemen, sagt sie.
01:00In ganz Großbritannien hat die Zahl der Häftlinge, die sich selbst verletzen, einen neuen Höchststand erreicht.
01:07Man fühlt sich vollkommen alleingelassen.
01:11Und wenn man das nicht gewohnt ist, dann kann das schrecklich sein.
01:15Man hat den ganzen Tag Zeit, sich über alles mögliche Gedanken zu machen.
01:23Die britische Justizministerin verteidigt die Regierung.
01:27Sie sei erst im Juli gewählt worden und habe die Krise geerbt.
01:31Diese Regierung wird Gefängnisse bauen.
01:35Die letzte konservative Regierung hatte das versprochen, aber nicht geliefert.
01:39Aber wir können das Problem nicht nur durch neue Gefängnisse lösen.
01:43Wir müssen die Täter ermutigen, von der Kriminalität wegzukommen.
01:48Wir brauchen sowohl Zuckerbrot als auch Peitsche.
01:51Wegen der Sparmaßnahmen der Vorgängerregierung konnten immer weniger Häftlinge im Gefängnis weitergebildet werden.
01:58Und nach offiziellen Angaben hat die Qualität der Fortbildungen in den letzten Jahren stetig abgenommen.
02:04Nur wenige Straftäter finden einen Job.
02:07Die Londoner Kaffeekette Redemption Roasters ist eine der wenigen Arbeitgeber, die Häftlingen eine Chance geben.
02:16Wer nach der Entlassung einen Job findet, ist nur halb so gefährdet, rückfällig zu werden wie jemand, der keinen hat.
02:23Ihr Kaffee wird in einem Gefängnis geröstet. Dort werden Häftlinge zu Baristas ausgebildet.
02:29Nur vier Prozent von ihnen werden innerhalb eines Jahres rückfällig, im Gegensatz zu über 30 Prozent landesweit.
02:36Die neue Regierung möchte solche Programme ausweiten.
02:40Rad lernt noch in seinem neuen Job als Barista.
02:43Mehrere Jahre hatte er im Gefängnis verbracht. Die meiste Zeit davon hatte er nichts zu tun.
02:56Ich hätte sehr gern gearbeitet, zum Beispiel sauber gemacht. Aber die Wartelisten dafür waren zu lang.
03:03Ich war die meiste Zeit in der Zelle eingesperrt, 23 Stunden am Tag.
03:09Es gibt nichts zu tun, außer ein bisschen Sport zu machen und fernzusehen.
03:15Einmal pro Woche trifft Rad seinen Betreuer Patrick, der ebenfalls bei Redemption Roasters angestellt ist.
03:21Ein Service, den viele andere ehemalige Häftlinge nicht bekommen, da Bewährungshelfer kaum Zeit bekommen.
03:28Wir bieten Unterstützung, aber wir sind keine Wohltätigkeitsorganisation.
03:33Wenn jemand nicht mitmacht, dann müssen wir uns leider trennen.
03:42Francesca Fattore hofft, als YouTuberin Geld zu verdienen.
03:46Ihr Kanal, der sich der Unterstützung der Häftlinge beteiligt, ist eine gute Chance.
03:52Francesca Fattore hofft, als YouTuberin Geld zu verdienen.
03:55Ihr Kanal, der sich der Unterstützung weiblicher Gefangener widmet, hat schon erste Erfolge erzielt.
04:01Sie plädiert für gemeinnützige Arbeit statt Gefängnis. Für diejenigen, die weniger schwere Verbrechen begangen haben.
04:08Aber das Wichtigste ist ihrer Meinung nach ein Job.
04:13Wir haben eine Chance verdient. Wenn ich eingestellt werde, arbeite ich zehnmal so hart.
04:18Erstens, weil ich dankbar bin und zweitens möchte ich beweisen, dass es die richtige Entscheidung war, mich einzustellen.
04:26Sie selbst habe Glück gehabt, sagt Francesca Fattore.
04:29Im Gefängnis profitierte sie von einer Therapie, die ihr half, der Drogenszene den Rücken zu kehren.
04:35Um die Krise in den Gefängnissen zu überwinden, brauche es deutlich mehr Unterstützung für Häftlinge, fordert sie.