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Transkript
00:00Guten Tag meine Damen und Herren. Sie wissen es sicher aus vielen Beispielen dieser Sendereihe,
00:05Betrüger gehen mit der Zeit und sie operieren deshalb besonders gern mit aktuellen Schlagworten,
00:10die gerade in aller Munde sind. Und Betrüger haben auch ein besonderes Gespür dafür,
00:16wann eine Masche ihre Zugkraft verliert. Nehmen wir zum Beispiel das Thema Heimarbeit. Die meisten
00:23Leute wissen heute, dass sich hinter vielen Angeboten, die solche Heimarbeit als Nebenverdienst
00:28versprechen, nichts anderes als windige Schwindelfirmen verbergen. Deshalb haben sich ein
00:35paar Spezialisten aus dieser Branche etwas ganz Neues einfallen lassen. Sie arbeiten mit einer
00:40Masche, die sich von den früheren Tricks recht deutlich unterscheidet und es sieht so aus,
00:44als ob in letzter Zeit viele tausend Menschen tatsächlich darauf hereingefallen sind. Wir
00:51haben versucht den Hintergründen des Schwindelunternehmens auf die Spur zu kommen
00:54und sind dabei zunächst auf höchst seltsame Umstände gestoßen.
00:58Beim Postamt Schahn im Fürstentum Lichtenstein zum Beispiel treffen beinahe täglich Briefe
01:08aus Deutschland für eine recht mysteriöse Firma ein. Die Anschriften AEDA Computeranstalt Schahn.
01:14Die Postbeamten kennen diese Briefe schon. Seit vielen Monaten schicken sie sie mit dem
01:20Bemerk unbekannt zurück. Die Computerfirma ist für die Post in Lichtenstein nicht erreichbar.
01:26Sie ist nirgends registriert, sie hat weder eine Telefonnummer noch einen Briefkasten. Aber sie
01:33unterhält ein Bankkonto bei der Lichtensteinischen Landesbank. Und auf dieses Konto werden von einer
01:40deutschen Großbank in Frankfurt seit Monaten erhebliche Summen überwiesen. Die Gelder setzen
01:45sich aus vielen kleinen Einzelbeträgen von jeweils 10 Mark 38 zusammen, die bei der Bank
01:51in Frankfurt fast täglich mit Postzahlkarten eingehen. Diese Zahlkarten kommen aus der ganzen
01:56Bundesrepublik. Sie tragen die vorgedruckte für Laien nicht unbedingt erkennbare Anweisung,
02:02die 10 Mark 38 auf das Konto in Lichtenstein weiterzuleiten. Die Bank in Frankfurt weiß
02:08nicht, wofür das Geld bestimmt ist und wem das Konto in Lichtenstein gehört. Die Hausfrau Käthe
02:15Hartmann aus einem kleinen Ort in der Nähe von Passau dagegen glaubt genug über die Firma zu
02:19wissen. Wie unzählige andere Menschen in der Bundesrepublik zahlt sie mit der vorgedruckten
02:25Zahlkarte bei der Post 10 Mark 38 ein, um von der Firma in Schahn einen sogenannten
02:31Computerausweis zu bekommen.
02:32Ah, Kater. Geht's dir gut?
02:39Geht's dir gut, Sepp. Ich schau noch einmal nach, ob ich das da richtig gemacht habe.
02:43Dann schauen wir halt einmal. Ja. Ja, ist alles richtig, ja. Aber sag einmal, was ist
02:48denn das für ein Geld, was du da einzahlst? Die Moserin hat nämlich vorhin auch den gleichen
02:53Betrag, 10 Mark 38, eingeschickt. Für einen Ausweis. Ist das was Neues?
02:58Ja, den braucht man jetzt. Weißt du, die fangen mit einer Heimarbeit an. Ich möchte
03:02mir doch was dazu verdienen. Und da hat mir die Firma den Brief geschrieben, wo das alles
03:07ganz genau drinsteht. Heimarbeit? Was machst du denn da?
03:10Na, das weiß ich noch nicht genau. Adressenschreiben, Prospekte verteilen oder sowas. Die Aufträge
03:17werden alle von einem Computer verteilt. So haben die geschrieben.
03:23So, ja. Und da musst du ja Geld einschicken. Das kommt mir vielleicht komisch vor.
03:27Na, das verstehst du nicht. Für die Arbeit und für das Material braucht man nichts zahlen.
03:33Das hat die Firma ganz genau geschrieben. Aber das ist eine ganz große Firma. Die machen
03:38alles maschinell mit so einem Computer. Der verteilt die Arbeit, macht die Abrechnung
03:45und schickt dann alles Geld. Ja, aber warum musst denn du da was zahlen?
03:49Du sollst ja was verdienen. Na, das Geld geht doch gar nicht an die Firma
03:55mit der Heimarbeit, sondern an eine andere Firma, die den Ausweis macht. Und den braucht
04:00man dann jedes Mal. Ja, also du wirst schon wissen, was du machst.
04:04Also das mach dann mit Porto 10 Mark 78. Käthe Hartmann gehört zu den vielen Menschen,
04:14die Heimarbeit suchen und die sich auf das Inserat gemeldet haben, in dem eine Frankfurter
04:18Firma gute Nebenverdienste versprochen hat. Das sind 11 Mark.
04:22Den Brief, von dem die Frau dem Posthalter erzählt hat, verschickt die Heimarbeitsfirma
04:27zu Tausenden im ganzen Bundesgebiet. Auch der Frührentner Horst Wittmann hat sich
04:37aufgrund einer Zeitungsanzeige mit der Frankfurter Firma in Verbindung gesetzt und diesen Brief
04:42bekommen. Horst Wittmann hat mit 38 Jahren einen schweren Unfall erlitten und ist seitdem
04:49an den Rollstuhl gefesselt. Seine Frau musste ihren Beruf aufgeben, um ihn pflegen zu können.
04:56Die Rente ist recht knapp und es bedeutet für den ursprünglich vitalen Mann auch eine
05:01große psychische Belastung, zur Untätigkeit verdammt zu sein.
05:05Ja, was ist denn denn, Horst? Ist das was Vernünftiges?
05:10Hört sich gar nicht schlecht an. Die anderen wollten doch alle vorher Geld fürs Material
05:16haben und die hier schicken das alles auf eigenes Risiko. Hier steht extra, Geld für
05:22eine Kaution verlangen wir natürlich nicht von Ihnen. Das Heimarbeitsgesetz verbietet
05:29allen Firmen ausdrücklich von ihren nebenberuflichen Mitarbeitern irgendwelche Kautionen zu verlangen.
05:35Dann sind also die anderen, die Geld haben wollen, alles Gauner.
05:38Da siehst du mal, wie man aufpassen muss. Ja, aber sag mal, da ist doch auch eine Zahlkarte
05:43dabei. Ja schon, aber das ist eine ganz interessante Sache hier. Die wickeln alles über eine spezielle
05:49Computerfirma ab. Na ja, da braucht man halt so einen Computerausweis. Das ist praktisch
05:54so eine Lochkarte hier, ne? Und da müssen die persönlichen Daten eingestanzt werden
05:58und das kostet natürlich ein paar Mark. Also muss man doch erst wieder was bezahlen.
06:02Das ist aber ganz was anderes. Das hier ist eine ganz andere Firma. Pass auf, ich lese
06:07mal vor. Hier. Wie Ihre Bank oder Ihre Sparkasse Gebühren für Ihr Konto, für Formulare und
06:15Ihre Checkkarte berechnet, so kostet auch die Einrichtung eines Computerkontos und die
06:21Herstellung Ihres Computerausweises durch eine Spezialfirma ein paar Mark. Diesen einmaligen
06:27Betrag schicken Sie aber nicht an uns, sondern mit der vorbereiteten Zahlkarte direkt an
06:32die Computerspezialfirma auf das angegebene Konto. Also kein Geld an uns, wir bekommen
06:38kein Geld von Ihnen. Ach so ist das. Jetzt verstehe ich das. Wenn man einen Personalausweis
06:45braucht, dann muss man ja dafür auch Gebühren im Voraus bezahlen. Ja. Und auch sonst klingt
06:50eigentlich alles ganz seriös. Wollen wir es mal probieren? Tja, ich glaube schon. Dann
06:54sei doch so nett und zahl das bei der Post ein. Ja, das mache ich.
07:03Auch das Geld von Horst Wittmann nimmt mit Hilfe der vorgedruckten Zahlkarte den üblichen
07:08Weg. Zunächst auf das Postcheckkonto der Großbank in Frankfurt, von dort auf das Auslandskonto
07:15der Lichtensteinischen Landesbank und schließlich auf das Konto der angeblichen Computerfirma,
07:20die es überhaupt nicht gibt. Wem dieses Konto in Lichtenstein wirklich gehört, darüber
07:26erteilt die Bank keine Auskunft. Und wenn das Geld der Heimarbeitsinteressenten erst
07:32dort einmal sicher im Ausland liegt, lässt die Firma, die die Rundbriefe verschickt,
07:36normalerweise nichts mehr von sich hören. Auch Käthe Hartmann wartet immer noch auf
07:42eine Antwort von der Computerfirma. Vor sechs Wochen hat sie das Geld eingezahlt und bis
07:47heute nichts wieder gehört. Sag einmal, was ist jetzt das mit deiner Heimarbeit? Was machst
07:53du denn da jetzt? Geh, frag mich nicht, wenn gar nichts ist. Altsam sind sie Lumpen. Ja,
07:58haben die nichts gezahlt? Nicht einmal den Ausweis haben sie geschickt. Überhaupt nicht
08:03gerührt haben sie sich. Da musst du was unternehmen. Hast du einmal hingeschrieben? Ich habe die
08:07Moserin einmal gefragt, die hat doch damals auch das Geld eingezahlt und hat auch nichts
08:11gekriegt. Da kommt auch nichts mehr. Da bin ich auch sauber reingefallen. So wie Käthe
08:16Hartmann geht es vielen Heimarbeitssuchenden, die für den Computerausweis 10x38 eingezahlt
08:22haben. Wer einfach nur wartet und schließlich resigniert, hört nie wieder etwas von der
08:27Frankfurter Firma. Horst Wittmann war nicht so geduldig. Er hat der Firma nach zwei Wochen
08:34erst einen höflichen und dann einen geharrnischten Brief geschrieben. Und er hat tatsächlich
08:39eine Antwort bekommen. Christa? Ja? Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. War denn
08:54was? Ja, schau dir das mal an. Die Heimarbeitsfirma hat geschrieben. Ja und? Ja, die schreiben,
08:59dass der Computerausweis in Vorbereitung ist und sie auch die Probearbeiten für uns in
09:03den nächsten Tagen zusammenstellen. Und dazu soll man erst einmal diesen Fragebogen ausführen.
09:07Personalbogen nennen die das, aber ich sage dir, der hat es in sich. Wieso? Aber der ganze
09:11Fragebogen ist im Grunde genommen eine Unverschämtheit. Du musst dir das mal angucken, was die alles
09:15wissen wollen. Einkommen, Lebensversicherung, Schulden, Sparguthaben, Autokennzeichen, ob man
09:20vorbestraft ist und hier Sachen, die ich überhaupt nicht weiß. Postcheckkonto von unserer Bank
09:24und sowas. Ja, was du nicht weißt, kannst du nicht hinschreiben. Dann mache ich einfach
09:29einen Strich. Die Heimarbeitsfirma rechnet offenbar damit, dass die meisten Interessenten
09:34den sogenannten Personalbogen mit den vielen unverständlichen und auch recht indiskreten
09:38Fragen erbost in den Papierkorb werfen und das Geld für den Computerausweis in den Wind
09:43schreiben. In vielen hundert Fällen ist diese Rechnung auch aufgegangen. Noch zumal sich
09:49bei genauer Lektüre des Personalbogens herausstellt, dass die Vergabe der Heimarbeit noch mit einer
09:55recht ungewöhnlichen Bedingung verknüpft ist. Sag mal, was soll denn das bedeuten? Wählen
10:01Sie bitte eine der unten aufgeführten Zeitschriften, die dann in Ihren Computerausweis eingetragen
10:06wird. Ja, da bin ich zuerst auch erst drüber gestolpert. Aber das ist eigentlich ganz einleuchtend.
10:11Jeder Heimarbeiter bestellt eine dieser Illustrierten und dann inserieren die in den Zeitungen und
10:15erreichen alle Mitarbeiter. Das ist billiger, als wenn sie jeden anschreiben. Das verstehe
10:19ich nicht, wie du das meinst. Na, pass mal auf. Wenn die zum Beispiel Arbeit haben, für
10:23uns Heimarbeiter im Raum Stuttgart, dann setzen die so in eine Anzeige wie hier in die Zeitschrift
10:28und da steht dann drin, Mitarbeiter im Postleitgebiet 7, also hier bei uns, meldet euch und schickt
10:34euren Computerausweis ein. Und dann geht's los, dann kommt die Arbeit. Ja, und kriegen
10:39wir die Zeitschriften dann auch umsonst? Nein, das nicht, aber wir kriegen sie ins Haus gebracht
10:43durch die Post und die kosten nicht mehr als am Kiosk. Horst Wittmann klammert sich immer
10:47noch an die Hoffnung, dass er nun bald mit der Heimarbeit beginnen kann. Und so lässt
10:52er sich zusätzlich zu den Ausgaben, die er ohnehin schon hatte, auch noch ein Zeitschriftenabonnement
10:57aufnötigen, für das die Heimarbeitsfirma so ganz nebenbei bei dem illustrierten Verlag
11:02eine ansehliche Provision kassiert. Der ausgefüllte Personalfragebogen von Horst Wittmann landet
11:08bei der Heimarbeitsfirma in Frankfurt. Das angeblich so große Unternehmen ist in einem
11:14sechs Quadratmeter großen Zimmerchen in einer Etagenwohnung untergebracht. Das Inventar,
11:20ein Tisch mit einer Schreibmaschine, zwei Stühle, ein Telefon. Das Personal, ein einziger
11:26Mann, der alle Fäden in der Hand hält, der die Werbebriefe und Personalbogen verschickt,
11:32der die Computerfirma erfunden hat, dem mit ziemlicher Sicherheit das Bankkonto in Lichtenstein
11:37gehört und der eine ganz eigene Methode entwickelt hat, die Interessenten, die den Personalbogen
11:43einschicken, hinzuhalten und sogar noch einmal zur Kasse zu bitten. Er schickt ihnen erneut
11:50einen Personalbogen, weil der letzte, wie er behauptet, unklar oder unvollständig ausgefüllt
11:55war. Für die angeblich entstandene Mehrarbeit bei der Computerfirma verlangt er nun noch
12:00einmal eine Bearbeitungsgebühr von 3 Mark 20. Dieses Spiel setzt er so lange fort, bis
12:07auch der letzte Heimarbeitssuchende aufkippt. Selbst empörte Anrufe bringen den Mann nicht
12:14in Verlegenheit.
12:21Heimarbeit Frankfurt? Ja. Das tut mir leid, aber hier ist praktisch niemand. Hier sind
12:27Betriebsferien und ich mache nur aushilfsweise Telefondienst. Nein, die Leute sind alle weg,
12:33es ist gar kein Sachbearbeiter da. Nein, dazu kann ich nichts sagen, aber wenn Sie mit der
12:38Computerfirma Ärger haben, dann... Ja, der Ausweis muss direkt von der Computerfirma
12:44kommen. Ja, wissen Sie was? Schreiben Sie doch am besten mal nach dort. Dann klärt sich
12:50die Sache vielleicht schneller. Die Adresse wissen Sie ja wohl noch. AEDA Computeranstalt
12:56in Schahn in Lichtenstein. Ja.
13:02Wer der Empfehlung folgt und tatsächlich nach Lichtenstein schreibt, ist bald um eine
13:06Enttäuschung reicher. Nach wenigen Tagen kommt sein Brief zurück und trägt den amtlichen
13:11Vermerk Retour Adressat unbekannt.
13:16Natürlich haben manche der Geschädigten auch Strafanzeige erstattet. Aber auf diesem
13:20Wege kommen sie zumindest nicht wieder zu ihrem Geld. Und wer wegen 10 Mark 38 vors
13:25Zivilgericht geht, um sein Geld einzuklagen, wird bald merken, dass der clevere Inhaber
13:30des Schwindelunternehmens auch dagegen noch eine juristische Finesse eingebaut hat. Da
13:35es die Computerfirma in Lichtenstein gar nicht gibt, kann man von ihr auch kein Geld
13:40zurück verlangen. Der Mann in Frankfurt selbst aber gibt sich nach außen hin völlig mittellos
13:45und hat den Offenbarungseid geleistet. Und da das Bankgeheimnis in Lichtenstein besonders
13:50streng ist, kann man ihm auch kaum nachweisen, dass er der Inhaber des ominösen Kontos ist,
13:55auf das die Zahlungen gehen. Aus all dem, meine Damen und Herren, kann man nur wieder
14:01die alte Lehre ziehen. Vorsicht, wenn jemand Heimarbeit oder sonst etwas verspricht, sie
14:06selbst dafür aber zunächst einmal etwas bezahlen sollen und sei es mit noch so einer plausiblen
14:11Erklärung. Dreistigkeit und Unverschämtheit scheinen sich auf dem Gebiet des Betrugs
14:17tatsächlich immer wieder auszuzahlen. Auch unser nächster Fall ist ein recht plastisches
14:24Beispiel dafür. Keines der geprellten Opfer hat den Mann, um den es jetzt geht, jemals
14:29gesehen. Sein wichtigstes Requisit ist das Telefon.
14:40Seine Opfer sind fast immer Juweliere und Edelsteinhändler.
14:46Juwelier Glöckner, guten Tag. Guten Tag, kann ich bitte mit Herrn Glöckner persönlich sprechen?
14:50Wen darf ich bitte melden? Hier ist Blumenfeld von der Maschinenfabrik Gebrüder Blumenfeld.
14:54Ganz kleinen Moment bitte, Herr Blumenfeld, ja?
14:57Eberhard Glöckner ist Inhaber eines renommierten Juweliergeschäftes in einer hessischen Mittelstadt.
15:02Als alteingesessenen Geschäftsmann ist ihm die Maschinenfabrik Blumenfeld, zumindest
15:07dem Namen nach, recht gut bekannt.
15:09Ach, Blumenfeld, ja. Ich komme gleich. Bitte machen Sie das.
15:14Die Firma Blumenfeld ist ein angesehenes Industrieunternehmen in der Stadt. Sie unterhält an anderen
15:19Orten noch mehrere Zweigbetriebe.
15:24Ja, hier ist Glöckner. Guten Tag, Herr Blumenfeld. Womit kann ich dienen?
15:29Guten Tag, Herr Glöckner. Ich rufe an wegen eines Brillanten, den ich suche.
15:33Wissen Sie, ich sammle so ein bisschen als Kapitalanlage.
15:38Ich habe bisher meistens in Frankfurt und Pforzheim gekauft, aber nun habe ich neulich
15:42zufällig gehört, dass Sie ab und zu besonders schöne Steine da haben oder besorgen können.
15:48Vielleicht könnten wir da für die Zukunft ins Geschäft kommen.
15:51Müsste natürlich auch vom Preis hier interessant sein.
15:55An welche Größen hatten Sie denn gedacht, Herr Blumenfeld?
15:58Ja, haben Sie denn etwas Besonderes da? Das könnte ruhig ein Meerkaräter sein, was ich im Moment suche.
16:04Ja, ja, ich hätte da schon einen Stein. Der dürfte Ihren Vorstellungen entsprechen.
16:102,01 Karat, Revalupenrein, mit einer Expertise vom Institut für Edelsteinforschung in Idar-Oberstein.
16:19Und was würde der kosten?
16:2344.625 Mark.
16:26Moment mal, lassen Sie mich mal eben nachschauen. Ich habe da noch zwei andere Angebote.
16:37Ja, ich habe mal verglichen. Der Preis ist nicht uninteressant, wenn der Stein wirklich so schön ist, wie Sie sagen.
16:45Er wird Ihnen bestimmt gefallen, da bin ich ganz sicher.
16:47Ja, wenn Sie das so sagen, dann werden wir wohl ins Geschäft kommen.
16:51Aber ich möchte den Stein natürlich schon ganz gern erst einmal sehen.
16:55Ja, selbstverständlich. Wenn Sie mir sagen, wann Sie mal vorbeikommen können, richte ich mich gerne ein.
17:01Ja, das ist sehr nett, aber das wird ein bisschen schwierig sein, einfach wegen der Termine, wissen Sie?
17:08Könnten Sie nicht vielleicht mal mit dem Stein zu mir in die Firma kommen? Vielleicht noch heute?
17:13Ja, gerne. Wann würde es Ihnen denn passen?
17:16Moment mal bitte.
17:18Fräulein Krüger, wo ist denn mein Kalender?
17:21Ja, danke.
17:23Ja, da ist ein Termin noch etwas unsicher und ich möchte nicht, dass Sie dann womöglich lange warten müssten.
17:31Könnten Sie mich vielleicht nachher noch mal in der Firma anrufen?
17:36Also, ich mache jetzt noch einen Rundgang durch die Firma.
17:40Dann am besten um halb zwölf. Da bin ich auf Apparat 276 zu erreichen.
17:47Es wäre allerdings gut, wenn Sie dann pünktlich anrufen könnten, weil ich sonst vielleicht schon wieder weg bin.
17:52Geht das?
17:53Selbstverständlich, ich habe es mir notiert. Apparat 276, halb zwölf.
17:59Dann zunächst einmal vielen Dank, Herr Klöckner. Auf Wiederhören.
18:02Aber ich bitte Sie, Herr Blumenfeld, ich habe zu danken. Auf Wiederhören.
18:07Der Apparat mit der Nummer 276 in der Firma Blumenfeld steht im Pförtnerhaus am Haupteingang.
18:15Ein Anruf bei der Firma hat dem angeblichen Herrn Blumenfeld genügt,
18:19um diese Nebenstellennummer und auch sonst einiges über die Betriebsverhältnisse der Maschinenfabrik in Erfahrung zu bringen.
18:25Unmittelbar nach dem Gespräch mit dem Juwelier taucht der Mann am Hauptportal der Firma auf.
18:31Er geht jedoch vorbei.
18:34Sein Ziel ist ein Nebeneingang des Werkes.
18:37Um doch die Pforte ohne lange Erklärungen passieren zu können,
18:40hat er sich als angeblicher Kunde beim Leiter der Verkaufsabteilung angemeldet.
18:45Mein Name ist Bayerlein, ich bin mit Herrn Mauser vom Verkauf verabredet.
18:49Wissen Sie Bescheid?
18:50Ja, ich weiß Bescheid. Vielen Dank.
18:53Der Mann hat nicht die Absicht, seine Verabredung mit dem Verkaufsleiter einzuhalten.
18:57Sie war für ihn nur ein Vorwand, um das Fabrikgelände ohne Schwierigkeiten betreten zu können.
19:04So fällt es ihm auch nicht schwer, beim Förchter am Hauptportal den Eindruck zu erwecken, als gehöre er zur Firma.
19:13Guten Tag, mein Lieber. Ich bin Dr. Blumenfeld vom Zweigwerk in Gießen.
19:18Ich erwarte um halb zwölf ein Telefongespräch und habe Bescheid gesagt, dass es hier auf Ihren Apparat gelegt wird, auf die 276.
19:25Aber natürlich, Herr Doktor.
19:26Wie lange geht denn Ihr Dienst heute, Herr ...
19:29Schulze, Schulze mit TZ. Um 15 Uhr ist Schichtwechsel, dann kommt die Ablösung.
19:35Das wird Ihr Gespräch sein, Herr Direktor.
19:39Ja, bitte. Ja, der Herr Direktor ist gerade hier. Moment bitte, ich übergebe.
19:45Ja, Herr Glöckner, passen Sie auf, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie um 14 Uhr herkommen könnten, und zwar zum Haupteingang.
19:54Ja, genau, Tor 1. Ich versuche Sie dann dort zu treffen.
20:00Ja, ja, natürlich. Aber es könnte sein, dass ich nachher noch mal weg muss.
20:05Für diesen Fall packen Sie es doch bitte ein bisschen ein, am besten neutral.
20:10Schreiben Sie meinen Namen drauf, das braucht in der Firma ja keiner zu wissen, was da drin ist.
20:15Und worum ich Sie bitten möchte, geben Sie es nur Herrn Schulze persönlich.
20:20Der hat mein besonderes Vertrauen und wird es mir dann persönlich weitergeben.
20:25Ja, Schulze mit TZ. Der wird sich beim Empfang ausweisen.
20:32Ja, gut, aber ich versuche natürlich, wenn es irgend geht, selbst da zu sein.
20:37Und andernfalls rufe ich Sie heute Nachmittag gleich an, wenn ich das gute Stück gesehen habe.
20:42Ja, vielen Dank dann, Herr Glöckner, und auf Wiedersehen.
20:45Und auf Wiedersehen.
20:48Sie haben ja selbst mitgehört, Herr Schulze, nicht wahr?
20:51Da wird nachher um 2 Uhr ein Herr Glöckner vorbeikommen und ein Päckchen für mich abgeben.
20:57Wenn ich es nicht schaffe, rechtzeitig da zu sein, dann komme ich später vorbei und hole es mir bei Ihnen ab.
21:01Vor 15 Uhr, versteht sich. Geht das?
21:04Selbstverständlich, Herr Doktor, natürlich. Sie können sich ganz auf mich verlassen.
21:15Danke.
21:36Der Jubiläer Eberhard Glöckner ist zu seinen Kunden zwar stets höflich,
21:40dennoch lässt er die notwendige Vorsicht nie außer Acht.
21:44In diesem Fall jedoch kommt ihm überhaupt nicht der Gedanke,
21:47dass er womöglich nicht mit dem Inhaber der Maschinenfabrik gesprochen haben könnte.
21:52Schließlich hat ihn der Mann in die Firma bestellt und auch seinen Telefonanruf dort entgegengenommen.
21:58Frau Lenzi, Wiking? Ja?
22:01Ich habe hier neutrales Papier ohne Firmenaufdruck, um etwas zu verpacken.
22:07Ja, darf ich es Ihnen einpacken? Ach ja, bitte, das wäre nett.
22:12So, bitteschön. Ja.
22:16Pünktlich findet sich der Jubiläer am Haupteingang der Firma ein.
22:21Guten Tag. Guten Tag.
22:24Ich bin hier mit Herrn Blumenfeld verabredet. Glöckner ist mein Name.
22:27Ach ja, ich weiß Bescheid. Der Direktor hat gerade noch mal angerufen.
22:31Er kann nun leider nicht kommen, aber Sie möchten doch so nett sein und mir das Päckchen für ihn dalassen.
22:36Ach so.
22:38Herr Blumenfeld.
22:40Herr Glöckner.
22:42Herr Blumenfeld.
22:44Herr Glöckner.
22:45Er kann nun leider nicht kommen, aber Sie möchten doch so nett sein und mir das Päckchen für ihn dalassen.
22:50Ach so, mein Ausweis. Schulde, Sie wissen doch.
22:53Ja, ja. Herr Blumenfeld hat ja gesagt, dass Sie es annehmen sollen, wenn er nicht da ist.
22:58Sagen Sie, Herr Blumenfeld hat nicht hinterlassen, weil er wieder zurückkommt.
23:04Ich könnte hier einen Moment warten.
23:06Nein, hat er nicht. Aber Sie können mir trotzdem das Päckchen ruhig dalassen.
23:10Der Direktor hat mir ja extra Bescheid gesagt.
23:12Für einen Augenblick zögert der Juwelier noch, das wertvolle Päckchen aus der Hand zu geben.
23:17Aber eigentlich hat er keinen vernünftigen Grund, misstrauisch zu sein.
23:22Und da er die neu angebahnte Geschäftsbeziehung nicht am Anfang gleich wieder gefährden will, übergibt er schließlich das Päckchen.
23:43Komm ich noch rechtzeitig, oder war Herr Glöckner schon da?
23:46Leider, Herr Doktor, der ist gerade weggefahren. Sie hätten ihn eigentlich fast noch sehen müssen.
23:50Schade, dass ich ihn verpasst habe.
23:52Ja.
23:53Aber hat er wenigstens das Päckchen da gelassen?
23:56Das Päckchen, einen Moment bitte, Herr Doktor.
23:59Das Päckchen?
24:01Das Päckchen?
24:03Das Päckchen?
24:05Das Päckchen?
24:07Das Päckchen?
24:09Das Päckchen?
24:10Ja, Herr Doktor.
24:13Hier ist es, bitteschön.
24:17Brauchen Sie?
24:19Verbindlichsten Dank, Herr Doktor, verbindlichsten Dank.
24:21Und wenn Sie mal irgendwelche Schwierigkeiten haben, Schulze, rufen Sie mich einfach an in Gießen.
24:26Die Maschinenfabrik hat tatsächlich ein Zweigwerk in Gießen. Und auch einen Dr. Blumenfeld gibt es dort.
24:32Der Mann aber, der das Päckchen mit dem 40.000 Mark Brillanten in Empfang genommen hat, kommt weder aus Gießen noch heißt er Blumenfeld.
24:40Er verschwindet spurlos. Bis heute kennt die Polizei nicht einmal seinen wirklichen Namen.
24:46Dieser Trick, meine Damen und Herren, bei dem der Täter sich das Renommee einer bekannten Firma zunutze zu machen versteht, funktioniert im Übrigen nicht etwa nur mit Juwelen.
24:56Es gibt auch Fälle, bei denen die Täter auf diese oder ähnliche Weise teure Fotoapparate, kostbare Pelze, Lederwaren, Teppiche oder andere Wertgegenstände erbeutet haben.
25:06Wenn Sie den geschädigten Juwelier fragen würden, welche Lehren er aus seinem Verlust gezogen hat, er würde Ihnen heute sagen,
25:14auch wenn ein gutes Geschäft winkt, lieber einmal zu vorsichtig als noch einmal zu vertrauensselig.
25:21Und nun zu unserem nächsten Thema.
25:25Meine Damen und Herren, Sie wissen sicher, wie viele Menschen heutzutage unter einer ungesunden, zum Teil wohl auch überzivilisierten Lebensweise leiden.
25:32Reizüberflutung, falsche Ernährung und zu wenig Bewegung, nervliche Überlastung in einer unruhigen und hektischen Welt.
25:42Nicht zuletzt wegen dieser negativen Zeiterscheinungen interessieren sich immer mehr Menschen für natürliche Wege und Methoden,
25:50die körperliche Spannkraft zu erhalten und auch für fernöstliche Gesundheitsrezepte.
25:55So ist es für den Fachmann keineswegs überraschend, dass sich auch bereits windige Geschäftemacher und Schwindler diese Entwicklung zunutze machen.
26:04Im Veranstaltungsprogramm des Kolpinghauses einer süddeutschen Kleinstadt stehen im Frühjahr 1972 an zwei Tagen, jeweils nachmittags und abends, Vorträge über Yoga und gesunde Lebensführung.
26:16Ein angeblicher Experte der indischen Yogalehre hat den Saal des Kolpinghauses für diesen Vortrag gemietet.
26:22Er verspricht unter anderem auch praktische Entspannungs- und Atemübungen vorzuführen. Eintrittspreis der Veranstaltung 2 Mark 50.
26:35Auch das Ehepaar Ernst und Maria Jürgens will sich an einem der Abende den Yoga-Vortrag anhören. Beide sind berufstätig.
26:43Ernst Jürgens arbeitet als Prokurist in einem Textilbetrieb. Seine Frau ist als Angestellte bei der Kaisparkasse beschäftigt.
26:51Die Eheleute sind beide gesundheitlich nicht so fit, wie sie es gerne wären.
26:56Deshalb wollen sie sich etwas näher über Yoga informieren, nachdem sie in letzter Zeit schon öfter davon gehört und gelesen haben.
27:03Oh du Liebling, es ist schon 20 vor 8, wir müssen uns beeilen. Sonst verpassen wir noch den Anfang.
27:09Ich bin gleich soweit. Sieh nur zu, dass du fertig wirst.
27:13Ich? Ich bin längst fertig.
27:15Na gut, wenn du fertig bist, dann können wir ja jetzt gehen.
27:20Ich bin nur gespannt, was das wird heute Abend.
27:22Das werden wir doch gleich erfahren. Das heißt, wenn wir uns beeilen.
27:29Der angebliche Yoga-Experte Wolfram Schwachtenbach versteht es, auf sein Publikum im Kolpinghaus Eindruck zu machen.
27:36Die meisten Besucher, die zu der Veranstaltung gekommen sind, merken nicht, dass der Mann im Grunde genommen
27:41nur eine routinierte Show abzieht.
27:44Gesten, Formulierungen und Kunstpausen sind an unzähligen anderen Abenden einstudiert und auf ihre Wirkung erprobt.
27:52Nehmen Sie zum Beispiel die Atmung.
27:57Jeder zweite Mensch ist verkrampft.
28:00Und es ist doch wissenschaftlich nachgewiesen, dass weitaus die meisten von uns mit einer viel zu flachen Atmung hier laufen.
28:05Schauen Sie sich mal um in Ihrem Bekanntenkreis und auch am Arbeitsplatz.
28:09Wie viele junge Menschen laufen da herum ohne die geringste Vitalität und Energie.
28:14Und wenn die mal zwei Treppenstufen steigen sollen, kommen sie schon aus der Puste.
28:17Also nehmen Sie den Aufzug und merken dabei nicht, wie Sie innerlich immer mehr verkümmern.
28:23Ich darf also nochmals zusammenfassen.
28:26Am Anfang einer vernünftigen und natürlichen Lebensphase,
28:30steht die Yoga-Atmung.
28:33Die Tiefatmung.
28:35So wie ich es Ihnen vorhin gezeigt habe.
28:38Das Publikum erweist sich für die Sprüche des angeblichen Yoga-Experten durchaus als empfänglich.
28:43Die meisten der Besucher sind ohnehin mit ihrem Gesundheitszustand nicht zufrieden
28:48und deshalb für alles aufgeschlossen, was Besserung verspricht.
28:52Auch Maria und Ernst Jürgens haben gesagt,
28:55Herr Jürgens klagt in letzter Zeit über nervöse Spannungen und Schlaflosigkeit.
29:00Seine Frau ist mit Herz- und Kreislaufbeschwerden in ärztlicher Behandlung.
29:05Karl und Waltraud Pratke, ein anderes Ehepaar unter den Zuschauern,
29:10leiden an beträchtlichem Übergewicht.
29:13Auch für sie hat der wendige Vortragsredner einen Ratschlag.
29:17Sie wollen nicht, dass ihr Körper zu schwer wird.
29:20Wenn Sie erst gelernt haben, Ihren Körper besser zu beherrschen,
29:24dann wird sich auch der übermäßige Appetit wieder einpendeln,
29:28der vielen Leuten heutzutage zum Verhängnis wird.
29:32Sie allein kennen Ihren Körper, Ihren Geist und die Gründe für alle Ihre Handlungen.
29:38Auch Frau Oppermann, eine andere Zuhörerin,
29:41fühlt sich von dem Mann ganz persönlich angesprochen.
29:44Auch sie ist schließlich, wie viele andere Besucher,
29:46an einer zusätzlichen individuellen Beratung interessiert,
29:49die der Yoga-Experte anbietet.
29:52Vielen Dank, meine Damen und Herren.
29:55Wer sich nun von Ihnen für eine persönliche Übungsstunde entscheiden möchte,
29:59der kann jetzt hier vorkommen an den Tisch,
30:02damit wir einen Besuchstermin vereinbaren.
30:05Sie können hier auch ein sehr gutes Lehrbuch bekommen,
30:08nachdem Sie die Übungen zu Hause machen können.
30:11Mit dem Angebot zu Hause,
30:13eine private Yogastunde zu geben,
30:16trennt Wolfram Schwachtenbach die Spreu vom Weizen.
30:19Er weiß, dass er es von jetzt an nur noch mit Leuten zu tun hat,
30:23die etwas ernsthafter an Yoga interessiert sind
30:26und die er mit seinem persönlichen Auftreten auch positiv beeindruckt hat.
30:30Aus Erfahrung weiß er,
30:33dass diese Gruppe für seine weiteren Pläne prädestiniert ist.
30:36Auch Maria und Ernst Jürgens gehören zu dieser Gruppe.
30:39Sie verabreden mit dem Mann,
30:41dem angeblichen Yoga-Experten,
30:44einen Hausbesuch an einem der nächsten Tage.
30:47Dann bis zum Dienstag.
30:54Herr Jürgens versucht sich in den nächsten Tagen
30:57sogar gelegentlich im Büro nach der Yogalehre zu entspannen.
31:03Ob ich das schaffen werde?
31:06Als Anleitung benutzt er das Buch,
31:08das er bei der Veranstaltung im Kolping-Haus gekauft hat.
31:13In der Praxis sind aber schon die ersten Atemübungen
31:16weitaus schwieriger, als sich Herr Jürgens vorgestellt hatte.
31:19Er ist deshalb ganz froh,
31:22dass sich der Yoga-Experte für den Abend angesagt hat.
31:34Auch zu Hause übt die Familie Jürgens.
31:37Sie möchte dem Yoga-Experten bei seinem Besuch vorführen,
31:40dass sie inzwischen etwas gelernt hat.
31:43So, nun bist du dran.
31:46Komm, ich zeige, ob du es richtig hinkriegst.
31:49Na ja.
31:58Das wird der Herr Schwartenbach sein.
32:01Er wollte hier gegen halb neun kommen.
32:03Guten Abend.
32:06Ach, Sie sind es ja tatsächlich. Guten Abend.
32:09Mein Mann hat nämlich eben gesagt,
32:12es wird bestimmt der Schwartenbach sein. Bitte schön.
32:15Ja, aber ich bin leider ein bisschen spät dran.
32:18Die anderen Familien haben mich etwas aufgehalten heute Abend.
32:21Bei dem Besuch an diesem Abend zeigt sich sehr bald,
32:24dass es Herrn Schwartenbach nicht so sehr darauf ankommt,
32:27Yoga-Übungen vorzuführen.
32:30Er redet jetzt plötzlich fast nur noch von der richtigen Ernährung,
32:33weil die Yoga-Lehre unterstützt werden müsse.
32:36In meinem Vortrag neulich habe ich ja, wie Sie wissen,
32:39deutlich gemacht, wie eng die Zusammenhänge sind
32:42zwischen richtiger Ernährung und körperlich-geistigem Wohlbefinden.
32:45Ja, ja, wir bemühen uns sowieso schon um eine gesunde Ernährung.
32:48Knäckebrot, Milch, Obst.
32:51Ja, das kenne ich, Frau Jürgens. Viele Leute glauben,
32:54sie könnten ihre richtige Ernährung so über den Baum entfallen.
32:57Aber das ist falsch. Da gehört ein bisschen mehr dazu.
33:00Und außerdem, wollen Sie sich denn so schwer machen?
33:03Sie haben doch gesagt, Sie würden uns helfen,
33:06die Diäten fix und fertig zu kaufen.
33:09Na, ich möchte nicht wissen, was das kostet.
33:12Aber sagen Sie, ich dachte eigentlich,
33:15Sie würden uns bei unseren praktischen Yoga-Übungen unterstützen heute Abend.
33:18Das dachte ich auch.
33:21Aber Herr Jürgens, das wäre doch verschenkte Zeit.
33:24Sehen Sie, die Übungen können Sie anhand des Lehrbuches doch selbst machen.
33:27Über die entscheidenden Ernährungsfragen aber steht da nicht so viel drin.
33:30Und deswegen bin ich wirklich froh, dass ich Ihnen jetzt helfen kann,
33:33was Sie doch von Ihren Schwindelanfällen erzählt, Frau Jürgens.
33:36Und Sie von Ihrer Schlaflosigkeit.
33:39Das sind doch ganz eindeutige Symptome für nervöse Erschöpfungszustände.
33:42Beziehungsweise für einen sehr labilen Kreislauf.
33:45Das sind beides Dinge, mit denen man nicht spaßen sollte.
33:48Aber bitte, ich will Sie natürlich nicht drängen.
33:51Nachdem der angebliche Yoga-Experte quasi in die Rolle eines Achsters geschlüpft ist,
33:55verordnet er den Eheleuten seine Diätpräparate.
33:58Dabei tritt er so überzeugend auf,
34:00dass Maria und Ernst Jürgens beinahe das Gefühl haben,
34:03in der Sprechstunde eines Achsters zu sein,
34:06der ihnen am Schluss auf einem Rezept Medikamente verschreibt.
34:09Und Sie meinen, dass das wirklich nötig ist?
34:12Aber Herr Jürgens, ich habe es Ihnen doch erklärt.
34:15Es hat gar keinen Zweck, dass Sie mit Yoga-Atmung und Yoga-Übungen anfangen,
34:19wenn Sie nicht Ihre Ernährung ganz schnell etwas umstellen.
34:22Aber bitte, ich will Sie natürlich nicht drängen.
34:25Sie müssen ja wissen, ob Sie wieder gesund werden wollen oder nicht.
34:27Ja, ja.
34:30Aber nun weiß ich immer noch nicht, was das alles kostet für meine Frau und mich.
34:34Aber Herr Jürgens, ich habe es Ihnen doch gesagt, das fällt gar nicht ins Gewicht.
34:37Sie nehmen beide zunächst auf ein halbes Jahr das Diätonikum.
34:41Also, alle 14 Tage zwei Flaschen.
34:45Das sind dann 24 Flaschen von rund 14, 7, 3, 4, 500 Mark zusammen.
34:52Pro Tag also noch nicht einmal 3 Mark.
34:54Und für jeden von Ihnen weniger als 1,50 Mark.
34:57Der angebliche Yoga-Experte versteht es auch jetzt,
35:01das Ehepaar psychologisch geschickt in die Zange zu nehmen.
35:04Und ich meine, Diätzucker ist ja wohl selbstverständlich, nicht?
35:08Zu guter Letzt bestellt die Familie Jürgens tatsächlich eine große Menge sogenannter Diätpräparate,
35:13denn die Eheleute glauben, dass sie damit ihrer Gesundheit einen guten Dienst erweisen.
35:18Und das ist für Familie Jürgens, ja?
35:21Wenn Sie dann hier bitte unterschreiben würden.
35:23Ja.
35:26So, ja.
35:28Gut.
35:30Dankeschön.
35:32Also dann, zum Wohl.
35:34Herr Schwartenbach überredet in diesen Tagen aber nicht nur die Familie Jürgens
35:38zu einer horrenden Bestellung von teuren Säften.
35:41Insgesamt nehmen ihm in dieser Stadt 16 Familien überteuerte Diätpräparate für knapp 10.000 Mark ab.
35:48Die Familie Bratke gehört dazu.
35:50Sie werden sehen, das Präparat wird Ihnen sehr gut tun. Also dann, auf Wiedersehen.
35:55Und auch Frau Oppermann, die den Yoga-Experten ebenfalls zu einer persönlichen Beratung bestellt hatte.
36:01Und den Rest von dem Geld überweise ich Ihnen dann, wie abgesprochen.
36:04Ja, ja, ist in Ordnung. Also, auf Wiedersehen, Frau Oppermann.
36:07Auf Wiedersehen.
36:09Nachdem der Mann die kleine süddeutsche Stadt abgegrast hat, wendet er sich seinem nächsten Ziel zu.
36:15Hallo, ist da die Gemeindeverwaltung?
36:18Ja, hier spricht Wolfram Schwartenbach von der Yoga-Bewegung.
36:21Ich hätte gerne in der kommenden Woche den Gemeindesaal für einen Vortrag gemietet.
36:25Mit wem muss ich denn da sprechen?
36:27Sie haben es gemerkt, meine Damen und Herren, der schöne Vortrag von Wolfram Schwartenbach
36:32ist nicht nur für die Gemeinde.
36:33Mit wem muss ich denn da sprechen?
36:36Sie haben es gemerkt, meine Damen und Herren, der schöne Vortrag über Yoga und eine gesunde Ernährung
36:41diente nur dem Zweck, teure und meist unnötige Diätpräparate an den Mann zu bringen.
36:46In der Praxis merken die hereingelegten Kunden dann gewöhnlich sehr bald,
36:50dass die versprochenen heilsamen Wirkungen ausbleiben.
36:53Da das Zeug dann meist noch recht übel schmeckt,
36:56wandern die Kartons mit den vollen Flaschen nicht selten in den Keller, bis sie schließlich verderben.
37:02Lassen Sie mich um der Klarheit willen noch eins sagen.
37:05Es ging uns mit unserem Bericht keineswegs darum, die Yogalehre in Misskredit zu bringen.
37:10Es kam uns darauf an, jenen Leuten das Handwerk ein bisschen zu erschweren,
37:14die das allgemeine Unbehagen an den Folgen unserer ungesunden Lebensweise
37:18für ihre unlauteren Geschäfte ausnützen wollen.
37:23Und nun zum Schluss unserer Sendung wieder ein Experiment.
37:26Auch heute haben wir eine besonders raffinierte Betrugsmethode ausprobiert.
37:31Dabei haben unsere Mitarbeiter wieder selbst getestet, wie leicht oder wie schwer es ist,
37:36mit diesen Tricks gutgläubige Menschen hin das Licht zu führen.
37:40Es ging diesmal um teure Elektrogeräte,
37:43die vom Auslieferungslager einer Bielefelder Firma zu den Kunden gebracht wurden.
37:47Unsere Mitarbeiter haben mit ihrem VW-Bus den Lkw der Elektrohandlung verfolgt
37:52und notiert, wo die verschiedenen Geräte im Einzelnen abgeliefert wurden.
38:00Am nächsten Tag fuhr unser VW-Bus bei denselben Kunden noch einmal vor.
38:05Unsere Mitarbeiter, Redakteur Günter Alt und Kameramann Hajo Spörr,
38:10hatten sich weiße Kittel angezogen, um sich als Kundendienst-Monteure der Elektrofirma ausgeben zu können.
38:16Kamera- und Tonaufnahmegerät waren in ihren Werkzeugtaschen versteckt.
38:22Wie die echten Gauner, die sich auf diesen Trick spezialisiert haben,
38:27versuchten sie nun, die neuen Geräte unter einem Vorwand wieder abzuholen.
38:33Im ersten Fall ein Schwarz-Weiß-Fernsehgerät im Wert von 520 Mark.
38:38Guten Tag, wir haben gestern ein Fernsehgerät gebracht.
38:41Wir müssen nochmal nachschauen, ob es möglicherweise ein falsches Gerät geliefert hat,
38:45das nur auf Gleichstrom geht und dann geht Ihnen das Gerät kaputt.
38:47Nein, das geht ja nicht.
38:50Ja, trotzdem kann es kaputt gehen. Wir müssen mal eben nachschauen.
38:53Wir haben festgestellt, irgendwie muss ein falsches Gerät ausgeliefert worden sein.
38:58Sie haben doch nicht ausprobiert?
39:01Ja, das merkt man nach einer Woche, wenn man die Monture drückt.
39:04Wann soll ich das wegnehmen?
39:07Das ist nett, ja.
39:09So, ich schaue mal gerade nach.
39:13Oh ja, Hajo, ich glaube, das ist der Typ.
39:15Darf ich mal?
39:17Ja, es geht, es geht.
39:21Ah ja, das ist der 79er, genau.
39:25Sehen Sie hier hinten diese N-Zahl 79 an der Herstellung?
39:29Das ist die kritische Zahl.
39:32Ich kann Ihnen das Gerät nicht hier lassen, das geht Ihnen kaputt, das hat keinen Zweck.
39:36Weil das ein Gleichstromgerät ist.
39:39Alle Geräte mit der Nummer 79 sind Gleichstromgeräte.
39:42Dann geht Ihnen das kaputt.
39:43Ich bringe Ihnen heute noch ein neues vorbei, ein richtiges.
39:47Ja, ich dachte, dasselbe.
39:49Genau das Gleiche, nur für Wechselstrom.
39:51Weil Ihnen das sonst innerhalb von einer Woche kaputt ist.
39:54Das ist, dass die Sendung heute Abend natürlich wieder da ist, nicht?
39:57Ja, jetzt ist sie spät, 4 Uhr, bis wir reinfahren, unter einer halben Stunde.
40:02Von wem kommen Sie denn?
40:04Von der Firma.
40:06Ja, stimmt das?
40:08Ja, sicher, da glauben Sie uns nicht.
40:09Ja, es ist richtig, aber sehen Sie mal, es kommen ja so viele Fälle.
40:14Da bin ich das Gerät los, ich bin also da.
40:17Dann sehen wir so aus.
40:19Sicher, ich meine, man weiß es nicht.
40:21Ich hole mal eben den Knabe, unseren Fahrer, dass der mal mit anpacken hilft.
40:25Zum Abtransport hielt sich bei unserem Team noch ein dritter Mann bereit.
40:29Das Hauptsache nicht, weil ich bekomme ein neues Gerät, das bezahlt ist.
40:33Ich sage Ihnen, in anderthalb Stunden spätestens haben Sie Ihr richtiges Gerät, das dann funktionsfähig ist.
40:40Schon der erste Fall bewies es, Dreistigkeit zahlt sich aus.
40:57Im zweiten Fall wurde unserem Mann sogar der Wohnungsschlüssel in die Hand gedrückt.
41:02Denn die alte Dame, die unten die Haustür geöffnet hatte, konnte nicht so schnell die Treppe heraufkommen.
41:07Ah, da steht es ja, das gute Stück.
41:09Sagen Sie, wissen Sie, ob er das schon in Gebrauch gehabt hat?
41:12Ja, gestern Abend.
41:14Das ist nämlich ein Gleichstromgerät, das hat er gar nicht gemerkt wahrscheinlich, ne?
41:17Das geht nicht, dann müssen wir das mal mitnehmen.
41:19Darfst du das jetzt mitnehmen?
41:21Ja, wir bringen sofort ein neues dann her.
41:23Das Farbfernsehgerät im Wert von fast zweieinhalbtausend Mark hatte sein Gewicht.
41:28Und die Stufen zum Erfolg sind zuweilen steil, auch wenn es abwärts geht.
41:37Schnell ist das teure Stück verladen und abtransportiert.
41:41Schneller jedenfalls, als sich bei den Besitzern Zweifel melden.
41:53Der dritte Fall, ein Bügelautomat.
41:56Wir haben festgestellt, das war eine Maschine, die zur Seite gestellt war.
42:00Die haben unsere Fahrer versehentlich mitgenommen.
42:02Da ist der Walzenandruck nicht richtig.
42:03Unsere Fahrer, die meinen dann hoppla hoppla morgens, dass sie ihr Zeug reinkriegen in den Wagen.
42:08Das ist ja wie das ist, ne?
42:16Auch hier klappt wieder alles wie am Schnürchen.
42:19Und die Mühe hätte sich für echte Ganoven durchaus gelohnt.
42:23Der Bügelautomat hat einen Wert von fast 900 Mark.
42:34Im letzten Fall das schwerste Stück, ein Allgasherd.
42:38Gewicht fast zwei Zentner, Wert tausend Mark.
42:42Da müsst ihr langsam von Stufe zu Stufe ein bisschen runter, damit der Stufe nicht beschädigt wird.
42:53Das ist ja das Schlimmste.
42:55Das ist ja das Schlimmste.
42:57Das ist ja das Schlimmste.
42:58Das ist ja das Schlimmste.
43:09Der Mann zweifelt nicht daran, dass er noch am gleichen Tag das Gerät zurückgehalten wird.
43:17In diesem Fall hat der alte Herr damit sogar recht behalten,
43:20denn wir haben natürlich den Gasherd sowie alle anderen Geräte unbeschädigt wieder zurückgebracht.
43:25Unsere Opfer, so haben sie uns versichert, sind für alle Zeiten nachdrücklich gewarnt.
43:31Und vielleicht kann auch mancher von Ihnen, meine Damen und Herren, seinen Nutzen aus diesem Experiment ziehen,
43:37falls er einmal in eine ähnliche Situation kommt.
43:40Wenn Sie in einem solchen Fall einmal Zweifel haben sollten,
43:44ein Anruf bei der Lieferfirma bringt gewöhnlich schnell Klarheit.
43:48Und damit auf Wiedersehen, bis zum nächsten Mal bei der Sendung Vorsicht Falle.
43:55Untertitel der Amara.org-Community
44:25Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt
44:55Die Sendung wurde vom NDR live untertitelt
45:25Die Sendung wurde vom NDR live untertitelt

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