Am frühen Morgen wird auf offener Straße die Leiche einer Frau entdeckt. Die Tote ist unbekleidet und ohne persönliche Gegenstände. Wer ist die Frau, die so brutal ermordet wurde? Es dauert Jahre, bis die Polizei darauf eine Antwort findet. Die Ermittlungen führen die Kripo bis nach Italien. Kurz vor der Aufklärung kommt es zu einem zweiten Mord. Am Ende steht fest: Eine geheime Affäre machte einen Mann zum Doppelmörder. Sven Voss reist zu den damals zuständigen Ermittlern und spricht über die Unwägbarkeiten des Falls. Außerdem fährt er zum Fundort der Leiche – einem abgelegenen Dorf mitten in Bayern. Nicht nur dort ist das Verbrechen bis heute unvergessen. (Text: ZDF)
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00:00An einem frühwinterlichen Novembertag 2001 wird hier in der Nähe von Bad Bayer Sojen eine unbekleidete, leblose Frau entdeckt.
00:10Ihre Identität bleibt zunächst ein Rätsel. Fest steht aber, sie wurde grausam ermordet, hat unvorstellbares Leid erlitten und ist bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
00:21Die aufwendige Spurensuche führt die Ermittler bis nach Italien.
00:24So, dann bräuchte ich hier bitte von den Prellungen Fotos. Und da hinten von den Quetschungen bitte auch.
00:38Guten Morgen Frau Dr. Ott. Guten Morgen.
00:40Guten Morgen beieinander. Können wir sie einmal ganz sehen?
00:43Sicher. Warten Sie. So, bitte.
00:49Hast du sowas schon mal gesehen Werner?
00:52Nein. Mein Gott. Was ist bloß mit dem Gesicht und mit dem Kopf passiert? Warum ist die nackt?
01:02Wo sind eigentlich ihre Kleider?
01:04Dazu kann ich leider nichts sagen. Aber ich glaube, die haben ihr Hirn gefunden.
01:08Wer hat eigentlich die Frau gefunden, Thomas?
01:11Das war hier eine Bäuerin aus Bad Bayer Sojen. Aber die steht noch total unter Schock.
01:16Naja, kann ich mir vorstellen. Frau Dr. Ott, können Sie schon irgendwas zur Todesursache sagen?
01:20Momentan nicht. Es sind einfach zu viele Verletzungen. Da müssen Sie die Obduktion abwarten.
01:26Alles klar. Vielen Dank. Lassen wir Sie also warten.
01:32Es war bestimmt einer meiner oder auch unserer schwierigsten und aufwendigsten Fälle.
01:40Und man konnte sich gleich davon überzeugen. Es waren Reifenabdrücke auf dem Rücken.
01:45Von dem her war klar, diese Frau war nackt überfahren worden.
01:51Also, es gibt einige Anzeichen, die für Kampfhandlungen vor dem Überfahren sprechen.
01:58Die Flasche und die Scherben haben wir in der Blutlache sichergestellt.
02:03Ich gehe mir davon aus, dass der Täter die Frau mit der Flasche auf den Kopf geschlagen hat.
02:07Hier ist sogar noch ein Stück vom Etikett erkennbar. Olin. Was das wohl für eine Marke ist?
02:12Gute Frage. Was ist denn mit den Knöpfen da? Könnten auch von einer Bluse oder so sein.
02:18Ja, die waren am Boden. Ich glaube, dass der Täter die Frau, als sie nicht bei Bewusstsein war, ausgezogen hat.
02:24Und dann erst überfahren.
02:26Bloß, wo sind die Reklamaten?
02:28Die hat er wahrscheinlich mitgenommen. Dabei hat er die Ohrringe und den Slip verloren.
02:33Zwei persönliche Gegenstände sind nicht gerade viel, um die Frau zu identifizieren.
02:37Ja, Herr Borger, hier ist es also passiert. Was war Ihr erster Eindruck von diesem Ort?
02:42Ja, ich war damals so an die zehn Jahre bei der Kriminalpolizei.
02:47Und trotzdem war dieser Tatort, so wie es sich für uns dargestellt hat, schon eine besondere Herausforderung.
02:55Wir hatten da schon ein bisschen Bauchkrummeln. Es könnte schwierig werden, das Opfer zu identifizieren.
03:00Und wenn wir das Opfer nicht identifizieren können, dann wird es natürlich auch schwierig, den oder die Täter zu ermitteln.
03:08Sie sagen, das Opfer lag hier auf dieser Straße. Jetzt ist das ja so ein Feldweg.
03:12Aber hier nebendran ist eine befahrene Straße. Was hat Ihnen das gesagt über den Tathergang?
03:18Also, es wirkte für uns so, dass hier irgendein Streit, ein Konflikt entstanden ist.
03:23Man von der Bundesstraße abgefahren ist, die Sache hier eskaliert ist.
03:26Und es dann letztendlich zu dieser Tötung geführt hat.
03:30Bei der Opferidentifizierung, waren Sie sich sicher, dass diese Frau nicht von hier kam? Warum?
03:36Der oder die Täter haben sich sehr viel Mühe gegeben, die kompletten Kleidungsstücke des Opfers zu entsorgen.
03:43Und auf der anderen Seite war es wohl egal, dass hier der Körper liegen bleibt.
03:48Das lässt schon darauf schließen, dass es eine Person aus einer anderen Gegend ist.
03:54Bei einer Person aus der Region oder einer näheren Umgebung wäre ja doch die Gefahr bestanden,
04:00dass man sie trotz der Verletzungen identifizieren könnte.
04:04Noch am selben Tag wird die Tote im Rechtsmedizinischen Institut in München obduziert.
04:11Die Frau hat schwerste Verletzungen durch stumpfe Gewalt.
04:14Die Frau hat schwerste Verletzungen durch stumpfe Gewalt in allen Körperregionen.
04:20Angefangen vom Gesicht über den ganzen Kopf, den Armen, den Rücken bis hinunter zu den Beinen.
04:27Und das ist alles passiert, bevor sie überfahren wurde.
04:31Gibt es Abwehrspuren?
04:33Wir haben Hautschuppen unter einem Fingernagel gefunden. Also ja, den A-Ergebnis haben wir noch nicht.
04:38Aber es gibt auch noch andere Hinweise, dass sie sich vehement gewehrt hat und vermutlich versucht hat zu fliehen.
04:45Sie hat Hämatome am Oberarm und an den Handgelenken.
04:50Letzteres deutet darauf hin, dass der Täter sie an den Händen gepackt und gezogen hat.
04:55Vermutlich zur Straße, um sie dort zu überfahren.
04:59Wir stellten als Todesursache zweifelsfrei Ersticken fest.
05:03Zum Ersticken kam es durch Einatmung ihres eigenen Blutes.
05:09Die Einatmung kam zustande durch Zerstörungen im Gesichtsbereich.
05:15Zum Beispiel durch einen Nasentrümmerbruch, sodass sie ihr Blut in die Luftröhre einatmete.
05:22Andererseits wurde diese Bluteinatmung dadurch verstärkt, dass Rippenbrüche beidseits die Lungen angespießt hatten.
05:30Sodass auch diese die Atemwege mit ihrem eigenen Blut verstopften.
05:35Da ist noch etwas. Bevor die Frau überfahren wurde, hatte sie Geschlechtsverkehr.
05:40Also hat sie der Täter auch noch vergewaltigt?
05:43Nicht zwingend. Kann auch einvernehmlich gewesen sein.
05:46Ja, aber ob sie den Mann kannte oder ob es eine Zufallsbekanntschaft war, das wissen wir damit natürlich immer noch nicht.
05:52Am Bauch hat die Frau weiße Hautdehnungsstreifen.
05:55Und die Veränderungen an ihrem Muttermund haben meine erste Annahme diesbezüglich bestätigt.
06:00Sie war irgendwann schwanger und hat mindestens ein Kind geboren.
06:04Haben Sie vielleicht ein Alter für uns? Das würde uns helfen, die Suche ein bisschen einzuschränken.
06:09Kommen Sie mal mit. Laut der ersten Zahnanalyse war sie zwischen 25 und 30 Jahre alt.
06:15Seltsam. Ich hätte sie älter geschätzt. Mindestens 40.
06:20Bezüglich ihrer Herkunft?
06:22Bezüglich ihrer Herkunft liefern ihre Zähne vielleicht noch einen wichtigen Hinweis.
06:27Sämtliche Kronen wurden nicht bei uns, sondern im Ausland gefertigt.
06:31Möglicherweise Italien.
06:34Italien?
06:39Süditalien. Drei Jahre vor dem Auffinden der Leiche.
06:44Das Ehepaar Lanzmann feiert die Verlobung ihrer Tochter Eleonora mit Raffaele Blasi.
06:49Ich freue mich so für dich, Schatz. Ah, danke, Mama.
06:53Noch ahnt niemand, dass der Verlobte zwei Familien zerstören wird.
06:57Willkommen in die Familie. Und das ist für dich.
07:06Oh, grazie. Prego.
07:09No posso chitare. Wow. Ich kann das nicht annehmen. Ihr habt mir schon das größte Geschenk gemacht.
07:16Dann pass auf unsere Tochter auf.
07:22Etwa drei Jahre später.
07:25Raffaele Blasi hat sich mittlerweile das Vertrauen der ganzen Familie erschlichen.
07:30Du warst schon längst Mama unserer Familie.
07:33Apropos, wann ist es eigentlich bei euch beiden soweit?
07:36Elisabetta, oder? Giorna Massimo, sie hat recht.
07:39Eleonora und ich, wir sind schon lange genug verlobt.
07:42Aber die wollen noch warten, bis sie fertig ist mit dem Studium.
07:46Dann heiraten wir und ich habe schon ein Appartement im Auge.
07:50Allora, Salute.
07:53Salute.
07:59Molto buone, Eleonora. Und dein Espresso, fantastico, come sempre. Ich räume schon mal die Teller ab.
08:07Nach und nach wird er in immer mehr Geheimnisse eingeweiht.
08:11Ein Messer.
08:15Ich kann euch helfen, mit der Wohnung.
08:20Ich habe Geld geerbt von meinem Vater in den Niederlanden. Es ist auf einem Konto in der Schweiz.
08:28Kause in der Tasse, wie in der Steuer.
08:32Du wirst es so über die Grenze bringen.
08:35Ich möchte das nicht alleine machen.
08:42Ich habe sowas noch nie gemacht, aber ich helfe dir. Jederzeit.
08:53Sechs Monate später, am Tag des Leichenfundes, richtet die Kripo Garmisch-Partenkirchen die Sokosojen ein.
09:01Benannt nach dem Fundort der Toten bei Bad Bayer Sojen.
09:04Leute, kommt mal alle zusammen. Wir schauen uns die Asservate gemeinsam an.
09:13Das dürften die Kleider unserer Toten sein. Das hat heute Morgen eine Spaziergängerin bei Mittenwald gefunden.
09:20Circa 45 Kilometer vom Tatorn entfernt, hat der Täter da entsorgt, am Ufer der Isar.
09:27Sind wir uns sicher, dass das von unserer Toten stammt?
09:29Abgesehen davon, dass es ihre Größe ist, passt der BH hier zum Slip vom Tatort.
09:35Und die Knöpfe genau zur Bluse.
09:39Das ist schon ziemlich eindeutig.
09:41Alles Made in Italy, wie es aussieht.
09:43Ja, aber das muss nichts heißen. Da werden ja ganz viele Klamotten hergestellt, die man auch ganz normal bei uns kaufen kann.
09:49Ja, aber dann übersetzen sie die Waschanleitung auf dem Etikett und hier ist alles auf Italienisch.
09:54Unter den Fundstücken befindet sich auch eine Lederjacke mit einem auffälligen Innenlabel, hergestellt in Parma.
10:01Was wir auch entziffern konnten, ist Bolin. Das sind die Buchstabenfragmente von Fragolino Bolino.
10:08Das muss ein ziemlich süßer Schaumwein sein. Auf jeden Fall auch der ist Made in Italy.
10:13Und zwecks dem Tathergang. Die Kleidung ist ziemlich aufschlussreich, zumindest die Hose.
10:19Überall ist Blut, nur in den Falten nicht. Das heißt, der erste Angriff auf die Frau muss im Sitzen, also vermutlich im Auto basiert sein.
10:27Ja, vielleicht haben die beiden dann Schleichweg genommen, um irgendwo im Wald Sex zu haben.
10:32Dann sind sie wieder eingestiegen. Es kam zum Streit. Er schlägt sie ins Gesicht.
10:38Ja, dann blutet die Nase, alles tropft auf die Hose.
10:42Dann zerrt er sie aus dem Auto und dann, gut, in den Rettungswagen.
10:45Ja, er fährt mit den Klamotten nach Mittenwald. Das ist direkt an der Grenze zu Österreich.
10:50Und dann über Innsbruck, auf dem Brenner, geht's direkt nach Italien.
10:59Drei Wochen zuvor. Vater und Tochter werden mit einer überraschenden Entscheidung konfrontiert.
11:05Elisabetta! Elisabetta!
11:09Elisabetta!
11:12Elisabetta!
11:23Was soll das?
11:24Elisabetta!
11:38Eleonora!
11:48Eleonora! Kannst du bitte kommen? Bitte, mach es schnell!
11:51Sie! Mama ist weg!
11:59Und, was schreibt sie?
12:03Dass es ihr leidtut und dass sie mich liebt. Aber sie hat eine Entscheidung getroffen.
12:09Wegzugehen und woanders ein Neuleben anzufangen.
12:13Hattet ihr Streit?
12:17Nein, sie war halt genervt, weil ich so viele Zeit in der Firmenwohnung in Bologna bin.
12:23Aber wir haben heute Mittag telefoniert und wir waren verabredet.
12:35Ich habe mit dem Herrn von Bologna gesprochen.
12:39Allora, ich habe mit dem Reisebüro gesprochen. Elisabetta hat sich wegen mehrerer Flüge informiert, aber keinen gebucht.
12:48Dann muss sie mit ihr Auto weggefahren sein. Das stand ja nicht mal unten.
12:52Und das war Familie Nolanda, ihre Familie Noland. Vielleicht wollte sie die einfach besuchen.
12:56Nein, da ist sie nicht. Ich habe schon angerufen bei Oma. Außerdem, dann würde sie nicht so eine Briefe schreiben.
13:02Raffaele, du musst dich ja zum Eleonora kümmern. Die braucht dich jetzt.
13:17Ein paar Tage nach Auffinden der Toten in Bad Bayersurien gibt es für die Kripo Garmisch endlich einen ersten Erfolg.
13:25Und zwar am rechten Schuh der Frau.
13:28Haben wir einen blutigen Fingerabdruck gefunden.
13:31Und der stammt nicht von der Frau?
13:33Korrekt. Der kann nur vom Täter stammen. Und damit sind wir schon beim zweiten Treffer.
13:38An der Tüte, am Flaschenhals, am Schuh und unter dem Nagel des linken Mittelfingers haben wir DNA gefunden.
13:48Männlicher DNA.
13:50Gab es Spuren einer dritten Person?
13:53Nein. Aus Spurensicht waren die beide alleine unterwegs.
13:55Müssen auch aus derselben Sektflasche getrunken haben, da wir DNA-Spuren von ihm und ihr innen am Flaschenhals gefunden haben.
14:04Perfekt. Heißt das, dass wir sein gesamtes DNA-Muster haben?
14:08Das waren erst mal nur Fragmente. Entschuldige.
14:11Aber ich habe weiter gesucht und an der Zerreißstelle des BHs eine winzige Hautschuppe gefunden.
14:17Da war dann alles drinnen.
14:18Wir hatten dann eben ein komplettes DNA-Muster vom Täter. Das hat man in allen Datenbeständen in Europa abgeglichen.
14:26Aber das Ergebnis war leider wieder negativ.
14:29Drei Wochen ist das Ganze jetzt her und bisher scheint keiner diese Frau als Vermisstgemälde zu haben.
14:34Weder hier noch im Ausland.
14:36Ja, solange wir nichts über unsere Tote wissen, wissen wir natürlich auch nichts über die familiären Verhältnisse.
14:42Also vielleicht hat die gar keine Angehörigen.
14:43Also haben wir trotz unzähliger Spuren im Grunde bisher nichts.
14:46Ja, vielleicht doch. Ich habe gerade vorhin mit einem Experten vom RKA telefoniert.
14:51Der hat das PUNS-Zeichen auf den Ohrringen entziffern können.
14:55Der Schmuck, der stammt von einem Händler in Vicenza.
14:58Vicenza?
15:01Hier, schaut mal. Vicenza liegt doch nicht weit entfernt von Parma.
15:06Da, wo die Lederjacke hergestellt wurde.
15:07Und der Schaumwein vom Tatort kommt auch aus der Gegend.
15:10Drei Spuren, die nach Norditalien führen. Es kann kein Zufall sein.
15:14Der Meinung bin ich auch.
15:16Also einer von uns sollte da mal hinfahren und sich ein bisschen umschauen.
15:19Herr Schub, Sie kamen einige Wochen später zur Sokosurien dazu
15:24und wurden dann gleich mit den Ermittlungen in Italien betraut.
15:27Das war sicherlich nicht so einfach.
15:29Nein, das war, weiß Gott, nicht einfach.
15:31Vor allem, weil die Leute, die da waren, die da waren.
15:33Das war sicherlich nicht so einfach.
15:35Nein, das war, weiß Gott, nicht einfach.
15:37Vor allem, weil die ganzen Ermittlungen anfangs alle eigentlich unter dem Radar,
15:41wenn ich mal so sagen darf, der italienischen Behörden stattgefunden haben.
15:44Aber wir wollten uns auf jeden Fall mal einen ersten Eindruck verschaffen.
15:47Und wir wollten dann auch gleich mal an die entsprechenden Firmen rangehen
15:50und erste Gespräche führen.
15:52Dann haben Sie sich aber auch die Leiche selber noch mal vorgenommen.
15:55Was kam dabei raus?
15:57Nachdem wir sämtliche Vermisstenmeldungen überprüft hatten
15:59und da zu keinerlei Ergebnis gekommen waren,
16:00haben wir uns zuerst die Zweifel beschlichen,
16:03was das damals geschätzte Alter von 25 bis 30 Jahren des Opfers betrifft.
16:08Deswegen haben wir dann ein zweites Gutachten in Auftrag gegeben.
16:11Und da waren wir dann sehr überrascht,
16:13dass das Alter des Opfers dann auf mindestens 45 Jahre zum Tatzeitpunkt angegeben wurde.
16:18Was hat das mit den Ermittlungen gemacht?
16:20Ja, zum einen hat es dazu geführt,
16:22dass der Kollege, der die Vermisstenmeldungen bearbeitet hat,
16:24noch mal von vorne anfangen musste.
16:26Und zum zweiten haben wir uns dazu entschlossen,
16:28eine Gesichtsweichteilrekonstruktion zu veranlassen.
16:33Sieht doch eigentlich ganz gut aus. Wie findest du es?
16:37Meinst du, das bringt was?
16:39Ist auf jeden Fall eine Chance.
16:41Ich gebe es mal an die Presse raus jetzt. Sowohl bei uns als auch in Italien.
16:45Macht es, Thomas. Vielleicht erkennt ja irgendwer die Tote.
16:48Sechs Wochen nach dem Verschwinden von Elisabeth Lanzmann
16:52erreichen die Tochter immer noch Postkarten.
16:55Geschrieben von ihrer Mutter.
16:58Zu dieser Zeit ahnt Eleonora nicht, dass ihre Mutter bereits tot
17:02und ihr Verlobter seit Jahren mit einer anderen Frau verheiratet ist.
17:09Die Tochter ist in Italien.
17:11Sie ist in Italien.
17:13Sie ist in Italien.
17:14Sie ist in Italien.
17:20Raffaele, da ist noch eine Karte von Mama aus Salzburg gekommen.
17:26Wann wurde die abgestempelt?
17:29Am 5. November. Das ist doch komisch.
17:32Warum?
17:34Das zeigt doch nur, dass es ihr gut geht.
17:38Aber warum schickt sie die Karten hierher und nicht an meine Wohnung?
17:45Weil sie weiss, dass du absolut zuverlässig bist
17:50und du dich um sie kümmerst.
17:55Mag sein.
17:59Aber warum ruft sie mich nie zurück?
18:02Wir haben immer viel telefoniert. Ich verstehe das nicht.
18:05Sie rennt auch ständig aus.
18:07Ich kenne deine Mutter.
18:09Du kennst doch deine Mutter.
18:10Manchmal braucht sie eben ein bisschen Abstand unter ihrer Auszeit.
18:17Da hast du wahrscheinlich recht.
18:20Wo bist du? Ich dachte, du arbeitest heute von zu Hause.
18:24Lo sto facendo. Mach ich, amor.
18:27Aber gerade ist vorbeigekommen meine Schwester und meine Nichte.
18:34Und da mache ich eine kleine Pause.
18:36Wie süss. Sag Grüße unbekannterweise, ja?
18:40Mach ich.
18:42Und du, du hör auf, dir Sorgen um deine Mutter zu machen.
18:48Und wenn Elisabeth sich eingelebt hat,
18:54dann ruft sie dich sicher an und ihr könnt euch sehen.
18:59Danke dir, Liebster.
19:01Was würde ich nun ohne dich machen?
19:04Ciao.
19:06Okay, va bene.
19:08Ci sentiamo.
19:11Gelato!
19:21August 2002. Neun Monate sind seit dem Mord vergangen.
19:26Noch immer ist es nicht gelungen, das unbekannte Opfer zu identifizieren.
19:31Danke.
19:33Auch auf die Gesichtsrekonstruktion hat sich niemand gemeldet.
19:38Die Sokosujen wird schließlich aufgelöst.
19:42Jetzt sind nur noch wir drei übrig.
19:45Umso wichtiger, dass wir uns auf das konzentrieren, was wir haben.
19:49Die Jacke, das ist das, womit wir arbeiten können.
19:52Davon gibt's nur 14 Stück.
19:54Und ich bin mir sicher, dass unser Opfer eine davon gekauft hat.
19:58Fragt sich nur, wo.
19:59Die Herstellerfirma will uns nicht sagen,
20:02an welche Händler die Jacken gegangen sind.
20:05Ohne Durchsuchungsbeschluss kommen wir nicht weiter.
20:08Dann versuchen wir es offiziell mit einer Rechtshilfe in Italien.
20:11Weißt du, wie lange das dauert? Im Zweifel Monate.
20:14Und wenn schon, ist vermutlich die einzige Chance, die wir noch haben.
20:18Insgesamt mussten wir drei Rechtshilfeersuchen
20:21an die italienischen Justizbehörden stellen,
20:23um dann endlich nach einem Jahr die Durchsuchungsbeschlüsse
20:27für diese Lederjackenfirma zu bekommen.
20:29Aber dazu muss man wissen, dass das deutsche Polizeimann in Italien
20:33wie überall im Ausland nur Gast ist.
20:35Und die Art und Weise, wie die italienischen Kollegen
20:39die Ermittlungen führen, da dürfen wir uns nicht einmischen.
20:45Buongiorno.
20:47Buongiorno.
20:49Ich möchte mit Ihrer Chefin sprechen.
20:51Aber Sie haben keinen...
20:53Und alle Transportscheine einsehen, aus den Jahren 1999 bis 2001.
20:57Certo.
20:59Un attimo.
21:04Die Guardia di Finanza ist eine Polizeibehörde
21:07mit allgemeiner Zuständigkeit für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten.
21:11Wir sind zum Sitz der Firma gefahren
21:14und haben nach jeglichen Unterlagen,
21:16die den Verkauf der Lederjacken betreffen, gefragt.
21:19Da, da sind die 14 Lederjacken verzeichnet.
21:23Und laut Transportschein kamen Sie nach dem Modeschauen
21:27hierher zurück, also in die Firma.
21:29Und wohin haben Sie die Jacken verkauft?
21:32Die gingen zurück an die, an die Fabrik.
21:35Von dort wurden sie an verschiedene Geschäfte verteilt.
21:39Aber Capitano, ich weiß nicht mehr an welche Geschäfte
21:43und die, wie sagt man, Papiere...
21:46Sie meinen Belege.
21:48Sie. Die haben wir vernichtet.
21:53Die Jackenfirma hat sich gemeldet.
21:56Da, ist gerade reingekommen.
21:58Alles auf Italienisch, aber hab's gleich übersetzen lassen.
22:01Da scheint unser Auftritt den Eindruck gemacht zu haben.
22:04Wir brauchen die Jacken.
22:06Die ist da irgendwo.
22:08Die Frau, die das Fax geschrieben hat,
22:10ist eine Mitarbeiterin der Herstellerfirma.
22:12Sie hat unseren Fall im italienischen Fernsehen gesehen.
22:16Sie hat das hier wiedererkannt.
22:19Das Etikett, you've got to move.
22:20Jacken mit der Kennzeichnung sind von ihrem Unternehmen
22:23ausschließlich an einen einzigen Outlet,
22:25der nach Bologna geliefert wurde.
22:27Alle 14 Jacken, nach denen wir suchen?
22:29Nein, neun, aber immerhin.
22:32Wenn unsere Tote eine von denen mit ihrer Kreditkarte
22:35oder so gezahlt hat, dann hätten wir endlich einen Namen.
22:38Ja, aber das wäre schon ein großer Zufall.
22:40Ja, natürlich, aber vielleicht haben wir in dem Fall
22:42auch einmal Glück.
22:44Wir sind sofort zu dem Outlet,
22:45um herauszufinden, an welche Kunden die Waren verkauft wurden.
22:48Von den neun verkauften Jacken wurden sieben in bar bezahlt.
22:51Hier konnten wir die Käufer nicht ermitteln.
22:54Die anderen beiden wurden allerdings mit Kreditkarte gezahlt.
22:57Durch die Quittungen konnten wir die Halter der Karten herausfinden.
23:00Eine Karte gehörte einem Mann aus Sardinien.
23:03Die andere Karte gehörte einem Mann aus Italien.
23:06Durch die Quittungen konnten wir die Halter der Karten herausfinden.
23:09Eine Karte gehörte einem Mann aus Sardinien.
23:12Die andere Karte gehörte einem Mann aus Italien.
23:15Die andere einer in Holland geborenen Frau,
23:18die in Süditalien wohnte.
23:23Der Durchbruch?
23:25Das deutsche Ermittlerteam macht sich sofort wieder
23:27auf den Weg nach Italien.
23:29Da ist noch ein Stuhl, bitte.
23:32Die Frau heisst Elisabeth Lanzmann
23:35und sie hat die Jacke am 2. Oktober 1999
23:39in dem Outlet Store in Bologna mit ihrer Kreditkarte gekauft.
23:43Für umgerechnet 500 Euro.
23:46Wie alt war die Frau damals?
23:4843.
23:50Dann wäre sie zum Tatseitpunkt 45 Jahre alt.
23:53Das würde genau passen.
23:55Frau Lanzmann hat als Schmuckhändlerin gearbeitet
23:57und im Juni 2001, also wenige Monate vor dem Mord,
24:01hat sie ihre letzte Steuererklärung abgegeben.
24:04Danach kam nichts mehr.
24:06Ihre Nachbarn haben auch ausgesagt,
24:08dass sie seit dieser Zeit Frau Lanzmann nicht mehr gesehen haben.
24:10Nur die Tochter war ab und zu am Haus
24:13und hat so den Briefkasten geleert.
24:15Demnach ist die Tochter auch schon erwachsen.
24:1724, ja.
24:19Damals hat sie in Pescara zur Medizin studiert
24:23und in einem kleinen Ort daneben gewohnt.
24:26Pescara, qui.
24:30Ihr Vater, also der Ehemann von Frau Lanzmann,
24:33wohnt in Bologna.
24:35Ist 58 und heisst Massimo Fiore.
24:38In Bologna?
24:40Wo der Outlet-Laden ist.
24:42Ja, und zwar genau gegenüber von der Wohnung ihres Mannes.
24:47Vielleicht hat sie die Jacke bei einem Besuch dort gekauft.
24:50Aber wieso Besuch? Wohnen die nicht zusammen?
24:53Das weiss ich nicht genau.
24:55Nur, dass Frau Lanzmann hier in Brindisi gemeldet war
24:58und ihr Mann in Bologna.
25:00Das liegt ja fast 800 Kilometer auseinander.
25:04Können sie ja nicht oft gesehen haben, die beiden.
25:07Laut Nachbarn bezeichnet sich der Ehemann inzwischen
25:10wie ein Witwer.
25:12Das klingt schon ziemlich verdächtig.
25:14Was die Tochter angeht, sie ist am 7. November 2001
25:18von Pescara zu ihm nach Bologna gezogen.
25:21Das ist ja einen Tag nach dem Mord, oder?
25:24Wir müssen unbedingt mit den beiden sprechen.
25:26Wäre vorausgesetzt, dass Frau Lanzmann wirklich unsere Tote ist.
25:29Das können wir vielleicht gleich herausfinden.
25:32Ich habe mir vom Einwohnermeldeamt in Brindisi
25:36das Passfoto von Frau Lanzmann schicken lassen.
25:38Ne, guck mal.
25:46Bitte kommen Sie.
25:48Hier.
25:54Das sind ja genau die gleichen Ohrringe,
25:57wie wir sie am Tal gefunden haben.
25:59100%.
26:01Michele, Mille Grazie.
26:03Ohne dich hätten wir das nie herausgefunden.
26:05Herr Schupp, in dem Moment,
26:06als Sie das Bild aufbaute,
26:08das muss doch für Sie nach 2 Jahren intensiver Arbeiten
26:11ein Hochgefühl gewesen sein, oder?
26:13Das war unglaublich spannend,
26:15wie sich auf diesem Computerbildschirm
26:18so langsam dieses Bild aufgebaut hat.
26:21Bei den Ermittlungen ist bisher der Ehemann
26:24von Elisabeth Lanzmann im Fokus.
26:26Doch dann gerät eine 2. Person ins Blickfeld.
26:29Als wir die Inhaberin der Kreditkarte ausfindig gemacht haben
26:33und alle Kontaktdaten hatten,
26:34riefen wir die Handynummer an.
26:36Es hat eine Frau geantwortet.
26:38Diese bestritt allerdings, Elisabeth Lanzmann zu kennen.
26:44Hallo, Pronto.
26:46Sie haben vorhin wegen Frau Lanzmann bei meiner Frau angerufen.
26:52Wir fragen uns, wie Sie in den Besitz
26:54von Frau Lanzmanns Handy gekommen sind.
26:56Das ist ganz einfach zu erklären.
26:59Der Anrufer erklärt, er sei promovierter Kunsthistoriker
27:04und habe als solcher für Frau Lanzmann gearbeitet.
27:07Angeblich schuldete sie ihm Geld und schenkte ihm daher ihr Handy.
27:20Wir wussten zu dem Zeitpunkt nicht,
27:22dass der Anrufer, der Verlobte, der Tochter ist.
27:25Deswegen war die Sache für uns total mysteriös und ungewöhnlich.
27:29Wir mussten aber annehmen, dass der Anrufer,
27:30der im Besitz des Mobiltelefons des Opfers war,
27:35möglicherweise direkt selbst mit der Tat zu tun hat.
27:38Wir sind ja immer von einer Beziehungstat ausgegangen.
27:41Da steht der Ehemann natürlich an erster Stelle.
27:44Deswegen wurde er auch vom Michele Tollato
27:47dann zur Vernehmung einbestellt.
27:49Genau die gleiche Jacke hat gekauft, vor dem Outlet.
27:53Kann ich ein Foto sehen von dieser Frau,
27:58die Sie gefunden haben in Deutschland?
28:01Edwin, das Foto von der Frau, bitte.
28:23Es tut mir so leid.
28:25Es tut mir so leid, aber es war was.
28:38Wir haben natürlich nach dieser doch sehr emotionalen Reaktion
28:42von dem Ehemann danach gefragt,
28:45warum er denn seine Frau nie mehr gesehen hat.
28:47Er hat es so erklärt, dass sie ungefähr drei Wochen,
28:51bevor dieses Tötungsdelikt geschehen ist,
28:54von zu Hause weggegangen ist.
28:57Und sie hat wohl auch einen Brief hinterlassen an die Tochter,
29:01in dem sie geschrieben hat, dass sie das schon länger so geplant hat.
29:06Am Anfang kamen Postkarten aus Deutschland,
29:10aus den USA, aus den USA.
29:13Am Anfang kamen Postkarten aus Salzburg für meine Tochter.
29:19Wir dachten, sie will ein neues Leben anfangen.
29:23Und damit war die Sache für Sie erledigt?
29:26Nein, nein, nein.
29:29Ich habe dann die Verlobte von meiner Tochter gebeten,
29:34ein paar Nachforschungen zu machen.
29:38Sie ist dann nach Österreich gefahren.
29:42Sie hat herausgefunden,
29:45dass sie mit einem anderen Mann zusammen wohnt.
29:48Verstehe.
29:51Aber warum haben Sie Ihren Nachbarn gegenüber geäussert,
29:54dass Sie Witwer sind?
29:57Klingt für mich, als hätten Sie sehr wohl gewusst,
30:00dass Ihre Frau tot ist.
30:03Nein, nein, nein.
30:06Ich wollte einfach nicht die dummen Fragen
30:09der Nachbarn beantworten.
30:12Dass sie sich von mir getrennt hat,
30:15war sie auch für mich tot.
30:19Und Ihre Tochter? Was wusste sie?
30:22Bitte lassen Sie meine Tochter da raus.
30:24Die hatte es schon schwer genug,
30:27nachdem ihre Mutter abgehauen ist.
30:30Sie hat es nicht verkracht.
30:33Wir müssen Sie trotzdem befragen.
30:36Können Sie uns bitte Ihre Nummer geben?
30:39Nein.
30:45Aber darf ich erst mit ihr sprechen?
30:54Gut, Herr Führer. Okay.
30:58Aber ich habe eine Bitte.
31:01Sie sprechen mit niemandem über das,
31:04was Sie soeben erfahren haben.
31:06Buon dare, grazie.
31:09Grazie.
31:15Ah, un momento, scusi.
31:18Wie heisst der Verlobte Ihrer Tochter?
31:21Auch mit ihm würden wir gerne reden.
31:24Blasi, Dr. Raffaele Blasi.
31:27Grazie.
31:30Arrivederci.
31:37Raffaele Blasi, ist das nicht dieser Kunsthistoriker,
31:40mit dem du neulich telefoniert hast,
31:43und der das Handy von der Frau Lanzmann
31:46an seine Frau weitergegeben hat?
31:49Er sagt, do si, si, si, si.
31:52Dann müssen wir den auf jeden Fall auch vernehmen.
31:55Aber zuerst sollten wir uns mal um Desta kümmern.
31:58Kollege?
32:06Und, war es der Ehemann?
32:09Nein, seine DNA passt nicht zu den Spuren vom Todort.
32:12Spurentechnisch ist er damit raus.
32:15Dafür habe ich gerade mit Michele telefoniert.
32:18Am Sonntag ist die Tochter von Frau Lanzmann zur Vernehmung einbestellt.
32:21Am Sonntag? Fahren wir aber trotzdem hin, oder?
32:24Ja, natürlich. Ja, und noch was.
32:27Michele hat einiges in Italien über Raffaele Blasi,
32:30den Verlobten der Tochter, in Erfahrung gebracht.
32:33Der Kunsthistoriker?
32:36Buchhalter mit ziemlich schmalem Gehalt.
32:39Und er hat auch keinen Doktortitel. Ein Hochstapler?
32:42Schaut ganz so aus. Und es kommt noch besser.
32:45Der Mann ist zwar seit Jahren mit der Tochter von Frau Lanzmann verlobt,
32:48aber heiraten kann er sie offiziell ganz sicher nicht.
32:51Und wieso? Er ist schon verheiratet.
32:54Und hat drei Kinder. Nicht zu fassen, oder?
32:57Ein Heiratsschwindler mit falschem Titel,
33:00der ein Doppelleben führt und im Besitz des Handys der Toten ist.
33:03Also so langsam habe ich das Gefühl,
33:06er ist absolut verdächtig.
33:09Aber was ist sein Motiv?
33:12Na ja, vielleicht ist ihm die Mutter auf die Schliche gekommen
33:15und sie wollte sie ihrer Tochter sagen.
33:18Wir sollten Sie am Sonntag auf jeden Fall ganz vorsichtig
33:21nach Ihrem Verlobten fragen und zu dessen Verhältnis zur gesamten Familie.
33:24Drei, zwei, eins.
33:38Hallo Mama.
33:41Ja, hallo.
33:44Okay, ich komme gleich.
33:47Was die Kommissare zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen,
33:49der Ehemann von Elisabeth Lanzmann hält sich nicht an sein Versprechen
33:52und ruft den Verlobten seiner Tochter an.
33:55Santi, Raffaele, du musst mit Eleonora sprechen
33:58und das ihr schonend beibringen.
34:01Ich kann das nicht.
34:04Das bricht mir das Herz.
34:07Si.
34:10Und am besten, du fährst Eleonora auch zu dieser Vernehmung hin.
34:14Sicher, Massimo.
34:16Du kannst dich auf mich verlassen.
34:19Ja.
34:22Der Vater weiß zu diesem Zeitpunkt nicht,
34:25dass er mit diesem Anruf einen fatalen Fehler gemacht hat.
34:28Wenig später erhält er eine alarmierende SMS von seiner Tochter.
34:32In dieser SMS stand sinngemäß.
34:35Bitte kümmere dich um den Hund.
34:38Ich hoffe, du kannst mir verzeihen.
34:41Adio.
34:43Das ist der Grund dafür, dass wir sofort über den Michele
34:46eine landesweite Fahndung in Italien eingeleitet haben.
34:49Die Fahnder finden die Tochter und deren Verlobten Raffaele.
34:52Leider zu spät.
34:55Sie ist tot. Sie hat sich erschossen.
34:58Vor meinen Augen.
35:01Adio.
35:04Judy, Loli.
35:07Was ist eigentlich mit ihren Kleidern passiert?
35:10Die habe ich weggeworfen.
35:13Es war voller Blut wegen dem Schuss.
35:16Es war so furchtbar.
35:19Auf den ersten Blick sieht alles nach einem Suizid aus.
35:22Der Verlobte gibt an,
35:25Eleonora habe sich selbst getötet,
35:28weil sie den Tod ihrer Mutter nicht verkraftet habe.
35:31Im Auto findet die Polizei zwei Abschiedsbriefe
35:34sowie den Ehering der Mutter.
35:37Mein Kollege, der Andreas Herzog und ich
35:40waren immer der Meinung, dass diese Abschiedsbriefe
35:43Fälschungen sind.
35:46Bei näherer Betrachtung tun sich Zweifel auf.
35:49Der Schuss war aufgesetzt.
35:52Außerdem verfügt die verwendete Waffe
35:55über eine besondere technische Sicherungsvorrichtung,
35:58die einen Suizid fast unmöglich macht.
36:01Und dann war der vorne aufgesetzt.
36:04Das heißt, ich muss die Hand so bewegen,
36:07dann habe ich da die Pistole
36:10und dann muss ich da gleichzeitig noch den Sicherungsmechanismus
36:13durchführen.
36:16Im Auto der Tochter findet die italienische Polizei
36:198000 Euro Bargeld und zwei Flugtickets nach Paris.
36:22Warum, wenn die junge Frau vorhatte,
36:25sich das Leben zu nehmen?
36:28Raffaele Blasi wird festgenommen.
36:31Im Verhör tischt er den Beamten eine abenteuerliche Geschichte auf.
36:34Eleonora konnte nicht mehr mit der Schuld leben,
36:37dass sie ihre eigene Mutter umgebracht hat.
36:40Damals in Germania.
36:43Da hat sie sich erschossen.
36:46Was erzählt denn der da?
36:49In der Vernehmung hat dann der Beschuldigte erzählt,
36:52dass er also mit seiner Verlobten da zu ihrer Mutter gefahren sei,
36:56nach Salzburg.
36:59Da sei es dann zum Streit gekommen
37:02und man sei in der Gegend umhergefahren.
37:05Salzburg, Bayernshain ist 200 Kilometer entfernt.
37:08Und da sei der Streit dann so eskaliert
37:10und dann hätte die Tochter die Mutter getötet
37:13und er hätte das nicht verhindern können.
37:16Warum hätte ihre Verlobte ihre eigene Mutter
37:19auf so grausame Weise morden sollen?
37:22In dieser Nacht hat sie mitbekommen,
37:25wie Elisabeth und ich Sex hatten.
37:32Eleonora war im Auto eingeschlafen
37:35und da haben wir angehalten
37:37und es miteinander getan.
37:43Signore Blasi,
37:46habe ich das jetzt richtig verstanden?
37:49Sie hatten ein Verhältnis mit der Mutter,
37:52ihrer Verlobten.
37:55Si, da tanto tempo.
37:58Immer wenn wir konnten, haben wir es miteinander getan.
38:00Dass das Verhältnis zwischen der Mutter und dem Verlobten
38:03tatsächlich bestanden hat, wissen wir.
38:06Das geht auch aus dem Urteil
38:09des italienischen Gerichtsverfahrens hervor.
38:12Ob die Tochter von dem Verhältnis ihrer Mutter
38:15mit dem Verlobten wusste, können wir nicht sagen.
38:18Das hat das Verfahren nicht ergeben.
38:21Für uns vorstellbar ist,
38:24dass die Mutter irgendwann einmal
38:27im Laufe ihrer verhängnisvollen Beziehung
38:30ein schlechtes Gewissen bekommen hat,
38:33dass sie drei Wochen vor der Tat
38:36ihr Zuhause deswegen verlassen hat,
38:39dass sie möglicherweise irgendwo ein neues Leben anfangen wollte
38:42und nochmal so die Sache beenden wollte.
38:45Die Tochter tötet ihre Mutter
38:48und er schaut tatenlos zu,
38:51ist nicht in der Lage, den Mord zu verhindern,
38:54selbst wenn es so gewesen wäre.
38:57Warum war Elisabeth Landsmann nackt?
39:00Er ist verheiratet, er verlobt sich mit ihr,
39:03gleichzeitig schläft er mit der Mutter
39:06und am Ende bringt er beide um
39:09und ist somit der einzige Zeuge in dem ganzen Drama.
39:12Doch was war sein Motiv?
39:15Wahrscheinlich Habgier.
39:18Die Polizei kann später ermitteln,
39:21dass Raffaele Blasi Elisabeth Landsmann
39:24tatsächlich im Sommer 2001 in die Schweiz begleitet hat,
39:27um ihr Erbe in Höhe von umgerechnet
39:30drei Jahren zu retten.
40:00Bei der Grenzkontrolle
40:03hat die italienische Zollbeamte festgestellt,
40:06dass sie 250.000 Euro im Bargeld mit sich führten
40:09und dieses Geld hätten sie anmelden müssen.
40:12Das war nicht geschehen,
40:15Herr Zoll hat das Geld beschlagnahmt,
40:18hat dann auch 100.000 Euro einbehalten
40:21und das blieben letztendlich nur noch die 200.000 Euro.
40:24Das war nicht das Ende der Geschichte.
40:26Elisabeth Landsmann hat Raffaele Blasi
40:29die 150.000 Euro zur Verwahrung überlassen.
40:32Fünf Monate später trifft sie sich noch einmal mit ihm,
40:35fordert ihr Geld zurück
40:38und will die Affäre beenden.
40:41Gib mir einfach mein Geld,
40:44fahre mich zurück nach Österreich
40:47und lass uns die Sache friedlich beenden, ja?
40:50Du willst mich verlassen?
40:53Was willst du, du Arschloch?
40:56Raffaele Blasi will die 150.000 Euro behalten
40:59und sieht vermutlich nur einen Ausweg.
41:02Er tötet Elisabeth Landsmann,
41:05zuvor fügt er ihr massive Verletzung zu,
41:08entkleidet sie und überfährt sie.
41:11Das war natürlich für uns,
41:14das spreche ich jetzt wirklich für uns alle,
41:17eigentlich der Fall unserer Geschichte.
41:19Der Täter hat ja nicht nur zwei Menschen das Leben genommen,
41:22sondern er hat ja auch seine eigene Familie kaputt gemacht.
41:25Was war das für ein Typ?
41:28Sie waren ja beim Prozess in Italien mit dabei.
41:31Ja, wir haben ihn eigentlich als eher unscheinbare Person
41:34kennengelernt, der hier so irgendwie leidend
41:37auf der Anklagebank saß.
41:40Aber man wusste ja von seiner kriminellen Energie,
41:43von seiner kriminellen Stimme,
41:46von seiner kriminellen Stimme,
41:49von seiner Brutalität und aus Grubellosigkeit.
41:52Und auf der anderen Seite wussten wir auch durch die Ermittlungen,
41:55dass er wohl auch sehr oft seinen Charme spielen ließ,
41:58dass er Menschen gut manipulieren konnte,
42:01dass er ja da auch die Familie, Mutter, Tochter, Ehemann,
42:04beziehungsweise Vater um den Finger gewickelt hat
42:07und dass er auch ansonsten neben seiner Familie
42:11und dieser Beziehung noch andere Affären hatte.
42:15Obwohl Raffaele Blasi bis zum Schluss seine Unschuld beteuert,
42:19sind die Spuren am Tatort, darunter auch seine DNA, einleuchtig.
42:23Er wird zu zweimal lebenslang verurteilt.
42:26Wegen des Mordes an Elisabeth Lanzmann
42:29und deren Tochter Eleonora.
42:32Was auch immer die Beweggründe des Täters
42:35für seine grausamen Verbrechen waren,
42:38ohne die jahrelange und gründliche Arbeit der Täter,
42:41ohne die jahrelange und gründliche Arbeit
42:44der Kripobeamten von Garmisch-Partenkirchen,
42:47wäre dieser Mord vielleicht nie aufgeklärt worden.
42:50Zum Andenken an das erste Opfer Elisabeth Lanzmann
42:53haben die Bewohner der Gemeinde hier einen Gedenkstein errichtet.
42:57In Ermahnung daran, dass sich ein solches Verbrechen
43:00niemals wiederholen möge.
43:03Mein Name ist Sven Voss und das war XY gelöst.
43:11Untertitelung des ZDF für funk, 2017