Die Kinder von Golzow-Das Leben von Marieluise Part2

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00:00:00Hattest du recht gehabt? Warst du dir vorsichtiger?
00:00:05Ja, sicher schon, weil das erstmal ein bisschen ungewohnt war mit dem Kind, es gab da ein paar Probleme.
00:00:12Bist du mit der Maya nicht klar gekommen, dass du erstmal mit einer genug hattest?
00:00:19Nein, klar gekommen sind wir schon. Letztlich war das doch ganz gut mit zwei Kindern, denke ich.
00:00:25Und der Abstand ist gerade noch vom Vater oder Schwiegervater toleriert worden, nicht?
00:00:30Es hätten noch zwei, drei dazwischen sein können, wenn es nach ihm gegangen wäre.
00:00:35Sie ist nun 28.
00:00:37Meine Luise, es kann sich nicht jeder sowas hinhängen wie du, nicht?
00:00:41Louis de Funès, das kann man schon zu hängen haben und Romy Schneider.
00:00:45Wenn ich höher gucke, ein Gesicht, das man nun kennt. Wie ist denn das, wenn man gekannt wird?
00:00:55Es ist ja dies und das geschrieben worden über euch und auch über dich.
00:00:59Ärgert dich da manches, wenn sie dich so als Kind aus dem strengen christlichen Elternhaus darstellen? Wie ist das eigentlich?
00:01:06Ja, doch. Das ist manchmal richtig so, dass die Leute denken müssen, bei uns zu Hause wurde nur auf Knien rumgelegen.
00:01:14Das ist manchmal direkt ungehörig, wie das dann so dargestellt wird.
00:01:21Da möchte ich dann am liebsten denjenigen, der das verfasst hat, in der Zeitung oder erzählt, nehmen und dann gleich zur Rede stellen.
00:01:30Also wenn die eine große Story daraus machen wollen, so kommt es manchmal vor, dass es nicht delikat genug ist.
00:01:36Dann muss man eben noch ein bisschen dazu fantasieren.
00:01:40Soweit dieses PS in Sachen Film. Einfach mal so zwischendurch.
00:01:45Was ist denn? Soll ich nochmal ganz lieb sein mit dir?
00:01:50Oh, du bist ja schon doll, ne?
00:01:53Das ist nicht Maria, das ist Katja.
00:01:57Die wird bald 5, Maria 8. Und Marie-Louise ist jetzt 34.
00:02:06Hallo, kommt rein.
00:02:08Am 23. Februar 88 tun sie das, was sonst immer nur wir machen. Sie kommen zu Besuch.
00:02:14Wir haben uns noch nicht guten Tag gesagt, das ist original heute, nicht? Bestätigste, ja?
00:02:18Sehen wir uns nach längerer Zeit mal wieder.
00:02:21Jahre sind vergangen, ohne dass wir filmten.
00:02:24Wir hofften, Steffen wenigstens privat wieder filmen zu können, um den Anschein zu vermeiden, Marie-Louise wäre eine geschiedene Frau.
00:02:31Setzt euch noch ein Momentchen, wir müssen das vorbereiten.
00:02:34Die Töchter gucken lassen, wie Mama den Papa und Papa die Mama heiratete.
00:02:38Der Oma? Ja, das ist Oma, nicht der Opa.
00:02:42Katja, kannst du erzählen?
00:02:44Nun hast du da im Schneideraum mir allein gegenüber gesessen, also ohne Steffen.
00:02:49Das waren ja die Jahre, wo er doch nicht wollte, dass man ihn filmt oder man ihm das auch so anriet.
00:02:55Ach na ja, das hat mir eigentlich nichts ausgemacht.
00:02:58Und meine mit den Kindern da, das war ja sowieso am Tag, wo Steffen auch gearbeitet hat.
00:03:04Fand ich eigentlich nicht so belastend.
00:03:06Wichtig war mir, dass Steffen dann keine Schwierigkeiten kriegt mit der Arbeit.
00:03:12Und das war ja nun mal so, sie wollten ihn ja schon versetzen irgendwo anders hin und das wollten wir noch auf gar keinen Fall.
00:03:19Dann hätte ich eher hier die Filmarbeit abgebrochen.
00:03:22Das war ja schon uns sehr, sehr wichtig, dass Steffen glücklich ist in seiner Arbeit und dort auch bleiben konnte.
00:03:29Und Gott sei Dank, dass es auch so war.
00:03:31Und ihre Arbeit?
00:03:33Du sagst hier, man hat ja auch seinen Mund, den muss man eben aufmachen.
00:03:37Da warst du 20, hast du das immer so halten können?
00:03:41Das hab ich gar nicht so halten können. Kann ich auch heute nicht halten.
00:03:45Heute kann man sich was freipolitisch äußern.
00:03:52Aber dabei ist man sich auch oft, meinetwegen bei der Arbeit oder so, auf die Zunge.
00:04:01Man will seinen Arbeitsplatz behalten.
00:04:04Und dann die anderen Jahre später, gerade jetzt zur Wende, die Arbeitsstelle in Bohnsdorf beim Zivilschutz, da war es ja besonders schlimm.
00:04:12Da müsste ich direkt aufschreien, was ich da erlebt habe.
00:04:15Da war man ja fast ein Untermensch, wenn man nicht Parteienosse war.
00:04:18Also sowas hab ich überhaupt noch nirgendwo erlebt, wie dort, war extrem.
00:04:24War es dir überhaupt lieb, dass wir da eingerückt sind und gefilmt haben, weil das so eine schwierige Situation für dich war?
00:04:30Einerseits ja, dachte ich so, jetzt hebst du dich mal aus der grauen Masse ab, die sollen jetzt mal gucken.
00:04:35Doch, eigentlich hat es mir schon innere Freude bereitet.
00:04:42Hier reinigen wir zum Beispiel Lösungsmittel.
00:04:45Da werden Industrieschadstoffe abgetrennt, um es besonders reinzuhaben für die Gaschromatographie.
00:04:53Also es ist nicht bloß ein Broterwerb, es ist für viele manchmal nur ein Broterwerb und sie haben keinen Spaß dran.
00:05:01Ist das bei dir anders?
00:05:03Nein, es macht mir Spaß.
00:05:05Ja, aber es kann auch mehr Spaß machen, als es da gemacht hat.
00:05:09Hat man dir vorher was gesagt, bevor wir filmten?
00:05:14Eigentlich nicht, aber man wusste so, was so erwartet wird.
00:05:22Auf keinen Fall das Wort Krampfstoff in den Mund nehmen und solche Sachen.
00:05:27Wollte ich auch von mir aus schon nicht.
00:05:31Weil man ja wusste, dass das in Bunsdorf nicht bekannt war oder so, durfte ja nicht sein.
00:05:36Kannst du dir vorstellen, dass anderswo in der Welt geforscht wird, um mit Chemie Menschen zu töten?
00:05:42All die Übel in die Welt zurückzubringen oder noch zu schaffen?
00:05:45Naja, davon liest man zumindest in Zeitungen.
00:05:48Wenn du daran beteiligt werden würdest, würdest du das überhaupt machen können? Kann man sich das überhaupt vorstellen?
00:05:53Das würde ich nicht machen, nein.
00:06:01Das finde ich nicht schön, dafür gefällt es mir hier wirklich ganz gut.
00:06:07Das ist gar nicht die Frage hier, aber du weißt ja, was in der Welt geschieht.
00:06:11Auch in der Vorbereitung zu kriegen, das ist eine ethische Frage.
00:06:16Was macht man dagegen?
00:06:22Was ging dir da so alles durch den Kopf, als du da antworten solltest?
00:06:28Da ging mir durch den Kopf, dass ich was für einen Frieden mache.
00:06:31Und davon bin ich auch heute noch überzeugt, für die Menschen.
00:06:35Ich habe ja nicht jetzt daran getüftelt, was können wir jetzt für eine neue Giftwaffe entwerfen,
00:06:41um Unheil über die Menschen zu bringen, wie es ja nachher fast so rauskam.
00:06:45Ich fand daran nichts Böses zu erforschen, ab wann ist verseuchtes Getreide wieder essbar.
00:06:52Und die Bedrohung ist ja echt auch da gewesen oder jetzt auch noch da.
00:06:58Das kann ja passieren, bei so einem chemisch verseuchten Kampfgebiet,
00:07:03dass auch ein Getreide fällt, das ist nichts anderes da zu essen oder eine Kornkammer.
00:07:13Wieder einmal in Golzo.
00:07:15Hübners haben jetzt ein Gegenüber bekommen, das ihnen den Blick in die Felder verstellt.
00:07:20Die Außenstelle der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften Berlin.
00:07:25Es ist Mitte März und es ist das Schicksalsjahr 89.
00:07:32Keine Frage, wir sehen ja auch Marie-Louise ab und zu.
00:07:35Und wann haben Sie sie das letzte Mal gesehen?
00:07:38Na, frühe Woche war sie hier, ja. Mit Familie.
00:07:41Mit Steffen. Kommt da.
00:07:43Das ist dann immer wunderbar.
00:07:45Dann können wir ihn ja bald wieder filmen.
00:07:48Na ja, Frau Hübner, nun wird die Zeit ja vielleicht besser.
00:07:53Ich habe immer das Gefühl, wenn sich sowas zeigt, dass Steffen auch wieder kommen kann,
00:07:59dass man also nicht ganz so hart ist in diesen Fragen, so prinzipienfest.
00:08:03Haben Sie auch das Gefühl, dass eine Zeit auf uns zukommt,
00:08:06wo auch Ihr Wort mehr geschätzt wird, Herr Hübner,
00:08:09und die Kritik in der Gesellschaft mehr geschätzt wird? Wird es besser?
00:08:14Na ja, wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben.
00:08:22Sie sind noch skeptisch, denke ich.
00:08:26Es sind ja eben die kleinen Schritte doch möglich.
00:08:33Und ich halte das Auswandern eben auch für falsch.
00:08:38Denn man sollte doch ruhig auch hierbleiben.
00:08:48Denn nur so kann man was verändern.
00:08:53Was hat Vater gesagt?
00:08:55Und was erinnerst du dich da, als das alles so aufbrach mit der Massenflucht?
00:08:59Er hat gesagt, ja, es wird ein vereintes Deutschland geben.
00:09:02Und so jetzt geht's los.
00:09:05Der hat es eigentlich schon so, als meine Schwester 1988 rüberging,
00:09:09hat er gesagt, das bleibt nicht so, da muss ich etwas tun.
00:09:12Und auch der Ansicht war auch, mein Mann, da wird sich was tun,
00:09:16sagt er, wir werden uns bald mit Ruthe treffen können,
00:09:19sag ich, aber doch nicht wir, du als Armeeangehörige, ganz bestimmt nicht.
00:09:23Wenn sich's für die normalen Menschen lockern wird,
00:09:26aber für uns zuallerletzt, hab ich eigentlich nicht dran geglaubt.
00:09:29Da hat er dran geglaubt, sagt er, da wird sich was reformieren müssen.
00:09:32Und da dachte ich, nee, die sind so stur und so starr in ihrer Haltung,
00:09:37kann ich mir nicht vorstellen, da müsste ganz was Entscheidendes passieren,
00:09:41dass die hier die Züge lockerlassen.
00:09:43Ja, zu der Auswanderung von Ruthilp möchte ich ja auch sagen.
00:09:50Sie nennen es Auswanderung, ja?
00:09:52Ja, das ist eigentlich das Richtige.
00:09:55Wie früher.
00:09:58Sie war ja hier bei uns schon wieder in der Hauptstadt der DDR,
00:10:04mit ihrem Mann Christoph.
00:10:06Und zwar deshalb, weil er ja nun polnischer Staatsangehöriger war.
00:10:12Gibt's auch Dinge, die du nie vergessen wirst, was nicht gut war,
00:10:16was dich gequält hat in der DDR?
00:10:18Mit Ruthi, die Sache.
00:10:20Naja, das war eigentlich schon das Einzige mit meiner Tante,
00:10:24dass sie nun im Westen musste und dass wir sie eben dann nicht wiedersehen konnten.
00:10:31Also bloß dann eben vielleicht mal später, wenn eine alte Oma,
00:10:36also wenn man Rentnerin ist und dann darüber kann im Westen.
00:10:41Wir können ja reisen, nicht jederzeit können wir sie besuchen.
00:10:46Naja, aber es ist ja auch nicht schön zu erleben,
00:10:48dass sie sich hier nicht mehr wohlfühlen und dass sie gehen wollte, ne?
00:10:52Naja, sie wollten ja heiraten.
00:10:55Wegen ihrem Mann.
00:10:57Das war dann auch noch...
00:10:59Das war keine so politische Entscheidung, meinen Sie?
00:11:01Nein.
00:11:04Naja, wie gesagt, ich hab nicht so richtig mitbekommen,
00:11:08weil ich eben noch kleiner war.
00:11:10Doch sie hat immer gesagt, dass...
00:11:12Ja, mit der Zahnbürste da nicht?
00:11:14Nee, du hast doch immer gesagt, du wolltest...
00:11:17Mutti, ich möchte mal Rentnerin sein.
00:11:19Wie Oma, warum denn?
00:11:21Naja, dann braucht man nicht zu arbeiten, kriegt Geld und kann in den Westen reisen.
00:11:26Das will sie gar nicht mehr.
00:11:28Ja, das hat sie auch vor 89 gesagt.
00:11:30Bist du mit der Zahnbürste dann im Bad, wo du gesagt hast,
00:11:33das war gut, die nicht wiedersehen und so vielleicht.
00:11:35Die können wir wegwerfen, ja.
00:11:36Nein, nein, die schmeißen wir nicht weg.
00:11:38Und ein Jahr später hat sich dann alles geändert.
00:11:401988 ist sie rüber und 1989 hat sich alles aufgelöst und wohlgefallen hier.
00:11:46Ja.
00:12:13Am Tage nach diesen Aufnahmen
00:12:15sind wir mit der Kamera bei den Seidels.
00:12:18Es ist der 13. Dezember 1989.
00:12:21Sie wohnen jetzt in Berlin
00:12:23und natürlich waren sie auch schon drüben.
00:12:26Sie sagten uns nur nicht Bescheid.
00:12:29Vor dem Zu-Bett-Gehen der Kinder
00:12:31noch dieses Foto
00:12:35und dieses Gespräch.
00:12:37Steffen ist auch dabei.
00:12:39Jetzt kann bewiesen werden, dass du nicht geschieden bist.
00:12:42Dass ihr immer noch eine Familie seid.
00:12:44Das Private war auch tabu.
00:12:46Wie fühlte man sich denn damit, Steffen?
00:12:50Das Private war tabu, ja.
00:12:52Eigentlich.
00:12:56Das Private war tabu, das kann man eigentlich nicht sagen.
00:12:59Wir waren uns aber einig.
00:13:00Wir wollen nicht drängen, nicht?
00:13:03In Uniform ging es schon gar nicht.
00:13:06Und im Zivil besser auch nicht, nicht?
00:13:08Besser auch nicht.
00:13:10Du hast immer gesagt, ich bin nicht der Mensch,
00:13:12den man gerne filmen lässt.
00:13:16Das schien mir immer so eine Erklärung zu sein,
00:13:18die man dir zu sagen geraten hat.
00:13:22Was war denn so schrecklich geheim an deiner Arbeit?
00:13:26Wir durften also nicht mal sagen,
00:13:28dass das das Transportflieger-Geschwader Arthur Peak war,
00:13:30was praktisch die Regierungsstaffel war.
00:13:34Du warst in diesem engen Sicherheitskreis,
00:13:36muss man hier jetzt mal sagen.
00:13:38Ich bin also Angehöriger
00:13:40der in Verruf geratenen Regierungsstaffel.
00:13:42Und denke, dass wir eben auch Anlass haben,
00:13:44jetzt ist es auch schon passiert,
00:13:46in der Sendung Prisma,
00:13:48uns darzustellen,
00:13:50und dass es gar nicht gut war,
00:13:52so viel Geheimniskrämerei zu machen.
00:13:56Du bist ja damals an einem Düsenflugzeug gefilmt worden,
00:13:58in Marxweiler.
00:14:00Da mussten wir noch glauben, dass das so ist.
00:14:04Und dein Unwohlsein ist jetzt erklärt.
00:14:06Damit hattest du nie was zu tun.
00:14:08Das war damals überhaupt eine ganz krumme Tour,
00:14:10dass ich also mehr oder weniger dahin befohlen worden bin,
00:14:12und eigentlich gar nicht wollte,
00:14:14aber als ich dann plötzlich da ankam,
00:14:16war es im Prinzip zu spät.
00:14:18Da war es mir auch nicht mehr möglich,
00:14:20dort kurzfristig zurückzutreten.
00:14:22Wie gesagt, da gab es einfach Befehle,
00:14:24und dann hatte das Ding abzulaufen.
00:14:26Und du bist von der Qualifikation?
00:14:28Was meine ich?
00:14:30Der Zögerer wird Steffen noch ärgern.
00:14:32Ich arbeite an der Navigationsausrüstung.
00:14:34Und Dienstgrad ist?
00:14:363 Jahre.
00:14:38Wie geht es denn nun weiter mit euch hier,
00:14:40und mit ihm im Beruf?
00:14:42Fest steht, dass es erst mal weitergeht,
00:14:44und wir sind überzeugt,
00:14:46nicht schlechter als bisher.
00:14:48Weil man ja auch gerade
00:14:50als Offiziersfamilie
00:14:52doch in der Vergangenheit
00:14:54im Zwänge war,
00:14:56die Keilwünsche.
00:14:58Angefangen ist auch noch nicht allzu lange,
00:15:00hier heimlich Westen gucken zu müssen,
00:15:02oder sich daran zu halten,
00:15:04dass man jetzt eben nicht guckt.
00:15:06Du weißt ja ganz gut,
00:15:08dass wir Privatkontakt gehalten haben,
00:15:10Steffen, nicht?
00:15:12Ja, das war eigentlich nicht schlecht,
00:15:14und da gab es auch nichts dagegen zu sagen,
00:15:16da wir uns auch privat
00:15:18ganz gut verstanden haben.
00:15:20Aber Presse und Marie-Louise's Elternhaus
00:15:22waren ja wohl auch Argumente,
00:15:24sich mit uns nicht weiter einzulassen.
00:15:26Ja, doch.
00:15:28Da ist das schon ein bisschen Zivilcourage.
00:15:30Wir sind eigentlich doch ganz froh,
00:15:32dass wir das auch mit dem Schwiegereltern
00:15:34nicht haben so abreißen lassen,
00:15:36wie das von einigen
00:15:38gewünscht worden wäre.
00:15:40Hat das auch in der Ehe Auswirkungen gehabt,
00:15:42dass man unterschiedlicher Meinung war,
00:15:44dass sich der ganze Frost niederschlug
00:15:46im Gespräch und im abendlichen Zusammensein?
00:15:48Ja, sicher gab es da auch Punkte,
00:15:50wo wir nicht einer Meinung waren,
00:15:52obwohl auch ich
00:15:54in der Praxis gemerkt habe,
00:15:56dass vieles, was theoretisch eigentlich
00:15:58so klar war, dann nicht ganz
00:16:00mit dem in der Praxis
00:16:02übereingestimmt hat. Und deshalb
00:16:04waren wir doch meist oft einer Meinung,
00:16:06wenn es doch auch Probleme gab,
00:16:08wo wir uns gegenseitig dann doch
00:16:10über einige Dinge unterhalten haben,
00:16:12wo wir nicht ganz einer Meinung waren.
00:16:14Nun bist du enttäuscht.
00:16:16Sicher. Und mit mir auch viele andere.
00:16:18Und nicht nur enttäuscht.
00:16:20Bei manchen ist ja, ich habe es bei meinem
00:16:22Vater gesehen, ist ja eine Welt
00:16:24zusammengebrochen, wofür sie jahrelang
00:16:26gelebt und manchmal auch
00:16:28gekämpft haben. Für diese Ideale,
00:16:30die eigentlich nicht
00:16:32der Wirklichkeit entsprachen.
00:16:34Naja, aber ihr habt ein zweites
00:16:36Kind bekommen. Es hätte ja schon
00:16:38die Frage sein können, hat diese Ehe
00:16:40eine Perspektive,
00:16:42wenn das Dienstliche
00:16:44so drückt auf das Private?
00:16:46Dann hättet ihr euch ja auch
00:16:48zerstreiten können.
00:16:50Ja, sicher. Aber wir haben dort eigentlich immer noch
00:16:52einen ganz guten gemeinsamen Nenner gefunden
00:16:54und es stand nie die Frage
00:16:56Scheidung. Maruise, die
00:16:58Mauer, die begleitet dich
00:17:00ja nun dein Leben lang, 28 Jahre,
00:17:02nicht?
00:17:04Und jetzt ist alles so einfach und so anders.
00:17:06Siehst du dich auch getäuscht?
00:17:08Naja,
00:17:10getäuscht.
00:17:12Also ich möchte sagen, im Gegensatz zu Steffen
00:17:14war ich nicht so vertrauensselig
00:17:16und hab dann wirklich,
00:17:18wenn ich jetzt so meine ganz krasse Phase
00:17:20gesagt, also die veralbern uns
00:17:22und lachen sich da in Wandlitz
00:17:24tot über uns und die interessiert es hier
00:17:26überhaupt nicht. Aber in dem
00:17:28Moment, als ich das sagte, habe ich wahrscheinlich
00:17:30noch nicht erahnt, wie wahr
00:17:32diese Sätze eigentlich
00:17:34sind. Und ja, da kam es dann
00:17:36wirklich schon anscheinend zu Kontroversen.
00:17:38Was soll denn aus unserem Land
00:17:40nun werden, Steffen?
00:17:42Geht es sowas wie sozialistische
00:17:44Gesellschaftsordnung und freie Marktwirtschaft?
00:17:46Oder was wird nun hier werden?
00:17:48Tja,
00:17:50also es ist jetzt im Moment
00:17:52die ganze Sache etwas schwer zu beantworten,
00:17:54weil alles ein bisschen drunter und drüber geht
00:17:56in unserem Land. Aber ich denke
00:17:58doch, dass wir noch eine Chance haben,
00:18:00etwas Alternatives zum
00:18:02Kapitalismus in der BRD zum Beispiel
00:18:04zu machen. Und
00:18:06diese Chance sollten wir nutzen.
00:18:08Denn gleich vieles, was dort gut ist, wir übernehmen
00:18:10sollten. Aber das, was sich lohnt
00:18:12zu verbessern, ist meine Meinung,
00:18:14haben wir die Chance, das jetzt zu tun.
00:18:16Wenn wir alle zusammen anpacken
00:18:18und die Sache versuchen, in die Wege
00:18:20zu leiten.
00:18:22Ja, aber wir haben doch mal gesagt,
00:18:24den dritten Weg gibt es nicht, ne?
00:18:26Jetzt versuchen wir ihn plötzlich. Was haben wir denn
00:18:28da gelehrt bekommen?
00:18:30Tja, was haben wir da gelehrt bekommen?
00:18:32Das müssten uns eigentlich alle fragen.
00:18:34Und
00:18:36wenn sie dich jetzt auf Schule schicken würden,
00:18:38würdest du Ja sagen?
00:18:40Auf Parteischule, meinst du?
00:18:42Na, ich glaube, da würde keiner mehr Ja sagen.
00:18:44Ja,
00:18:46dann sagen wir doch was, wie das
00:18:48weitergeht. So, für uns ist die Sache
00:18:50jetzt eigentlich so weit klar,
00:18:52dass wir so nach und nach in die
00:18:54Interfluge, also in unsere zivile
00:18:56Luftgesellschaft hineinwachsen.
00:18:58Und dort, denke ich, haben wir auch alle
00:19:00noch eine Perspektive, die dort
00:19:02weiterarbeiten wollen.
00:19:04Würdest du weiterfliegen wollen?
00:19:06Das Fliegen ist eigentlich sowieso eine Nebensache
00:19:08bei mir gewesen, weil ich zuletzt
00:19:10im technischen Bereich tätig war
00:19:12und dort nur ab und zu
00:19:14in die Lage kam,
00:19:16den Flug zu begleiten, sodass
00:19:18ich auch eine andere Sache
00:19:20übernehmen würde, zum Beispiel in der Ausbildung.
00:19:22Hier um die Ecke?
00:19:24Ja.
00:19:26Ja, also
00:19:28da war ja Dezember 89,
00:19:30da gab es
00:19:32ja noch eine DDR-Regierung,
00:19:34da merkte man ja schon,
00:19:36ja, das Humana und so weiter.
00:19:38Aber so richtig vorstellen, wüsste ich
00:19:40nicht über längere Zeit.
00:19:42Da wusste man eigentlich gar nicht so richtig,
00:19:44was man denken sollte.
00:19:46Es gibt viele, die halten Ihnen
00:19:48dann möglicherweise für naiv, dass
00:19:50man in dieser Situation noch so redet.
00:19:52Naja, so kann eigentlich nur einer
00:19:54denken, der nicht darüber nachdenkt.
00:19:56Denn wenn man jetzt weiß,
00:19:58wann das war, 89,
00:20:00in der Adventszeit,
00:20:02ein bisschen gründlicher
00:20:04nachdenkt, so haben ja eigentlich die meisten
00:20:06noch gedacht.
00:20:08Ist ja eigentlich auch ganz normal.
00:20:10Steffens Entwicklung vorher
00:20:12und dann plötzlich denken, juchaha,
00:20:14jetzt wären wir Westen.
00:20:16Das wäre ein bisschen komisch.
00:20:18Sowieso kann ich nur einen Hut ziehen,
00:20:20wie Steffen
00:20:22das so verinnerlicht hat.
00:20:24Viele haben das ja überhaupt nicht verkraftet,
00:20:26die haben sich vor einen Zug geschmissen
00:20:28und so was alles.
00:20:30Da hat Steffen eigentlich
00:20:32das wunderbar verkraftet.
00:20:34Darüber bin ich ja auch sehr froh.
00:20:36Wäre schlimm, wenn er daran zerbrochen wäre,
00:20:38mit diesem ganzen Mist,
00:20:40wäre dieses System wirklich nicht wert gewesen,
00:20:42dass daran jetzt im Nachhinein noch Menschen zerbrechen
00:20:44und sagen, Gott, oh Gott,
00:20:46jetzt gehe ich auch kaputt,
00:20:48weil die DDR kaputt gegangen ist.
00:20:54Die Kindertanzgruppe
00:20:56des Friedrichstadtpalastes Berlin
00:20:58hat die Wende fürs Erste
00:21:00überlebt.
00:21:02Maja Stefanie Seidel, neun Jahre alt.
00:21:08Gut.
00:21:10Demobilisieren.
00:21:12Und strecken.
00:21:14Jetzt ein Baton-Tendu.
00:21:16Und Tauch wie auf dem Feinstehen.
00:21:20Halt.
00:21:22Halt.
00:21:24Und jetzt langsam einschießen.
00:21:26Stirn fest, Bauch fest.
00:21:28Rücken.
00:21:30Bauch fest.
00:21:32Maja, du musst ein bisschen
00:21:34die Hände nicht so abknicken,
00:21:36sondern runden lassen.
00:21:38Und nicht durchstrecken die Hände.
00:21:40Die sind ganz ruhig, ganz locker.
00:21:42So, Finger, Daumen weg.
00:21:44Gut.
00:21:46Ja?
00:21:48Wenn du keine Ballerina wirst?
00:21:50Nein.
00:21:52So vordergründig, sagen wir mal,
00:21:54träume ich auch nicht davon,
00:21:56oder rede mir das Maja ein.
00:21:58Das ist mehr so als Hobby jetzt zu betrachten,
00:22:00als sinnvolles Hobby.
00:22:02Jetzt, nicht so dicht.
00:22:04Was Maja lernt,
00:22:06sich auch im zunehmenden Alter
00:22:08zu artikulieren,
00:22:10eine Meinung zu haben
00:22:12und die dann auch vor anderen zu vertreten
00:22:14und nicht damit zurückzuhalten,
00:22:16ehrlich zu sein
00:22:18und, naja,
00:22:20wirklich auch ein bisschen
00:22:22selbstbewusster werden.
00:22:24Fingerspitzen öffnen.
00:22:26Wir werden uns verstanden.
00:22:28In nicht einmal einem Jahr
00:22:30wird Marie-Louise Bundesbürgerin sein.
00:22:32Am 3. Oktober 90
00:22:34treffe ich mich mit Vater
00:22:36auf dem Dorfplatz.
00:22:38Ja, Herr Hübner,
00:22:40werden Sie denn Chancen haben?
00:22:42Naja,
00:22:44wenn man auf unsere Zerstrittenheit
00:22:46blickt,
00:22:48dann könnte man ja
00:22:50beinahe verzweifeln,
00:22:52aber es ist ja so,
00:22:54dass,
00:22:56ja doch,
00:22:58die Wirklichkeit,
00:23:00die wird ja doch wohl also
00:23:02die Menschen auch überzeugen
00:23:04und ich nehme an,
00:23:06dass die SPD diesmal
00:23:08bessere Chancen hat,
00:23:10wie am 18. März.
00:23:12Sind Sie Mitglied der SPD?
00:23:14Nein, noch nicht ganz.
00:23:16Meine Sache muss erst
00:23:18an höherer Stelle
00:23:20entschieden werden.
00:23:22Ja, solange man
00:23:24den Menschen zum Munde redet,
00:23:26dann ist man wahrscheinlich
00:23:28überall gerne willkommen,
00:23:30bloß das bringt uns ja nicht weiter.
00:23:32Wollte man Sie etwa nicht haben hier?
00:23:34Nein.
00:23:36Tatsächlich? Ja.
00:23:38Der Querdenker ist auch da nicht gefragt jetzt,
00:23:40das wundert mich.
00:23:42Naja, ich möchte sagen,
00:23:44eine Partei ist nicht mein Glaubensbekenntnis,
00:23:46aber insofern
00:23:48schlägt mein Herz
00:23:50für die SPD, weil sie sagt,
00:23:52also alle Menschen
00:23:54sind gleich
00:23:56und da gibt es keine,
00:23:58na so wie bei der CDU,
00:24:00da hat der alte Adel
00:24:02ja noch ein
00:24:04großes Wort mitzureden.
00:24:06Wäre was
00:24:08besser für uns hier
00:24:10als der ehemalige DDR,
00:24:12wenn die SPD regieren würde?
00:24:14Es blüht mir ein doch ein bisschen sozialer
00:24:16und mit mehr Herz und
00:24:18ich weiß nicht, das ist alles so unsozial.
00:24:20Wer viel hat, muss viel bekommen,
00:24:22so ist doch das Prinzip.
00:24:24Und
00:24:26die kann sicher nicht jetzt mit einmal
00:24:28die ganzen Arbeitslosen abschaffen,
00:24:30aber da kommt erstmal ein frischer Wind rein
00:24:32und das ist in jedem Fall gut.
00:24:34Viele sagen zwar, ja, die CDU,
00:24:36die kann mehr mit den Unternehmern
00:24:38und die Wirtschaft ankurbeln,
00:24:40aber wenn der Mensch dabei auf der Strecke bleibt,
00:24:42was nutzt dann die gute Wirtschaft?
00:24:46Das muss immer mal wieder Abwechslung da sein.
00:24:48Und die ist jetzt eigentlich mehr als angezeigt.
00:24:50Ich weiß nicht, wie viele Jahre sie jetzt schon wieder regieren,
00:24:52zwei oder so sind es wohl.
00:24:54Und da ist es an der Zeit.
00:24:58Ende Januar 91.
00:25:00Marie-Louises Arbeitsstätte
00:25:02in Berlin-Bohnsdorf ist zu einer
00:25:04Institution des Bundes geworden.
00:25:06Nun darf sie auch von außen gefilmt
00:25:08und gesagt werden, wo sie liegt.
00:25:10Bürgerrechtler
00:25:12wollen die Giftbude endlich
00:25:14aus dem Wohngebiet weghaben
00:25:16und werden das auch schaffen.
00:25:18Dieses Haus ist ja wohl kein Geheimnis mehr,
00:25:20Herr Dr. Lehmann, was war es denn mal?
00:25:22Jetzt darf man es ja vielleicht sagen.
00:25:24Ja, das ist mit Sicherheit kein Geheimnis mehr.
00:25:26Wir waren mal eine Einrichtung des Zivilschutzes
00:25:28und in dieser Einrichtung wurde
00:25:30mit chemischen Kampfstoffen gearbeitet.
00:25:32Also beispielsweise haben wir solche
00:25:34Filter, die als Schutzbekleidung
00:25:36eingesetzt worden sind,
00:25:38haben wir bei uns hier überprüft
00:25:40auf ihr Rückhaltevermögen gegen chemische Kampfstoffe.
00:25:42Wir sind inzwischen ein Bestandteil
00:25:44des Instituts für Störfallsicherheit und
00:25:46Katastrophenschutz. Im Moment beschäftigen
00:25:48wir uns mit Fragen der Umschulung.
00:25:50Was generiert das
00:25:52für andere? Ja, es kann passieren.
00:25:54Also es ist noch nicht sicher, was
00:25:56überhaupt dann später aus uns wird.
00:25:58Erst mal sehen, ob die uns dann haben
00:26:00wollen, sieht erst mal ganz so aus.
00:26:02Andere sind jetzt schon arbeitslos
00:26:04und wir dürfen noch arbeiten.
00:26:06Das ist erst mal schon viel wert.
00:26:08Wir sind froh über jeden Tag, den wir arbeiten dürfen.
00:26:10Und auch mal wieder ganz was anderes
00:26:12zu machen. Es waren ja auch eingefahrene
00:26:14Gleise hier. Das reizt einen auch schon.
00:26:16Weht ein anderer Wind jetzt hier?
00:26:18Leider noch nicht so,
00:26:20wie man es sich wünscht.
00:26:22Naja.
00:26:26Es sind ein paar Chefs gegangen, die
00:26:28uniformiert waren, aber
00:26:30die waren zum Teil noch
00:26:32die humansten. Denen ist man ja recht gut
00:26:34ausgekommen.
00:26:36Nun wird man sehen, wie die neuen Chefs sind.
00:26:38Bis jetzt sind wir noch nicht so
00:26:40zufrieden. Es könnte sich noch etwas
00:26:42mehr ändern.
00:26:44Ach, und wer hat jetzt hier
00:26:46einen Osthofserien gepackt? Das wollten wir
00:26:48eigentlich nicht, wa?
00:26:52Was muss man denn nun so für ein Mensch
00:26:54sein in der neuen Zeit?
00:26:58Ich meine, jetzt waren wir Russis,
00:27:00jetzt sind wir eigentlich auch alle Wessis.
00:27:02Naja.
00:27:04Was müsste sich denn so ändern?
00:27:08Wahrscheinlich variabler sein.
00:27:10Variabler sein?
00:27:12Sich
00:27:14anpassen.
00:27:16Wieder anpassen?
00:27:18Ja.
00:27:20Doch, anpassungsfähiger muss man
00:27:22schon sein.
00:27:24Trotzdem selbstbewusst bleiben.
00:27:26Also mein
00:27:28Ich habe ich trotzdem nicht
00:27:30geändert.
00:27:32Für uns ist es
00:27:34eine große Umstellung.
00:27:36In vielen Dingen.
00:27:38Wie findet man sich
00:27:40jetzt wieder in der neuen Zeit?
00:27:42Mit seinen Gefühlen?
00:27:44Naja, manche Hoffnungen,
00:27:46die man am Anfang hatte,
00:27:48haben sich eben nicht erfüllt und werden sich auch
00:27:50nicht erfüllen.
00:27:52Naja, man entwickelt
00:27:54ein neues Selbstbewusstsein
00:27:56und sagt sich auch,
00:27:58ein bisschen was sind wir auch.
00:28:00Gibt es eine große Enttäuschung,
00:28:02dass das nun zu Ende ist mit der DDR?
00:28:04Mit diesem sozialistischen Versuch?
00:28:06Ja, es ist einerseits schade,
00:28:08dass dieser Versuch gescheitert ist,
00:28:10aber wir haben es ja nur
00:28:12am eigenen Leibe erfahren, dass das eben
00:28:14vorne und hinten nicht klappt und die Menschen
00:28:16einfach noch nicht so weit sind.
00:28:18Es wird nach wie vor ein Traum der Menschen
00:28:20bleiben, ja. Aber es ist eben
00:28:22zur Zeit noch nicht möglich.
00:28:24Das haben ja andere Länder auch noch
00:28:26schlimmer zu erfahren. Uns ging es nicht schlecht,
00:28:28aber es haperte
00:28:30eben mit der Ehrlichkeit
00:28:32und ich möchte sagen, es hat die Sache
00:28:34auch zerbrochen, die Ehrlichkeit.
00:28:36Und die Enttäuschung ist groß?
00:28:38Hast du es verbunden? Versuchst du es zu überwinden?
00:28:40Dass es so kam, wie es kam?
00:28:42Ne, die Enttäuschung ist nicht groß.
00:28:44Ich hab das lange Zeit ja ahnt,
00:28:46dass das irgendwann so kommen muss.
00:28:48Man hat es ja gemerkt, dass es nicht gut ging.
00:28:50Und das ist eine Diskussion
00:28:52mit Steffen, der hat das nicht so gesehen, ne?
00:28:54Der hat es echt nicht so gesehen, ne.
00:29:02Katja und Maria finden
00:29:04jetzt alles irgendwie bunter und besser.
00:29:06Es ist einfach überall mehr los.
00:29:10Es ist interessant,
00:29:12das Leben ist jetzt interessant.
00:29:14Es war interessant, als man 30 war.
00:29:16Jetzt hat es durchaus den Vorteil,
00:29:18dass meine Kinder schon richtige Partner
00:29:20sind. Die genieße ich sehr.
00:29:22Da erleben wir
00:29:24ganz schöne Stunden, ich mit meinen Töchtern.
00:29:26Das war,
00:29:28als ich um die 30 war,
00:29:30da war noch viel mehr Arbeit.
00:29:32Man konnte nicht sehen, wie klein Katja noch ist.
00:29:34Das war eben
00:29:36sehr belastend, die immer früh in den
00:29:38Kindergarten zu bringen oder
00:29:40mit dem Fahrrad hinten auf dem Epackträger
00:29:42zur Schule mitschleppen.
00:29:44Dass sie alleine fuhr, die Maria.
00:29:46Und dass man noch nicht ganz so alt ist.
00:29:48Und sich noch fit fühlt.
00:29:50Und noch gesund ist.
00:29:56Es wandelt sich viel in kurzer Zeit.
00:29:58Was sucht
00:30:00diese im vornehmen Berliner Westen?
00:30:02Sie geht einem Inserat nach.
00:30:04Will sich auch wandeln.
00:30:06Genauer, verwandeln lassen.
00:30:30Gehst du neuerdings zur Kosmetik?
00:30:32Und hier in Westberlin?
00:30:34Das ist ja nicht Kosmetik.
00:30:36Kosmetik können wir uns jetzt erstmal
00:30:38nicht mehr leisten.
00:30:40Das ist ja was anderes.
00:30:42Das ist ja Schminken.
00:30:44Irgendwas muss man ja auch
00:30:46sowieso machen.
00:30:48Und jetzt,
00:30:50in der Mitte des Lebens, möchte man
00:30:52nochmal was machen, was einem Spaß macht.
00:30:54Wenn man sich verändert,
00:30:56lange rumgucken,
00:30:58ist jetzt nicht mehr so günstig.
00:31:00Eigentlich müsste man jetzt schon
00:31:02so fest im Sattel sitzen
00:31:04und zufrieden sein mit sich und der Welt.
00:31:06Aber das ist alles ein bisschen anders
00:31:08im Moment.
00:31:10Du bist deine Arbeit.
00:31:12Viele sind am suchen.
00:31:14Und ich auch.
00:31:28Nun sitzt er auf dem Stuhl.
00:31:30Und sie ist immer noch Marie-Luise.
00:31:40So sieht's also danach aus.
00:31:42Wie fühlst du dich damit?
00:31:44Naja, ein bisschen zu aufgedonnert für den Tag.
00:31:46Ist ja eigentlich ein Abend-Make-up.
00:31:48Aber, naja,
00:31:50ein paar Tricks und Kniffe
00:31:52und wie man ein bisschen
00:31:54vorteilhafter aussehen kann,
00:31:56haben wir schon gelernt.
00:31:58Muss man jetzt aussehen wie jemand aus dem Westen?
00:32:00Naja, ich fürchte fast ja.
00:32:02Na, dann muss man sich da einfügen.
00:32:04Wie das gewünscht wird.
00:32:06Was Wünsche angeht.
00:32:08Hättest du dringend sagen wollen,
00:32:10dass die DDR sich reformiert,
00:32:12aber als Staat bleibt?
00:32:14Oder war dir das alles schon nicht mehr viel wert?
00:32:16Nee, mir ging's eigentlich
00:32:18ein vereintes Deutschland.
00:32:20So war mir am wichtigsten.
00:32:22Und war ich dann wirklich schon als unnatürlich empfand.
00:32:24Und ich konnte mir absolut nicht vorstellen,
00:32:26mit den gleichen Leuten hier.
00:32:28Denn wer hier so
00:32:30in einer Machtposition ist,
00:32:32die lassen sich nicht einfach so
00:32:34wegschubsen.
00:32:36Die werden immer wieder versuchen vorne mitzumutschen.
00:32:38Und da habe ich überhaupt kein Vertrauen gehabt,
00:32:40dass die ganz in der Lage sind
00:32:42für etwas völlig Neues anzufangen.
00:32:44Dass die sagen, ist gut,
00:32:46wir machen jetzt eine Kehrtrennung.
00:32:48Jetzt sind wir liberal und demokratisch
00:32:50und jetzt machen wir das ganz neu.
00:32:54Musik
00:33:16Im Jahre 91 endet die Geschichte
00:33:18der DDR-Luftfahrt.
00:33:20Gebrauchen kann man nur noch
00:33:22einen Flugplatz.
00:33:46Da müssen wir froh sein, dass du nicht bei der Hinterflug warst, oder?
00:33:48Sicher aus jetziger Sicht.
00:33:52Denn bei denen hatte man gedacht,
00:33:54das läuft noch ein bisschen länger am Anfang.
00:33:56Aber das kam ja dann ganz plötzlich doch anders.
00:33:58Ist schon traurig, wenn man sieht,
00:34:00auch die Leute,
00:34:02die das alle betrifft,
00:34:04die mit schwarzen Fahnen hier rumfahren.
00:34:06Ist schon schlimm.
00:34:08Hätte nicht unbedingt in der Form passieren müssen,
00:34:10wie es passiert ist, wenn ich da meine.
00:34:14Formsache nur,
00:34:16bittere Konsequenz.
00:34:18Ja, du bist der Hauptmann in der anderen Uniform.
00:34:20Ist doch so, was?
00:34:22Wer hätte das gedacht, du?
00:34:24Wie fühlt man sich da drin?
00:34:28Oh, wirklich schwer zu sagen.
00:34:30Wie fühlt man sich da drin?
00:34:34Man hat sich an die neue Situation gewöhnt,
00:34:36nachdem man auch vieles
00:34:38erfahren hat, was man vorher nicht so gedacht hätte.
00:34:40Und ist eigentlich
00:34:42von der Aufgabe her
00:34:44auch nicht viel anders,
00:34:46als das, was wir vorher gemacht haben.
00:34:48Für zwei Jahre bist du erstmal bei Arbeit.
00:34:50Ist richtig, ja?
00:35:00In den Sommerferien 91,
00:35:02dann dieser Urlaub in Dänemark.
00:35:04Danke.
00:35:34Wie ist dieser erste große Urlaub
00:35:36oder war es gar nicht der erste große,
00:35:38nach dem Fall der Mauer,
00:35:40in dir heute in Erinnerung?
00:35:42Was hat das für dich bedeutet,
00:35:44also in Dänemark Urlaub machen zu können
00:35:46und nicht auf unserer Seite der Ostsee?
00:35:50Eine neue Erfahrung und so.
00:35:52Ein ruhiges, friedliches Land zu besuchen.
00:35:56Also dort hat es mir sehr gefallen.
00:35:58Nicht so weit zu fahren
00:36:00und trotzdem mal ganz was anderes zu sehen.
00:36:04Habt ihr euch da manchmal so gefragt?
00:36:06Mein Gott, was haben die eigentlich
00:36:08mit uns gemacht?
00:36:10Das ist doch natürlich selbstverständlich,
00:36:12dass man auch hier mal Urlaub macht
00:36:14und dass man auch wieder zurückfährt.
00:36:16Wie man so sagt, dass es einem
00:36:18wie Schuppen von den Augen fällt.
00:36:20Das war schon vorher mir klar,
00:36:22dass es bescheuert ist,
00:36:24uns hier so einzusperren,
00:36:26dass eigentlich gar nichts dabei ist,
00:36:28wenn man reist.
00:36:30Das war dann eigentlich nur
00:36:32das Reisen, das war nicht so
00:36:34das entscheidend Befreiende für mich,
00:36:36muss ich ganz ehrlich sagen.
00:36:38Sondern es war auch angenehm,
00:36:40es zu erleben, aber noch befreiender,
00:36:42dass ich jetzt wirklich
00:36:44meinen Mund aufmachen kann.
00:36:46Ich habe eben die Wahl,
00:36:48politisch jetzt
00:36:50mich zu interessieren,
00:36:52dass ich jetzt so, also
00:36:54ich wähle jetzt lieber die Partei.
00:36:58Das war eigentlich das Wichtigere für mich,
00:37:00das Reisen auch, aber
00:37:02eigentlich so jetzt eine Demokratie
00:37:04zu erleben, das war für mich
00:37:06viel, viel wichtiger.
00:37:08Und dass meine Kinder in einer Demokratie
00:37:10groß werden.
00:37:12Und eben
00:37:14viel mehr berufliche Chancen
00:37:16haben als
00:37:18ich hatte.
00:37:22Im nächsten Sommer, 92.
00:37:24Steffen
00:37:26in Marie-Louises Elternhaus.
00:37:28Da war was.
00:37:32Fest steht, dass es erst mal weiter geht
00:37:34und wir sind überzeugt,
00:37:36nicht schlechter als bisher.
00:37:38Wie oft sind die Kinder da?
00:37:40So sehr oft nicht.
00:37:42Na, vorige Woche,
00:37:44voriges Wochenende.
00:37:46Waren das schwierige Jahre, als das
00:37:48nicht so selbstverständlich war?
00:37:50Na, da sah es
00:37:52ein bisschen mies aus.
00:37:54Nicht so selbstverständlich, nee.
00:37:58Ja, der Sommer 92.
00:38:00Alles in allem ein Gewinn jetzt hier
00:38:02nach zwei Jahren.
00:38:04Vater wird die Anwesenheit
00:38:06der Kamera gleich wieder nützen.
00:38:08Ja, ist auch mehr ein
00:38:10Verlust, was
00:38:12alles so passiert.
00:38:14Und einerseits
00:38:16ist es, ich möchte auch sagen,
00:38:18das ist ganz gut, dass es so
00:38:20ein trockener Sommer ist, dass
00:38:22diejenigen, die
00:38:24gerade in der Landwirtschaft
00:38:26versucht haben, ihre
00:38:28Ellbogen zu benutzen, dass die
00:38:30praktisch in diesem Sommer
00:38:32nun eine
00:38:34Missernte einbringen werden.
00:38:36Denn ich meine, das ist
00:38:38ja nun, damit bin ich
00:38:40überhaupt nicht einverstanden,
00:38:42dass hier
00:38:44sich so
00:38:46Kapitalisten also
00:38:48herangedrängelt haben. Ob die nur von
00:38:50uns oder von drüben kommen,
00:38:52das ist nun
00:38:54egal.
00:38:56Und was wird mit
00:38:58Steffen?
00:39:00Steffen, ich hoffe für dich auch, nicht bloß auf Zeit,
00:39:02ne?
00:39:14Vielleicht müsst ihr umziehen, ganz woanders hin.
00:39:16Wirklich, ja.
00:39:18Bloß nicht so weit weg.
00:39:20Im übernächsten
00:39:22Sommer, 94, ist klar.
00:39:24Die Bundeswehr hat Steffen endgültig
00:39:26übernommen. Und
00:39:28Schwiegervater macht ein Interview.
00:39:30Steffen, du hast gestern
00:39:32gesagt, dass du
00:39:34auf der Offizierschule,
00:39:36das ist doch eine Offizierschule, ne?
00:39:38Führungsakademie der Bundeswehr.
00:39:40Also sind da auch Mannschaftsunteroffiziere?
00:39:44Nö, kaum. Also nur ein ganz
00:39:46geringer Teil vom Stammpersonal.
00:39:48Anstehende
00:39:50Dass du eine Arbeit
00:39:52schreiben musst, jetzt.
00:39:56Mit welchem Thema?
00:39:58Das ist im Fachbereich
00:40:00Sozialwissenschaften, was dich da vielleicht
00:40:02auch interessieren wird. Dort
00:40:04habe ich ein Thema gewählt, Weltreligion,
00:40:06Weltethos, Weltfrieden.
00:40:08Also ganz weit
00:40:10ab. Ganz weit ab.
00:40:12Naja, weit ab ist ein Thema,
00:40:14was heute zunehmend interessanter wird
00:40:16und deshalb habe ich das auch dort gewählt, weil
00:40:18ich da ein bisschen Nachholbedarf
00:40:20habe auf der Strecke.
00:40:22Na, trotzdem. Ich meine,
00:40:24wir sollten hierbleiben.
00:40:26Äh,
00:40:28was hier also im Argen
00:40:30liegt. November
00:40:3294.
00:40:34Die Graf von Baudis in Kaserne
00:40:36in Homburg-Blankenese.
00:40:38Die sowas ja nicht kennen.
00:40:40Dass von daher natürlich eine solche
00:40:42Argumentation kaum möglich wäre.
00:40:44Herr Grimm.
00:40:46Die Frage, die wir diskutieren, ist doch,
00:40:48trotzdem knapp gesagt, ist Religiosität
00:40:50oder ist Religion
00:40:52Grundvoraussetzung für die Existenz
00:40:54einer freiheitlichen...
00:40:56Überprüft und für tauglich befunden ist auch
00:40:58Steffen unter denen, die man hierher
00:41:00auf Schule schickte.
00:41:02Es ist nicht irgendeine
00:41:04und alles kann bitteschön gefilmt werden.
00:41:10Marie-Louise hat schon eine Zeit lang
00:41:12wieder Arbeit, aber nicht als
00:41:14Verburantin.
00:41:16Fand sie, wie wundersam, gleich um die Ecke.
00:41:26Steffen kann nun
00:41:28Stabsoffizier werden.
00:41:30Ja, ich bin auch aus meiner
00:41:32gleichen Meinung, dass erstmal für die Gestaltung
00:41:34einer gerechten, demokratischen
00:41:36Ordnung erstmal ethische Grundwerte
00:41:38notwendig sind. Und ich bin auch der Meinung, dass die
00:41:40Religion für die Vermittlung
00:41:42der ethischen Grundwerte durchaus eine Bedeutung hat.
00:41:54War das schwer, sich umzustellen
00:41:56auf diese Arbeit hier?
00:41:58Am Anfang war es schwer. Also da war man
00:42:00eigentlich fix und fertig, wenn man den ganzen Tag in Aktion ist.
00:42:02Es ist immer wieder ein anderer Mensch, der reinkommt.
00:42:04Selber darf man sich nicht hängen lassen.
00:42:06Man versucht, freundlich zu sein.
00:42:08Und man ist eigentlich ständig unter Beobachtung.
00:42:10Und dann muss man auch mit den Menschen
00:42:12harmonieren, mit dem Chef.
00:42:14Das ist ja auch nicht einfach.
00:42:16Jeden Tag, Auge in Auge, einen Meter
00:42:18Abstand mit seinem Chef zu arbeiten,
00:42:20das ist unheimlich schwer.
00:42:28Ist es für dich wichtig, eine saubere Arbeit zu haben?
00:42:30Ich habe eigentlich
00:42:32keine saubere Arbeit.
00:42:34Du hast mit Blut, du hast mit Speichel zu tun.
00:42:36Du hast vielleicht, da bricht sich jemand,
00:42:38zu tun. Also es ist in dem Sinne
00:42:40keine saubere Arbeit.
00:42:42Wer am Schreibtisch sitzt und ein Bleistift festhält, ist sauberer.
00:42:54Ehemaliger
00:42:56ist Steffen hier nicht allein.
00:42:58Wie ist es dir in der DDR gewesen?
00:43:00Wer kommt denn vom Osten?
00:43:02Ich, Herr zum Beispiel, ja.
00:43:04Die Mehrheit
00:43:06oder die Minderheit ist hier
00:43:08von ehemals?
00:43:1050-50.
00:43:12Ja, in unserem Hörsaal können wir fast sagen.
00:43:14Im Moment sind wir hier
00:43:16nicht ganz, aber
00:43:18relativ viele.
00:43:20Und allen Teilen muss er umdenken.
00:43:22Sein Mentor heißt Tutor.
00:43:24Wie sehen Sie die Veränderungen
00:43:26bei Herrn Steffen Seider-Wieser gekommen?
00:43:28Wie wirkt er jetzt auf Sie?
00:43:30Worin liegt der Unterschied nach diesem Lehrgang?
00:43:32Ich glaube,
00:43:34gerade für unsere Kameraden,
00:43:36die aus der ehemaligen NVA kamen,
00:43:38ist dieser Lehrgang
00:43:40ein sehr schwieriger.
00:43:42Sie werden an unsere
00:43:44Institutionen geschickt
00:43:46und wissen im Prinzip nicht
00:43:48so recht, was sie erwartet.
00:43:50Im Laufe des Lehrgangs werden sie sehr viel
00:43:52freier, offener
00:43:54und lockerer.
00:43:56Ja, ich sollte noch schöne Grüße sagen von dem Team.
00:43:58Nee, wir haben schon was gemacht.
00:44:00Wir haben schon unseren Tutor gequält und mich.
00:44:02Ja.
00:44:04Na klar. Das andere können wir ja morgen
00:44:06nochmal abquatschen, Isa. Du musst jetzt auch gleich los.
00:44:08Also dann, Isa, ich freue mich
00:44:10dann schon auf morgen.
00:44:12Mach's gut. Schöne Schicht noch heute
00:44:14und dann bis morgen.
00:44:16Tschüss, schönen Gruß an die beiden.
00:44:18Ciao, Isa. Tschüss.
00:44:20Gibt's was Neues?
00:44:22Nee, eigentlich nicht.
00:44:24Alles Rutscher.
00:44:26Ja, zweimal so im Schnitt die Woche
00:44:28haben wir uns besprochen.
00:44:30Ein Flugzeug, mit dem
00:44:32Steffen wieder nichts zu tun haben wird,
00:44:34ist nun mal Transportflieger
00:44:36und soll es bleiben.
00:44:38Als Offizier
00:44:40ist es eigentlich eine Grundvoraussetzung,
00:44:42dass man auch physisch auf der Höhe ist
00:44:44und in einem gesunden Körper wohnt.
00:44:46Bekanntlichermaßen ja nur ein gesunder Geist.
00:44:48Deshalb denke ich, dass man auch
00:44:50bei Schreibtischarbeit nicht unbedingt
00:44:52auf physische Kraft verzichten sollte.
00:44:54Nimmt sich Marie Riese noch
00:44:56ein Beispiel an dir oder hat's aufgegeben?
00:44:58Doch, nein, sie macht noch immer mittwochs abends
00:45:00bei ihrer Gruppe da mit.
00:45:02Ein schöner Fall.
00:45:12Steffen lässt uns erst
00:45:14zu Ende des Lehrgangs kommen.
00:45:16Da durfte der Film nichts mehr durcheinander bringen.
00:45:20Tja, du hast ja eigentlich bestanden, ne?
00:45:22Was willst du noch hier wissen?
00:45:24Tja,
00:45:26wir haben morgen noch so ein
00:45:28Abschlussseminar, Sozialwissenschaften.
00:45:30Deshalb muss ich mir
00:45:32meine Seminararbeit noch mal kurz angucken.
00:45:42Marie Luise und Steffen in Hamburg.
00:45:44Ein für mich noch immer irgendwie
00:45:46unwirkliches Bild.
00:45:50Ist die Hälfte?
00:45:52Ja, Hälfte des Lebens,
00:45:54Steffen.
00:45:56Wie denkt man über diese erste Hälfte?
00:45:58War die nun ein Irrtum beruflich gesehen
00:46:00und wie man so dachte?
00:46:02So, ich würde nicht sagen, dass alles
00:46:04unbedingt ein totaler Irrtum war.
00:46:06Ich bin ja damals
00:46:08mit dem Ziel und mit dem Ideal
00:46:10auch zur Armee gegangen.
00:46:12Letztendlich was für den Schutz des Vaterlandes
00:46:14zu tun und für die Sicherung des Friedens,
00:46:16was durchaus ja eine Sache ist,
00:46:18der man sich widmen kann.
00:46:20Und andererseits bin ich da hingegangen,
00:46:22weil ich eben durch die Fliegerei
00:46:24letztendlich zur Armee gekommen bin
00:46:26und habe versucht, diese beiden persönlichen
00:46:28und gemeinsamen Interessen zu verbinden.
00:46:30Und ich denke, dass das doch
00:46:32zur damaligen Zeit kein
00:46:34falscher Entschluss gewesen ist.
00:46:36Selbst wenn eben dann
00:46:38die Frage des Weges,
00:46:40wie es also versucht wurde umzusetzen in der DDR
00:46:42und in der NVA, letztendlich sich alles
00:46:44falsch erwiesen hat.
00:46:46Weil alle Teilnehmer dieses Experiments
00:46:48müssen heute sagen,
00:46:50das Experiment ist missglückt.
00:46:52Wann hast du das ganz sicher gefühlt?
00:46:54Na, das wurde
00:46:56in den letzten Jahren ja eigentlich immer deutlicher.
00:46:58Versteht dich dein Vater?
00:47:00Ja.
00:47:02Ja, doch.
00:47:04Obwohl er es vielleicht noch ein bisschen schwerer hatte
00:47:06als ich ja.
00:47:08Als ehemals
00:47:10Parteisekretär war er doch
00:47:12ziemlich stark eingebunden.
00:47:16In der anderen Armee, da waren ja alle Genossen.
00:47:18Genosse Hauptmann, Genosse Neueheuer.
00:47:20Konnte einem das mal
00:47:22so falsch über die Lippen kommen jetzt hier?
00:47:24Na, inzwischen
00:47:26nicht mehr. Also es ist schon ein Weilchen her.
00:47:28Seit 1990.
00:47:30Oktober 1990. Also man hat sich da
00:47:32doch recht schnell auch an das neue
00:47:34Vokabular gewöhnt und
00:47:36ist auch ein bisschen angenehmer.
00:47:38Genosse hatte doch in mancherlei Beziehungen
00:47:40einen komischen Klang so nebenher.
00:47:42Da klingt Herr
00:47:44Kamerad dann doch ein bisschen besser.
00:47:46Nun ist aus dem
00:47:48Genossen Major der
00:47:50Herr Hauptmann geworden und soll wieder der Herr Major
00:47:52werden.
00:47:54Das willst du so haben, dass es weiter geht in deinem
00:47:56Beruf? Könntest du auch sagen, ich häng's an den Nagel.
00:47:58Ist mit vorbei.
00:48:00Na, ich hab dann irgendwann gemerkt, dass die
00:48:02Bundeswehr doch nicht die
00:48:04Armee ist, wie es uns immer so erzählt worden ist.
00:48:06So aggressiv und so militaristisch
00:48:08ist es eigentlich immer gebracht
00:48:10worden ist in unserem
00:48:12Unterricht. Aber
00:48:14hab dann recht schnell gemerkt, dass also die Bundeswehr
00:48:16doch rechtlich
00:48:18ziemlich eindeutig in der Gesellschaft
00:48:20eingeordnet ist.
00:48:22Und dass letztlich der Auftrag
00:48:24der Bundeswehr was ist, mit dem ich mich durchaus
00:48:26identifizieren kann. Dass also
00:48:28meine grundsätzlichen Ideale, die ich hatte,
00:48:30hier nicht unbedingt über den Hafen
00:48:32geschmissen werden, sondern dass ich auch weiter
00:48:34danach leben kann.
00:48:36Im Gegensatz zur
00:48:38NVA geht's da doch recht zivil zu
00:48:40anstellen. Und das ist
00:48:42auch nicht immer schlecht. Das zeigt sich also, dass
00:48:44das doch auch für das Klima recht
00:48:46gut ist. Und das ist eigentlich auch das, was mich
00:48:48letztlich mit dazu
00:48:50beworben hat, eben hier weiter zu machen,
00:48:52weil die Offenheit und Kameradschaft, mit der
00:48:54auch wir Ehemaligen aus
00:48:56der NVA hier aufgenommen worden sind,
00:48:58mich doch
00:49:00positiv überrascht hat.
00:49:02So gesprochen und
00:49:04geschehen im vierten Jahr der Deutschen
00:49:06Einheit.
00:49:08Das ist die Alstrom.
00:49:38Hier ist es.
00:49:42Katja. Elf Jahre alt.
00:49:44Wie Marie-Louise zu Beginn
00:49:46dieses Films.
00:50:08Beethoven auf
00:50:10Japanisch.
00:50:16Alle Jahre wieder
00:50:18erwartet in der Berliner Friedrichstadt
00:50:20ein Palast, in den Wochen vor Weihnachten
00:50:22seine jungen Besucher.
00:50:28Oh, oh, oh.
00:50:30Oh, oh, oh.
00:50:32Oh, oh, oh.
00:50:34Oh, oh, oh.
00:50:36Soll es denn nur der Beruf werden?
00:50:38Oder wie sieht's aus?
00:50:40Nee, glaub nicht.
00:50:42Wird zu anstrengend, ja.
00:50:44Du liebäugelst damit überhaupt nicht?
00:50:46Doch, aber Beruf nicht, glaub ich nicht.
00:50:48Denken die anderen auch so?
00:50:50Soll es nicht der Beruf sein, später?
00:50:54Für Maria geht die Zeit in der
00:50:56Kindertanzgruppe zu Ende.
00:50:58Sie ist nun 14.
00:51:00Auch wird die Familie Berlin bald verlassen.
00:51:06Und was für ein Beruf wird's dann sein?
00:51:08Was denkst du?
00:51:10Ach, ich weiß auch so
00:51:12Kosmetikerin, also was mit Theater.
00:51:14Bleibst du beim Theater vielleicht?
00:51:16Ja.
00:51:22Geht durch?
00:51:24Ja.
00:51:36Oh, oh, oh.
00:51:38Oh, oh, oh.
00:51:40Oh, oh, oh.
00:51:42Oh, oh, oh.
00:51:44Mit der öffentlichen Generalprobe
00:51:46des neuen Programms beginnt
00:51:48für Maria die letzte Saison in diesem Haus.
00:51:50Oh, oh, oh.
00:51:52Oh, oh, oh.
00:51:54Oh, oh, oh.
00:51:56Oh, oh, oh.
00:51:58Oh, oh, oh.
00:52:00Oh, oh, oh.
00:52:02Oh, oh, oh.
00:52:04Oh, oh, oh.
00:52:06Oh, oh, oh.
00:52:08Habe jetzt versprochen.
00:52:10Hahaha.
00:52:34Untertitel der Amara.org-Community
00:53:05Das Ende eines sinnvollen Hobbys.
00:53:09Und vielleicht hat Marie-Louise doch nicht nur so vordergründig von einer Fortsetzung geträumt.
00:53:15Wie auch immer, Marie-Louises und Steffens Maria-Stephanie würde irgendwo gern weiter tanzen.
00:53:26Schauplatzwechsel, Juni 95.
00:53:30Im ehemaligen Halbleiterwerk Frankfurt-Oder hat die Treuhand an Dutzende von kleinen Firmen Gelände vergeben.
00:53:51Ich bin mit Marie-Louise auf Abschiedstour.
00:53:54Die Seidels ziehen nun fort.
00:53:59Das war mal für wie viele Jahre deine Arbeit hier?
00:54:05Ich glaube für knapp sieben Jahre.
00:54:07Man kann es nur noch ungefähr ahnen, aber ich glaube das war hier die Raucherinsel.
00:54:10Der Eingang war, glaube ich, noch ein zweiter.
00:54:12Und dann hatten wir immer den Blick hier in die Rosen und da hinten, die drei Fenster, war unser Labor.
00:54:19Macht das traurig, wenn du es wieder siehst?
00:54:21Nö, eigentlich nicht.
00:54:23Ich freue mich über meine eigene Entwicklung, dass das mal hinter mir liegt.
00:54:26Traurig nicht, kann ich überhaupt nicht sagen.
00:54:28Ich war damals froh, als ich hier wegging.
00:54:31Naja, ist ja klar, dass die Wände auch hier dran nicht vorbeigehen konnten.
00:54:35Daraus ist nun das hier geworden. Man konnte es ja eigentlich ahnen.
00:54:46Der Mond hier überall, wie der blüht, wunderschön.
00:54:57Das ist ja auch schön.
00:55:08Steffen arbeitet schon bei Köln. Und Marie-Louise will den Eltern auch Wiedersehen sagen.
00:55:13Hallo Marie.
00:55:15Hallo.
00:55:17Mit der neuen Stelle ist es ja noch nicht erst mal.
00:55:19Ihr würdet euch schon wohlfühlen.
00:55:21Papa, macht's gut.
00:55:23Bis zum nächsten Mal.
00:55:24Bis zum nächsten Mal.
00:55:26Wir rufen gleich an, wenn wir da sind.
00:55:28Ihr habt ja auch deine neue Telefonnummer.
00:55:30Ja, ja.
00:55:32Wisst ihr die noch gar nicht?
00:55:34Nein.
00:55:36Wir haben schon Telefon.
00:55:38Ich rufe an.
00:55:40Aber das Persönliche ist nicht das Wichtigste.
00:55:43Der persönliche Glaube ist nicht ein Schuss Bulgareer.
00:55:47Ja, der ist schon.
00:55:49Nicht nur.
00:55:51Bei dir geht es ja nicht nur immer.
00:55:53Es geht ja gar nicht um Glauben, sondern um Wohnungen.
00:55:57Ja, Wohnungen und alles.
00:55:59Nächstes Jahr ganz bestimmt.
00:56:01Oder wollen wir jetzt mal sehen, wie du dich fühlst?
00:56:04Na ja, vielleicht.
00:56:06Der Vater legt ja gar nicht so einen Wert.
00:56:09Was bleibt da in Erinnerung und was ist Vater für ein Mensch für dich?
00:56:14Aus heutiger Sicht, jetzt wo du weggehst aus diesem Land, was mal DDR hieß.
00:56:19Weit weg bis künftig vom Elternhaus.
00:56:22Kein Kuschel, der sich so, jetzt sind wir Westen und jetzt ist alles wunderschön.
00:56:27Sondern auch weiterhin wach bleibt und die Probleme sieht.
00:56:31Auch wenn es seiner Art und Weise manchmal nicht so angetan ist.
00:56:34Dass man ihn jeden Tag so ertragen kann.
00:56:36Und, na ja, dass man sich auseinandersetzen sollte mit dem Anderen.
00:56:41Und jetzt nicht bloß immer so schön tut und feiern und lustig tun.
00:56:45Und die Probleme unterdrücken, davon hält er gar nichts.
00:56:49Und es wird uns ja oft so vorgegaukelt.
00:56:52Angefangen, Werbung, das ist ja nur, aber auch in Spielfilme.
00:56:57Immer nur das Partyglas in der Hand, oberflächliche Gespräche, Schaumschläger.
00:57:02Im flotten Anzug und darunter modert so ungefähr.
00:57:06Ich glaube schon, dass man sich dazu erzogen wird, ein bisschen tiefer zu gucken.
00:57:11Ich glaube nicht, dass ich mich da mit Leuten anfreunden würde,
00:57:13die so oft Schaumschläger machen.
00:57:16Findet man aber genauso jetzt im Osten auch.
00:57:19Die sind ja jetzt auch überall im Kommen.
00:57:22Und ich versuche, das auch wahrer weiterzugeben an meine Töchter.
00:57:26Katja ist sehr interessiert.
00:57:28Da könnte ich mir mal vorstellen, dass die hier sich so einer Bewegung anschließt.
00:57:33Die große weniger, die ist so für die schönen Dinge.
00:57:35Aber Katja, die geht auch mal richtig los.
00:57:37Hat auch keine Hemmungen, ihre Meinung zu sagen, diskutiert.
00:57:40Und wenn die vielleicht mal irgendwie daraus erreicht,
00:57:44irgendwie kommt es auch vom Opa her.
00:57:59Abschied auch vom Wochenendgrundstück.
00:58:02Der Tag, an dem es seine Käufer fand.
00:58:10Und der See liegt dann hier runter.
00:58:14Marienborn.
00:58:16Eingang und Ausgang eines Staates einst, der etwas anderes wollte, als er war.
00:58:39Wo wer in Deutschland lebt, es ist heute vor allem davon abhängig, wo er Arbeit findet.
00:58:49Der 28. Juni 1995.
00:58:53Vorletzter Drehtag nach 34 Jahren.
00:58:58Marie-Luise ist die erste auf der Welt.
00:59:01Sie ist die erste Frau auf der Welt.
00:59:04Sie ist die erste Frau auf der Welt.
00:59:07Marie-Luise ist die erste aus dem Kreise der Kinder von Golzo,
00:59:11die mit ihrer Familie in den Westen Deutschlands übersiedeln wird.
00:59:17Weißt du, wer angerufen hat? Nadine.
00:59:19Ja?
00:59:21Ob du schon da bist, und die meldet sich wahrscheinlich noch mal.
00:59:24Hast alles verstanden?
00:59:26Ja.
00:59:28Zeig mal, was ich gekriegt habe.
00:59:30Was ist denn da?
00:59:32Das hier rollt ein Ding.
00:59:34Na ja, noch weiter?
00:59:36Nein, der Grill hier, der sieht aus wie ein Grosse aus.
00:59:39Gut, okay.
00:59:44Noch Zeit finden für einen ersten Blick in die Zeugnisse.
00:59:47Sehr schön, Kathi.
00:59:49Fein, pack schön ein.
00:59:52Religion ist ganz, ganz wichtig.
00:59:54Religion ist auch eine gute Beurteilung.
00:59:56Frau Maier hat ja eine ganz gute Beurteilung.
00:59:58Ich blicke in diesen Stunden zurück.
01:00:00Marie-Luise hat immer nach vorn geblickt.
01:00:03Ich bleibe weiterhin neugierig auf alles Neue
01:00:06und verlasse auch ganz gerne mal, obwohl ich auch gerne mal Routine habe.
01:00:10Also immer wieder sprunghaft was Neues anfangen, wäre für mich auch nichts.
01:00:14Irgendwie muss mir auch eine Sache dann langsam wieder vertraut sein.
01:00:17Aber auch mal eingefahrene Gleise zu verlassen.
01:00:20Jetzt, wir beten um die 40, das wäre jetzt hier,
01:00:23das wäre jetzt hier.
01:00:24Den Standort insgesamt wechseln müssen.
01:00:26Ist nicht nur, dass wir sagen, ach, alles neu anfangen.
01:00:29Es ist auch ein freudiges Gefühl,
01:00:31dass man sich noch mal alles neu aufbauen kann.
01:00:34Freundeskreis suchen, neue Arbeit, eine schönere Wohnung.
01:00:39Darauf freue ich mich.
01:00:41Es gibt ja viele, die in dem Alter sagen,
01:00:44oh Gott, in dem Alter möchte ich mich aber partout nicht mehr verändern.
01:00:47Das soll alles so bleiben.
01:00:49Und das ist das, was mir so wichtig ist.
01:00:51Ich möchte mich nicht mehr verändern.
01:00:53Das soll alles so bleiben.
01:00:55Das wäre für mich jetzt eher ein Gräuel,
01:00:57wenn das alles so weitergehen würde.
01:01:00Bis zur Rente hier in der Wohnung, der gleichen Arbeit,
01:01:04dem könnte ich jetzt nicht so viel abgewinnen.
01:01:07Und das hätte Dir auch die DDR verleidet auf Dauer.
01:01:11Naja, ich weiß auch nicht,
01:01:13da hätte man sich wieder was anderes einfallen lassen.
01:01:16Ich weiß gar nicht, wie es da weitergegangen ist.
01:01:18Kann ich mir auch nicht richtig vorstellen.
01:01:20Landschaft zwischen Köln und Bonn.
01:01:23Steffen wird in Köln-Wahn Staffelchef der Instandsetzung
01:01:27bei der Flugbereitschaft der Luftwaffe werden.
01:01:29Und dann Vorgesetzter für 150 Mann Wartungspersonal sein.
01:01:34Eine Drehgenehmigung beantragen wir jedoch nicht mehr.
01:01:38Marie-Louises Erwartungen sind noch allgemein.
01:01:42Also ich hoffe, dass man jetzt nicht zu diesem Unterschied
01:01:47Ost-West rauskehrt.
01:01:49Ich glaube, das ist manchmal in Berlin etwas schlimmer,
01:01:52weil so die Fronten mehr aufeinander prallen.
01:01:55Ost und West.
01:01:57Ich würde es mir so wünschen, dass sie so interessiert sind
01:02:01und sagen, wie war denn das bei Euch?
01:02:03Man kann ja da viel voneinander lernen.
01:02:05Das wäre ja mal schade, wenn die so ablocken würden
01:02:08und würden sagen, die kommt aus dem Ost,
01:02:10mit der wollen wir nichts zu tun haben.
01:02:12Damit rechne ich eigentlich fast nicht.
01:02:14Das wäre das Schlimmste.
01:02:15Mit offenen Armen zu empfangen.
01:02:17Einfach nur bereit sein.
01:02:19Ja, ich möchte den kennenlernen.
01:02:21Mal sehen, vielleicht kann es ganz interessant werden.
01:02:24Und vielleicht ist er ein interessanter Typ.
01:02:26Vielleicht verstehen wir uns.
01:02:28Das würde mir schon reichen.
01:02:30Nicht, dass man von vornherein einen Bonus kriegt.
01:02:32Ach, die Arme kommt ja aus dem Osten,
01:02:34die müssen wir so freundlich behandeln.
01:02:36Das möchte ich auch nicht.
01:02:38Ich möchte ganz einfach bloß so als Mensch
01:02:41ordentlich behandelt werden.
01:02:43Gerecht, tolerant.
01:02:46So, wollt ihr Euch mal ein bisschen was angucken?
01:02:48Bitteschön.
01:02:50Also hier der Flur, unschwer zu erkennen.
01:02:54Hallo ihr Lieben.
01:02:56Hier unser Küchenreich.
01:03:05Bist du schon fleißig?
01:03:08Sollen wir alles einpacken?
01:03:10Ja, es wird Zeit.
01:03:12Vielleicht ganz fertig.
01:03:13Hier geht es zur Terrasse raus.
01:03:15So, und hier geht es in unser Wohnzimmer.
01:03:18Auch von hier her kann man schön auf die Terrasse gehen.
01:03:21Da haben wir sehr viel Platz.
01:03:23Das ist nicht verkehrt.
01:03:25Ja, hier werden wir so unsere Essecke haben
01:03:27und unsere Kuschelecke hier hinten.
01:03:29Und dann hier Blick ins Grüne.
01:03:33Und da hinten geht es dann um die Ecke
01:03:36zu unserem Schlafbereich, ins Bad.
01:03:38Ja, 4 Quadratmeter und wie viel Miete?
01:03:42Na ja, das sind schon so um die 2.000 Mal Miete.
01:03:45Aber ich will ja auch arbeiten gehen.
01:03:51Wie enden wir denn nun?
01:03:53Wie müsste der Film so richtig schön zu Ende gehen?
01:03:56Und wenn Sie nicht gestorben sind, leben Sie noch heute.
01:03:59Die richtige Schlussszene.
01:04:01Sie sind angekommen in Deutschland.
01:04:03Endlich leben Sie in Deutschland.
01:04:05Ihr könnt viele Schlusspunkte geben.
01:04:08Eigentlich mit dem Umzug und so.
01:04:11Diese liegt auf der Terrasse.
01:04:13Die Kinder spielen im Garten und ich bin auf Arbeit.
01:04:16Wie es sich gehört.
01:04:18Wie es sich gehört.
01:04:20Aber das ist schon ein ganz ordentlicher Schluss.
01:04:23Eigentlich könnte der Film weitergehen.
01:04:26Ja, noch einmal ganz neu anfangen, wie manche meinen.
01:04:29An den Seidels sollte es nicht liegen.
01:04:32Und an uns auch nicht.
01:04:34Aber was macht es für einen Sinn,
01:04:36einen Leben zu verbringen,
01:04:38wenn man so schnell wieder zurückkommt?
01:04:41Und wenn man so schnell wieder zurückkommt?
01:04:44Und wenn man so schnell wieder zurückkommt?
01:04:47Und wenn man so schnell wieder zurückkommt?
01:04:50Und wenn man so schnell wieder zurückkommt?
01:04:52Und wenn man so schnell wieder zurückkommt?
01:04:54Und wenn man so schnell wieder zurückkommt?
01:04:56Und wenn man so schnell wieder zurückkommt?
01:04:58Der Film der wir geführt haben ist ein Film,
01:05:00der unseren Lebenslauf fortzusetzen,
01:05:02der doch seiner Natur nach immer länger wird.
01:05:04der unseren Lebenslauf fortzusetzen,
01:05:06der doch seiner Natur nach immer länger wird.
01:05:08Wer will den sehen, so hören wir auch.
01:05:10Wer bezahlt so etwas, so fragen wir.
01:05:12Warum uns dann ermutigen, weiterzudrehen?
01:05:14Der Film, den wir hätten zeigen können,
01:05:16wäre schon heute um ein Vielfaches länger.
01:05:18Wir werden versuchen die Bilder und Töne
01:05:20aus dem Leben von Marie Luise zu bewahren.
01:07:22SWR 2021

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