Die Kinder von Golzow-Das Leben von Marieluise Part1
Dieser Film aus der ältesten und umfassendsten Langzeitdokumentation der Filmgeschichte erzählt von Marieluise, die 1961 in Golzow eingeschult wurde, den Beruf der Chemielaborantin erlernte, einen Offizier der DDR-Volksarmee heiratete, zwei Töchter bekam und nach der Wende mit ihrem Mann nach Köln ging. (Text: rbb)
Transcript
00:00:30Dänemark, Sommer 91.
00:00:45Woher sie kommen, verraten Wagentyp und Kennzeichen.
00:00:57Woher zu Beginn eines Films, die an jene unvergesslichen ersten Jahre nach dem Fall der Mauer erinnern.
00:01:03Ehe das freie Reisen auch für ehemalige Bürger der DDR schnell selbstverständlich wurde.
00:01:11Marie-Luise Seidel, ihr Mann und ihre beiden Töchter aus Berlin-Ost, mit der Schwester und ihrer Familie aus Golzo-Oderbruch.
00:01:21Seit die Aufnahmen entstehen, haben Kamera und Mikrofon Marie-Luise bereits 30 von 37 Jahren ihres Lebens begleitet.
00:01:29Neue Jahre werden dazukommen, bis in die heutige Zeit.
00:01:34Was rechtfertigt so langes Filmen?
00:01:37Nichts, wenn man Sensationen erwartet.
00:01:40Alles, wenn es um einen unbekannten Menschen gehen kann und eine Geschichte, wie das Leben sie erzählt.
00:02:21Musik
00:02:50Maria, guck hin.
00:02:56Die Aufnahmen sind ja total wichtig.
00:02:59Musik
00:03:08Marie-Luise und Hans Steffen, Maria Stefani und Katja, die Seidels.
00:03:14Sie entfernen, sehen sich selbst.
00:03:17Musik
00:03:32Sie gratuliert dem Pfarrer.
00:03:38Musik
00:03:42Film sieht immer besser aus.
00:03:46Guck mal, wie er sieht.
00:03:48Paul, Paul.
00:03:50Netti und Paul und Gritti.
00:03:53Musik
00:03:58Ja.
00:04:00Musik
00:04:03Jetzt macht sie weiter, guck mal.
00:04:06Musik
00:04:14Unser Film von 1980.
00:04:20Eine Pause, in der die Kamera eingeschaltet blieb.
00:04:23Die Elfjährigen.
00:04:25Das Mädchen mit dem gestreiften Pulli in der Mitte der Gruppe unter dem Van Gogh-Bild ist Marie-Luise.
00:04:31Siebter von neun Lebensläufen, Marie-Luise.
00:04:34Im Mai und Juni 95 sehen ihn die Seidels wieder.
00:04:38Sehen auch viele Stunden noch unveröffentlichter Bilder aus ihrem Leben.
00:04:42Mal sind sie dabei zu viert, mal zu zweit und mal wird Marie-Luise ganz allein vor der Videokamera sein.
00:04:48Im Unterschied zu Elke wurden wir auf Marie-Luise nicht gleich aufmerksam.
00:04:52Erst mit den Jahren entdeckten wir, dass in diesem Gesicht einiges zu lesen war.
00:04:57Es verriet Sensibilität, spiegelte eine weite Skala von Gefühlen.
00:05:03Das Halbjahreszeugnis der fünften Klasse.
00:05:06Die Leistungen zwischen befriedigend und gut ansteigen.
00:05:10Stärken in den sprachlichen Fächern.
00:05:32Marie-Luise, das Mädchen mit dem schönen alten Namen, kommt aus christlichem Elternhaus.
00:05:47Seit die Nazis 1945 den Kirchturm sprengten, hingen die Glocken in Golze unter freiem Himmel.
00:05:55Mit Vater und Schwester beim allsonntäglichen Heimweg vom Gottesdienst.
00:06:00Ein Bild, wie es der Ort kannte.
00:06:02Das, wie es 66 filmten, kümmerte Vater wenig.
00:06:05Golze damals viel.
00:06:07Dem Kirchgang der Wenigen musste man keine Beachtung schenken.
00:06:11Das Feuer, das kommt ja nicht vom Meter.
00:06:14Das haben ja die Menschen selber erfunden.
00:06:17Das Feuer, das gar nicht vom Himmel kommt.
00:06:25In der einzigen geheizten Stube des Neubauernhauses im Winter 66.
00:06:31Das Klavier machte hier nicht den Fernseherplatz.
00:06:35Marie-Luise spielte darauf, was sie in der Schule lernte.
00:06:38Eislass, Anmut spart nicht noch Mühe.
00:06:41Es hört nur keiner zu.
00:06:46Eine kinderreiche Familie, von jenseits der Oder kommend.
00:06:51Die Eltern hatten ihre Scholle spät und nicht sehr bereitwillig in Gemeineigentum eingebracht.
00:06:57Uns begann zu interessieren, wie sich ein Kind entwickeln würde,
00:07:01das im Spannungsfeld eines solchen Elternhauses und einer solchen Schule heranwuchs.
00:07:08Drei Jahre später haben die Klassenkameraden Jugendweihe.
00:07:12Seid ihr bereit, als junge Bürger unserer Deutschen Demokratischen Republik
00:07:17Marie-Luise wird konfirmiert werden.
00:07:20Die jüngeren Geschwister schon nicht mehr.
00:07:23Immerhin ist sie unter den Zuschauern.
00:07:25Und das revolutionäre Erbe des Volkes in Ehren zu halten, so antwortet,
00:07:30Ja, das geloben wir.
00:07:32Ja, das geloben wir.
00:07:35Sag mir, wo du stehst.
00:07:38Sag mir, wo du stehst.
00:07:42Sag mir, wo du stehst.
00:07:45Und welchen Weg du gehst.
00:07:49Marie-Luise evangelisch, Elke katholisch, das Lied sozialistisch.
00:07:55Der Refrain wiederholt sich etwas oft.
00:07:59Und welchen Weg du gehst.
00:08:15Wieder zwei Jahre später.
00:08:17Die Freundinnen, 16-jährig, beim Klassenfest zum Abschluss der 10. Klasse.
00:08:22Beat und Mini sind jetzt ihre Welt. Und sonst?
00:08:25Marie-Luise wird jetzt Mary oder Ise genannt.
00:08:28Der Name, den der traditionsbewusste Vater ihr gegeben hatte, hält nicht länger stand.
00:08:34Wie Schwestern. Nichts sollte sie voneinander unterscheiden.
00:08:38Nie wollten sie sich trennen im Leben.
00:08:41Eine Freundschaft, die endete, als die eine Pech, die andere Glück in der Liebe hatte.
00:09:05Das sind nicht mal fünf Minuten deine Kindheit, bis du 17 warst.
00:09:10Das ist herzlich wenig.
00:09:13Was ist denn alles nicht gefilmt worden?
00:09:16Marie-Luise, was würdest du deiner Maja sagen wollen?
00:09:19Steht das für Kindheit bei dir?
00:09:22Oder sind da ganz andere Dinge gar nicht beachtet worden?
00:09:25Maja weiß ja sehr wohl, dass da schon sehr viele andere Sachen waren.
00:09:28Das kennt sie überhaupt nicht.
00:09:32Viel interessanter waren die Sachen, Beziehung zu den Schwestern, was wir erlebt haben,
00:09:37wie wir uns jetzt handhaben, wie wir uns wieder versöhnt haben.
00:09:40Und diese Sachen, davon erzählen wir viel.
00:09:43Ihre Große ist nun älter schon, als Marie-Luise es war, damals im Winter 66,
00:09:48indem die Kamera sie auf hinterem Platz in der Klasse entdeckte
00:09:51und ihr bald auch auf dem Heimweg folgte.
00:09:54Wir waren kaum bei euch zu Hause und wissen gar nicht, was sich da abgespielt hat,
00:09:58da war ich mit sechs Kindern.
00:10:01Das sind die Versäumnisse aus heutiger Sicht.
00:10:04Was erzählst du dir noch über die Dinge, wenn du angeregt bist durch diese Filmbilder?
00:10:11Dass sich eigentlich nie alle in einem Raum aufgehalten haben,
00:10:15höchstens jetzt im tiefsten Winter.
00:10:18Aber ansonsten hat sich das im Großen Haus doch etwas verteilt und verschiedene Interessen.
00:10:22Und dass ich zum Beispiel nie der Fernseher lief, wenn ich Klavier spielte.
00:10:26Das war also nicht der Fall.
00:10:28Es war ein Gesetz, dass der Fernseher dann aus war und das war ja auch richtig so.
00:10:34Im schönen alten Namen, kommt aus christlichem Elternhaus.
00:10:38Seit die Nazis 1945 den Kirchturm sprengten,
00:10:42fingen die Schlotten in Deutschland das heimlichste...
00:10:45Da gab es noch Winter.
00:10:52Was wir damals sagten oder nicht sagten, zeigten oder nicht zeigten,
00:10:56hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert.
00:10:59Was wir damals sagten oder nicht sagten, zeigten oder nicht zeigten, wir reden darüber.
00:11:04Filmarbeit steht zur Diskussion.
00:11:10Und der Kirchgang? Jeden Sonntag der war.
00:11:13Nein, war nicht jeden Sonntag.
00:11:15Aber ab und an mussten wir doch mal einen sauren Apfel beißen und mitgehen.
00:11:18Mal war es ja ein Schick, wenn wir neuen Mandel hatten, den wir nur ausführen wollten.
00:11:22Aber ansonsten waren wir eigentlich da nicht so scharf drauf, mit Vater nur zum Gottesdienst zu gehen.
00:11:27Zumal er ja auch immer so ein bisschen verbissen war.
00:11:30Und das hat ja ein Kind nun nicht so gerne, wenn einer mit einer verbissenen, ernsten Miene
00:11:33kommt zur Kirche und ihr müsst den Ernst der Lage begreifen.
00:11:36Und jetzt klären wir, der spinnt wohl und so.
00:11:39Da denke ich eigentlich noch mit Grauen dran.
00:11:41Und sowas möchte ich meinen Kindern mal nie zumuten.
00:11:44Naja, geht ja jetzt nicht hier zum Religionsunterricht,
00:11:47auch nicht hier zur Kirche, zur Jugendstunde.
00:11:50Deswegen kam Konfirmation auch nicht in Frage.
00:11:54Ich kann auch heute noch nichts der Jugendfeier so richtig abgewinnen.
00:11:57Immer diese Beteuerung überall.
00:11:59Nein, das ist jetzt nicht mehr so wie früher. Das hat nach wie vor für mich einen Beigeschmack.
00:12:02Und ich sehe irgendwie da keinen großen Sinn drin, in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen zu werden.
00:12:07Das ist bloß ein Alibi für die Erwachsenen, da wieder rumzufeiern.
00:12:12War das schwierig zu der damaligen Zeit, sich dazu zu bekennen, das nicht gut zu machen?
00:12:17Nur mein Vater hat sich endlich mehr dazu bekannt.
00:12:19Mit 14, so freie Hand hatte man auch nicht damals, dass man entschieden hat, ich mache das und das.
00:12:25Hättest du gerne beides gemacht?
00:12:27Nein, beides nicht gerne. Das hat mir noch weniger gefallen.
00:12:31Und wie war es bei den anderen Geschwistern? Was gab es da? Konfirmation, Jugendweihe?
00:12:35Da gab es zum Teil Jugendweihe. Da hat sich dann Mutti durchgesetzt.
00:12:38Das war ja auch immer so ein Konflikt.
00:12:40Das ist eine Zumutung für die Kinder, die wollen das nicht.
00:12:43Und jetzt machen wir Jugendweihe und dann hat er sich geflügt.
00:12:46Bis unsere Welt befriedet ist und schön im Licht des Sozialismus.
00:12:51Du bist mit Jugendweihe, oder? Ja.
00:12:54Verstand sich so. Diese Konflikte, kannst du die nachempfinden?
00:12:59Die Konflikte hatte er überhaupt nicht.
00:13:03Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt, Konfirmation, zu dem Zeitpunkt.
00:13:08Jugendweihe-Zeit.
00:13:10Zeit der vielen lieben Mühe, die sich eine Schule und ein Dorf mit ihren 14-Jährigen machte.
00:13:15War allerdings das 20. Jahr der DDR und die DEFA filmte.
00:13:20Elke und Marie-Louise sangen ohne Pioniertuch im Schulchor.
00:13:24Einfach, weil sie keine jungen Pioniere mehr waren.
00:13:29Liebe Jugendweihe-Teilnehmer, liebe Gäste.
00:13:32Anlässlich des Empfangs der Räte der Gemeinde begrüßt euch unsere Kulturgruppe auf das Herzlichste.
00:13:38Hättest du denn selber gerne die Jugendweihe gehabt?
00:13:41Nee, so sehr gerne eigentlich nicht.
00:13:43Ich wollte eigentlich so mit dabei sein, aber dass ich die darum beneidet habe.
00:13:46Die haben verschiedene Sachen gemacht in den Jugendstunden, die mich nicht so interessiert haben.
00:13:50Durch die DEFA war es ja möglich, dass ich nach Weimar mit konnte, in die Goethe-Schiller-Stadt.
00:13:54Das fand ich sehr schön und die anderen Sachen, da war ich eigentlich nicht so neidisch drüber.
00:13:58Ja, wir wollten Marie-Louise hier dabei haben.
00:14:01Wussten von ihren musischen Interessen.
00:14:15Und so weiter und ohne Stocken und Versprecher.
00:14:18Die ganze lange Ballade.
00:14:20An ihrem Ende erst wird die Kamera wieder zuschalten.
00:14:25Marie-Louise also in Goethes Haus.
00:14:31Und hier wiederum neue Sammelschränke.
00:14:38Ihr seht, das sind Gesteine.
00:14:41So, wir kommen hier rein, ja.
00:14:44Wo Dichtung entstand, wo der Dichter starb.
00:14:47Ach, da kommt der Meister.
00:14:49Herr, die Not ist groß, dich rief die Geister, werd dich nun nicht los.
00:14:52In die Ecke, Besen, Besen, sei es gewesen.
00:14:55Denn das Geister ruft euch nur zu seinem Zwecke, erster vor der Alte, Meister.
00:14:59Dankeschön, Marie-Louise, das hast du wirklich fein gelernt.
00:15:03Wie siehst du das heute, diese 10 Jahre Schule in Goethe?
00:15:08Ja, das waren wichtige Jahre.
00:15:10Aber wir hätten vielleicht auch andere Sachen vermittelt bekommen müssen,
00:15:15die man sich eigentlich später so erst angeeignet hat,
00:15:21wo man sagt, na Mensch, das hätten sie dir aber auch schon in der Schule sagen können.
00:15:25Das haben wir eigentlich so gar nicht geübt, ja.
00:15:28Sich eben in der Diskussion behaupten, eine Meinung vertreten und dabei bleiben.
00:15:33Und wenn man auch selbst mit seiner Meinung alleine dasteht,
00:15:35auch so sich nicht ins Boxhorn jagen lassen.
00:15:38Das hat man bei uns ja überhaupt nicht so gewollt und gefördert.
00:15:42Und dann bewusst hat man nicht, also bloß nicht so viel denken
00:15:45und so viel Widerspruch aufkommen lassen, immer schön niederhalten.
00:15:49Ein bisschen mehr, dass man einfach kritischer wird
00:15:52und nicht jetzt einfach nur konsumiert reingestopft kriegt Wissen
00:15:57und dann hat man das wie so ein Tonband wiederzugeben.
00:16:01Also das kreidigt der Schule doch sehr an.
00:16:06Naja, man bemüht sich schon jetzt, wenn man um die 40 ist,
00:16:09nimmt man an nicht alles kritiklos hin, dann bildet man sich seine eigene Meinung.
00:16:13Und das hat gefehlt in der Schule, aber so.
00:16:16Dabei bist du ja durchs Elternhaus durchaus noch angeregt worden,
00:16:19dir einen Kopf zu machen und zu widersprechen.
00:16:21Ja, Gott sei Dank, kann ich nur sagen.
00:16:23Hättest du bessere Zensuren gehabt,
00:16:25wenn du dich mehr so entfalten hättest können?
00:16:29Ja, sicher, ja. Oft hat es auch keinen Spaß gemacht.
00:16:32Dann hat man die Schule eben einfach am Nachmittag vergessen
00:16:34und sich nicht hingesetzt.
00:16:36Die Eltern hatten auch nicht viel Zeit.
00:16:38Sagen wir mal, wenn die jetzt vielleicht außer Intelligenz gekommen wären,
00:16:43jetzt sagt man, also die Mädels, Abitur, aber streng dich an,
00:16:46das machst du unbedingt.
00:16:48Dann hätte man sicher darauf hingearbeitet.
00:16:54Hier.
00:16:56Marie-Luise wird zehn Jahre in Goldshut zur Schule gehen.
00:16:59Und das ist mehr als bisher auf dem Lande üblich und möglich.
00:17:18Ein Sportfest zu Ende der achten Klasse.
00:17:22Kugelstoßen ist nicht gerade Mädchensache.
00:17:25Mädchensache ist es mit 14 eher,
00:17:28bei einem Sportfest die Schule mal wieder auf sich aufmerksam zu machen.
00:17:34Die Blicke und Bemühungen der drei vom Geländer gelten solchen wie Dieter,
00:17:38dem Ältesten der Klasse.
00:17:41Aber Dieter ist heute nur Kugelstoßer und Radfahrer.
00:17:52Neue Gelegenheit, auf sich aufmerksam zu machen.
00:17:55Sommers an der alten Oder, draußen vorm Dorf.
00:18:10Und wieder Gelegenheit.
00:18:12Als Tanz angesagt ist, wie zum Klassenfest.
00:18:16Wenn ihr achtet auf die Klasse,
00:18:18wenn ihr achtet, wenn die Ernte begonnen hat.
00:18:41Im Hintergrund Frau Ramm, als Animatoren.
00:18:48Wer mit wem und vor allem wie, mit Karin, klatscht hier keiner ab?
00:19:01An gleichem Ort im Mai 71, die Abschlussprüfung der 10. Klasse.
00:19:10Wenn Lehrer Pause haben.
00:19:13So, ihr drei habt noch Zeit. Ratten Sie bitte draus. Marie-Louise, kommen Sie.
00:19:17Einem von ihnen verdankt Marie-Louise neuerdings ihr Interesse für die Chemie.
00:19:22Nimmt davon schon mal ein klein wenig im Gesicht zu Hilfe.
00:19:28Schön ruhig durchlesen.
00:19:32Wie man aus Ethanal Ethanol herstellt und wie man daraus Ethan so herstellt.
00:19:36Vergleichungsmäßig formulieren.
00:19:38Überlegen Sie noch, es fällt Ihnen.
00:19:40Chemie, so hieß es seinerzeit, schafft Brot, Wohlstand und Schönheit.
00:19:45Die 16-Jährige.
00:19:49Gibt es eine Frage zum Experiment?
00:19:51Nein.
00:19:52Ist klar, ja?
00:19:53So eine halbe Stunde Vorbereitungszeit, da ist Experiment durchgeführt.
00:19:58Das wird hier durchgeführt, im Raum, Marie-Louise.
00:20:05Was beobachten Sie?
00:20:08Das Magnesium und die Ethansäure reagieren miteinander.
00:20:12Und um den Wasserstoff nachzuweisen, zünde ich jetzt die Gas an.
00:20:17Das ist die sogenannte Knallgasprobe.
00:20:22Wenn ich einen schönen Versuch habe und der glückt mir und ich weiß richtig, wie das zusammenging, das macht mir Spaß.
00:20:28Aber ein bisschen was tun muss man auch zu Hause.
00:20:31Zum Beispiel jetzt mit der Prüfung.
00:20:33So aus den Ärmern einfach schütteln, hätte ich das nicht können.
00:20:36Nach Frankfurt in den Pfeiffletterberg.
00:20:38Und da kann man es ja ganz gut gebrauchen.
00:20:41War eine ganz gute Wiederholung.
00:20:43War schön, nicht?
00:20:44Was war eine Wiederholung? Eine Prüfung jetzt?
00:20:46Nein, überhaupt die ganze Lärm hier.
00:20:48Vorbereitung zur Prüfung?
00:20:49Vorbereitung zur Prüfung, ja.
00:20:50Ja, deswegen hatte ich sie an für Sie reingenommen.
00:20:52Zwei hatten Sie ja beide so verdient.
00:20:54Das war's. Und den Lehrbrief natürlich schon in der Tasche, wie es landesüblich Rede war.
00:21:00Elke auch. Und Gurat, den Freund auch.
00:21:04Und eigentlich war es Elke, weil wir Zettel hier.
00:21:12Ja, da kommt die ganz Einwandfreie.
00:21:14Die Juhu-Zeichne.
00:21:16Elke sollte der Freundin die Daumen drücken.
00:21:19Rückbauzeichen drin.
00:21:21Bis Frankfurt Oder ist der Weg noch ein gemeinsamer.
00:21:24Ich wollte eigentlich auch immer in die Stadt, weil sich das Leben hier doch viel leichter hielt.
00:21:28Ich wollte nicht so in der Landwirtschaft arbeiten.
00:21:31Könnte ich mir auch heute noch nicht vorstellen.
00:21:33Das wollte ich auf gar keinen Fall.
00:21:35Aber direkt jetzt so wie noch mal nach Goll zu verschlagen werden, würde mir nicht gefallen.
00:21:40Zu Besuch mal gerne, aber da leben.
00:21:45Also Chemie.
00:21:51NH3 Nachweis.
00:21:54Ach, den kann ich erst mal riechen.
00:21:58Nee, möchte ich nicht sagen.
00:22:02Der Anfang einer zweijährigen Lehre in der Betriebsberufsschule des Halbleiterwerks Frankfurt Oder.
00:22:08Marie-Luise will Laborantin werden.
00:22:10Die Kamera zieht ausdauernd zu.
00:22:15Dann brauche ich erstmal eine Zinkkanale.
00:22:19Damit eine Reaktion entsteht.
00:22:23Was soll denn entstehen?
00:22:25Es soll Wasserstoff entstehen.
00:22:31Kaum die Lehre begonnen, habe ich es dann schon zutiefst bereut.
00:22:34Und wollte eigentlich zu den Stenotanten da überwechseln.
00:22:39Selbst das hätte mir mehr Spaß gemacht.
00:22:41Das war eigentlich ein Fehlgriff, sagen wir mal.
00:22:44Thema Wechsel. Die 20-Jährige und die Liebe.
00:22:47Das war die Torschlusspanik.
00:22:50Wie sah denn das aus mit der Torschlusspanik?
00:22:53Da hat man sich Gedanken gemacht.
00:22:55Die sind alle verheiratet und der ist verlobt.
00:22:59Da musste ich jetzt auch langsam ernsthafte Gedanken machen.
00:23:02Aber es ist wieder vergangen.
00:23:05Das war eine Zeit, wo du auf das Heftigste tanzen gingst?
00:23:08Nee, da eigentlich gar nicht.
00:23:10Das war nach Abschluss der Lehre so.
00:23:12Als ich den Facharbeiterbrief in der Tasche hatte.
00:23:14Das war eine Zeit, wo man praktisch machen konnte, was man wollte.
00:23:17Die meisten haben nie geheiratet.
00:23:19Sie hatten ihren Wohnungsantrag.
00:23:21Sie hatten schon große Pläne.
00:23:23Bei mir war alles ziemlich finster.
00:23:25Das hat mich irgendwie beunruhigt.
00:23:29Also sollte man nicht mit 20 als Mädchen verheiratet sein?
00:23:32Nee, auf keinen Fall.
00:23:34Ich halte das eher für eine Krankheit.
00:23:36Die lassen sich alle anstecken.
00:23:38Die leiden vielleicht auch an Torschlusspanik.
00:23:42Die heiraten deswegen bloß.
00:23:44Genauso schnell wie sie zusammenlaufen,
00:23:46laufen sie auch wieder auseinander.
00:23:48Die haben sich vielleicht gar nicht vorher richtig erkannt.
00:23:51Die wissen eigentlich gar nicht, warum sie zusammen sind.
00:23:54Nur um verheiratet zu sein und auch mithalten zu können.
00:23:57Und mitreden zu können.
00:23:59Es gab ja auch welche, die haben sich kaum mit ihren Eltern unterhalten.
00:24:02Oder sind gar nicht so gerne nach Hause gefahren.
00:24:04Ich bin ja eigentlich jedes Wochenende nach Hause gekommen von Frankfurt.
00:24:07Das ist ja schon ein Zeichen, dass man sich wohl gefühlt hat.
00:24:10Zu Hause.
00:24:28Frühjahr 1975.
00:24:30Und eine Frage an Marie-Luise heute.
00:24:33Nun ging es immer selten um die Mutti,
00:24:36was sie für einen Einfluss auf dich gehabt hat.
00:24:39Nein, das ist anders, als wir das so sehen.
00:24:42Liebe zur Familie, das hat sie zu uns vermittelt.
00:24:46Vater war auch immer ein Familienmensch und wollte viele Kinder haben.
00:24:51Aber so das alles in die Realität umzusetzen,
00:24:56dass ein Kind glücklich ist, das war unsere Vertraute.
00:25:01Gerade in dem Alter, als ich auf der Suche war,
00:25:04einen Partner zu finden.
00:25:08So Erlebnisse, man hat nicht alles erzielt.
00:25:11Aber der größte Teil, was in Frankfurt war,
00:25:14hat sie sich immer sehr interessiert.
00:25:17Da haben wir uns eine ganze Weile hingesetzt und unterhalten.
00:25:20Hinter verschlossenen Türen.
00:25:22Das war wie eine Freundin.
00:25:29Der Tag war sehr schön gewesen.
00:25:32Mal in Berlin.
00:25:35Wir waren das 1. Mal in Berlin zusammen.
00:25:38Er studiert erst mal da.
00:25:40Ich versuche, auch Arbeit zu finden.
00:25:43Dass wir vielleicht mal eine Wohnung zusammen haben
00:25:47und uns ein Leben zusammen aufbauen.
00:25:50Das war ein kleiner Anfang gewesen.
00:25:56Im Frühjahr 1975 geht Marie-Luise mit Georg
00:25:59und erzählt davon ebenso unbefangen,
00:26:02wie sie sich mit ihm filmen lässt.
00:26:11Er wird Kapellmeister oder Chorleiter.
00:26:14Das ist eine Art Pädagoge.
00:26:16Das möchte er auch sehr gerne machen.
00:26:19Die ganze Musik liegt ihm an.
00:26:22Die Musiktheorie sehr.
00:26:24Er will eine Arbeit haben, die ihn ausfüllt.
00:26:28Wir kennen uns seit April 1974.
00:26:31Wenn wir richtig zusammen gehen,
00:26:34tun wir erst seit Januar 1975.
00:26:37Das ist deine 1. Liebe.
00:26:39Nein, die 1. ist nicht.
00:26:42Die 1. war auf dem 17.
00:26:45In Frankfurt im Internat.
00:26:47Ich darf ihn jetzt mal wieder hier sehen.
00:26:50Wir waren so gelandet mit 17.
00:26:53Wir hatten ganz andere Vorstellungen.
00:26:56Wir hatten nicht die Möglichkeit,
00:26:59dass er auf dem Himmeljagdmaß steht.
00:27:02Die Möglichkeiten bei uns sind beschränkt.
00:27:05Wir sehen uns entweder in seinem Zimmer,
00:27:08oder bei seiner Tante.
00:27:10Ab und zu fahren wir zu seinen Eltern,
00:27:13aber doch sehr selten.
00:27:15Bei mir zu Hause sehen wir uns nicht mehr da.
00:27:18Der liefert mich bloß ab vor dem Zaun bei uns.
00:27:22Gab es Krach bei dir?
00:27:24Ich weiß nicht.
00:27:26Das hätte wohl jeder je gemacht.
00:27:29Wenn er rausgeschmissen wird,
00:27:31dass er nie wieder aufkreuzt.
00:27:33Ich habe meine eigenen Vorstellungen.
00:27:36Was ich für richtig halte.
00:27:38Es hat immerhin lange gedauert,
00:27:41bis ich mich zur Durchierung habe.
00:27:44Um zu machen, was ich will.
00:27:47Worum würde es dir gehen in den nächsten Jahren?
00:27:52Ich möchte erst mal die Arbeit machen,
00:27:55die mir wirklich Spaß macht.
00:27:57Und möglichst viel aus meinem Leben machen.
00:28:00Und dann alles andere.
00:28:02Verheiratet, das geht so schnell.
00:28:07Mir geht es so, dass ich froh darüber bin,
00:28:10dass ich noch ledig bin.
00:28:12Auch noch kein Kind habe.
00:28:14Kinder können süß sein.
00:28:16Ja, die können süß sein.
00:28:18Aber die machen auch viel Arbeit.
00:28:20Da verbinden sich so viele Pflichten.
00:28:23Da ist die Freiheit eingeengt.
00:28:25Mit 20 muss das noch nicht sein.
00:28:28Bis jetzt habe ich es noch nicht bereut.
00:28:36Erst mal muss es so sein,
00:28:38dass ich das akzeptieren kann.
00:28:40Nicht, dass es einer ist,
00:28:42der alles macht, was ich will.
00:28:44Sondern von dem ich eine ganze Stange lernen kann.
00:28:49Und das hat sich mittlerweile schon gut entwickelt.
00:28:53Vielleicht, weil ich mich ein bisschen eingestellt hatte.
00:28:57Oder, dass er mich auch mehr einbezieht.
00:29:00Und nicht nur mal seins durchsetzen will.
00:29:03Sich auch nach mir richtet.
00:29:05Und sich auch von mir manche Sachen abguckt.
00:29:08Und sich nicht als absolut setzt.
00:29:10Sondern auch einsieht.
00:29:12Mensch, du hast ja recht.
00:29:14Auf dem Wege zur Schicht.
00:29:16Die ungeliebte Arbeit erweist sich als ein Fehlgriff von Dauer.
00:29:20Ich spreche damals auch darüber mit Marie-Luise.
00:29:23Und im Hinblick auf den Beruf?
00:29:25Seid ihr da richtig orientiert worden?
00:29:27Oder war das auch mehr Zufall,
00:29:29dass ihr nun diesen und keinen anderen Beruf habt?
00:29:32Da hat der Zufall auch ganz schön viel mitgespielt.
00:29:35Und in deinem Fall?
00:29:37Chemielaborante?
00:29:39Das war auch mehr oder weniger ein Zufall.
00:29:41Ein halbretter Werk.
00:29:43Ich bin Chemielaborante.
00:29:45Das ist alles, was ich tue.
00:29:47Ich habe einen sauberen Beruf.
00:29:49Und welchen?
00:29:51Kittel und so.
00:29:53Warum nicht?
00:29:59Sichten der Anschlüsse der Festkörperschaltkreise
00:30:02und vorbereiten aufs Bondern.
00:30:04Verstehe es, wer kann.
00:30:08Das Kollektiv für uns ist ganz gut.
00:30:10Und da fühlt man sich auch ganz wohl.
00:30:12Das macht auch viel aus, wenn das Kollektiv in Ordnung ist.
00:30:15Und verdienen tut man auch nicht schlecht bei uns.
00:30:18Obwohl die Arbeit nicht so ist, wie ich sie mir vorstelle.
00:30:21Gut, du machst deine Arbeit.
00:30:23Du bist auf der Qualitätsarbeit da.
00:30:25Aber ist das nicht das Eigentliche, was in dir drinsteckt?
00:30:28Dass man da immer wieder am Überlegen ist.
00:30:33Ich hatte schon immer als kleine Mädchen
00:30:35eine Tegma-Krankenschwester.
00:30:37Das hat mir meine Mutter ausgeredet.
00:30:39Es gab auch viele Lehrstellen.
00:30:41Aber ich kann mir heute noch gut vorstellen,
00:30:43dass mir der Beruf liegen soll.
00:30:47In Berlin war Marie-Louise auch eine ganz andere Idee gekommen.
00:30:50Stewardess? Sicher nicht schlecht.
00:30:53Wenn du sowas im Auge hast, Medizin und Menschen helfen,
00:30:56dann könnte ich doch nur sagen,
00:30:58dann ist aber der Beruf der Stewardess doch ein sehr oberflächlicher.
00:31:01Vielleicht willst du den lieber
00:31:03weil da hübsche Mädchen eben hingehen und so.
00:31:05Könnte man dir auch vorstellen.
00:31:07Fällt dich wohl, sieht gut aus.
00:31:09Du bist quasi eine Stewardess.
00:31:11Ne, naja.
00:31:13Ist das nicht wirklich ein oberflächlicher Beruf?
00:31:16Im Gegensatz zu der Krankenschwester oder so, sicher.
00:31:21Da zieht eben doch noch ein bisschen was von der Welt.
00:31:24Und vor allen Dingen,
00:31:26man macht das ja nicht sein ganzes Leben lang, ein paar Jahre.
00:31:29Und dann kann ich vielleicht noch später als Laborantin
00:31:31in einer Medizinerin arbeiten oder so.
00:31:33Vor allen Dingen
00:31:35man ist jeden Tag mit anderen Menschen zusammen.
00:31:38Du bist im Halbleiterwerk Vertrauensmann geworden.
00:31:42Wie wird man denn Vertrauensmann?
00:31:44Wie kam es dazu und warum gerade du?
00:31:46Na ja, vor allen Dingen.
00:31:48Man muss auch mal ab und zu die Mund aufmachen.
00:31:50In Versammlungen sind seine Meinungsfragen.
00:31:52Und ich schätze, das war auch das Ausdruckgebende bei mir,
00:31:55dass die Mund auf mich kamen und mich eben gewählt haben.
00:31:59Und mir macht die Arbeit auch Spaß.
00:32:03Also hast du auch in der Schule schon den Mund aufgemacht immer?
00:32:06Hast gelernt, auch zu widersprechen, wenn es sein muss?
00:32:10Na ja, man hat ja auch seinen Kopf nicht und kann auch damit denken.
00:32:14Und warum sollte man dann nicht sagen, was man denkt?
00:32:18Dann wird man immer schweigend und arm gesagt.
00:32:24Da wird ja auch nichts geändert.
00:32:26Und das ist ja auch so.
00:32:28Schweigend und arm gesagt.
00:32:31Da wird ja auch nichts geändert.
00:32:33Dann hat irgendjemand damit geholfen.
00:32:35Na ja, also.
00:32:37Wenn man was verändern will, muss man sich durchsetzen.
00:32:39Hast du überhaupt die Eigenschaft, das zu tun?
00:32:41Oh ja, doch, die Eigenschaft, sag ich.
00:32:43Hat man es da dann schwierig?
00:32:45Das ist doch unbequem, ne?
00:32:47Nicht so schön finde ich die bequeme Tour gar nicht.
00:32:49Die ist eher unbehaglich.
00:32:52Wenn man seinem Herz ein bisschen Luft machen kann, ist es doch viel schöner.
00:32:59Na?
00:33:04Zuerst, wie geht's, was?
00:33:06Wie immer.
00:33:12Ja, ja.
00:33:15Drei Jahre später, 1978.
00:33:19Polnische Kolleginnen sind hinzugekommen.
00:33:21Und sonst das Gleiche in Farbe.
00:33:24Marie-Louise könnte inzwischen Meisterin sein,
00:33:26aber dafür fehlt ihr jegliche Motivation.
00:33:29Damals, formulieren wir zurückhaltend,
00:33:32diese Arbeit hat ihren Automaten bisher nicht gefunden.
00:33:35Jetzt nehmen sie noch Mary aus Goldsoe
00:33:37und Rosi oder Ella aus Bubice dazu.
00:33:39Da kann man seine Augen ausrauen.
00:33:41Es blieb hier dabei.
00:33:43Fortschritt als Losung und Kampfprogramm.
00:33:45Ella, hier, Weihnachten aber nur.
00:33:48Und dann dazu.
00:33:50Weihnachten zwei.
00:33:52Schwięta.
00:33:54Schwänta.
00:33:56Okay.
00:33:58Und jetzt.
00:34:04Aus Kolleginnen wurden Freundinnen.
00:34:08Bei Ella auf der anderen Seite der Oder.
00:34:10Die ist verheiratet, hat zwei Kinder,
00:34:12wohnt in einem Wohnzimmer.
00:34:15Die ist verheiratet, hat zwei Kinder,
00:34:17wohnt sehr beengt.
00:34:19Marie-Louise will Polnisch lernen.
00:34:27Das ist meine Arbeitskollegin, Ella Aleksejew.
00:34:29Und wir arbeiten schon ziemlich lange zusammen.
00:34:33Ella, wie lange seit 1973 jetzt schon nicht mehr?
00:34:35Schon fünf Jahre.
00:34:39Später ist die Mary eine Ausnahme,
00:34:41dass sie Polnisch lernt?
00:34:44Verstehst du Ausnahmen?
00:34:46Nein.
00:34:48Ich bin so eine extra Freundin,
00:34:50deswegen spreche ich nur Polnisch.
00:34:52Nein.
00:34:54Auch andere Freundinnen?
00:34:57Was kaufst du dem Mann für Weihnachten?
00:35:01Keine Ahnung.
00:35:03Und wie viel?
00:35:05Wie für jede Freundin.
00:35:07Wie viele Freundinnen hast du?
00:35:13Du meinst meine Eltern?
00:35:15Nein, deinen Mann.
00:35:17Deinen Mann.
00:35:19Wenn ich eine Weile nicht spreche,
00:35:21merke ich, dass mir einige Wörter fehlen.
00:35:23Aber ich denke,
00:35:25wir bleiben in brieflichem Kontakt,
00:35:27nicht Ella?
00:35:29Ja.
00:35:31Und wir möchten uns eigentlich auch mal
00:35:33gegenseitig besuchen.
00:35:35Ich möchte mich ja auch mal revanchieren.
00:35:45Drei von 4.000,
00:35:47das Ende der A-Schicht.
00:35:49Für Marie-Louise schon fünf Jahre
00:35:51im Rhythmus Früh-Nacht-Spät.
00:35:53Wie denkt sie heute über die Zeit?
00:35:55Ja, das war so
00:35:57frohes Jugendleben.
00:35:59Es war einfach Leben da.
00:36:01Das hat mir daran so gut gefallen.
00:36:03Ja, sekundär.
00:36:05Aber so, das ganze Umfeld.
00:36:07Ist das jetzt ein Verlust überhaupt,
00:36:09dass es dieses Gemeinsame
00:36:11nicht mehr so recht gibt?
00:36:13Dass jeder so ein bisschen für sich ist?
00:36:15Ja, als Verlust.
00:36:17Auch so, die sich früher gut Freund waren.
00:36:19Einer kämpft gegen den anderen.
00:36:27Morgen wird Marie-Louise heiraten.
00:36:29Aber der Bräutigam
00:36:31heißt nicht Georg,
00:36:33heißt Hans Steffen.
00:36:35Sie ist 23, er 27.
00:36:37Sie kennen sich eineinhalb Jahre.
00:36:41Zu unpassender Stunde
00:36:43komme ich Marie-Louise noch einmal
00:36:45mit dem Namen Georg.
00:36:47Du hattest ja mal ein Klavierlehrer hier im Haus,
00:36:49ist das richtig?
00:36:51Eigentlich mehrere, ja, einen jungen Mann auch.
00:36:53Und wenn ich dich heute danach frage,
00:36:55wie denkst du denn über
00:36:57die Geschichte mit Georg,
00:36:59die wir damals gefilmt haben?
00:37:01Naja,
00:37:05die Zeit war da gewesen und
00:37:07eine ganz schlechte Zeit war es
00:37:09auch nicht.
00:37:11Die ist so richtig
00:37:13in den Hintergrund für mich gerückt.
00:37:15Ist das eine wichtige
00:37:17Erfahrung für dich gewesen?
00:37:19Naja, für mich
00:37:21selbst, ja auch.
00:37:23Aber eigentlich vielleicht auch,
00:37:25um vielleicht meinen Schwestern Ratschläge zu geben,
00:37:27wenn sie jetzt ihre Männer aufsuchen,
00:37:29worauf die vielleicht achten sollten
00:37:31oder der Mann
00:37:33auf keinen Fall für eine Eigenschaft haben darf
00:37:35und so weiter.
00:37:39Meine Mutter hat vor Freude geheult, als sie gehört hat,
00:37:41dass Schluss ist.
00:37:43Gott sei Dank, meine arme Tochter.
00:37:45Gut, der kann ja jemand finden,
00:37:47aber warum muss es gerade meine Tochter sein?
00:37:49Der ertaugt nichts.
00:37:51Und wie kam sie zu dem Schluss?
00:37:53Nein, den mochte sie nie.
00:37:55Mit mütterlichem Instinkt
00:37:57wusste sie
00:37:59und Steffen fand sie von Anfang an gut.
00:38:01Er hat Feuer und Flamme.
00:38:03Und er hat ja heute auch noch keine Familie.
00:38:05Also das Beste für ihn. Warum?
00:38:07Das, was er verredete,
00:38:09was sie da so misstrauisch machte,
00:38:11oder was war das eigentlich?
00:38:13Sein ganzer Lebensstil,
00:38:15seine ganze Art
00:38:17und mit sich selbst
00:38:19noch nicht im Reinen
00:38:21und einfach nicht in der Lage,
00:38:23und ich wollte ja auch immer eine Familie haben,
00:38:25heiraten, eine Familie,
00:38:27richtig so alt hergebracht,
00:38:29dass er dafür
00:38:31denkbar ungeeignet war.
00:38:33Und damit hatte sie auch eigentlich verdammt recht.
00:38:37Frau Hübner, Herr Hübner,
00:38:39was arbeiten Sie hier in Golze,
00:38:41was ist Ihr Beruf?
00:38:43Wir sind jetzt, meine,
00:38:45im Kuhstall beschäftigt,
00:38:47als Melker.
00:38:49Meine Frau geht natürlich
00:38:51auf den Tags.
00:38:53Und wie viele Kinder haben Sie?
00:38:57Insgesamt sechs.
00:38:59Und die Marie-Louise ist die älteste
00:39:01und die heiratet nun?
00:39:03Ja, die älteste von den Mädels.
00:39:05Was gefällt es dir, Marie?
00:39:07Ach, glaube schon,
00:39:09eine Gummifalle gefällt mir auch.
00:39:11Ist irgendwas, pickt irgendwas
00:39:13am Kopf, lästig?
00:39:15Nee, ich mag nicht.
00:39:17Und was wünschen Sie ihr nun
00:39:19an den Tagen der Hochzeit?
00:39:23Ja, das ist eine schwierige Frage.
00:39:29Naja, vor allen Dingen
00:39:31wünsche ich ihr,
00:39:33dass sie doch
00:39:35also treu sein möge in der Ehe.
00:39:37Denn ich glaube,
00:39:39das ist das Wichtigste.
00:39:43Und ich möchte sagen,
00:39:45dass es doch ziemlich lange hat gedauert,
00:39:47bis sie den Richtigen gefunden hat.
00:39:49Und man sagt ja immer,
00:39:51ein Sprichwort heißt,
00:39:53was lange dauert, wird gut.
00:39:55Und ich bin eigentlich glücklich
00:39:57und feiere die Hochzeit gerne.
00:39:59Denn Steffen, also,
00:40:01glaube ich,
00:40:03dass doch der Richtige
00:40:05für sie ist.
00:40:13Du beginnst dein Leben zu zweit.
00:40:15Was hast du dir vorgelegt,
00:40:17was man sich da vornehmen sollte als Frau?
00:40:19Was hast du dir vor?
00:40:21Ja, jedenfalls das Beste.
00:40:23Nicht, dass ich da eine Etage tiefer lande
00:40:25als Scheidungsarbeiter.
00:40:27Ja, Herr Hübner,
00:40:29nun ist es ja keine kirchliche Hochzeit,
00:40:31wie wir ja uns vielleicht alle gedacht hätten.
00:40:33Denn sie ist getauft und konfirmiert.
00:40:35Bedauern Sie das ein wenig
00:40:37oder wie sehen Sie das?
00:40:39Die Sünden der Väter
00:40:41werden an den Kindern eingesucht.
00:40:43Die Sünden, die unsere Väter
00:40:45vor 100 Jahren gemacht haben.
00:40:47In der Kirche, meine ich,
00:40:49als Christen.
00:40:51Denn
00:40:53da gehörte ja alles zur Kirche
00:40:55und mancher
00:40:57hat ja auch
00:40:59bloß geheuchelt,
00:41:01weil es eben
00:41:03so üblich war.
00:41:05In Wirklichkeit, Christen waren sie ja damals
00:41:07auch nicht.
00:41:09Steffen ist ja nun wieder
00:41:11ganz anders als Georg.
00:41:13Ja, ganz anders.
00:41:15Was macht Dich jetzt sicher?
00:41:17Ich weiß auch nicht,
00:41:19meine innere Stimme vielleicht.
00:41:21Keine kirchliche Hochzeit?
00:41:23Wer ist dieser Hans Steffen,
00:41:25der sich gleich selbst zum Standesamt
00:41:27nach Seelow chauffieren wird?
00:41:29Das Kennzeichen seines Autos weist ins Sächsische.
00:41:31Der 25. August 1978.
00:41:33Ich darf Sie bitten,
00:41:35mit aller Anwesenheit,
00:41:37sich von den Plätzen zu erheben.
00:41:49Herr Seidel,
00:41:51ist es Ihr Wille,
00:41:53die Ehe mit Marie-Louise Hübner
00:41:55einzugehen
00:41:57und sie zu retten?
00:41:59Ja.
00:42:01Frau Lein-Hübner,
00:42:03ist es auch Ihr Wille,
00:42:05die Ehe mit Hans Steffen Seidel einzugehen
00:42:07und den gewählten gemeinsamen
00:42:09Familiennamen Seidel zu führen?
00:42:11Ja.
00:42:13Herr Seidel,
00:42:15ich möchte Sie bitten,
00:42:17dass Sie den Ring Ihrer Frau anstecken.
00:42:21Frau Seidel,
00:42:23Sie bitte Ihren Mann.
00:42:29Das Brautpaar darf sich küssen.
00:42:37Damals sagt Marie-Louise,
00:42:39dass Steffen nur da einer Partei ist
00:42:41und das passt ihm alles
00:42:43nicht so richtig, aber so als Mensch
00:42:45gefällt ihm sein Schwiegersohn
00:42:47eben sehr. Die diskutieren
00:42:49manchmal und ich bin die dritte
00:42:51Person dabei.
00:42:55Und
00:42:57so möchte ich
00:42:59euch ein Wort aus der
00:43:01Bergpredigt mit auf den Weg geben.
00:43:05Jesus Christus sagt,
00:43:07geht ein durch die
00:43:09enge Pforte, denn die Pforte
00:43:11ist eng und der Weg ist
00:43:13schmal, der zum Leben führt
00:43:17und es sind wenige, die ihn finden
00:43:19und die Pforte
00:43:21ist weit und der Weg ist
00:43:23breit,
00:43:25der zur Verdammnis abführt
00:43:27und ihre sind viele,
00:43:29die darauf handeln.
00:43:31In diesem Sinne
00:43:33treibe ich euch das Buch.
00:43:37Dem streitbaren Christen
00:43:39folgt der zuversichtliche Genosse.
00:43:41Anders gesagt, Schwiegervater
00:43:43wird sie jetzt wieder aufrichten.
00:43:45Liebe Marie-Louise,
00:43:47lieber Steffen,
00:43:49liebe Gäste,
00:43:51ihr seid junge,
00:43:53lebensfrohe,
00:43:55intelligente und
00:43:57arbeitsame Menschen
00:43:59und wir meinen,
00:44:01dass euch schon anhand
00:44:03dieser persönlichen Qualitäten
00:44:05um eure Zukunft
00:44:07nicht bang sein braucht.
00:44:13Bei Hochzeiten
00:44:15stoßen eben auch Elternhäuser
00:44:17aufeinander.
00:44:21Zum Wohl.
00:44:25Vom neuen Kulturhaus heimwärts.
00:44:27Es ist der Weg, den Marie-Louise
00:44:29zur Schule ging.
00:44:31Das Melkers Älteste macht Hochzeit.
00:44:33Es ist ein stürmischer
00:44:35Sommertag und niemand steht und schaut.
00:44:39Im fernen Kasachstan bereitet sich
00:44:41ein Sigmund Jahn auf seinen Kosmosflug
00:44:43vor. Gelingt er,
00:44:45wird man ihn morgen kennen.
00:44:47Jahn kommt, von wo auch Steffen
00:44:49kommt.
00:44:51Steffen, was sind Sie für ein Beruf?
00:44:53Offizier, MVA.
00:44:55Bist du eine Offiziersfrau, Marie?
00:44:57Ja.
00:44:59Hast du dir mal überlegt, was das
00:45:01vielleicht auch bedeutet?
00:45:03Bin ich schon.
00:45:05Manche Leute haben mir schlimme
00:45:07Sachen vorausgesagt.
00:45:09Das ist das Schwerste als
00:45:11Offiziersfrau.
00:45:13Was ist daran schwer?
00:45:15Es sollen viele Empfehlungen sein,
00:45:17weil man von anderen berufen wird.
00:45:19Ich kannte Steffen nicht anders.
00:45:21Ich wusste das von Anfang an.
00:45:29Wo diese MiG-21
00:45:31einsatzbereit gehalten wurde,
00:45:33durfte unser Film seinerzeit nicht verraten.
00:45:35Und heute ist es ohne Belang.
00:45:39Und was die Kamera von Steffens Arbeit,
00:45:41die gar nicht Design war, zeigen konnte
00:45:43und sollte, war dies.
00:45:47Muss man sich hier anpassen,
00:45:49wenn man
00:45:51in die Idee eingeht,
00:45:53zusammenleben?
00:45:55Die totale Anpassung würde ich
00:45:57persönlich ablehnen, aber
00:45:59eine gewisse Anpassung ist bestimmt dabei.
00:46:05Das wollte ich auch sagen.
00:46:07Bestimmten Dingen ist Anpassung nötig,
00:46:09um sich gegenseitig
00:46:11zu ergänzen.
00:46:13Was sind die nächsten Pläne?
00:46:15Wir warten erst mal sehr auf eine Wohnung.
00:46:17Wenn wir die haben, werden wir anfangen,
00:46:19die Wohnung einzurichten.
00:46:21Und ein bisschen Urlaub machen
00:46:23im Sommer, ein bisschen ins Ausland fahren.
00:46:25Und mit dem Kind
00:46:27wollen wir noch ein bisschen warten,
00:46:29bis wir ihn erst mal voneinander haben.
00:46:31Dann kann vielleicht auch mal ein Kind kommen,
00:46:33aber auf keinen Fall.
00:46:37Die Jungverheirateten sehen sich,
00:46:39wenn die Lücken in seinem Dienstplan
00:46:41und ihrem Schichtplan übereinstimmen.
00:46:43Marie-Luise hat noch ihr Zimmer im Wohnheim,
00:46:45Steffen seins im Objekt.
00:46:47Der Winter 78-79.
00:46:49Die Oder ist bis Frankfurt
00:46:51zugefroren.
00:47:13Wie heißt sie denn?
00:47:15Maria, Stefanie.
00:47:19Und wie alt ist sie jetzt?
00:47:21Die ist jetzt dreieinhalb Wochen.
00:47:25Und wie alt ist sie jetzt?
00:47:27Die ist jetzt dreieinhalb Wochen.
00:47:31Gerade frisch geschlüpft.
00:47:33Geboren am 16. März 1999,
00:47:35die Mutter von Marie-Luise
00:47:37und ihr Sohn Stefan.
00:47:39Gerade frisch geschlüpft.
00:47:41Geboren am 16. März 1980
00:47:43in Königs Wusterhausen bei Berlin.
00:47:47Zweieinhalb Zimmer
00:47:49für zweieinhalb Personen.
00:47:51Norm.
00:47:53Marie-Luise arbeitete hier bis eben
00:47:55in einem chemischen Forschungsinstitut der Armee
00:47:57und Steffen ist jetzt im militärischen Bereich
00:47:59des Flughafens Schönefeld stationiert.
00:48:01Nun sind beide Geheimnisträger.
00:48:05Worüber redet man da vor der Kamera?
00:48:09Wie lange seid ihr denn verheiratet?
00:48:11Wie lange sind wir denn schon?
00:48:13Seit 78.
00:48:15Während zwei Jahre im August.
00:48:17Und was hat sich so ereignet
00:48:19in der Zeit? Erzählt mal ein bisschen.
00:48:21Na, wir waren im Urlaub
00:48:23und haben ein Kind bekommen.
00:48:25Habt ihr euch jetzt gewünscht
00:48:27zu dem Zeitpunkt so?
00:48:29Ja, so ungefähr sollte das kommen.
00:48:33Fühlt sich's bequemer hier so
00:48:35als im Kreuzhof vergleichsweise?
00:48:37Naja, ist ein bisschen ne Umstellung.
00:48:39Das ist überhaupt nicht zu vergleichen.
00:48:41Das ist schon günstiger für uns.
00:48:47Im Sommer 81 fährt Steffen mal wieder
00:48:49mit Marie-Luise und Maria-Stefanie in Goldsofor
00:48:51und lässt sich filmen.
00:48:53Das wird sich ändern.
00:48:55Einige seiner Chefs
00:48:57beargwüllen den Kontakt mit den Schwiegereltern
00:48:59und der DEFA.
00:49:01Aber das wissen wir damals noch nicht.
00:49:03Seid uns herzlich willkommen.
00:49:05Guten Tag.
00:49:07Guten Tag, Ise.
00:49:09Heute großes Familientreffen.
00:49:11Gibt's einen Anlass dafür?
00:49:13Schöne Wetter.
00:49:15Schöne Wetter und Urlaub.
00:49:19Du musstest Steffen gleich wieder filmen lassen.
00:49:21Wie findest du das?
00:49:23Belastend.
00:49:25Alle lachen.
00:49:27Warum ist das belastend?
00:49:29Naja, das ist mehr
00:49:31Steffens Schlagwort.
00:49:35Aber aus Familiendisziplin machst du mit, oder?
00:49:39Der Mensch bist du nicht, der das mag.
00:49:41Gezwungenermaßen.
00:49:43Um die Ehe nicht zu zerstören.
00:49:47Gäb's denn Probleme?
00:49:49Müsst ihr denn da aufpassen?
00:49:51Naja.
00:49:53Man muss immer aufpassen, möchte ich sagen.
00:49:55Ich sagte ja neulich,
00:49:57dass es eigentlich ganz gut ist,
00:49:59wenn die Kinder etwas hintereinander kommen.
00:50:01Nicht, dass da also
00:50:03fünf oder sieben Jahre
00:50:05Zwischenzeit sind.
00:50:07Denn dann
00:50:09können die Kinder
00:50:11gar nicht zusammen spielen.
00:50:13Weil ja der Altersunterschied zu groß ist.
00:50:17Wie ist es denn mit der Weltlage so?
00:50:19Herr Schönherr, wenn Sie das so betrachten,
00:50:21kriegt man ja ein bisschen Angst
00:50:23für die Kinder, was?
00:50:25Eigentlich bin ich da sehr zuversichtlich.
00:50:27Wir sind ja eigentlich
00:50:29stark und haben gute Verbündete.
00:50:31Und
00:50:33wenn der Kampf
00:50:35um Frieden so weitergeführt wird, wie bisher,
00:50:37denke ich, dann werden wir
00:50:39unsere Welt schon so erhalten, wie sie ist.
00:50:41Und vielleicht noch schöner machen.
00:50:47Im November 81
00:50:49bekommt Marie-Louise Besuch von Ella,
00:50:51der Polin.
00:50:53Steffen hat Dienst und will davon
00:50:55auch gar nicht erst wissen.
00:50:59Gehen wir weiter.
00:51:01Bitteschön.
00:51:03Das war die große Zeit der Solidarność.
00:51:05Viel Unruhe hier
00:51:07im sozialistischen Lager.
00:51:09Ängste auch bei vielen Leuten
00:51:11hier. Wie geht das weiter, ne?
00:51:13Vor allem bei denen, die
00:51:15politisch sich engagiert hatten.
00:51:17Ich wollte gerade sagen, von Ängste war bei mir nicht die Rede.
00:51:19Im Gegenteil, endlich passiert mal was.
00:51:23Ängste hatten andere, ja.
00:51:25Ella, ist man froh,
00:51:27dass man jetzt arbeiten kann hier
00:51:29auf der DDR-Seite? Ja.
00:51:31Ist das so? Ja, ist schön.
00:51:35Wie denkst du über die Zukunft
00:51:37deines Landes?
00:51:39Bist du pessimistisch
00:51:41oder optimistisch?
00:51:43Optimistisch.
00:51:45Konnte Marie-Louise von der DDR nichts sagen.
00:51:47Schön stagnieren, bloß nichts Neues.
00:51:49Bloß nicht weiterentwickeln.
00:51:51Schön immer runterhalten.
00:51:53Stülpen hatte ja da auch
00:51:55indirekt Probleme durch die Solidarność,
00:51:57weil sich Vater mit Solidarność-Material
00:51:59an der polnischen Grenze hat erwischen lassen.
00:52:01Naja, ein bisschen ist schlimm,
00:52:03aber so schlimm ist es gar nicht.
00:52:05Sehen wir das falsch?
00:52:07Das sagt mein Vater, der war jetzt zu Besuch in Polen
00:52:09und sagt, so schlimm ist es nicht,
00:52:11wie uns immer erzählt wird.
00:52:13Also, die können
00:52:15schon noch leben, aber
00:52:17naja, ein bisschen
00:52:19vom, wie heißt denn,
00:52:21von
00:52:23anderen Ländern?
00:52:25Hilfe.
00:52:27Also,
00:52:29von den anderen Ländern
00:52:31machen die mehr,
00:52:33also,
00:52:35Propaganda.
00:52:37Der Solidarność,
00:52:39zu Hilfe zu kommen, war von dieser SED
00:52:41auch nicht zu erwarten.
00:52:43Und Vater, für sie ein Watzillen-Träger.
00:52:45Propaganda.
00:52:47Also,
00:52:49er hat es ganz offen mitgenommen und so
00:52:51und wurde kontrolliert.
00:52:53Und da sagt man, was haben Sie denn hier?
00:52:55Was haben Sie denn für einen Schwiegerfahrer?
00:52:57Den haben Sie dann ja im Flugzeug, wo er nicht
00:52:59weg konnte, ihn dann abgefangen
00:53:01und dann hier Sprech geführt und so weiter.
00:53:03Er schreibt doch für westdeutsche
00:53:05Zeitungen und so, wie sieht es denn aus?
00:53:07Und lässt sich dafür bezahlen.
00:53:09Davon weiß ich nichts, das glaube ich auch
00:53:11nicht. Also, wir haben so richtige Logen, richtig,
00:53:13ja, richtige Logen.
00:53:15Mensch, komm du doch mal mal,
00:53:17deine Kühe, die sind ja so stur.
00:53:21Du hast doch auch
00:53:23einen Winterkurs mitgebracht.
00:53:25Ja.
00:53:27Wir sind jetzt beide im Kuhstall
00:53:29beschäftigt. Meine Frau geht
00:53:31natürlich halbtags.
00:53:33Ja, Frau Hübner, die Marie-Louise haben wir ja auch mal gefilmt
00:53:35hier. Bist du da noch als
00:53:37Würztierier? Ja, im
00:53:39UTP. Ja, und dann denkt man so,
00:53:41na, vielleicht wird sie das. Vielleicht wird sie
00:53:43Tierpflegerin, vielleicht wird sie Melkerin.
00:53:45Na ja, es hat ihr Spaß gemacht,
00:53:47aber, na, wollte ich
00:53:49dann doch nicht.
00:53:51Aber als Chemielaborantin scheint sie
00:53:53mir auch nicht so sehr glücklich geworden zu sein.
00:53:55Naja,
00:53:57sie hat dann doch gesagt,
00:53:59sie hätte doch das müssen
00:54:01werden, was sie erst
00:54:03im Aura hatte, Lehrerin, ja.
00:54:05Aber man wusste
00:54:07ihr nur auch nicht. Na, und
00:54:09Krankenschwester, sagte sie, hätte sie auch mal
00:54:11Interesse gehabt. Ja. Da hätte sie abgeraten.
00:54:13Warum eigentlich?
00:54:15Naja,
00:54:17ach, man weiß das immer. Die müssen das
00:54:19alleine am besten entscheiden, nicht? Das ist
00:54:21dann nachher, dann
00:54:23kommt, ist es doch anders als...
00:54:27Frau Hübner, sie hat mal
00:54:29gesagt, als sie sie nach ihrem Beruf fragte,
00:54:31na ja,
00:54:33ich arbeite als Melker. Sie waren ja mal
00:54:35Bauer. Ist das nur weniger?
00:54:37Ist man bloß noch als Melker arbeitet?
00:54:39Doch, ich möchte sagen, das ist bedeutend
00:54:41weniger.
00:54:43Denn
00:54:45wir sind ja
00:54:47hier von vielen
00:54:49Leuten abhängig.
00:54:51Und
00:54:53die ganze Einteilung und
00:54:55nicht alleine
00:54:57bloß das. Wir
00:54:59kriegen ja unser Futter nun sogar
00:55:01von einer anderen Firma.
00:55:03Aber Verantwortung, finde ich,
00:55:05haben sie genügend bei 140 Tieren
00:55:07hier.
00:55:11Die
00:55:13Verantwortung,
00:55:15die
00:55:17trifft uns ja gar nicht.
00:55:19Insofern,
00:55:21wenn jetzt Kühe krank werden
00:55:23und so weiter, das hat ja auch
00:55:25seine Ursache. Zum Beispiel,
00:55:27die Kälber, im Winter
00:55:29hauptsächlich, die kriegen
00:55:31den Durchfall. Und man kann sich auf den Kopf
00:55:33stellen, sie kriegen dann doch Durchfall.
00:55:35Es muss irgendwie
00:55:37eine vitaminarme
00:55:39Ernährung liegen.
00:55:41Nee, das ist schon sehr schön, dass die Zelt
00:55:43hinter uns liegt und man kann eigentlich nur noch schmunzeln.
00:55:45Aber wenn man jetzt so direkt
00:55:47wieder sieht, da könnte ich mich
00:55:49total echauffieren darüber.
00:55:51Merkst du ja.
00:55:53Dich lässt das cool?
00:55:55Ja, er ist ja sowieso cool. Er lacht da.
00:55:57Er sagt am ehesten, du dich darüber
00:55:59auf. Aber nee.
00:56:01Na, sind Sie denn
00:56:03können Sie die Struktur hier so sehen, in der
00:56:05Goldshore LPG?
00:56:07Ja, es ist insofern
00:56:09ja, die
00:56:11Eigeninitiative
00:56:13völlig erlebend.
00:56:15Haben Sie das mal
00:56:17zur Diskussion gestellt?
00:56:21Ja, schon sogar öfter.
00:56:23Machen Sie sich unbeliebt
00:56:25damit, oder?
00:56:27Zum Beispiel ging es
00:56:29hier auch um die kaputten Säcke
00:56:31und dann
00:56:33die müssten
00:56:35doch gepflegt werden. So reich
00:56:37sind wir ja nun nicht, dass wir
00:56:39nun jeden Sack, der nur
00:56:41ein Loch hat, ein größeres Loch
00:56:43nun gleich wegwerfen können.
00:56:45Wie könnte man denn die Jungleute zu einer
00:56:47besseren Arbeitsmoral bringen?
00:56:49Mehr ein Ringkampf als ein Interview.
00:56:51Und ich auf verlorenen Posten.
00:56:53Ich kann es nicht begreifen, was es heißt,
00:56:55Bauer zu sein und in der LPG zu arbeiten.
00:56:57Mehr Gerechtigkeit
00:56:59als Arbeitsbewertung.
00:57:01Das stimmt nicht, meinen Sie?
00:57:03Das stimmt nicht, nein.
00:57:05Ich habe mir das
00:57:07selbst beigebracht.
00:57:09Ich machte den Vorschlag, wir könnten doch
00:57:11in den Pausen hier doch
00:57:13die kaputten Säcke pflicken.
00:57:15So viel sind es ja nicht.
00:57:17Ich machte den Vorschlag, wir könnten doch
00:57:19in den Pausen hier doch
00:57:21die kaputten Säcke pflicken.
00:57:23So viel sind es ja nicht.
00:57:25Aber das wurde irgendwie abgedreht.
00:57:27Und ich machte mir das
00:57:29selbst bei, pflickte Säcke.
00:57:31Und
00:57:33ja sogar der
00:57:35Vorsitzende kam dazu
00:57:37einmal und sagte, ja meinen Sie,
00:57:39Sie kriegen diesen Satz nochmal zurück?
00:57:41Ja.
00:57:43Also Vater hat es mit dem
00:57:45Thema Verantwortung, natürlich.
00:57:47So habt ihr ihn auch immer wieder erlebt.
00:57:49Dass es eben um das sich verantwortlich
00:57:51fühlen geht, ist richtig.
00:57:53Dann hätte es auch
00:57:55stattfinden können im Sozialismus,
00:57:57wenn alle so gewesen wären.
00:57:59Aber so nicht. Und nur über das Portemonnaie
00:58:01erziehst du. Das wissen wir ja.
00:58:03Nur über den Geldbeutel.
00:58:13Der Winter 82-83
00:58:15am Rennsteig im Thüringer Wald.
00:58:17Maria, wie man sie jetzt
00:58:19nur noch ruft, ist hier vor vor
00:58:21gestern drei Jahre alt geworden.
00:58:23Nebelspaziergänge
00:58:25rund um das Erholungsheim der
00:58:27Nationalen Volksarmee.
00:58:29Dennoch wird beobachtet und
00:58:31aktenkundig, dass wir Steffen wieder einmal
00:58:33filmen und sogar befragen.
00:58:35Er wird daraus
00:58:37Schlussfolgerungen ziehen müssen.
00:58:41Urlaub im Frauenwald.
00:58:43Woran denkt man denn da so
00:58:45an Regentagen wie heute?
00:58:47Na man denkt dran,
00:58:49dass das Wetter besser wird.
00:58:51Ist der letzte Urlaub
00:58:53dann kommt ein zweites Kind?
00:58:55Naja,
00:58:57der letzte Urlaub vor dem zweiten Kind, genau.
00:58:59Der letzte wird's ja nicht mehr.
00:59:03Und das Kind wollte dir?
00:59:05Naja, bei mir war es ein bisschen
00:59:07nicht ganz so
00:59:09gewollt, aber meine Frau hat mich
00:59:11überzeugt, dass zwei Kinder
00:59:13besser sind.
00:59:15Die hat ja dann letztendlich doch das
00:59:17Sagen.
00:59:19In dem Fall.
00:59:21In so einem Fall, ja.
00:59:23Hat er sonst das Sagen?
00:59:27Auch davon halten
00:59:29eigentlich beide nicht, dass
00:59:31irgendjemand unter der Füchtel des anderen ist.
00:59:33Nö, nö. Also
00:59:37vielleicht kommt das Ausstehen
00:59:39manchmal so vor.
00:59:41Aber wir fühlen uns beide recht wohl
00:59:43so wie wir miteinander leben.
00:59:45Nun kommen die Probleme ja nicht erst im
00:59:47siebten Jahr, die kommen ja früher.
00:59:49Ja, eben.
00:59:51Ihr siebentes Jahr, Jahr der Hochrüstung.
00:59:57Na, eigentlich
00:59:59zeigt das ja schön, dass wir uns
01:00:01trotzdem ein Kind angeschafft haben, dass wir nicht
01:00:03pessimistisch sind, sondern eben die
01:00:05ganze Sache optimistisch sehen und
01:00:07davon ausgehen ich jedenfalls,
01:00:09dass letztendlich doch die Vernunft
01:00:11und das Progressive
01:00:13siegt. Also
01:00:15dass der Frieden für uns alle
01:00:17erhalten bleibt. Also manchmal kann
01:00:19einem schon immer Angst und Bange werden.
01:00:21Vor allen Dingen
01:00:23vor solchen Typen
01:00:25wie dem Regen in den USA.
01:00:27Also ist mir manchmal
01:00:29unbegreiflich, ja, wie solche Leute überhaupt
01:00:31hier noch in der Macht bleiben können.
01:00:33Naja, vielleicht bringen die Wahlen in den USA
01:00:35wieder ein bisschen
01:00:37uns weg hier so
01:00:39vom Atomtod.
01:00:41Jetzt haben wir erst mal drüben die CDU an der Macht.
01:00:43Und dein Vater freute sich darüber
01:00:45vielleicht sogar?
01:00:47Mein Vater, nein.
01:00:49Der war und ist mit Leib und Seele
01:00:51Anhänger der SPD.
01:00:53Und der würde
01:00:55schniebelieren, ja, was die CDU macht.
01:00:57So verbissen und so hasserfüllt.
01:00:59Damals habe ich dich
01:01:01gefragt, du wirst eine Offiziersfrau.
01:01:03Wie denkst du heute darüber,
01:01:05nachdem du es dann bist?
01:01:09Naja, manche Sachen, die hat man
01:01:11dann erst erfahren,
01:01:13nachdem man dann verheiratet war.
01:01:15Aber so, dass ich es jetzt bereuen würde,
01:01:17so ist es auch nicht.
01:01:19Würdest du ihn immer wieder heiraten?
01:01:21Ich würde ihn immer wieder heiraten, ja.
01:01:23Aber in mancher Hinsicht
01:01:25trägst du das schwerere Teil nicht.
01:01:27Hast du auch noch was drinnen?
01:01:29Im Elternhaus
01:01:31erwartet uns Vater, wohl vorbereitet
01:01:33zu einem neuen Interview.
01:01:35Und Mutter hat sich auf unsere Bitte dazugesetzt.
01:01:37Frau Hübner, Ihnen scheint
01:01:39manchmal nicht so wohl zu sein,
01:01:41wenn Sie Ihren Mann uns das so
01:01:43erklären hören.
01:01:45Naja, er traut sich,
01:01:47aber
01:01:49die anderen,
01:01:51die sind zum größten Teil
01:01:53anderer Meinung.
01:01:55Die sagen, ach, das nützt
01:01:57sowieso nichts.
01:01:59Die sind lieber ruhig.
01:02:01Und er als einziger,
01:02:03der verbrennt sich dann
01:02:05den Mund.
01:02:07Und vielleicht noch drüber gelacht und so.
01:02:09Macht Ihnen das auch was aus, Herr Hübner?
01:02:11Wenn man also lacht,
01:02:13wie Ihre Frau sagt.
01:02:15Ja, denn
01:02:17ich muss sagen, mir macht es schon was aus.
01:02:19Aber andererseits,
01:02:21wenn ich so die Misswirtschaft
01:02:23doch sehe,
01:02:25die eigentlich bloß
01:02:27an der Faulheit liegt,
01:02:29dann
01:02:31habe ich manchmal doch auch
01:02:33eine schlaflose Nacht.
01:02:35Was halten Sie denn nun
01:02:37von Ihrer Aufgabe,
01:02:39wenn Sie ein aktiver Christ sind?
01:02:41Man kann ja das so und so
01:02:43sehen. Was ist für Sie eine
01:02:45richtige Haltung in unserer Zeit als Christ?
01:02:47Naja, dass
01:02:49man eben doch
01:02:51Dinge
01:02:53verbessern kann.
01:02:57Ganz gesund
01:02:59wird wohl nie eine Gesellschaft
01:03:01werden
01:03:03und sein. Aber
01:03:05ich bin der Meinung,
01:03:07dass wir doch dafür sorgen
01:03:09können, dass eine
01:03:11Gesellschaft gesünder werden kann.
01:03:13Was haben Sie denn Ihren Kindern
01:03:15mitgeben können in dieser Hinsicht?
01:03:17Hat die Marie-Louise etwas
01:03:19Spezielles mitbekommen? Jedes Kind ist ja
01:03:21anders. Naja, ich meine,
01:03:23da sie die Älteste
01:03:25von den Geschwistern ist,
01:03:27da
01:03:29spielte sie die halbe Mutti
01:03:31und dadurch wurde sie auch
01:03:33selbstständiger und
01:03:35man kann sagen,
01:03:37sie ist ein ...
01:03:39Ich glaube, dass auch sagen zu können,
01:03:41Marie-Louise sagte einmal,
01:03:43damals war sie noch
01:03:45beim Halbleiterwerk,
01:03:47da stand auch eine
01:03:49gewisse Sache
01:03:51zur Diskussion
01:03:53und niemand sagte was.
01:03:55Sonst wurde aber bei der Arbeit darüber
01:03:57mächtig geschimpft,
01:03:59und sie meldete
01:04:01sich auch und sagte ihre Meinung
01:04:03und nachher
01:04:05sagte sie, na gut,
01:04:07ihr habt nichts gesagt. Aber wenn
01:04:09sie wieder schimpft, dann wäre ich euch
01:04:11sagen, ihr habt ja damals
01:04:13nicht den Mund aufgetan.
01:04:15Und auch sind sie stolz auf solche Haltung.
01:04:17Ja, ich meine ja.
01:04:19Ich möchte
01:04:21sagen, dass
01:04:23das ja in der Hitlerzeit
01:04:25von mir
01:04:27damals aber noch nicht so erkannt
01:04:29oder ich nicht
01:04:31mutig genug war,
01:04:33da den Mund aufzutun.
01:04:35Aber
01:04:37aus diesen
01:04:39Fehlern habe ich
01:04:41nun heute
01:04:43doch wohl schon gelernt
01:04:45und darum versuche ich
01:04:47hier, wo ich meine,
01:04:49das ist das, was ganz mächtig
01:04:51schiefläuft,
01:04:53doch dies laut zu sagen.
01:04:57Musik
01:05:23Ja, nun haben sie sechs Kinder.
01:05:25Nun sehen sie sich
01:05:27die Zeit an, in der wir nun alle leben.
01:05:29Wie denken sie,
01:05:31würden sie jungen Leuten raten, auch so viele
01:05:33Kinder in die Welt zu setzen?
01:05:35Naja,
01:05:37vor allen Dingen,
01:05:39zwei Kinder,
01:05:41das ist ja
01:05:43viel zu wenig
01:05:45und
01:05:49ich würde sagen,
01:05:51vier Kinder mindestens
01:05:53sollten sie sich anschauen.
01:05:55Maria mal vier?
01:05:57Statt Kinder einen Kindergarten?
01:06:01Hier so?
01:06:03Nein, hier nicht.
01:06:05Marie-Louise freut sich auf ihr zweites,
01:06:07ist froh, nicht arbeiten gehen zu müssen,
01:06:09weil es nur auf Zeit ist.
01:06:15Gut drei Wochen vor der Entbindung
01:06:17hat Marie-Louise noch die Ruhe,
01:06:19uns ein- und sich filmen zu lassen.
01:06:23Was gibt's denn heute, Maria?
01:06:27Was gibt's denn zu essen jetzt?
01:06:31Mittag.
01:06:33Ja, was denn so?
01:06:35Ich will Mascarone.
01:06:37Ja, als du elf warst,
01:06:39da haben wir euch gefragt,
01:06:41was sollte man denn mal so filmen?
01:06:43Was soll man denn jetzt mal so filmen
01:06:45in diesen Tagen, Marie-Louise?
01:06:47Ja, wie kriege ich jetzt hier
01:06:49noch Ausruhe
01:06:51vom großen Sturm zum Beispiel?
01:06:53Ja, und Steffen sagt,
01:06:55du hast ihn davon überzeugt,
01:06:57dass ihr ein zweites Kind haben wollt.
01:06:59Er war nicht so sehr dafür.
01:07:01Nee, er war der Meinung,
01:07:03dass andere Kinder im Wohngebiet
01:07:05zum Spielen reichen
01:07:07und ein Schwester, der ist nicht ganz so wichtig.
01:07:09Da war ich ein bisschen anderer Meinung.
01:07:13Und wenn ihr euch noch nicht einig geworden wärt,
01:07:15hättest du es weggelassen sollen?
01:07:17Nee.
01:07:19Ich würde auch kein drittes wegmachen.
01:07:23Ich ziehe vor,
01:07:25solche Leute,
01:07:27die jetzt auch wie hier Bekannte,
01:07:29die kriegen eben das dritte,
01:07:31die behalten es.
01:07:33Wegmachen lassen kann nicht jeder.
01:07:35Aber aufziehen,
01:07:37das reicht mir jetzt gut.
01:07:39Das ist eben doch nicht so leicht.
01:07:41Ich will noch mehr.
01:07:43Ich auch.
01:07:45Ich will noch mehr.
01:07:47Das ist eine Auffassung.
01:07:49Manch einer, der sagt,
01:07:51um Gottes Willen,
01:07:53in unserer Stresszeit reicht ein Kind.
01:07:55Na ja, schön.
01:07:57Habt ihr lange diskutiert?
01:07:59Nee, gehandelt.