Jochen, Sohn eines Landwirtschaftsfunktionärs ging nur ein Jahr in Golzow zur Schule. Er wurde Melker, war Grenzsoldat, heiratete und lebt mit seiner Frau und den drei Kindern in Bernau. (Text: ARD-alpha)
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00:00:30Das ist Jochen, Hans Jochen Teich, eines dieser Kinder von Golzo, hier 40 Jahre alt und das
00:00:43bin ich.
00:00:44Filme so nebenher, wie man ihn filmt.
00:00:46Sie schleichen sich immer so an Jochen, die schleichen sich immer so an, ich weiß es.
00:00:56Von mir kennt ihr das auch, aber die sind schlimmer.
00:00:57Alle wollen was von dir, ich auch, aber heute nicht.
00:01:07Ich gebe mir erstmal Bier heute, ihr könnt die umpassen.
00:01:13Schlimmer als Heimweh, mein Junge, du zitterst am ersten Lauf, jetzt haut der mich auch noch
00:01:19vom Bauch.
00:01:20Ich war schwanger, ich habe letztes Mal unten gelegen, das wird ja wieder nicht.
00:01:26Ein Team des Westdeutschen Rundfunks Köln ist ins Oderbruch gekommen, um über die
00:01:30Golzoer Filmchronik zu berichten, lud dafür zu einem Wiedersehen ein.
00:01:36Schauplatz, das Ufer am Alten Strom, einem von einst vielen Armen, die die Oder nach
00:01:41ihrer Eindeichung hinterließ, wo das Dorf Sommers zusammenkommt.
00:01:46Es ist der 25.
00:01:48Mai 1995, Christi Himmelfahrt, Herrentag also, mit Damen.
00:01:53Und Jochen gibt was von sich zum Besten.
00:01:56Wir sind von Golzo nach Bernau, ich war ja nur Anfang 2.
00:02:02Klasse, meine Brüder waren ja noch etwas älter und dann mussten wir in Bernau in die
00:02:06Schule und unser Alter setzte uns ab und dann zum Direktor, Name Teich, Teich, Teich, ja
00:02:13Jungs.
00:02:14Und wo seid ihr dann geworden, wo bist du denn, na in Vierderdörfchen, mein Bruder,
00:02:22mit ältsten Zorn im Blick, das hat er doch vertraut, beim Zweten, beim Rolanden, na
00:02:31mein Kleiner, wo bist du denn geworden, na ja genau wie der Große, in Uchenfiederdörfchen,
00:02:39der Bus zog sich etwas nach unten und dann, na mein Kleiner und du, na ja wie meine Brüder,
00:02:46in Uchenfiederdörfchen, vertraut, vertraut, und dann mussten wir uns am nächsten Tag
00:02:51meinen Vater wieder zur Schule bringen, weil wir ja da rausgeflogen sind, und dann erst
00:02:55mal klarstellen, dass es in der DDR auch in Uchenfiederdörfchen gibt, der hatte gedacht,
00:03:00wir wollen ihm als Jungs, ich hab den Schnösel schon verarscht, du musst sagen, wir sind
00:03:06wirklich aus der Schule geflogen, Mutter war in den Sätzen, hat wie um Zehne schon
00:03:10einen Schulschlüssel, und unser Vater, mit Zorn im Blick, hat sein Zeichen an der Jacke
00:03:17wieder in die Schule geschleppt, und er hat dann direkt erst mal geklärt, dass es da
00:03:23sowas gibt.
00:03:24Da ist ein Auto hier, wir sind ja durch die Dörfer, meine Frau kickt bald hoch, hier
00:03:30ist ja der Bosten, Neubosten, ist ja alles da, weil nämlich hier dieser Kaiser hier,
00:03:37der hier auf die Flasche ist, der hat ja doch damals diese Dörfer umgenannt, der hat
00:03:40ja doch gesagt, er baut hier in Deutschland neue in Amerika, und dadurch haben diese Dörfer
00:03:44mal diesen Namen hier, Bosten, Philadelphia und so.
00:03:49Es hatte aber zu DDR-Zeiten keiner verkauft.
00:03:51Du meine liebe Freundin, wenn wir Achsenbruch haben, weil du Übergewicht hast, ich kauf
00:04:14kein neues Auto, ich kauf mir ein hartes neues Auto und das fährst du nicht.
00:04:19Nein, das ist meins, mein Jeep fahre ich alleine, du nicht, du hast ja meinen Gobi auch schon
00:04:27wieder, ne ne, ich darf ja Trabant fahren, ich muss mich immer über den Dachklappen
00:04:38zum kotzen, mein Bruder ist ja nur Privatunternehmer, der fährt ja nur in der BMW, die Wiese passt
00:04:52ja ja kaum, und wenn ich dann mit ihm auf Bernauer Kreuzung stehe, wie passt du in das
00:05:00Auto?
00:05:02René, du sollst nicht immer filmen, das ist unfair.
00:05:05Warum denn?
00:05:06Du hast einen Rekorder, kann ich jetzt zum Beispiel mal umspielen, dann siehst du dich
00:05:10mal.
00:05:11Was, Jörg?
00:05:12Du hast nicht mal einen Rekorder?
00:05:13Nein.
00:05:14Du kannst auch mal Stadtspringen.
00:05:16Nein!
00:05:17Goldzoo besuche ich nie wieder.
00:05:20Jochen, Goldzoo war also nur auf Zeit, kam von Philadelphia, ging nach Bernau, aber wurde
00:05:27in Goldzoo eingeschult und geriet so in unseren Film.
00:05:30Ey, Spalme, du kannst ja nicht mal Fußball spielen.
00:05:33Ja!
00:05:39Geh auf zum Film!
00:05:45Mach's gut, Jörg.
00:05:46Mach's gut, Jörg.
00:06:00Mach's gut, Jörg.
00:06:30Wo in Deutschland die Sonne aufgeht, Werbung in einer Landschaft für eine Landschaft,
00:06:59die für Jochen in der Kindheit einige Jahre lang Heimat war.
00:07:03Die Bundesstraße 1 durchquert das wieder vereinte Deutschland nun vom Rhein bis zur
00:07:10Oder, seiner Grenze im Osten.
00:07:12Auf den letzten 17 Kilometern das Oderbruch.
00:07:16Im April 1945 Schlachtfeld beim Sturm der Seeloher Höhen durch die Rote Armee auf ihrem
00:07:22Weg nach Berlin.
00:07:24Nur wenige der typischen Einzelgehöfte blieben in den Feldern erhalten.
00:07:30Mit 7300 Hektar ist die heutige Landwirtschafts GmbH Goldzoo einer der größten Agrarbetriebe
00:07:36Europas.
00:07:38Großflächenbewirtschaftung, wie schon in der DDR.
00:07:41Auch der traditionelle Feldbau von Gemüse für Berlin, Frankfurt, Märkte landesweit.
00:07:48Kühe werden in diesem Film noch eine Rolle spielen.
00:07:52Die hier sind gesund.
00:07:54Landwirtschaft hat wieder mehr mit Ökologie zu tun.
00:07:57Und BSE erschienen in Goldzooren glücklicherweise bislang nur im Fernsehen.
00:08:05Also Goldzoo.
00:08:07Vormals Kreis Seeloh.
00:08:09Einst Bezirk Frankfurt oder DDR.
00:08:12Das heutige Schild haben wir nur noch nicht gedreht.
00:08:15Mit 1084 Einwohnern, standen Mai 2001, ist Goldzoo, Märkisch-Oderland, gleich auch
00:08:21Amt für fünf Gemeinden.
00:08:24Seine ersten Viergeschosser, vom Ende der 50er Jahre des Furienjahrhunderts.
00:08:29In den 90ern saniert.
00:08:32Was der Krieg und die Flutkatastrophe von 1947 vom alten Goldzoo unzerstört ließen,
00:08:38sah so aus.
00:08:46Das alte Kulturhaus, privat nun und mit guter Küche und Pension.
00:08:52Damals nicht immer trockenen Fußes zu erreichen.
00:09:00An der Hauptstraße auch die drei Häuser mit den roten Dächern, die schon zu sehen waren.
00:09:05In diesem wohnten die Teichs mit ihren Söhnen und der einen Tochter.
00:09:09Von da kam auch Jochen, meist in Gummistiefeln, zur Schule.
00:09:15Dieser Betrieb überlebte die DDR nicht.
00:09:18Zu Jochens Zeiten war hier die MTS, eine Maschinentraktorenstation.
00:09:23Sie versorgte die jungen Genossenschaften mit neuer Technik.
00:09:26Neu heute und in Goldzoo ein peinlich, das da und der da.
00:09:33Jochens Vater war mal der Direktor jener MTS.
00:09:36Viele Mittellose, Landarbeiter und Umsiedler waren nach der Bodenreform zu einem Stück Feld gekommen.
00:09:43Vor der Kollektivierung der Landwirtschaft, die eine Voraussetzung war für den Aufbau des Sozialismus in der DDR,
00:09:50hatte es für sie auf diesem Gelände zunächst die MAS gegeben, eine Maschinenausleihstation.
00:09:57Bilder fürs Geschichtsbuch.
00:09:59Kein Bild von der Arbeit des Genossen Teich, Mann der ersten Stunde in der frühen DDR.
00:10:04Gebraucht erst in Philadelphia bei Storchow, dann in Goldzoo, Oderbruch und zuletzt in Bernau bei Berlin.
00:10:11Gestorben, bevor er die Rente erreichte.
00:10:20Noch immer an der Karl-Marx-Straße gelegen, die zehnklassige Goldzooer Schule,
00:10:24damals ganz neu, Jochens Schule für nur ein Jahr, 1961-62.
00:11:5434 Jahre nach diesem Winke-Winke, zu Ende unseres ersten Films, ist Jochen also mal wieder unter die Kinder von Goldzoo zurückgekehrt
00:12:21und hat den Fernsehleuten sogar noch an seinem Diät-Tag am Grill geantwortet.
00:12:27Naja gut, ich kann eben sagen, ich bin einer, der ja, wo ich mein Leben, irgendwie mein Leben mal wieder sehen kann,
00:12:35was andere nicht können. Ich kann nicht sehen, wie ich im Puddelkasten war mit sechs Jahren,
00:12:40das können andere eben nicht, also das ist eigentlich das Einzige.
00:12:44Wenn ich zuhause Video anmache, was wir ja nur Gott sei Dank uns jetzt alle leisten können,
00:12:49dann gucke ich mir eben mein Leben wieder mal an, was er hat von mir.
00:12:53Videorekorder läuft.
00:12:55Und Kamera auch. Wir sind bei Jochen daheim in Bernau. Es ist der 12. September 1998.
00:13:13Wir wollen drehen und erfahren, wie das mit Jochen ist, wenn er sein Leben wieder sieht.
00:13:17Richtiger, wenn er und Manuela das Bild sehen, das wir uns von seinem und ihrer beider Leben gemacht haben.
00:13:29Jochen wird hier Sieger sein, aber Jürgen Held des ersten Films.
00:13:35Ja, mir wollte der ja als Hauptdarsteller nicht haben. Jetzt hat er seine Schuld.
00:13:42Ja, das lachen kann man auch nicht.
00:13:47Musik
00:14:04Musikalisch? Damals fand Hans Dummke, unser erster Kameramann, nur, Jochen, der kleine Dicke,
00:14:11habe eine Mimik wie ein Eisbär. Was half, ist da, dass Vater MTS-Direktor war.
00:14:18Und um mir von meiner Wahl abzuraten, drehte Dummke den Jochen gleich noch einmal in Großaufnahme.
00:14:24Musik
00:14:45Bernau bei Berlin. Lindo bei Bernau.
00:14:50Jochen und Manuela leben hier an der B2, Berlin-Prenzlau, seit 1980 in einem ausgebauten Gartenhaus.
00:14:58Mit inzwischen drei Kindern. Bis vor wenigen Jahren ihre Nachbarn.
00:15:03Eine Garnison der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland.
00:15:08Scheinbar auf immer und ewig ins jeweilige heute fortgeschriebene Nachkriegszeit.
00:15:13Und von diesen Kasernen gab es hier viele.
00:15:15Die Bernauer hatten sich daran gewöhnt, mit ihnen und zwischen ihnen zu leben.
00:15:20Nur fragte sich, ob die Befreier von einst zu Freunden geworden waren oder bloß so genannt wurden.
00:15:27Wo der Krieg nur Trümmer hinterlassen hatte, schuf Plattenbau Wohnraum für junge Familien.
00:15:33Auch für die der Teichs.
00:15:36Kein Wohnviertel ohne eine Tagesstätte für die Jüngsten.
00:15:40Aus Mangel an Kindern ist die hier seit langem geschlossen.
00:15:43Aus Mangel an Geld, nur noch nicht abgerissen worden.
00:15:53Am 17. November 83 haben wir hier mal drinnen gedreht.
00:15:58Bei der Frau, die immer näher kam.
00:16:13Jochens Mutti, wiedergefunden in Bernau, in einer Kombination Kindergrippe und Kindergarten.
00:16:19Wie lange kennen wir uns denn schon?
00:16:22Wir sind ja seit 61, oder?
00:16:25Was haben Sie denn so gedacht, als wir 61 in Gorlz so angefangen haben und uns den Jochen ausgeguckt hatten?
00:16:31Ja, was habe ich gedacht? Warum eigentlich Jochen?
00:16:34Und?
00:16:36Denn an und für sich war Jochen so ein kleiner Trottel.
00:16:40Gar nicht so der Typ, würde ich sagen, für euch.
00:16:43Das habe ich mir eingebildet, vielleicht so.
00:16:46Dachten Sie, das ist kein Filmgesicht?
00:16:50Na, was soll ich noch dazu sagen?
00:16:53Haben Sie vielleicht gedacht, er bildet sich was ein, wenn er nun immer vor der Kamera steht?
00:16:56Nein, das habe ich nicht gedacht. Das denke ich auch heute noch nicht.
00:17:00Da wir den Jochen ja nun lange Jahre nicht gefilmt haben, müssten wir uns ja mal von ihm sagen lassen, was ist er denn für einer?
00:17:07Als Mutti können Sie das ja wohl am besten beschreiben.
00:17:10Ja, wie er jetzt ist oder wie er als Kind war?
00:17:13Na ja, wie er sich so entwickelt hat in Ihren Augen, mal Rückschau.
00:17:16Wie hat er sich entwickelt?
00:17:18Eigentlich recht gut.
00:17:20Besser, als ich es erwartet hatte.
00:17:23Hatten Sie was gefürchtet?
00:17:25Hm, was hatte ich befürchtet?
00:17:31Nicht, dass er straffällig wird vielleicht, dass er das annimmt, das nicht.
00:17:35Aber, wie war Jochen?
00:17:38Recht niederlich war er.
00:17:41Das weiß er ja selber, das habe ich mir unterhalten.
00:17:46Und arbeitsmäßig vielleicht, dass er die Arbeit nicht so ernst nimmt, das ist auch nicht eingetreten.
00:17:56Lust und Liebe zu seinem Beruf, die hat er ja auch.
00:18:00Doch, ich habe nicht so viel erwartet, wie es ihm geworden ist als Jochen.
00:18:07Wie findest du, was er ihr gesagt hat über dich?
00:18:10Nur, hat den Kern getroffen.
00:18:15Nee, nee, war schon richtig, was ich gesagt habe.
00:18:18Aber das ist auch eine Beleidigung.
00:18:20Na, ach, was soll das?
00:18:22So Dinge kommen ja nicht, mit dem Liederlicht kommt auch nichts.
00:18:25Das war ja schon.
00:18:27Ja, ich sag ja, einmal der Trottel und dann noch Liederlicht.
00:18:31Naja, nö, das hat sie nicht ernst genommen.
00:18:33Das ist so meine Art.
00:18:35Kriegt doch keiner mehr raus.
00:18:37Nicht, Mutter?
00:18:39Jo.
00:18:41Und macht man sich dennoch Vorwürfe, dass man vielleicht nicht alles mitgeben konnte, was vielleicht nötig gewesen wäre?
00:18:48Ja.
00:18:49Nee, eigentlich nicht.
00:18:51Wir haben versucht, unseren, allen Kindern das zu geben, was wir eben geben konnten.
00:18:56Denn, das wird ja auch Jochen so einschätzen können, wir waren wirklich eine Familie, was man so unter einer Familie versteht.
00:19:03Mit eben, mit Härten und Rückschlägen und schönen und schlechten Stunden, was es ja eben gibt.
00:19:10Familien, das wisst ihr ja alle selber.
00:19:12Aber der Vater, der hatte auch mal ein Kind.
00:19:14Ja, das hat er ja, aber dafür musste ich eben mehr da sein.
00:19:18Trotzdem, er war für seine Familie da, hat auch seine Familie geliebt.
00:19:22Seine Kinder für seine Kinder.
00:19:24Hat er auch alles getan, was er tun konnte, trotz der wenigen Zeit.
00:19:31Jochens erstes und einziges Schuljahr in Golzo geht zu Ende.
00:19:45Noch ein Besuch in der genossenschaftlichen Geflügelfarm, wo ein Schrank neuerdings schubladenweise Enten ausbrütet.
00:19:59Noch eine letzte Klassenarbeit in Mathematik, vorm ersten Zeugnis.
00:20:03Noch eine letzte Klassenarbeit in Mathematik, vorm ersten Zeugnis.
00:20:33Hast du fertig?
00:20:35Na, sehen wir mal.
00:20:40So, die Brüte salatiert ein.
00:20:48Nein, Pär.
00:20:51Pär.
00:20:53Mensch, ich kann ja nicht mehr ausrechnen.
00:20:56Nein, du kannst auch nicht ausrechnen.
00:20:59Ach, du kannst ausrechnen, was?
00:21:02Ja.
00:21:05Du kannst auch nicht ausrechnen.
00:21:10Stinker, nennt Jochen vornehmlich jene, die jemandem zu Diensten sind und denen ein Amt Macht über andere verleiht.
00:21:17Der Hefteeinsammler war da wohl nur der erste, der sich mit Stinker beschäftigt hat.
00:21:22Zuerst habe ich das Heft von Jochen.
00:21:25Jochen hat eine 4.
00:21:31Die Ilona.
00:21:33Ilona hat diesmal 8 Fehler, eine 3.
00:21:40Das ist eine 6.
00:21:42Das ist eine 6.
00:21:44Das ist eine 6.
00:21:46Das ist eine 6.
00:21:48Das ist eine 6.
00:21:50Das ist eine 6.
00:21:538.
00:21:55Jochens 4 war ja noch authentisch, aber danach kriegen wir es mit einem Regieeinfall zu tun.
00:22:01Ganz sauber.
00:22:03Und jetzt ist Jürgen, der Stinker, in meinen Diensten.
00:22:07Nicht durchgeschrägt, nicht drübergeschrägt.
00:22:10Genauso sauber ist die Arbeit auch.
00:22:237.
00:22:27Jochen ist doof.
00:22:29Es ist die Zeit, in der sie alle 26 Buchstaben kennen und sich Briefe schreiben.
00:22:35Der hier kommt ohne das zweite O von doof aus und stammt von dem mit der einzigen 5 heute.
00:22:41Jochen wäre nicht zu doof für 10 Jahre Schule gewesen.
00:22:45Aber 8 reichten ihm.
00:22:47Sagt, er habe sowieso mehr als genug vor der Tür stehen müssen.
00:22:51Weil er kein Kind von Golzo geblieben war, hatten wir ihn nicht mehr gefilmt.
00:22:56Aber als die Golzo in die Lehre ging, interessierte uns doch, was Jochen werden wollte.
00:23:01Diese GmbH, die GmbH, die GmbH, die GmbH, die GmbH, die GmbH.
00:23:06Interessierte uns doch, was Jochen werden wollte.
00:23:09Diese GmbH war mal eine, war seine Berufsschule.
00:23:19Echt beschissen, echt beschissen.
00:23:22Naja, das war eine ganz saublöde Situation da.
00:23:26Weil du hattest ja uns dann nicht mehr weiterverfolgt, weil wir ja nach Bernau gezogen sind.
00:23:32Und an diesem Tag standst du ja auch immer nach 10 Jahren wieder vor der Tür.
00:23:36So, und, und, und.
00:23:39Ich habe mich nur gewundert, dass eben mal in dem Flur, wir hatten so einen riesigen langen Flur da,
00:23:44da war so ein schönes schwarzes Brett und da hingen ein paar Verweisung, ein paar Verwarnungen,
00:23:49immer die so eben unangenehm aufgefallen sind.
00:23:52Und meistens war ich das.
00:23:54Und die waren alle weg.
00:23:57Und dann sagte dieser Heinrich, der Herr Heinrich, ja, wir haben ja ein Filmkind unter uns
00:24:02und da fühlen wir das dann wie Schuppen von hinten rum.
00:24:05Ich denke, ach, jetzt steht der wieder auf der Matte.
00:24:08Obwohl wir uns 10 Jahre nicht gesehen hatten, also.
00:24:11Es ist der 17. November 71.
00:24:14Die Scheidewand, die zwei Hälften und jede Hälfte nochmal unterteilt in Vorder- und Hinterwürfe.
00:24:20Wie ist das Euter äuterlich aufgebaut?
00:24:25Ein Euter hat zwei Hälften, die sind getrennt durch die Scheidewand
00:24:29und es sind vier Viertel, die gleichmäßig sind.
00:24:34Zwei Hinterviertel und zwei Vorderviertel.
00:24:37Sind die Viertel gleich?
00:24:40Ja. Sollten gleich sein, aber zur Seite noch nicht.
00:24:43Fordern gleiche Viertel?
00:24:45Suchtziel fordert gleiche Viertel.
00:24:47Sind die großen Ganzen in der Praxis nicht gleich?
00:24:50Weil Vorderviertel, das wäre die Praxis der Zeit, Vorderviertel kleiner sind als die Hinterviertel.
00:24:56Was ist ein Kandidat für den Rauschmiss?
00:24:59Ich wurde rausgeschmissen aus der Berufsschule.
00:25:03Ich musste da mal Koffer packen.
00:25:06Und dann durch meinen Lehrmeister mussten wir da wieder erscheinen
00:25:10und dann durch Bittschriften und Betteln und das war kurz vor der Prüfung, bevor ich überhaupt fertig wurde.
00:25:16Da durfte ich dann dort weitermachen unter einigen Bedingungen, die ich unterschreiben musste.
00:25:21Weil das eben die einzige Schule dort war, ein Prediko.
00:25:25Das Maschinenrad soll wandförmig sein, weit nach vorne und weit nach hinten gestreckt.
00:25:36Eigentlich wollte Jochen ja Schäfer werden. Auf alle Fälle was mit Tieren.
00:25:42Sein ältester Bruder war schon Melker und es wurden Brüder und Sohne.
00:25:46Was mit Tieren. Sein ältester Bruder war schon Melker und es wurden wohl auch mehr Melker als Schäfer gebraucht.
00:26:04Des Tons wegen am langen Draht. Solange er saß, war es kein Problem und der Tonmeister zufrieden.
00:26:11Ein drahtloses Mikro, ein Funkmikro wäre hier nun auch kein Problem.
00:26:16So aber ist es besser, wegen der Schau, die Jochen abziehen kann.
00:26:30Venen und Alveolen, äh Arterien, Vene, Alveolen.
00:26:41Dankeschön. Bitte. Gerne gemacht.
00:26:45Das ist eine Wiederholung des Windkörkens. Ja, da oben ist er.
00:26:49Hier nicht beschriftet worden. Hier ist aber noch mal deutlich zu sehen.
00:26:56Steht nur noch drauf.
00:26:58Und das andere alberne ist eben du im Traditionskabinett des Grenzkommandos.
00:27:04Ja, das war ja drauf.
00:27:06Ja.
00:27:31Ja.
00:27:36Wir befinden uns heute im Traditionszimmer des Truppenteils,
00:27:40in dem Sie Ihre nächsten zwölf Monate dienen werden,
00:27:44zur Sicherung der Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik.
00:27:48Dann soll das wieder vom Blatt oder wie?
00:27:50Ja, da kam ja mein Politmajor. Ja, der kannte den kleinen Dicken nicht.
00:27:56Wir hatten so für Polit nix.
00:27:58Ja, Sie müssen das hier dann so, ja das geht Quatsch, kann doch keiner vorlesen.
00:28:02Ja, was machen Sie denn jetzt hier? Ich sage, das nimmt man gar nicht wieder mit.
00:28:06Entweder ich rede so oder ich rede gar nicht.
00:28:09Ja, und ach, hat der mit mir da. Ich befehle ihn. Ich sage, das können Sie auch machen.
00:28:15Ja, dann werden Sie eingesperrt. Ich sage, das können Sie auch machen.
00:28:18Weil an der Grenze war generell ein Geläutemangel, wie in der Landwirtschaft.
00:28:22Ich kannte das Problem.
00:28:24Wenn einer in den Urlaub fuhr, musste hinten einer rein.
00:28:27Und die Grenzstärke musste stehen.
00:28:28Wenn einer eingesperrt wurde, konnte einer nicht in den Urlaub fahren.
00:28:32Diese Zwickmühle kannte ich immer. Geläutemangel.
00:28:37Wie so schön gesagt wird, von Staat immer neben, eben die Schulbildung, Berufsschulausbildung.
00:28:43Und allen Momentan kostet der Vater Staat Geld.
00:28:46Von unserem Staat immer ein Geld.
00:28:48Und da haben wir uns entschlossen, dem Staat mal was zu geben, von meiner Seite aus.
00:28:52Und da haben wir uns entschlossen, drei Jahre lang die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik zu sichern.
00:28:58Dass eben andere Generationen, die dann vielleicht nach mir die Staatsgrenze sichern werden,
00:29:04in Ruhe ihren Schulweg nachgehen können.
00:29:08Und ich in der Zeit meine ganze Kraft einsetzen werde, die Staatsgrenze eben hundertprozentig zu sichern.
00:29:15Und kein Feind den Fuß auf unser Territorium setzen kann.
00:29:18So Genossen, hier sehen wir jetzt die Uniform des Genossen Rainer Thun.
00:29:22Und des Genossen Willi Fricke, der ebenfalls in unserem Regiment in der Bolzekompanie gedient hat.
00:29:28Der am 1.07.1966 sein Leben ließ.
00:29:32Wobei er zwei Jungen vor dem Ertrinken gerettet hat, in der Spree.
00:29:38Und deshalb sehe ich es auch als eine Verpflichtung unsererseits,
00:29:44dem Genossen Basarin, gegenüber auch den Genossen Rainer Thun und den Genossen Fricke,
00:29:50dass wir eben diese Aufgabe, die wir von diesen Genossen übernommen haben,
00:29:55mit hoher Initiative und Wachsamkeit fortführen werden.
00:30:00Nur irgendwelche Probleme, das wissen wir wirklich nicht mehr.
00:30:05Das war eine scheiß Situation.
00:30:10Das war eine scheiß Situation.
00:30:13Sie sagten, der Vati hat Ihnen wenig mitgeben können.
00:30:17Meinen Sie, weil er so früh starf, oder hatte er doch zu wenig Zeit für die Kinder?
00:30:21Na beides. Er hatte sehr wenig Zeit.
00:30:25Er hat sich wohl an die Probleme, die die Kinder hatten,
00:30:30da hat er sich schon drum gekümmert und so geholfen, wie sie denn schon größer waren.
00:30:35Also eben viel geholfen und auch unterstützt.
00:30:37Aber als ich hörte, dass der Jochen Soldat auf Zeit macht und zur Grenze geht,
00:30:43da dachte ich, das kann doch nur das Vorbild des Vaters sein. Ist das so?
00:30:47Das war es. Auf jeden Fall.
00:30:50Jochen, wie denkst du über die Zeit heute als Soldat?
00:30:53Kann ja wiederkommen für dich, du bist Reservist.
00:30:56Ja, Reservist bin ich, ja.
00:30:59Die Soldatenzeit hat mir viel gegeben.
00:31:02Man hat viel gelernt, viel gesehen, auch gerade an der Grenze in Berlin.
00:31:05Da war für mich eigentlich auch eine lehrreiche Zeit gewesen, die Soldatenzeit.
00:31:13Hatten wir mal nachts ein Erlebnis mit zwei Kindern im Prinzip.
00:31:19Unser Schießbefehl, mein Schießbefehl dazu weiß ich nicht, ist wahrscheinlich in der Hesse oder Hessen.
00:31:26Unser Befehl lautete, Schwangere, Kinder unter 14 Jahren ist kein Schusswaffeneinsatz erlaubt.
00:31:35Da haben wir dann an der Grünstraße nachts um halb eins einen Befehl gekriegt einzugreifen.
00:31:42Da ist ein Kind oder ein Flüchtiger auf der Mauer, das war direkt schon auf der Mauer.
00:31:50Den haben wir dann da drunter geholt, das war ein Junge von zwölf Jahren.
00:31:55Der Posten wollte schießen, haben wir dann aber verboten, weil das nicht eindeutig einzusehen war, wie alt das ist.
00:32:02Dann haben wir den da drunter geholt und in dem Moment erzählt uns der Junge,
00:32:09dass dort noch ein 13-jähriger Mädel, was seine Schwester war, noch im Abschnitt rumirrt.
00:32:16Da haben wir dann panische Angst gekriegt, dass die irgendwelche Dinge auslöst, wo sie in Posten läuft,
00:32:23die dann wirklich schießen. Dann haben wir dann mit vier Mann versucht, diese Mädel zu finden.
00:32:28Haben sie dann auch gefunden und haben wir gerade so vor einen Todesschuss gerettet.
00:32:34Du konntest den Leuten keinen Vorwurf machen. Nur unterscheide du nachts um halb eins im Dunkeln
00:32:41auf 500 Meter Entfernung. Ist das Mädel 14, ist das Mädel 16, ist das Mädel 18.
00:32:47Gerade mit 14 Jahren sind sie schon ziemlich entwickelt. Genauso dieser Blödsinn war auf Schwangere.
00:32:53Wenn eine junge Frau da kommt, ist sie im dritten Monat schwanger, siehst du das nicht.
00:32:58Also es gab schon hohlsinnige Dinge, es gab schon auch brisante Dinge,
00:33:03die Ihnen doch dann hinterher noch ganz schön Kopf zerbrechen gemacht haben.
00:33:06Da wurde lange, lange, lange dran gekurrt.
00:33:09Ist er gesund genug wiedergekommen oder hatte er Probleme?
00:33:13Er ist sehr krank wiedergekommen mit einem sehr starken Herzfehler.
00:33:17Es war recht kompliziert. Es war ja nun die Zeit, wo auch mein Mann krank wurde,
00:33:22und Jochen auch noch sehr krank war. Es war eine ziemlich harte Zeit.
00:33:28Es dauerte eine gewisse Zeit und dann hat es sich sehr gegeben.
00:33:32Ja, nun ist die Zeit so, Jochen, dass sie dich wieder rufen.
00:33:36Mit welchen Gefühlen gehst du, denn du hast ja zwei Kinder.
00:33:39Tja, mit welchen Gefühlen geht man? Wer geht da denn gerne schon hin?
00:33:44Tja, das kann ich dir jetzt nicht sagen. Das wird man ja sagen können, wenn es soweit ist.
00:33:47Mit welchen Gefühlen. Und wer wird der Letzte sein, der sagt, ich gehe nicht.
00:33:53So also Jochen 1983.
00:33:57Und hier, fünf Jahre zuvor, der Reservist als Melker wurde der Melker als Reservist.
00:34:05Heute sagt er über seine Lehrzeit.
00:34:08Ich musste ja gleich am ersten Tag eine Kuh melken und so weiter.
00:34:12In der Praxis, weil ich kannte sie ja durch die Lehrzeit.
00:34:14Also das war ja schon alles so zugeschnitten, hat er da auch erinnert.
00:34:19Du warst ja in dem Betrieb, wo du beschäftigt wurdest, warst du Lehrling und du konntest das alles.
00:34:24Das ist ja nicht so wie heute, du lernst einen Beruf und dann tschüss.
00:34:28Damals wusstest du ja eben, du lernst in dem Betrieb und bleibst in dem Betrieb.
00:34:33Für den Sohn des verdienten Genossen Teich vom Kreis Landwirtschaftsrat,
00:34:38hätte es ja nicht beim Melker bleiben müssen.
00:34:40Jochen aber wollte lieber mit seiner Händearbeit Geld verdienen.
00:34:45Ja Jochen, wie müssen denn die Euter sein, du hast das gelernt als Lehrling.
00:34:49Ach, das wüsste ich doch jetzt nicht.
00:34:52Da hast du uns erklärt, gleichmäßig müssen sie sein, gleichzeitig.
00:34:56Worauf kommt es denn an hier, beim Leistungsmelken besonders?
00:35:01Beim Leistungsmelken ist es sehr einfach.
00:35:04Dann wird die TGL überprüft, um jeder Melker in der Lage ist, TGL recht zu melken.
00:35:08Die TGL ziert darauf aus, dass ein euterschonendes Melken durchgeführt wird.
00:35:13Ja, und was macht nur Freude am Beruf?
00:35:16Freude am Beruf, die Arbeit mit dem Tier allgemein.
00:35:20Und die Entwicklung, die wir durchmachen, die Leistungssteigerung der Tiere durch Zucht,
00:35:27Hygiene, Zuchterfolge, Eingreizung mit anderen Rassen.
00:35:32Dadurch sieht man eben die Leistungssteigerung der einzelnen Tiere.
00:35:37Allgemein, die Arbeit mit dem Tier macht Spaß.
00:35:43Hast du schon eine Frau hier vorne?
00:35:46Jene? Jene reicht dich, oder?
00:35:54Ja, der Jochen hat nun ein Mädchen kennengelernt, mit 16,
00:35:58und ist ihm bis heute treu geblieben, hat sie geheiratet.
00:36:02Aber was dachten Sie damals, als nun das Kind kam, als der Marco kam?
00:36:06Was denkt man als Mutter?
00:36:08Ja, was denkt man als Mutter?
00:36:11Naja, meine Meinung war, und das weiß ja Jochen, es war nun passiert,
00:36:16jetzt muss aus dem das Beste gemacht werden, das Kind muss groß werden.
00:36:23Ich hatte ihm ja auch gesagt, ich unterstütze in jeder Beziehung.
00:36:28Weil es ja auch, ihre Mutter war gar nicht erbaut, naja, ich selbst auch nicht.
00:36:33Aber es war ja nun die Tatsache, und man musste ja damit fertig werden.
00:36:37Und ich möchte sagen, wir sind sehr gut damit fertig geworden.
00:36:42Jochen sagte ja, es gab sehr viele Probleme, was meint er damit eigentlich?
00:36:46Naja, von Seiten der Mutter aus, ihre Mutter war eben sehr dagegen,
00:36:51die hat sehr viel geschimpft.
00:36:54Aber Jochen, du sagtest, ihr wolltet das Kind, ne?
00:36:57Ja, wir wollten es haben.
00:37:01Naja, ich habe meine Kinder so erzogen für das,
00:37:04das ist jetzt vielleicht hart ausgedrückt, Verzappen.
00:37:08Dass sie auch dafür gerade stehen.
00:37:11Habt ihr nicht gewusst, dass ihr da 16 gewesen wart, als ihr euch kennengelernt habt?
00:37:17Jetzt bin ich 14.
00:37:20Was müsste man eigentlich noch wissen als Zuschauer, damit man das alles gut versteht?
00:37:24Was würdet ihr heute hinzufügen?
00:37:27Dann ist es nicht einfach jetzt.
00:37:30Im Prinzip nicht einfach.
00:37:33Im Prinzip möchte ich dazu weiter gar nichts hinzufügen.
00:37:37Wir hatten Probleme mit den Familien, von ihrer Seite, auch von meiner Seite,
00:37:42weil eben Ela so verdammt jung war.
00:37:45Dann, was wir im Nachhinein erst erfahren haben,
00:37:49ich hatte ja nicht so, aber Ela hatte dann erfahren,
00:37:52dass wir auch von den staatlichen, damals staatlichen Behörden,
00:37:56vom Schulrat und, und, und, da einige Dinge versucht wurden,
00:38:00uns überhaupt auseinanderzubringen.
00:38:03Im Prinzip möchte ich da nicht groß was hinzufügen.
00:38:07Wir hatten echt starke Probleme.
00:38:10Es ging so weit, dass mein älterer Sohn in staatlichen Behörden
00:38:14und in der Pflege, in der Pflege, in der Pflege,
00:38:17es ging so weit, dass mein älterer Sohn einen staatlichen Vormund kriegte.
00:38:22Ela war zu jung, sie war noch keine 18,
00:38:25durfte eben als Mutter eben auch nicht als Vormund gelten.
00:38:29Ich habe die Vormundschaft nicht gekriegt,
00:38:33weil ich eben als wilder Erzeuger galte.
00:38:37Meine Mutter hat es auch nicht gekriegt.
00:38:40Andere Seiten haben abgelehnt, die Vormundschaft zu übernehmen.
00:38:43Und da wurde eben eine staatliche Vormund eingesetzt, eine Frau Müller.
00:38:47Die haben die Frau leider nie kennengelernt.
00:38:50Los, links rum.
00:38:53Machst du dir Freude, Jochen?
00:38:56Du, deine Kumpeln sammel noch mal schnell.
00:38:59Los.
00:39:02Wie alt ist er denn, Jochen?
00:39:05Im Dezember wird er drei.
00:39:08Und hast du noch einen?
00:39:10Ich habe noch einen, ja, der ist jetzt ein.
00:39:13Und wie ist es so als Vater?
00:39:16Na ja, Mensch, anstrengend.
00:39:19Dass man so einen Baggerlunen hat.
00:39:22Der ist lecker, nicht, der Markus?
00:39:25Ja, da hinten wohnt der Schwager.
00:39:28Der hat noch einen.
00:39:31Du, komm.
00:39:33Komm.
00:39:40Marco, wer sind die Pferdchen, weißt du das?
00:39:43Wie heißen die?
00:39:46Sag mal, die Jungs, wie heißen die?
00:39:49Du, du willst auch nicht mitgehen, na dann komm.
00:39:52Nimm deine Karre, das soll Papa nehmen.
00:39:55Jochen würde sicher auch noch ein Pferd halten, um es nicht nur beruflich mit den Kühen zu haben.
00:39:59Bloß ein Pferd kostet, Schweine bringen.
00:40:01Die hält er sich, wie wir später noch sehen werden,
00:40:04deshalb privat.
00:40:07Aber zurück zu Markus' Geschichte.
00:40:10Komm schnell, ein Schweinchen.
00:40:13Ich habe mein eigenes Geld verdient, gut, Ela war jung.
00:40:16Die ging in der 10. Klasse, hat ihr Zeugnis mit Hochschwanger gekriegt.
00:40:19Ihr Abgangszeugnis, 10. Klasse,
00:40:22stand sie als Einziger da, als Hochschwanger da.
00:40:25Gut, es war nicht so.
00:40:28Aber für uns echt, wir hatten uns damals beide nicht.
00:40:31Wir wollten beide das Kind.
00:40:34Ich habe gut verdient, immer schon gut verdient.
00:40:37Und da versuchten sie dann über den Schulrat und Lehrer,
00:40:40die hier beeinflussen sollten.
00:40:43Aber diese Dinge haben wir jetzt nach der Wende erfahren.
00:40:46Ja, die Klassenlehrerin war ja ständig bei uns.
00:40:49Ja, ihre Klassenlehrerin war dann ständig bei den Eltern und hier zu Hause.
00:40:52Und wir versuchten dann massiv Druck auszuüben,
00:40:55dass sie mich entloven lässt, das Kind abgetrieben wird.
00:40:58Aber das sind eben Dinge, die haben wir erst nach der Wende erfahren.
00:41:01Und das sind Dinge, die ruhen für mich los.
00:41:04Interessieren mich auch weiter nicht.
00:41:07Für uns war es eben nicht so das Problem,
00:41:10finanziell nicht und auch so, wir wollten eigentlich zusammenleben.
00:41:13Und das Kind war eigentlich ein Zeichen unserer Liebe und wir wollten das.
00:41:16Marco und inzwischen auch Steffen, unehelich beide.
00:41:19Vater und Mutter haben da noch immer nicht geheiratet.
00:41:22Als sie endlich durften, wollten sie nicht mehr.
00:41:25Aber nun wollen sie.
00:41:28Nachher, wenn der Polterabend beginnt.
00:41:31Wechsel! Wechsel!
00:41:48Ja, Wieler, du kriegst auch gleich.
00:41:56Geh mal nach Mutti, hol ein Kantenbrot für die Wieler.
00:41:59Ich hab kein Brot.
00:42:16Hast du Brot?
00:42:18Ja.
00:42:20Dann gib ihm, das sollst du doch nicht essen.
00:42:24Die Wieler haben auch Hunger.
00:42:28Wieler, komm.
00:42:51Hund und Gans sind gefüttert,
00:42:54Jochen geduscht und in frischem Hemd,
00:42:56dann geht man auch schon zum Poltern.
00:43:16Heute soll Marco sogar was kaputt machen.
00:43:27Ist gut.
00:43:29Welcher Bruder ist das?
00:43:31Ralf ist der Älteste.
00:43:33Er ist in Westen hier?
00:43:35Ja, der.
00:43:37Was macht der drüben?
00:43:39Meiner nicht.
00:43:41Meiner arbeitet er dort.
00:43:43Wie viel Bier ist das heute, Jochen?
00:43:45Zweite.
00:43:47Dritte.
00:43:49Ehrlich?
00:43:51Dritte.
00:43:53Manche sagen ja, man muss früh um zehn schon besoffen sein.
00:43:56So, wie kommt man denn zum Heiraten?
00:43:58Du hast ja doch so eine Philosophie,
00:44:00du sagst entweder freiwillig, oder?
00:44:02Ja, man wird zugebracht.
00:44:04Was ist denn so richtig in deinem Fall?
00:44:09Was soll man da so sagen?
00:44:13Wir haben uns das beide reichlich überlegt,
00:44:15haben ja nur zwei Kinder.
00:44:17Lange noch kennen wir uns.
00:44:19Es geht uns bloß noch die Hochzeit,
00:44:21die holen wir jetzt nach.
00:44:25Was alles seine ordentliche Existenz hat,
00:44:27im Prinzip,
00:44:29dass wir dann eh Namen haben,
00:44:31und nicht nur braun und teich.
00:44:33Was findest du an ihr?
00:44:35Sie muss das auch gleich über ihn sagen.
00:44:39Was finde ich an Manuela?
00:44:41Das ist ganz einfach.
00:44:43Ich finde an Manuela einen Lebenskameraden,
00:44:45die sehr viel für die Kinder übrig hat,
00:44:47die Kinder sehr gut betreut.
00:44:49Was nicht einfach ist,
00:44:51wirklich nicht einfach ist,
00:44:53sie hat die Kinder wirklich sehr gut,
00:44:55immer ordentlich, sauber,
00:44:57weil sie ist noch ziemlich jung,
00:44:59sie ist neun Jahre hinter mir,
00:45:01und hat die Kinder wirklich im Griff,
00:45:03hat den Haushalt im Griff,
00:45:05hat mich im Prinzip im Griff,
00:45:07wenn man es so nimmt,
00:45:09und ich kann mir in dem Moment
00:45:11keine bessere Lebenspartnerin wünschen.
00:45:13Wir kennen uns jetzt fünf Jahre,
00:45:15und haben jetzt auch die zwei Kinder,
00:45:17und ich habe da keine Bedenken mehr,
00:45:19die Mädels zu heiraten,
00:45:21und ich habe wirklich sehr viel Gutes am Herzen.
00:45:23Hat er schön gesagt.
00:45:25Und was hast du?
00:45:27Warum er?
00:45:29Ja, weil ich erstmal gern habe.
00:45:33Will man auch gern haben?
00:45:35Ja, weil er mein Vater ist.
00:45:37Also ich möchte einen haben.
00:45:41Ich möchte einen haben.
00:45:45Also, ich habe es nie gewollt.
00:45:47Nein, ich auch nicht.
00:45:49Meine Frau hätte morgen wieder heiraten.
00:45:51Also ich habe es auch nicht gewollt.
00:45:53Was ist denn da dran, Junggefreit?
00:45:55Ja, ich war noch nicht jung.
00:45:57Du musst jetzt sehen,
00:45:59Ela ist knapp achteinhalb Jahre jünger als ich.
00:46:01Ich war nur schon 24,
00:46:03hab mich, wie du eben vorher gesehen hast,
00:46:05hier mit den Mädels,
00:46:07das war so die Sturm- und Drangzeit,
00:46:09ich hatte mich ausgedrückt.
00:46:11Plus, Ela war eben noch sehr jung.
00:46:13Ich weiß nicht, ob sie was verpasst hat
00:46:15oder was versäumt hat in ihrem Leben,
00:46:17weil sie sich sehr zeitig an mich gebunden hat.
00:46:19Ich hatte mich eigentlich
00:46:21im Prinzip schon ausgedrückt.
00:46:23Also, das kann man jetzt,
00:46:25von meiner Wahrt aus kann ich nicht sagen,
00:46:27Junggefreit hat nie gereit.
00:46:29Das müsste so höchstens Ela sagen.
00:46:31Ich hoffe, dass es drauf passt.
00:46:37Der 15. Oktober 83.
00:46:47In schwarz,
00:46:49mit weißer Fliege und Mürtensträußchen.
00:46:51Nie zuvor und nie wieder
00:46:53habe ich Jochen auch nur in einem Anzug gesehen.
00:46:55Wenn schon, denn schon,
00:46:57es wird ein besonderer Tag werden.
00:47:01Die Missbraucht A.
00:47:03Sie stehen
00:47:05am Anfang
00:47:07ihrer jungen Ehe.
00:47:09Ihre Eltern
00:47:11und Großeltern
00:47:13werden heute
00:47:15zurückdenken
00:47:17an die Zeit
00:47:19ihres eigenen Kennenlernens.
00:47:21Sie werden zurückdenken
00:47:23an frohe
00:47:25und schwere Tage.
00:47:27Sie,
00:47:29liebes Braunkopfpaar,
00:47:31sind aufgewachsen
00:47:33in einer Zeit ohne Entbehrungen,
00:47:35umgeben
00:47:37von Liebe,
00:47:39Geborgenheit und Wärme.
00:47:41Sie fanden
00:47:43bei ihren Eltern
00:47:45Trost und Hilfe
00:47:47für ihre kleinen und großen
00:47:49Sorgen.
00:47:53Von großer Bedeutung
00:47:55ist die Erhaltung
00:47:57des Friedens.
00:47:59Denn ohne Frieden
00:48:01kann es keine
00:48:03glückliche Ehe,
00:48:05kein harmonisches Familienleben geben,
00:48:07Offensein für die Umwelt,
00:48:09...
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00:48:23...
00:48:27Liebes Brautpaar,
00:48:31Herr Hans für Achim Teich,
00:48:33ist es Ihr Wille,
00:48:35die Ehe
00:48:37mit Fräulein Manuela Braun
00:48:39einzugehen
00:48:41und den gemeinsam
00:48:43gewählten Familiennamen
00:48:45Teich zu führen?
00:48:47Ja.
00:48:49Danke sehr.
00:48:51Fräulein Manuela Braun.
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00:51:53Auf Bernaus Markt ist wirklich Markt. Das Rathaus ist noch immer auch Standesamt,
00:52:03nur heißt es nicht mehr Amt für Personenstandswesen. Die Reden jetzt anderer Art,
00:52:09die Musik womöglich die gleiche. Zu DDR-Zeiten soll Jochen hier sogar mal als Stadtverordneter
00:52:17aus- und eingegangen sein. Wetten? Rückblende in die öffentliche Sitzung vom 17. November 83.
00:52:32Wir, die Abgeordneten der Stadt Bernau, sind voller Besorgnis, ob der zunehmenden Gefahr für
00:52:41den Frieden durch die forcierte Aufrüstung, die vor allem durch die USA-Administration
00:52:48betrieben wird. Wir bekennen uns zum Prinzip der friedlichen Koexistenz und der Zusammenarbeit
00:52:55zwischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnungen. Der Frieden in Europa darf
00:53:02nicht gestört werden. Wir lassen nicht zu, dass unsere aufblühende Stadt Bernau zerstört wird.
00:53:11Europa darf kein Euroshima werden. Abgeordneten der Stadtverordnetenversammlung Bernau,
00:53:19Deutsche Demokratische Republik. Meine Damen und Herren Abgeordnete,
00:53:29werte Gäste. Aufgrund zentraler staatlicher Weisungen und unseres eigenen Arbeitsplanes
00:53:37führten wir 1983 mehrmals operative Begehungen durch. Unsere ständige Kommission ÖVW wird
00:53:45deshalb auch im Winterhalbjahr 83-84 ihre ständigen Kontrollen weiterführen, Missstände
00:53:52aufzeigen und für deren Beseitigung mit Sorge tragen. Konkret meinen wir damit die Frühjahrs- und Herbstabschau,
00:54:00die Vorbereitungs-Ausgabe im Winter von 1984. In diesem Zusammenhang kann Ordnung, Sicherheit und Disziplin
00:54:14noch mehr als bisher in Achtung geschenkt werden.
00:54:23Allgemein kann eingeschätzt werden, dass derartige Kontrollen und Überprüfungen helfen, Missstände zu erkennen und dazu beitragen, sie zu beherrschen.
00:54:47... der Mitarbeiter insgesamt aufrechterhalten werden. Eine Ausnahme bildete der Kleinkontainer-Bereich, wo es durch konzentrierte Fahrzeugausfälle im Oktober...
00:54:55Abschließend möchten wir bekannt geben, dass wir uns gegenwärtig auf den kommenden Winter vorbereiten. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
00:55:04Also, Jochen, als Stadtverordneter auf Zeit. Ist das sehr lange her für Dich und kommt Dir das jetzt sehr merkwürdig vor oder wie stehst Du heute zu den Dingen von damals?
00:55:18Wenn ich dazu stehe, dann kann ich Dir sagen, das war eine absolute lächerliche Nummer, diese ganze Stadtverordneten-Tätigkeit und so was.
00:55:28Das war absolut lächerlich. Ich weiß nicht, wie toll das sich da abspielt im Rathaus, aber damals war das eine absolute Luftnummer.
00:55:36Woran lag das, dass das nicht funktioniert hat?
00:55:41Ja, ich war immer in der Zwickmühle. Entweder geh dorthin oder die Tiere bleiben stehen. Und die Tiere blieben eben nicht stehen. Dann bin ich eben geblieben in Kuschelheim.
00:55:51Und das war ja sowieso bloß abgesessene Zeit. Wir kommen zum Beschluss sowieso, alle Hände hoch, angenommen.
00:56:00Also, ich bin dann auch von mich aus nicht mehr hingegangen. Und dann wollte ich sowieso nicht mehr.
00:56:08Und dann haben sie mich auch abgewählt und was da ein Tarar gemacht hat. Für mich war das natürlich eine gute Entscheidung.
00:56:18So sieht er es heute. Und damit heute ja keine Missverständnisse aufkommen, wird er mich gleich unterbrechen, wenn ich ihm aus einer Zeitung von damals vorlese.
00:56:28Also, Kollege Hans-Joachim Teich, 25 Jahre, Melker, Volk in Birkholz, Doppelpunkt.
00:56:34Er sagt also, ich bin ein noch junges Mitglied unserer Partei.
00:56:38In unserer Ortsgruppe Bernau unterstützen mich jedoch jederzeit erfahrene Parteikollegen, zum Beispiel wie Bernd Schauer mit Rat und Tat.
00:56:47Ja, Bauernpartei.
00:56:50Ja, es klingt aber, als wärst du Parteigenossin der SPD gewesen.
00:56:55Ich war Grüner. Und hab immer mit Stolz berichtet, die Grünen sind im Bundestag.
00:57:00Ich war nie in der SED. Ich war Grüner. Ich war DPD.
00:57:04Und das hast du Fahrer angetan, dich in die SED einzutreten?
00:57:07Ja, ja, ja.
00:57:10Ich war weder FDJ-Mitglied, da bin ich bei der Armee immer mächtig angeeckt.
00:57:15Ich war weder Russenfreundschaftsmitglied, die Russen waren noch nie meine Freunde.
00:57:19Da bin ich immer bei der Briade angeeckt.
00:57:22Und diese Genossen, da bin ich dann fluchtartig in eine Bauernpartei gegangen, da hat sie mich dann endlich in Ruhe gelassen.
00:57:29Also die SED hatte mir nie was gegeben.
00:57:32Weil ich habe Genossen kennengelernt, ich kannte meinen Vater als Genossen.
00:57:36Also meine Familie so als Genossen, gab es eigentlich nichts auszusetzen.
00:57:41Ich habe aber auch Genossen kennengelernt, die wirklich nur auf ihren eigenen Vorteil betrachtet waren.
00:57:48Selber gesoffen gehurt haben, bis zum Gehtnichtmehr, aber die sozialistische Predigt gehalten haben.
00:57:53Und mit diesen Leuten konnte ich mich nie irgendwie auf eine Stufe stellen.
00:58:02So, kommt mal hoch.
00:58:11Na komm.
00:58:26Na komm, lass.
00:58:28Na komm.
00:58:33Komm, lass.
00:58:42Na komm.
00:58:49Na komm.
00:58:58Jochens Schweine sind allmählich schlachtreif.
00:59:02Ihr Gewicht ermittelt er nach der Formel Leibesumfang mal Pi mal Daumen auf Mutterns Bandmaß.
00:59:15Was dabei herauskommt, verrät er sogar, wenn es einer wissen will.
00:59:19Diesmal ist es der sonst immer nur stumme Kameramann.
00:59:23Na Jochen, sollte ich?
00:59:26Wie viel bringen Sie denn?
00:59:28Der hat 13,20.
00:59:30Der wird weniger.
00:59:37Wir haben damals für die DDR-Zeiten beide kämpfen müssen.
00:59:40Deswegen hat man auch gesehen, da haben wir auch die Schweine nebenbei gefuttert.
00:59:44Wie Schweine habe ich jemals eine Schrankwand gekauft, weil man sich das sonst nicht hätte leisten können.
00:59:49Man hatte so ein bisschen Privatviehzeug.
00:59:52Dann haben wir die in Berlin teure Eier verkauft, weil die eben alle auf braune Eier gestanden haben.
00:59:57In den Läden gab es ja bloß diese leckeren weißen Eier hier von den Kindern.
01:00:02Am Wochenende haben die hier bei mir die Eier weggekauft.
01:00:05Die musste ich selbst die Hühner aus dem Netz klauen.
01:00:08War ja streckenweise so.
01:00:11Also man hat jeder nur eigentlich für sich gesorgt.
01:00:14Und ich muss ehrlich dazu sagen, ich habe nicht schlechter erlebt wie jetzt.
01:00:17Nicht besser, nicht schlechter.
01:00:19Ich kann mich als normaler Otto-Verbraucher nicht völlig erinnern.
01:00:29Volkseigenes Gut Birkholz bei Bernau.
01:00:32Milchviehanlage Lindo.
01:00:3523. Februar 1984.
01:00:38Tag des Leistungsmelkens.
01:00:41Der jährlichen Leistungsprüfung der Melker.
01:00:44Ein Arbeitswettbewerb, DDR-weit organisiert.
01:00:47Vorher ist aber erst mal Mittag.
01:00:50Dem Jochen ist das vielleicht peinlich, dass er hier wieder im Mittelpunkt ist.
01:00:56Er hat ja schon Übung.
01:00:59Ja, wegen Jochen kommen wir her.
01:01:04Gib doch mal Federn her.
01:01:08Du hast es am nötigsten.
01:01:11Du hast halt die das gerade.
01:01:13Ja, kriegst du auch noch.
01:01:16Aber du trauerst dich schon gar nicht mehr zu gewinnen im Leistungsmelken.
01:01:19Weil dann denken alle, naja, die DEFA hat mitmelken geholfen.
01:01:22Haben wir ihn zum Gewinner gemacht.
01:01:25Das haben wir nicht vor.
01:01:28Das ist alles schon nachgewiesen.
01:01:31Habt ihr schlechte Erfahrungen mit der Presse?
01:01:34Bei uns, der neue Tag, ist ja wahrscheinlich gar kein Vergleich.
01:01:39Jochen, beschreib mal deinen Beruf.
01:01:42Was würdest du sagen, wenn du jemanden werben willst,
01:01:45aber auch wenn du dir die ganzen Schwierigkeiten ...
01:01:48Was würde ich sagen? Ich soll gar nicht erst anfangen.
01:01:51Ja, nicht erst anfangen.
01:01:54Du hast aber angefangen und bist dabei geblieben.
01:01:57Also musst du dir irgendwas geben, was dich daran hält.
01:02:00Was hält mich daran? Erst mal verdienst.
01:02:03Weil man sowieso schon dabei ist.
01:02:06Wer erst mal angefangen hat, gehört auch kaum wieder auf.
01:02:09Aus meinen Kindern würde ich es nicht raten.
01:02:12Also in der Arbeit.
01:02:15Hier im Kuschel, das kann ich dir sagen,
01:02:18das war der Silvester, wo der Schnee so war.
01:02:21Wo wir tausend Nacht hier drin gesessen haben.
01:02:24Von früh bis nächsten Früh gesessen hier.
01:02:27Ach, bis Mittag.
01:02:30Habt ihr wenig Strom gehabt?
01:02:33Nein, alles mit der Hand gemolken.
01:02:36Der Trecker ging dann kaputt.
01:02:3948 Kühe stehen auf der Reihe und jeder hat seine Reihe gemolken.
01:02:42Ich würde da nicht mehr drauf wagen, ob du es schaffst oder nicht.
01:02:45Hauptsache Milch hast du rausgehabt.
01:02:48Aber wenn ich dich fragte, wie würdest du denn werben?
01:02:51Für den Beruf sagtest du ja nicht erst anfangen.
01:02:54Ja, das ist richtig.
01:02:57Würde gleich geholt noch.
01:03:00Was ist denn da so schwer daran, so unbefriedigend für dich?
01:03:03Unbefriedigend, ja nicht mal.
01:03:06Der Beruf an sich, so DDR-Zeiten war das eine Knochenarbeit.
01:03:09Nur eine Knochenmühle.
01:03:12Und da hat die Familie absolut darunter gelitten.
01:03:15Weil du warst nur auf Arbeit im Prinzip.
01:03:18Hast du wirklich mal 2-3 Tage frei gekriegt,
01:03:21das kann auch einer bestätigen.
01:03:24Standen sie hier am Fenster, haben geklopft.
01:03:27Ja, du musst kommen.
01:03:30Du hast ja nie Zeit gehabt.
01:03:33Und heutzutage hat der Beruf absolut überhaupt keine Zukunft.
01:03:36Weil Landwirtschaft ist tot.
01:03:39Also das Leistungsmelken.
01:03:42Jochen und seine Kollegen bewegen sich nicht nur heute
01:03:45in einem gewissen öffentlichen Licht.
01:03:48In dieser Anlage steht 1984 auch die Kuh
01:03:51mit der höchsten Milchleistung in der DDR.
01:03:54Diesmal machen unsere Scheinwerfer den Stall zur Bühne.
01:03:57So, Name?
01:04:00Heinrich Hansjörg.
01:04:03Alles klar, kann ich losgehen?
01:04:06Leistungsmelken.
01:04:09Das Bewusstsein für verantwortungsvolles Arbeiten stärken
01:04:12und damit die Republik, den Bruderbund mit der Sowjetunion,
01:04:15den Sozialismus in der Welt und gleich auch den Weltfrieden.
01:04:18Wie es so oder so auf den Spruchbändern stand.
01:04:27Kann man Ihnen Ratschläge geben, Kollege Sommer?
01:04:30Nein, bei diesem Melken muss jeder Melker
01:04:33für sich vollkommen alleine gestellt sein.
01:04:36Kommt es darauf an, dass man eine glückliche Hand hat
01:04:39an so einem Tag?
01:04:42Eine glückliche Hand wollen wir nicht sagen.
01:04:45Hier spielen die Nerven mehr eine Rolle als die glückliche Hand.
01:04:48Die Melker melken täglich ihre 90 Kühe.
01:04:51Da spielt die Hand weniger die Rolle.
01:04:54Aber die Nerven.
01:04:57Aber wie wir sehen, er ist schon ganz gut in Form.
01:05:00Also braucht man im Grunde nur so melken,
01:05:03wie man jeden Tag melkt, oder?
01:05:06So sollte es sein.
01:05:09Es kommt heute besonders darauf an,
01:05:12dass der TGL in diesem Fall ...
01:05:15TGL ist eine allgemeine Vorschrift, die besagt,
01:05:18dass in der gesamten Republik,
01:05:21ob in dem Bezirk Rostock oder Karl-Marx-Stadt,
01:05:24nach einem einheitlichen System gearbeitet wird.
01:05:27Und auch dieses bewertet werden kann.
01:05:30Und was sehen Sie jetzt im Augenblick,
01:05:33wenn er hier das Euter wischt? Worauf achten Sie?
01:05:36Es gehört zur Sauberkeit des Euters,
01:05:39dass der Euterspiegel mit gereinigt wird.
01:05:42Wenn der Milchspiegel schmutzig ist,
01:05:45wird die Milch hier unten rein gemolken.
01:05:48Was macht dann jetzt?
01:05:51Jetzt rüstet er die Kuh an.
01:05:54Wir geben maximal zum Anrüsten der Kuh 30 Sekunden Vorgabe,
01:05:57also Zeit.
01:06:00In den 30 Sekunden soll die Kuh melkbereit sein.
01:06:03D.h., die Milch eingeschossen in die jeweiligen Strichen,
01:06:06sodass, so wie das Melkzeug reingeht,
01:06:09sofort der Milchfluss hier eintreten tut
01:06:12und die Milch in die Striche kommt.
01:06:15Bist du aufgeregt, Jochen? Ein bisschen.
01:06:18Und wie beruhigst du dich wieder?
01:06:21Nach der Arbeit erst mal zwei Doppeltricks.
01:06:28Aber wenn du so viele Jahre hier bist,
01:06:31musst du es dann mit links machen.
01:06:34Naja, das ist jedes Jahr eine neue Aufregung.
01:06:36Was machen die Interviews dazwischen?
01:06:39Deine so blöden Fragen, die waren ja echt klasse.
01:06:42So blöd wie du frierst, Kinder.
01:06:45Die waren echt klasse, die Fragen.
01:06:48Die bauen hinten dann nur auf.
01:06:51Bist du für Splitter noch verantwortlich, Jochen?
01:06:54Nein.
01:06:57Du musst dich also auf den anderen verlassen,
01:07:00dass das auch klar geht.
01:07:03Ja.
01:07:06Habt ihr eine gute Futtergrundlage?
01:07:09Oder habt ihr Sorgen?
01:07:12Nein.
01:07:15So.
01:07:21Dann werden wir kurz die Sache auswerten.
01:07:24Du hast mich eigentlich nicht enttäuscht.
01:07:27Heute hast du auch noch die Sache gehabt.
01:07:30Und zwar in den Noten Vormelkprobe
01:07:33durchweg die 7 erreicht von 8 möglichen.
01:07:36Alterreinigung das gleiche.
01:07:39Alles in allem können wir sagen,
01:07:42zum Wunschnis angeklagten 51 Punkte.
01:07:45Die Technik geschafft hier
01:07:48mit 19 Punkten von 20 möglichen.
01:07:51Die Zeit geschafft,
01:07:54sodass 60 Punkte für Melkgeschwindigkeit da sind.
01:07:57Wir können alles in allem sagen,
01:08:00du hast mit der heutigen Prüfung hier
01:08:03150 Punkte erreicht von 160 möglichen.
01:08:06Das wäre die drittbeste Note,
01:08:09die heute hier erreicht worden ist
01:08:12bei diesem Leistungsmelken hier in Augsburg-Stahl.
01:08:15Gratuliere aber nicht dafür.
01:08:18Hättest du das gedacht, Jochen?
01:08:21Nein.
01:08:24Was hast du so für ein Gefühl?
01:08:27Ging es heute gut?
01:08:30Nein.
01:08:33Trotz der Scheinwerfer?
01:08:36Nein.
01:08:39Was macht ihr heute noch hier?
01:08:42Arbeiten bis 4 Uhr.
01:08:45Na ja, aber schließlich hast du gewonnen hier.
01:08:48Ich habe doch nicht gewonnen.
01:08:51Gewonnen an Erfahrung.
01:08:54Fragt sich nur, welche.
01:08:57Peter, warst du Sieger im Leistungsmelken?
01:09:00Nein, ich war nie Sieger im Leistungsmelken.
01:09:03Ich war immer Betriebsmeister.
01:09:06Dann wurde ich immer delegiert
01:09:09nach dem Kreisleistungsmelken
01:09:12und dann ging mir das alles 10 Meter am Arsch vorbei,
01:09:15weil mir das so zu doof war.
01:09:18Das war alles nur Kunst- und Figurenmelken.
01:09:21Da waren nämlich die Düsseldorfer Melker,
01:09:24die du wirklich als Kollegen in den Arsch treten konntest,
01:09:27waren auf einmal im Jahr, haben sie 8 Kühe top gemolken,
01:09:30waren die besten Leute, aber das ganze andere Jahr
01:09:33haben sie so geschnudert und gefuscht,
01:09:36aber auf diesen Scheiß, da haben sie Wert drauf gelegt.
01:09:39Die letzten Jahre habe ich nur noch ein paar Punkte gekriegt,
01:09:42weil ich eine saubere Melkerbluse anhatte und so weiter.
01:09:45Ich habe das eigentlich überhaupt nicht mehr.
01:09:48Das ging mir 10 Meter am Arsch vorbei.
01:09:51Marco, möchtest du auch was trinken?
01:09:54Nein.
01:09:57Sehr gut.
01:10:00Dezember 1987.
01:10:03Jochen und Manuela haben inzwischen ihr drittes Kind,
01:10:06eine Tochter, Maria.
01:10:09Sie erwarten ein viertes.
01:10:12Ihr erstes hat sich versteckt,
01:10:15will sich nicht filmen lassen.
01:10:18Und wenn schon vom vierten Kind die Rede ist,
01:10:21wir sollten es nie filmen können.
01:10:24Es wurde tot geboren.
01:10:26Jetzt ist auch die gute Stube ausgeleuchtet
01:10:29und das heißt, nun mach wieder deine Regie.
01:10:32Das ist schwer, wenn es eigentlich nichts zu drehen gibt.
01:10:35Wir aber die Kamera haben,
01:10:38die uns an Tagen, an denen wirklich etwas geschieht,
01:10:41oft genug fehlt.
01:10:44Was bleibt ist, Platz nehmen zu lassen
01:10:47zum ungeliebten Interview, dem Gespräch über das,
01:10:50was war, ist oder sein wird.
01:10:53Mama?
01:10:56Ja?
01:10:59Hinter der hohen Tischkante in Deckung
01:11:02warten sie darauf, dass ich beginne.
01:11:05Da fehlt noch einer.
01:11:08Ja, der kommt nicht.
01:11:11Der Älteste.
01:11:14Der hat so einen schönen Schlag gehabt heute.
01:11:17Was war los, Manuela?
01:11:20Das Junge bin ich geworden.
01:11:23Wir waren im Raum, alle nacheinander,
01:11:26und dann war eben Kaffee trinken.
01:11:29Wärst du gerne dabei gewesen, Johann?
01:11:32Tja.
01:11:35Ich bin für Sommer nicht so warm.
01:11:38Und bei der Einschulung warst du da dabei?
01:11:41Ja, bei der Einschulung war ich dabei.
01:11:44Dann können wir ja nun nicht drehen, leider.
01:11:47Marco, zeig mal.
01:11:50Marco, zeig mal.
01:11:53Marco, zeig mal.
01:11:58Marco, seit heute also junger Pionier.
01:12:01Wird noch lernen müssen,
01:12:04Halstuch und Schnupftuch nicht zu verwechseln.
01:12:07Die Neugierde hat ihn nun doch aus dem Versteck gelockt.
01:12:10Na, Papa will mal sehen.
01:12:13Zeig mal, Papa.
01:12:16Ich nutze die Gunst der Stunde für den Versuch,
01:12:19seinen Vater mal als Staatsbürger anzusprechen
01:12:22und sein Bauliches zu entlocken.
01:12:25So hat es bei dir auch mal angefangen, Johann, ne?
01:12:28Ja, ja, lange ist her.
01:12:31Fängst du ein bisschen politisches Denken
01:12:34mit dem Eintritt in die Pionierorganisation an?
01:12:37Ach na ja.
01:12:40Ach na ja, reden sie ja alle.
01:12:43Warum soll er nicht?
01:12:46Spielt das eine Rolle,
01:12:49dass man in der Gemeinschaft plötzlich ein Halstuch trägt?
01:12:52Nein, unbedingt nicht.
01:12:57Zum 1. September 1989
01:13:00wird Jochens jüngerer Sohn, Steffen, eingeschult.
01:13:03Das hat seinen Ablauf und seine Ordnung wie jedes Jahr,
01:13:06auch wenn sonst im Land nicht mehr alles seine Ordnung hat
01:13:09und ist, wie es einmal war.
01:13:12Die DDR wird 40.
01:13:15Dass sie nicht viel älter wird,
01:13:18vermutet Ende dieses Sommers noch niemand.
01:13:20Doch die DDR wird sich ändern
01:13:23und nicht darum, sie abzuschaffen.
01:13:26Dieser 1. September,
01:13:2950. Jahrstag des Beginns des Zweiten Weltkrieges.
01:13:32Anlass, noch einmal Jochens Mutter zu hören.
01:13:35Und nun haben Sie Enkel vor euch.
01:13:38Was denkt man?
01:13:41Was wünscht man sich?
01:13:44Ja, was wünscht man sich? Frieden wünscht man sich.
01:13:47Gerade wir Älteren haben den letzten Krieg mitgemacht
01:13:50und müssen schauen, was dann wird.
01:13:53Denn jetzt ist ja die Entwicklung, die Waffentechnik,
01:13:56das hat sich doch alles weiterentwickelt.
01:13:59Das wird doch alles noch schrecklicher, wie es schon war.
01:14:02Trotzdem, wir Älteren haben unseren Optimismus ja nicht verloren.
01:14:05Sonst wären wir heute nicht so weit.
01:14:08Denn wir sind ja mit viel Optimismus
01:14:11nach 1945 wieder an die Arbeit gegangen.
01:14:16Sollte Jochen den Optimismus der Mutter geerbt haben,
01:14:19wäre er in diesen Jahren aufgebraucht.
01:14:22Selbst Gorbatschows Pirastreuker und dessen Initiativen,
01:14:25das Wettrüsten der beiden Welten zu beenden,
01:14:28nehmen ihrem Sohn nicht den Zweifel,
01:14:31ob der Frieden seinen Kindern erhalten werden kann.
01:14:34Heimkehr in einem Fünfsitzer.
01:14:37Originalton.
01:14:40Auch von Jochen zur Weltlage.
01:14:43Keine Ahnung, wie die hier sind,
01:14:46da die ganze Rakete in Zürich-Jelunke mal wieder verschwindet.
01:14:49Meinst du, der SDI?
01:14:52Hätte sich Gorbatschow darauf einlassen sollen?
01:14:55Wenn der von seinem SDI-Programm,
01:14:58von seinem Sternenkriegsprogramm nicht abrückt?
01:15:01Das ist höhere Politik.
01:15:04Der macht doch sowieso weiter, will der Regen.
01:15:07Wie findest du das, dass das überhaupt stattgefunden hat?
01:15:10Was soll ich dazu sagen, wie finde ich das?
01:15:13Na klar, das muss ja mal sein.
01:15:16Das sind kleine Schritte.
01:15:19Erst bauen sie ein Haufen Millionen solcher Raketen
01:15:22und jetzt züchten sie sie wieder.
01:15:25Aber auch wieder für teurere Nährstoffe.
01:15:28Würdest du heute auch noch so reden?
01:15:31Ja, natürlich würde ich heute genauso noch reden.
01:15:34Nein, das ist alles so, wie ich damals empfunden habe.
01:15:37Das würde ich heute noch genauso reden.
01:15:46Landschaft bei Bernau.
01:15:49Herbst 1999.
01:15:52Eigenheim-Siedlungen lassen die Stadt seit einigen Jahren
01:15:55mächtig in die Wiesen hinauswachsen.
01:15:58In Lindow aber, bei Jochen um die Ecke,
01:16:01hat die alte Milchviehanlage ausgedient.
01:16:10Im Herbst 1989 suchten wir hier das Gespräch mit den Melkern.
01:16:13Es ist der 4. Dezember.
01:16:16Treffpunkt, wieder die Mittagspause.
01:16:19Hallo Jochen.
01:16:22Grüß dich.
01:16:25Wir sind mal wieder da.
01:16:28Na ja, mit dir.
01:16:31Kommen noch drei oder wie ist das hier?
01:16:34Ja, wir haben noch Gäste eingeladen.
01:16:37Drei Gäste, die was sagen wollen.
01:16:40Ja?
01:16:43Ja.
01:16:46Ja.
01:16:49Ja.
01:16:52Wären wir jetzt nicht gekommen,
01:16:55hätten wir wohl nie wiederzukommen brauchen.
01:16:58Die Medien zog es in diesen Wochen
01:17:01vor allem zur Mauer oder nach Wandlitz.
01:17:04Auf halber Strecke zwischen hier und dort
01:17:07die Melker von Bernau, die wie immer ihre Arbeit taten.
01:17:10Wen hätte schon interessiert, was sie zu sagen hatten,
01:17:13wäre der Kollege Teich nicht unter ihnen gewesen.
01:17:16Wir waren als Helden.
01:17:19Da waren wir nicht noch Zeit.
01:17:22Ja, da waren wir noch.
01:17:25Da war noch Kollektiv, da war noch was Stimmung,
01:17:28da war noch was los.
01:17:31Wer war noch nicht in West-Berlin?
01:17:34Ich beginne mit einer Frage jener Tage.
01:17:37Einer war da.
01:17:40Frag mal lieber, wer da neben Polen war.
01:17:43Und ist dann einer weggeblieben so
01:17:46über die Monate hier aus dem Kollektiv?
01:17:49Das stimmt.
01:17:52Wenn es alle so gearbeitet hätten
01:17:55wie wir in der Landwirtschaft
01:17:58und speziell bei uns, würde es besser stehen.
01:18:01Aber leider, die Genossen haben uns verraten.
01:18:04Helmut, der hat immer Quatsch.
01:18:07Immer.
01:18:10Der hat die Genossen und die Betriebsversammlung
01:18:13auf die Eile gewackelt.
01:18:16Der hat die Schnauze vorne weg.
01:18:19Der hat den Grund am Boden.
01:18:22Das könnte einem ja auch gereicht haben.
01:18:25Hier oder drüben, da ist ja alles in der Scherze.
01:18:28Du warst drüben, wie war es denn?
01:18:31Erschütternd.
01:18:34Warum?
01:18:37Da hast du den DDR-Blauer zum Vieh gesehen,
01:18:40den die alle um die 100 Mai geprügelt haben.
01:18:43Findest du das keine Würde?
01:18:46Aber die holtest du dir hoch, was?
01:18:49Kriegt ihr die Kühe über den Winter?
01:18:52Ja, werden wir wohl.
01:18:55Wenn wir nicht sofort die Bullen loswerden,
01:18:58Augenblicklich, ab 1.11. haben wir ohne Bullen geplant.
01:19:01Jetzt haben wir den 1. Dezember 4 Wochen.
01:19:04Jetzt haben wir Futter bis zum 10.14.April.
01:19:07Und wenn die Bullen noch 4 Wochen stehen,
01:19:10dann haben wir eben bloß bis März Futter.
01:19:13Man merkt es ja auch beim Krippensauermachen,
01:19:16man kann das Restfutter von knapp 200 Kühen
01:19:19nicht mehr leisten.
01:19:22Wir lassen die Kühe noch nicht hungern.
01:19:25Aber wenn die Bullen nicht wegkommen,
01:19:28werden wir sie im Frühjahr hungern lassen müssen.
01:19:31Keiner traut sich, die Bullen wegzunehmen.
01:19:34Es ist ja auch keiner da, der die Entscheidung treffen soll.
01:19:37Fühlst du dich nur verarscht?
01:19:40Du bist in der Mitte deines Lebens.
01:19:43An was haben wir alle geglaubt?
01:19:46War das alles falsch?
01:19:49Das kann ja nicht alles falsch gewesen sein.
01:19:52Zu was kann man stehen, nach wie vor?
01:19:55Zu vielen nicht mehr.
01:19:58Man hat ja vollkommen kein Vertrauen zu anderen.
01:20:01Von wem willst du reagieren? Die haben ja alle beschissen.
01:20:04Es ist ein großer Zorn im Land, muss ich sagen.
01:20:07Wie würdest du deine Kinder jetzt erziehen wollen?
01:20:10Was ist aus unseren Menschen geworden?
01:20:13Wie willst du die jetzt noch erziehen?
01:20:16Für was denn? Wohin denn?
01:20:19Abwarten, abwarten.
01:20:22Ehrlichkeit, finde ich, ist ja wohl eine Sache...
01:20:25Du wirst auch morgen nicht mehr, was hier los ist.
01:20:28Du wirst auch morgen nicht mehr, was hier los ist.
01:20:31Na Jochen, wenn wir ja nichts mehr gegen zu halten haben,
01:20:34dann können wir uns ja auch wieder vereinigen lassen, oder?
01:20:37Von mir aus ist alles möglich.
01:20:40Das ist mir auch gar nicht egal.
01:20:43Das spricht aber für sehr viel Enttäuschung.
01:20:46Das ist mir auch gar nicht egal.
01:20:49Die müssen wir bieten, aber wie?
01:20:52Bieten, bieten. Wir reden alle vom Leistungsprinzip.
01:20:55Wir wussten noch bestellt über unsere Erfolge.
01:20:58Und was anderes haben sie noch nie gebracht?
01:21:01Und wenn du jetzt wieder einberufen werden würdest,
01:21:04wieder an die Grenze, wie fühlst du dich denn?
01:21:07Wann will ich denn da?
01:21:10Dann kannst du mal schnell Urlaub machen.
01:21:13Dann kann ich höchstens eine Hälfte abbauen.
01:21:16Für deine Familie hast du da gestanden, hast du gesagt, ne?
01:21:19Dann haben doch die meisten da gestanden, in der Familie.
01:21:22Bloß, dass sie keine Eier zu Hause haben.
01:21:25Dann hat man ja auch die Fresse gehalten.
01:21:28Weil die ganze Scheiße da gesehen hat, oh Gott, oh Gott, oh Gott.
01:21:36Drei Tage später sind wir beim Märkischen Brennstoffhandel Birndau.
01:21:40Dass die Touren wieder zurückgekommen sind.
01:21:43Hat er das abgeklärt mit der AU?
01:21:46Ne, das haben wir noch nicht abgeklärt.
01:21:49Manuela, werd ihr denn über den Winter kommen hier?
01:21:52Wir hoffen es.
01:21:55Und wenn die Lichter ausgehen im Land?
01:21:58Die gehen nicht aus.
01:22:01Also ihr würdet nicht streiten, ne?
01:22:04Nein, wir würden nicht streiten.
01:22:07Wenn alles in Auflösung ist, morgen ist Parteitag,
01:22:10was geht euch denn so überhaupt durch den Kopf?
01:22:13Manuela, wenn du die Zeitung liest, wenn du das Fernsehen siehst,
01:22:16wie ist dir da?
01:22:19Ja.
01:22:22Angst?
01:22:25Nein, wie das weitergeht.
01:22:28Ich habe drei Kinder und alleine passiert das.
01:22:31Aber wenn du drei Kinder hast, wie soll ich das machen?
01:22:34Wie soll das weitergehen?
01:22:37Wie bringen wir das noch durch?
01:22:40Naja, als Bundesland gehen wir doch immer, oder wie?
01:22:43Naja, das ist was Neues.
01:22:46Kannst du dir nicht vorstellen, dass wir hier den Laden zumachen
01:22:49und sagen, was wäre denn zu erhalten?
01:22:52Was wäre denn wichtig und gut?
01:22:55Vieles war gut, finde ich.
01:22:58Die sozialpolitischen Maßnahmen und so weiter.
01:23:01Acht Monate später.
01:23:04Auf dem Berliner Alexanderplatz kommen Bauern aus der ganzen DDR
01:23:07zu einer Protestumgebung zusammen.
01:23:10Jochen kannte hierzulande nur Demos für, nicht gegen seinen Staat.
01:23:13Wenn wir schon zum Interview herbitten,
01:23:16will er sowas mal gesehen haben.
01:23:19Am 15. August 1990.
01:23:22Wie ist eure Situation im Moment im Stall?
01:23:25Sehr bescheiden.
01:23:28Aber ihr habt doch neue Ställe gebaut und alles.
01:23:31Dann wird es eine Bauruin.
01:23:34Und die Milch, kriegt ihr die verkauft?
01:23:37Verkauft schon, aber unter dem Preis.
01:23:40So hat man nicht existieren können.
01:23:43Wie soll das weitergehen?
01:23:46Das ist kein Mensch.
01:23:49Die haben doch schon Geld.
01:23:52Noch nicht.
01:23:55In Polen braucht auch keiner mehr.
01:23:58Die Betriebe können nicht bezahlen,
01:24:01sie haben ja keine Gelder.
01:24:04Durch das, was mit euren drei Kindern?
01:24:07Liebe Herrgott, wie ist alles gewesen?
01:24:10Jetzt kommen sie und sehen, was hier passiert?
01:24:13Sie kommen und sehen, was passiert.
01:24:16Wir werden es kaputt machen.
01:24:19Kann man die neue Politik mitbestimmen durch die Wahl?
01:24:22Ich hoffe es.
01:24:25Sonst sind wir ganz am Ende.
01:24:28Du bist Deutscher wie alle.
01:24:31Zahlt sich das aus?
01:24:34Für mich nicht.
01:24:37Aber ihr müsst bei Hoffnung bleiben.
01:24:40Das ist das Wichtigste, finde ich.
01:24:43Schauen wir mal.
01:24:46Wenn ich wandere nach Hause, nach Kanada.
01:24:49Alles kaputt.
01:24:52Ich kann dir nicht mal widersprechen.
01:24:55Hier ist nichts mehr.
01:24:58Aber es muss was aus dem Land gemacht werden.
01:25:01Wer denn?
01:25:04Die kaputten Hunde da oben in der Regierung.
01:25:07Die verlausten, die kann ich ab.
01:25:10Du hast eine Erinnerung an viel Gutes,
01:25:13was bewahrt werden sollte?
01:25:16Natürlich.
01:25:19Das Problem ist auch noch Land.
01:25:22Da musst du nach Kanada kommen.
01:25:25Ich folge dir.
01:25:28Es gibt Geld.
01:25:31Wir müssen 1400 Hektar stilllegen.
01:25:34Wir werden vielleicht für 100 Hektar Geld kriegen.
01:25:37Die Landwirte kriegen 30 Pfennig für die Liter Milch.
01:25:4015 Pfennig für die Liter bis zur Quote.
01:25:4315 Pfennig, was über die Quote ist.
01:25:46Da bleiben 30 Pfennig unter dem Strich.
01:25:49Das wissen Sie ganz genau.
01:25:52Der letzte Landwirtschaftsminister der DDR.
01:25:55Er macht den Fehler, sich unters Volk zu begeben.
01:25:58Herr Krause!
01:26:01Es ist zu spät!
01:26:04Herr Krause!
01:26:07Da sind wir leider zu früh abgehauen.
01:26:10Die Delegierten oder paar.
01:26:13Er handelte den Beitritt der DDR
01:26:16zur Bundesrepublik Deutschland mit aus.
01:26:19Er hat die Probleme allein gelassen.
01:26:22Die Landesregierung steht vor einem Licht.
01:26:25Wir Bauern stehen vor dem Ruin.
01:26:28Und die Landwirtschaft und die Produktion in der DDR
01:26:31vor dem totalen Zusammenbruch.
01:26:34Täglich reduziert sich das bäuerliche Vermögen
01:26:37in mehrere Millionen D-Mark.
01:26:40Schon lange geht es nicht mehr um die einzelne Genossenschaft.
01:26:43Jetzt geht es um das mit Schweiß
01:26:46erarbeitete Handwerk.
01:26:49Es geht um das Eigentum der Bauern insgesamt.
01:26:52Applaus
01:26:55Applaus
01:26:58Applaus
01:27:01Applaus
01:27:04Applaus
01:27:07Applaus
01:27:10Applaus
01:27:13Applaus
01:27:16Applaus
01:27:19Endzeit.
01:27:22Noch sieben Wochen DDR.
01:27:25Applaus
01:27:28Der Landwirtschaftsminister tritt ab.
01:27:31Ich bin auch Bauer, genau wie ihr.
01:27:34Ich verlore keine Alternativproduktion,
01:27:37ein Wienhaus, ein Mecklenburg.
01:27:40Applaus
01:27:43Ich verdiene im Monat 635 Mark netto auf die Hand.
01:27:46Applaus
01:27:49Und im Volkskammeramt verlor ich im Krieg im Monat 6000 Mark.
01:27:52Applaus
01:27:55Applaus
01:27:58Dafür, dass sie die Schweine und die Kühe verrecken lassen.
01:28:01Dafür, dass sie die Bauern um die Erde klären.
01:28:04Und die Beschriftung machen, dass der Westkurs einstehen kann.
01:28:07Für was verdienen diese Leute das Geld?
01:28:10Du siehst das sachlich
01:28:13und du würdest der DDR auch keine Perspektive gegeben haben,
01:28:16wirtschaftlich gesehen.
01:28:19Ich muss ehrlich zu meiner Schande gestehen.
01:28:22Über meinen eigenen Tellerrand
01:28:25und diese Milchviehanlage hier drüben in Lindo.
01:28:28Wir standen immer recht gut da, haben recht gut Geld verdient.
01:28:31Über diesen Tellerrand habe ich eigentlich nie groß drüber gesehen.
01:28:34Was da nun ringsherum um uns passiert ist.
01:28:37Du hattest praktisch auch gar keine Zeit,
01:28:40hier mit anderen Dingen groß zu befassen.
01:28:43Die Karliebknechtstraße in Bernaulindo.
01:28:46Januar 91
01:28:49Jochen, nun Bundesbürger,
01:28:52soll nicht mehr im Stall arbeiten.
01:28:55Da will ich Fragen kommen.
01:28:58Es ist noch keiner daheim,
01:29:01aber das Gartentor steht wie üblich offen
01:29:04und so tragen wir die Kamera schon mal vors Haus.
01:29:14Hau meine Arme!
01:29:16Halt mal in Treue, dir Pferd!
01:29:20Jochen, bleib raus, so viel Meter haben wir nicht.
01:29:23Er braucht immer etwas länger.
01:29:26Habt ihr von der Arbeit?
01:29:29Nein, sie ist krank.
01:29:32Wir wollten eigentlich gar nicht mehr drin kommen.
01:29:35Entschuldigung, erst du natürlich.
01:29:38Ach Gott, ja.
01:29:41Ihr wisst, dass wir hier vorfahren.
01:29:44Ich muss ja um 4 Uhr weg.
01:29:47Ich weiß das auch.
01:29:50Du kommst ja nicht mehr von um die Ecke hier.
01:29:53Aber vom Arbeitsamt kommst du auch nicht.
01:29:56Da muss ich bald hin, bin nämlich auch gekündigt.
01:29:59Besser so.
01:30:02Und ihr seid jetzt Kollegen?
01:30:05Ja.
01:30:08Jochen, da willst du dich nicht filmen lassen?
01:30:11Wieso will ich nicht?
01:30:14Das ist mir gar nicht peinlich.
01:30:17Wir richten uns schon nach dem Wort.
01:30:20Ich hab das Gefühl, Merker, das ist was.
01:30:23Und was er jetzt macht, das ist ihm nichts.
01:30:26Merker war auch was für den Arsch.
01:30:29Und?
01:30:32Ich weiß, du hast gesagt, alles ist kaputt.
01:30:35Auf dem Alex hast du uns das gesagt.
01:30:38Das doch.
01:30:41Und die neue Arbeit, geht die denn überhaupt?
01:30:44Nein.
01:30:47Du, das ist schwer.
01:30:50Wen machst du das jetzt?
01:30:53Die ersten Tage waren schwer, jetzt geht das.
01:30:56Also, hörste, er würde sich durchaus filmen lassen,
01:30:59wenn Zeit wäre, Manuela.
01:31:02Das haben wir jetzt zur Kenntnis genommen.
01:31:05Nee, das ist ja gut.
01:31:08Solange hier überall noch Öfen sind, wirst du deine Kohlen...
01:31:11Wer soll denn die bezahlen?
01:31:14Die neuen Preise, die Rentnerfrauen, die fallen alle um.
01:31:17Du musst bald mit dem Notarztwagen hinfahren,
01:31:20wenn du dir die Rechnung servierst.
01:31:23Wir fahren jetzt die 10 Cent nach Neustützen
01:31:26und dann ist Feierabend, dann zahlen sie alle teuer.
01:31:29Und das kann keiner bezahlen, das können wir nicht mal bezahlen.
01:31:32Und war das nur schwer, sich umzuhebeln?
01:31:35Och, da muss ich arbeiten und da muss ich arbeiten.
01:31:38Du wolltest doch nach Kanada.
01:31:41Da gehen wir auch noch hin.
01:31:44Ja, wirst du.
01:31:47Also, wir können immer noch kommen und filmen, ja?
01:31:50Wenn man gefragt hat vorher.
01:31:53Wenn man vorher gefragt hat, ja.
01:31:56Wir haben ja nichts zu verbergen.
01:31:59Das ist wahr.
01:32:02Hast du nicht manchmal Lust, mich auch was zu fragen?
01:32:05Na ja, was wollen wir denn fragen?
01:32:08Sieht doch überall gleich aus.
01:32:11Ich kann weitermachen hier mit der Truppe.
01:32:14Ich kann weitermachen mit den anderen aus der ehemaligen Klasse.
01:32:17Unzuliebe, Nanu, mir kommen ja gleich die Tränen, du.
01:32:20Komm, wer hebt denn dir heute noch was aus Liebe?
01:32:23Nee, nicht aus Liebe.
01:32:26Aber weil die Sache Ihnen was bedeutet.
01:32:29Ach, wem bedeutet denn heute da was?
01:32:32Es gibt doch keiner Geld, wenn er sich nicht was davon verspricht.
01:32:35Die Sache geht 30 Jahre, Jochen, stell dir das mal vor.
01:32:38Du bist einer der Ersten gewesen, der hier filmt, oder?
01:32:41Geh doch nach Hollywood und nicht nach Kanada.
01:32:44Im ersten Sommer der Deutschen Einheit.
01:32:47Der Spreebogen am Reichstag.
01:32:50Mit den Kreuzen für jene, die an der Mauer umkamen.
01:32:55Diesmal haben wir uns mit Jochen und Manuela
01:32:58im ehemaligen Westen Berlins verabredet.
01:33:01Sie wird sich mit den Kindern erst noch hier umschauen,
01:33:04während ich mit Jochen rede.
01:33:07Es ist der 31. Juli 91.
01:33:09Ja, Jochen.
01:33:12Es ist wahr, dass du tatsächlich als Grenzsoldat
01:33:15hier Dienst getan hast?
01:33:18Ich war hier als Grenzer, aber andere Seite.
01:33:21Und die Seite hatten Reichstag nie gesehen.
01:33:24Ja, warum durften wir dich damals eigentlich
01:33:27nicht an der Grenze drehen?
01:33:30Du weißt doch, wie es früher war.
01:33:33Da durfte doch keiner rein und raus, außer wir.
01:33:36Und die Befehle haben andere gegeben, nicht wir.
01:33:39Ich möchte nicht sagen, die sahen eigentlich recht gut aus.
01:33:42Da haben sie sich viel Mühe gegeben.
01:33:45Da wurde ein Haufen Geld drin gesteckt.
01:33:48Du hast einen Vortrag über den antifaschistischen
01:33:51Schutzwall gehalten, Jochen.
01:33:54So haben sie das immer genannt, ja.
01:33:57Aber wir haben immer Kanten zugesagt.
01:34:00Was habt ihr gesagt?
01:34:03Kanten, sonst war es ja Kanten.
01:34:06Sie haben antifaschistischen Schutzwall gesagt.
01:34:09Wie war es mit den Kreuzen, die gefallenen Grenzer?
01:34:12Die Leute, die bei uns im Regiment gefallen sind,
01:34:15war der Reinhard Huhn.
01:34:18Der hat ein Kind aus der Spree gerettet.
01:34:21Der war aus der Bootskompanie.
01:34:24Die haben mir mehr gesagt wie die weißen Kreuze.
01:34:27Wo war es wirklich mal gefährlich?
01:34:30Bei mir eigentlich wenig.
01:34:33Geschossen war ich nie, brauchte ich nicht.
01:34:36Eigentlich gefährlich.
01:34:39Ich habe Schokolade immer rüber geschmissen.
01:34:42Wenn sie geschmissen haben, durften wir sie sowieso nicht nehmen.
01:34:45Wie denkst du über die, die jetzt hier belangt werden,
01:34:48weil sie geschossen haben?
01:34:51Das finde ich absolut Mist.
01:34:54Die haben genauso ihre Pflicht erfüllt und ihren Eid,
01:34:57wie sie gegen den Staat geschworen haben.
01:35:00Was soll denn das?
01:35:03Das ist jetzt eine Hetzerei und Verfolgerei.
01:35:06Das könnte man ja alle verfolgen, die mal eine Waffe in der Hand hatten.
01:35:09Die Großen loben frei rum.
01:35:19Aber die Enttäuschung muss gerade für dich ziemlich happig gewesen sein.
01:35:22Gut, man hat drei Jahre seine Knochen an die Grenze getragen.
01:35:25Warum, das weiß man heute auch nicht mehr.
01:35:28Wenn man die Bundeswehr sieht,
01:35:31die machen ja so eine Kur auf den Halter.
01:35:34Die jungen Männer, wir haben es ja nun anders erlebt.
01:35:37Aber alles vergessen.
01:35:45Das erste Jahr der Deutschen Einheit
01:35:48ist auch das 30. unserer Filmchronik.
01:35:51Grund für ein Wiedersehen der Kinder von Golzo.
01:35:54Es hätte auf der Oder sein können,
01:35:57ist aber nun auf der Elbe, weil die mal eine Grenze war.
01:36:07Für die Zeit des Filmens
01:36:10haben wir die Lebenspartner mit Schiffs gebeten.
01:36:15Die letzten Stromkilometer bis Hamburg,
01:36:18das den 3. Oktober, den neuen Feiertag,
01:36:211991 ausrichten wird.
01:36:26Ehe wir da sind,
01:36:29habe ich wieder mal eine Frage, auch an Jochen.
01:36:32Was hast du dir gedacht,
01:36:34an dem 2., 3. Oktober 1990?
01:36:37Gar nichts.
01:36:40Das ging mir nichts an.
01:36:43Andere haben gefeiert, ich nicht.
01:36:46Ich hatte keinen Grund zum Feiern.
01:36:49Und ist es nach einem Jahr anders?
01:36:52Nein, immer noch nicht.
01:36:55Mir bringt es nichts, nur Nachteile.
01:36:58Bis jetzt haben wir nur Nackenschläge und Dresche gekriegt,
01:37:01wie meine Vorredner.
01:37:04Wir haben Glück gehabt,
01:37:07aber der Klo, der kleben hätte, kriegt nur Brühe.
01:37:10Mir bringt es nichts, nur Nachteile.
01:37:13Und Dresche, wie meinst du das?
01:37:16Dann wirst du gekündigt, wie du wollen und Arbeit verlierst.
01:37:19Jetzt ist es doch noch dreckiger als vorher.
01:37:22Wir haben 48% die hier verdient, was soll denn das?
01:37:25Und Manuela haben sie arbeitslos gemacht?
01:37:28Trotz 3er-Kinder oder gerade wegen 3er-Kinder?
01:37:31Wegen der Kinder finden sie auch keine Arbeit mehr.
01:37:34Das ist nicht so eine gute Sache hier in Hamburg für dich, oder?
01:37:37Hamburg wollte ich immer mal sehen,
01:37:40aber ich war so, die Wiedervereinigung.
01:37:43Ich bin auch als Rentner hierher gefahren.
01:37:46War es dir wirklich egal, Wiedervereinigung oder nicht?
01:37:49Das war mir echt egal.
01:37:52Das ist mir heute noch egal.
01:37:55Das könnte doch noch ein bisschen Nostalgie sein,
01:37:58im Hinblick auf das Land, in dem du geboren bist.
01:38:01Ja, das hat sich schon mal verändert.
01:38:04Selbstverständlich, man blickt an einige Dinge zurück,
01:38:07die hier echt schöner waren.
01:38:10Aber man muss,
01:38:13du bist gezwungen,
01:38:16täglich neu wieder zu packen, das Leben.
01:38:19Du bist da einfach zu gezwungen.
01:38:22Du kannst nicht in irgendwelche Erinnerungen schweigen.
01:38:25Die Realität holt dich jeden Tag neu ein.
01:38:31Juni 1992
01:38:34Auf dem neuen Fahrrad noch einer dieser Freunde.
01:38:37Wird damit heimkehren.
01:38:40Vorher erst nur in die Kaserne.
01:38:45Wegen Marco, Steffen und Maria
01:38:48hat Manuela lange Zeit nur stundenweise arbeiten können.
01:38:51Wollte dann Wirtschaftskauffrau werden.
01:38:54Hat es in der Abendschule fast dazu gebracht.
01:38:57Nur war im Herbst 89 kein Abschluss mehr möglich.
01:39:00Machte danach wieder sauber,
01:39:03machte den Laden aus,
01:39:06würde aber lieber am Schreibtisch sitzen.
01:39:09Dort aber geht nichts mehr ohne den Computer.
01:39:12Wir müssen erst mal da rüben kommen.
01:39:15Ist hier die Daten?
01:39:18Nein.
01:39:21Wir müssen jetzt unter Daten gehen.
01:39:26Und jetzt der MD-11?
01:39:30Nein.
01:39:33So.
01:39:36Jetzt gehen wir unter Daten.
01:39:39Ist das MD-11 neu?
01:39:42Ja.
01:39:45Wir müssen aber bei Daten wieder rausgehen.
01:39:48Sonst geht die Daten runter.
01:39:51Nicht alles.
01:39:54Nur Daten.
01:39:57MD-Neu.
01:40:00Das ist das Thema.
01:40:03Da müssen wir mal gucken.
01:40:06Da sind sie.
01:40:09Okay.
01:40:12Hier raus.
01:40:15Wie heißt du?
01:40:18Danke.
01:40:21Die würde sehen, wie du hier schreibst.
01:40:24Was hat sie dir so richtig gewünscht?
01:40:27Was für eine Arbeit?
01:40:30Das Fertigmachen.
01:40:33Und ein Büro mit Buchführung.
01:40:36Das hat mir immer Spaß gemacht.
01:40:39Sind die alle zur Arbeit gekommen?
01:40:42Die wenigsten haben Arbeit gefunden.
01:40:45Die wenigsten haben auch die Prüfung geschafft.
01:40:48War zu intensiv, konnte man nicht alles betreffen.
01:40:51Die haben alles genommen.
01:40:54Normalerweise war Voraussetzung ein kaufmännischer Beruf.
01:40:57Eine Berufsausbildung im kaufmännischen Bereich.
01:41:00Die haben alle genommen.
01:41:03Die wollten Geld verdienen.
01:41:06Finanziert vom Arbeitsamt.
01:41:09Zehn Monate habe ich gemacht.
01:41:12Dann musste ich aufhören.
01:41:15Zweieinhalb Jahre gingen sie dann zusammen.
01:41:22Jochen ist jetzt immer zu Hause, hatte Manuela gesagt.
01:41:30Das war ein guter Tag.
01:41:33Das war ein guter Tag.
01:41:42Was ist mit dir passiert?
01:41:45Ich bin auf Arbeit hingefallen.
01:41:48Ich habe mein eigenes Becken gestaucht.
01:41:51Die Wirbelsäule.
01:41:54Jetzt geht das alles nicht mehr so, wie es soll.
01:41:57Oh mein Gott.
01:42:00Sonst hättest du ein Problem mit dem Arbeiten.
01:42:03Was dann?
01:42:06Werden wir sehen.
01:42:09Wir müssen sowieso viele Dinge abwarten, was auf uns zukommt.
01:42:12Aber du bist noch im Stall.
01:42:15Ja, wieder.
01:42:20Jochen, ist einer gekommen und will dir dein Haus streitig machen?
01:42:23Erzähl mal, was war denn da?
01:42:26Ich habe das gekauft vom Betrieb.
01:42:28Er hat damals gesagt, wir können es kaufen.
01:42:31Das war wohl ein ehemaliges Westgrundstück.
01:42:34So nannte man das.
01:42:39Da die Fristen verlängert wurden,
01:42:42um diese Widerspruchsanträge zu stellen,
01:42:45hat sich derjenige den Rückgabeanspruch gestellt.
01:42:48Dadurch ist mein Kaufvertrag ausgesetzt worden.
01:42:51Jetzt entscheiden irgendwelche Leute darüber,
01:42:54ob er das wiederkriegt oder nicht.
01:42:57Wie sind denn die Chancen für dich?
01:43:00Hast du Hoffnung oder bist du skeptisch?
01:43:03Ich mache mir da keine Gedanken.
01:43:06Das ist für mich im Moment kein Thema.
01:43:09Wenn der Westler das wiederkriegt,
01:43:12dann kann ich es nicht ändern.
01:43:15So wie viele das jetzt machen, mache ich es nicht.
01:43:18Wenn der Westler das erste Mal kommt,
01:43:21hat er viel Freude an mir.
01:43:24Das kannst du glauben.
01:43:27Er hat viel Freude an mir und an seinem Grundstück.
01:43:30Ich bin nicht ein Ossi, der sich hier einbuddelt.
01:43:33Oder aufhängt wegen so einem Arsch von Wessi.
01:43:36Bleibst du ruhig?
01:43:39Ich bleibe ruhig, absolut ruhig.
01:43:42Oder legst du dir den größeren Hund zu?
01:43:45Ach, Quatsch.
01:43:48Wenn der andere Spinner das Ding wiederkriegt,
01:43:51soll er es haben und ich packe es in den Koffer und ziehe weiter.
01:43:54Dann fahre ich nach Viedendorf und baue mir ein Bungalow.
01:43:57Und dann haben die den Schwarzen Peter.
01:44:00Nein, den Schwarzen Peter habe ich.
01:44:03Du hast doch einen guten Glauben gekauft.
01:44:06Ja, ich habe einen guten Glauben gekauft.
01:44:09Ich habe den ja auch erst gekauft gekriegt in dem Moment.
01:44:12Das wurde ja in Frankfurt-Oder,
01:44:15damals in der Bezirksstadt Frankfurt-Oder,
01:44:18diese Liegenschaften.
01:44:21Die mussten ja überhaupt ihr Okay geben.
01:44:24Die haben ja alle ihr Okay gegeben.
01:44:27Wenn du heute mal zuhörst, stimmt irgendetwas nicht,
01:44:30dann hätte ich auch die Finger von dir lassen.
01:44:33Standst du ja nicht im Grundbuch?
01:44:36Ich stehe heute noch nicht im Grundbuch,
01:44:39durch diesen Rückgabeanspruch.
01:44:42Na dann, hier.
01:44:45Ach, bitte, bitte.
01:44:48Und setz doch eine Annonce in die Zeitung.
01:44:51Tausche alte und jüngste Kinder.
01:44:54In sein Philadelphia also würde er wieder zurückziehen wollen.
01:44:57Was soll denn das?
01:45:00Lassen sollst du nicht mehr.
01:45:06Die Stadtgüter Berlin-MBH.
01:45:09Gut Albertshof.
01:45:12In der DDR volkseigenes Gut.
01:45:15Heute wieder in hauptstädtischem Besitz.
01:45:18Die Berliner, meint Jochen,
01:45:21hätten von ihrem Tafelsilber aber schon so einiges verkauft,
01:45:24weil sie in den Miesen stecken.
01:45:27Die Kuh ist zwar noch nicht zu ersetzen,
01:45:30aber künftig werden zwei Mann für 650 Tiere reichen.
01:45:33Enem, enem, mu.
01:45:36Und raus bist du.
01:45:39Die machen sogar neu.
01:45:42Das ist genau, wo die Ampel ist.
01:45:45Ja, mein Gott.
01:45:48Wo überspricht man heute drei Jahre lang,
01:45:51dass die Kuh in der Ampel ist?
01:45:54Ja, die Kuh ist in der Ampel.
01:45:57Die soll wiederkommen, nicht?
01:46:00Kohle.
01:46:03Die soll wiederkommen?
01:46:06Nee, nee.
01:46:09Sollen wir da bleiben?
01:46:12Nee.
01:46:15Was ist denn nur ganz anders gekommen,
01:46:18als man damals so dachte?
01:46:21Die Arbeitslosigkeit.
01:46:24Dass sie krass ist.
01:46:27Na ja.
01:46:30Die haben im Lasten aber noch Arbeit.
01:46:33Ja, ja, bis jetzt schon.
01:46:36Und da ist er zum Kohlehandel gegangen eine Zeit lang.
01:46:39Was hat sich denn da geritten, sag mal?
01:46:42Die Kohlensäcke.
01:46:45Na, Kassiel.
01:46:48Hast du gedacht, dass du entlassen wirst?
01:46:51Nee, nee.
01:46:54Auf jeden Fall wüsstest du,
01:46:57dass die Kuh in der Ampel war?
01:47:00Ach na, so dick kann ich lieber nicht sein.
01:47:03Erklär doch mal, warum wolltest du Kohlen tragen plötzlich?
01:47:06Weil ich keine Lust hatte mehr an Kuhsäcken.
01:47:09Du hattest von Montag bis Freitag
01:47:12die Regel des Lebens.
01:47:15Keine Schicht, nichts.
01:47:18Jetzt hast du ja in der Kuh gestimmt.
01:47:21Dann war es aber doch nicht das.
01:47:24Dann hast du wieder Heimweh nach der Kuh gekriegt, oder?
01:47:27Da wurden wir ja auch entlassen.
01:47:30Sonst wärst du hier geblieben?
01:47:33Sonst wärst du hier geblieben, in allen Fällen.
01:47:36Das war jetzt Melker wieder Willen, oder?
01:47:39Ja, genau so ist es.
01:47:42Diese Kohlefahrerei.
01:47:45Bis in über ein halbes Jahr habe ich Kohlen gefahren.
01:47:48Da hat es mir absolut mehr gegeben als diese Kühe.
01:47:51Weil ich täglich mit anderen Leuten zu tun hatte,
01:47:54täglich mit vielen anderen Leuten zu tun hatte.
01:47:57In dieser ganzen Zeit haben viele ältere Leute
01:48:00die Herzen ausgestüttet.
01:48:03Da hast du mal schnell einen Tast Kaffee mit die Oma getrunken.
01:48:06Das hat mir mehr gegeben, muss ich dir ehrlich sagen.
01:48:09Den Job traue ich heute noch.
01:48:14Mai 1993.
01:48:17Auch vor den Toren Bernaus
01:48:20wandelte der Handel viel in kurzer Zeit.
01:48:23Auf dem Platz vor jenem Bildungszentrum,
01:48:25wo sie ihr Computer zu meistern,
01:48:28bietet sie jetzt für den Inhaber dieses Standes
01:48:31Obst und Gemüse an.
01:48:34Was würdest du gerne machen, wenn du servieren könntest?
01:48:37Tja, eigentlich...
01:48:40Verkäufe und so macht eigentlich Spaß.
01:48:43Aber mein Wunsch wäre ein Sechssturm.
01:48:46Dass man mehr Zeit hätte für die Kinder.
01:48:49Fangen wir um 10 Uhr an, bis abends um 6.
01:48:52Dann ist nicht mehr viel.
01:48:55Und dann ist es um 5.45 Uhr.
01:48:58Dann ist es dann wieder zur Schule.
01:49:07Komm her!
01:49:12Halt die Zwischenräume, ihr scheiße Lappen.
01:49:15Jeder wandert.
01:49:25Der Milchfluss der Kühe
01:49:28und nicht selten 2 Schichten täglich
01:49:31bestimmen nun schon über 20 Jahre
01:49:34den Arbeitstag und das Familienleben
01:49:37von Jochen dem Melker.
01:49:40An die 3 Zentner wiegt er inzwischen.
01:49:43Aber das Ballett an der Kuh, sagt er,
01:49:46halte ihn fit.
01:49:49Er ist ein guter Künstler.
01:49:52Er ist ein guter Künstler.
01:49:55Und ein guter Künstler.
01:49:58Sein Jahr ist vorbei.
01:50:01Marco ist nun bald 13.
01:50:04Keine Schularbeiten heute, Marco?
01:50:07Weiß schon, was Jochen noch hören wird.
01:50:10Mutter ist heute durch die Fahrprüfung gefallen.
01:50:13Nach der Schule eigentlich jeden Tag.
01:50:1610 Uhr tat der Mama.
01:50:19Ja?
01:50:22Dann haben sie Durst und dann fahren sie wieder nach Hause.
01:50:25Wer ist das denn, Marlene?
01:50:27Siehst du nicht?
01:50:29Guck dir das mal fern.
01:50:31Marlene ist ja...
01:50:35Wird da auch ein Melker oder wie ist das denn?
01:50:37Marco?
01:50:39Gibt es mal eine Antwort?
01:50:43Melker und Frauenarzt, das ist eh ein Traumwesen.
01:50:47Frauenarzt konnte ich nicht werden, wegen Melker eben.
01:50:51Das ist nicht veganisch, gell?
01:50:53Was kannst du denn noch suchen in dem Lebensalter hier?
01:50:57Ich würde eine Darmtoilette übernehmen.
01:50:59Ach, du machst Quatsch.
01:51:03Mal sehen, was sie anbietet.
01:51:07Heute auch noch so ein Tag mit Fahrschule.
01:51:09Geschafft.
01:51:11Ich weiß nicht, ob es weiter geht,
01:51:13aber du willst es schaffen.
01:51:15Egal, was es kostet.
01:51:17Wenn du es über so weit machst, dann mache ich es bis zum Ende.
01:51:19Ja, was wird die Hunger zu sagen?
01:51:21Erfreut wird er nicht sein,
01:51:23aber was soll er sagen?
01:51:25Was passiert?
01:51:27Wird er sagen,
01:51:29die Frau kostet ihm mehr Geld als sie eigentlich?
01:51:31Nö, nö, nö.
01:51:33Er wollte das nicht so machen,
01:51:35dann müssen wir durch.
01:51:37Bestimmt ein bisschen enttäuscht.
01:51:39Er hat gedacht, er kann hier einen Tag feiern
01:51:41und ich kann zurückfahren.
01:51:43Das wird wunderschwer.
01:51:45Du machst doch noch was anderes am Wochenende.
01:51:47Ich helfe in der Gaststätte aus.
01:51:49Im Ruhlsdorf, ja.
01:52:07Wie geht es dir heute darüber?
01:52:09So, wie ich es früher darüber gedacht habe.
01:52:11Weil es scheiße war.
01:52:13Ja?
01:52:15Hast du dich daran gehalten?
01:52:17Na ja, einmal.
01:52:19Du musstest es ja nicht mitmachen.
01:52:21Was?
01:52:23Du musstest es ja nicht mitmachen.
01:52:25Natürlich.
01:52:27Jeder Melker musste daran teilnehmen.
01:52:29Ansonsten haben sie Prämie gestrichen
01:52:31und Lohngruppe gestrichen.
01:52:33Das war Pflicht.
01:52:35Wie geht es weiter hier im Stall mit eurer Arbeit?
01:52:37Ich höre, die Hälfte wird entlassen,
01:52:39wenn sich etwas ändert.
01:52:41Ja, die wollen wir umbauen
01:52:43und dann werden wir wieder Haufen geben.
01:52:45Ja, ja.
01:52:47Nur noch mal mit dem Kopf.
01:52:49Bis es an dich rankommt?
01:52:51Na klar.
01:52:53Hast du ein bisschen Angst?
01:52:55Nö.
01:52:57Wenn die mir kündigen, habe ich keine Angst.
01:52:59Vielleicht kannst du doch bleiben,
01:53:01wenn du nicht so lange dabei bist.
01:53:03Das tun sie mir auch keinen Gefallen mit.
01:53:05So schön ist es hier auch nicht.
01:53:07Das hältst du doch nicht bis 65 durch hier.
01:53:09Verdammt.
01:53:11Ich schwitze mehr.
01:53:13Na gut.
01:53:17Das ist ja auch etwas dicker hier.
01:53:19Ja.
01:53:21Ja.
01:53:23Ja.
01:53:25Ja.
01:53:27Das ist ja auch etwas dicker hier.
01:53:29Danke.
01:53:31Bitte.
01:53:35Was meinst du,
01:53:37wie ist dein Sohn, wenn er Merker werden will?
01:53:39Ja,
01:53:41ein Weg war gewesen.
01:53:43Ich konnte ja noch keine Ahnung,
01:53:45ob er nun wirklich gelandet wird.
01:53:47Aber wir haben nichts anderes gefunden.
01:53:49Auf die Schnelle.
01:53:51Wie geht es denn deinem Herzen, Jochen?
01:53:53Gut.
01:53:55Ich kann noch keinen Schritt machen.
01:53:57Wenn er arbeitslos wäre,
01:53:59wäre das ein Problem,
01:54:01weil er dann ...
01:54:03Ich bin den ganzen Tag zu Hause.
01:54:05Das macht einen ja knullig.
01:54:07Der weiß ja nicht, was er machen soll mit seiner Zeit.
01:54:09Halte zurück.
01:54:11Nein, das geht auch nicht gut.
01:54:13Wenn es weh tut, den ganzen Tag zu Hause,
01:54:15das geht nicht gut.
01:54:17An diesem 12. Mai 1993
01:54:19ahnen wir noch nicht,
01:54:21dass wir zum letzten Mal
01:54:23mit einer Videokamera drehen.
01:54:25Fünf Jahre lang wird das Geld fürs Wiederkommen fehlen.
01:54:27Und Jochen der Glaube
01:54:29an seinen Film schwinden.
01:54:31Du lass bloß die Kräne in Ruhe jetzt hier.
01:54:33Du spinnst doch wohl langsam.
01:54:35Unser Material
01:54:37reicht gerade noch für die Beichte
01:54:39in Sachen Fahrschule.
01:54:41Wirklich, das geht nicht.
01:54:43Wie lange bleibt ihr denn nun noch?
01:54:45Der hat sich ja versteckt.
01:54:47Das hat er ja gesehen.
01:54:49Und sich vor ihm zu verstecken,
01:54:51kann man nicht leiden.
01:54:55Wie sollen wir denn weitergehen?
01:54:57Wie kriegen wir denn den Film zu Ende?
01:54:59Wie sollen wir schließen?
01:55:01Für mich ist der zu Ende.
01:55:05Für mich persönlich ist der zu Ende.
01:55:07Erzähl mal, wie du das meinst.
01:55:09Ganz einfach.
01:55:11Bei uns gibt es im Moment nichts weiter.
01:55:13Für mich ist das jetzt echt zu Ende.
01:55:15Ich will auch im Moment nicht
01:55:17weiter mehr.
01:55:19Deswegen haben wir uns heute
01:55:21auch nochmal zusammengesetzt.
01:55:23Und danach ist wirklich Schluss.
01:55:25Absolut Schluss.
01:55:27Geht nichts mehr.
01:55:29Heute Leben geht doch weiter.
01:55:31Ja, für mich und Elan, aber für dich
01:55:33dann nicht mehr bei uns.
01:55:35Das sage ich dir so, wie ich hier sitze.
01:55:37Bist du enttäuscht von der Zusammenarbeit?
01:55:39Nein, ich bin nicht enttäuscht
01:55:41von der Zusammenarbeit.
01:55:43Aber irgendwo ist eine Grenze
01:55:45und irgendwo muss mal Schluss werden.
01:55:47Das ist der Punkt jetzt erreicht,
01:55:49wo ich jetzt echt sage, Ende.
01:55:51Schluss. Für mich war ein paar Mal schon
01:55:53die Zeit gekommen, wo ich
01:55:55dachte, naja, jetzt ist Ende.
01:55:57Aber jetzt ist es wirklich so weit.
01:55:59Schluss, aus.
01:56:01Die Kinder fangen jetzt an,
01:56:03ihre eigenen Wege zu gehen.
01:56:05Wir wollen dann unsere eigenen Wege gehen.
01:56:07Und ohne Kamera, ohne irgendwas.
01:56:09Schluss, aus, Ende.
01:56:11Für mich geht nichts mehr.
01:56:13Zumindest mit der Filmerei.
01:56:15Nicht jetzt gegen dir persönlich
01:56:17oder gegen einen anderen.
01:56:19Aber an sich, die Filmerei für mich
01:56:21ist jetzt Schluss.
01:56:23Weil das Persönliche
01:56:25einfach nicht mehr in die Öffentlichkeit gehört?
01:56:27Nein, um Gottes Willen.
01:56:29Bei uns gibt es nichts irgendwie.
01:56:31Nein, ich will nicht mehr.
01:56:33Schluss.
01:56:37Stehst du zu den Wörtern?
01:56:39Ja, natürlich.
01:56:41Was du jetzt hast von mir,
01:56:43das ist das, was ich für mich bin.
01:56:45Und dazu stehe ich auch.
01:56:47Und wenn jemand Fragen an mich hat,
01:56:49dann werde ich auch die Fragen beantworten.
01:56:51Aber ansonsten ist jetzt Ende mit Allende.
01:56:53Schluss.
01:56:55Du willst die Leute nicht langweilen, glaubst du?
01:56:57Die dann immer wieder ähnlich sind.
01:56:59Wir haben jetzt andere Sorgen, Probleme.
01:57:01Und damit ist für mich
01:57:03wirklich Schluss jetzt.
01:57:05Ich will nicht mehr.
01:57:07Ich sage offen und ehrlich, ich will nicht mehr.
01:57:09Meine Kinder sowieso nicht.
01:57:11Für meine Frau war es immer eine Belastung.
01:57:13Mehr oder weniger.
01:57:15Und ich persönlich
01:57:17möchte das nicht mehr.
01:57:19Und jetzt ist Schluss.
01:57:21Haben wir bei den Kindern was falsch gemacht?
01:57:23Nein, da hast du nichts falsch gemacht.
01:57:25Und ich habe auch meine Kinder nie
01:57:27vor der Kamera geprügelt, das weißt du.
01:57:29Das habe ich ihnen immer freigestellt.
01:57:31Und die haben von vornherein gesagt, nein.
01:57:33Und diese Meinung habe ich akzeptiert.
01:57:37Da was der Marco jetzt da mit drin ist
01:57:39und der Steffen ganz kurz mit drin ist, ist gut.
01:57:41Waren sie klein, haben da noch keine.
01:57:43Aber jetzt, wo sie eben
01:57:45die sagen, die möchten ja nicht.
01:57:47Und Schluss. Das akzeptiere ich.
01:57:49Und das verlange ich auch, dass das respektiert wird.
01:57:51Aber kein Zuschauer erwartet,
01:57:53dass du am Ende des Films
01:57:55in ein Schloss einziehst oder so?
01:57:57Nein, das hat doch damit gar nichts zu tun.
01:57:59Ich möchte nicht mehr.
01:58:01Und das möchte ich akzeptiert haben
01:58:03von dir, von den Zuschauern
01:58:05oder weiß ich wem.
01:58:07Schluss, aus, vorbei.
01:58:09Das wird akzeptiert.
01:58:11An diesen Tagen,
01:58:13das habe ich dir auch vorher schon gesagt,
01:58:15ab heute ist Schluss.
01:58:17Absolut Schluss.
01:58:19Dann wollen wir mal sehen,
01:58:21wie wir den Film aus all dem machen.
01:58:23Ja, wenn du gar keinen draus machst,
01:58:25interessiert mich das auch nicht.
01:58:27Muss ich dir ehrlich sagen,
01:58:29wenn du davon gar keinen Film zusammenkriegst,
01:58:31ist das bitte dein Problem,
01:58:33nicht meins.
01:58:35Bloß für mich ist ab heute
01:58:37Schluss.
01:58:39Absolut Schluss.
01:58:41Ihr könnt mich besuchen kommen,
01:58:43alle können da kommen
01:58:45und wir trinken das Kaffee zusammen,
01:58:47aber Film, gar nicht mehr.
01:58:49Danke dir, Jochen,
01:58:51für all die Jahre.
01:58:53Alles Gute für euch.
01:58:59Danke euch beiden für all die Jahre.
01:59:05Tschüss.
01:59:35Tschüss.