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Im Zentrum von Barcelona wohnen fast nur noch Touristen. Sie treiben die Preise für Einheimische ins Unermessliche. Um die Wohnkrise in den Griff zu bekommen, soll ein Projekt der Stadtverwaltung ab 2028 Touristenwohnungen im Zentrum verbieten.

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Transkript
00:01Heute protestiert Alicia Conejero für bezahlbare Wohnungen in Barcelona.
00:06Die Mieten in ihrer Heimatstadt sind in den letzten zehn Jahren um circa 70 Prozent gestiegen, laut Stadtverwaltung.
00:13Vor allem in Spaniens Touristenhochburgen treibt die Wohnkrise landesweit Zehntausende auf die Straße.
00:22Mich machen die Touristenwohnungen wirklich wütend, denn durch sie stehen für uns Einheimische die Ferienwohnung nicht mehr zur Verfügung.
00:30Die Rentnerin macht sich Sorgen um ihre Stadt. Junge Menschen könnten sich hier keine Zukunft mehr aufbauen, sagt sie.
00:37Die Einwohner teilten sich Barcelona schon lange gefühlt mit der ganzen Welt.
00:41Millionen Touristen kommen jedes Jahr und auch bei Experts, die länger bleiben, ist die Stadt beliebt.
00:48Wohnraum wird immer knapper und teurer, Einwohner aus ihren Vierteln verdrängt.
00:52Sozial Schwächere trifft das besonders hart.
00:59Deshalb hat die Stadt Barcelona 54 solcher Wohnungen aus recycelten Schiffscontainern gebaut, um Wohnungssuchende wie Nadia temporär aufzufangen.
01:09In meiner alten Wohnung wollten sie den Mietvertrag nicht erneuern.
01:16Es ging da nicht um Mietschulden oder so.
01:18Das ganze Gebäude wurde von Investoren, Gaia-Fonds gekauft, um es zu Touristen herzurichten.
01:25Unser Zuhause.
01:26Meine Kinder hatten dort ihre Zimmer, sind dort zur Schule gegangen.
01:30Seit zwei Jahren lebt Nadia Ciaivi-Caduri hier mit ihren beiden Kindern.
01:36Es ist ein Dach über dem Kopf, immerhin.
01:39Sie arbeitet in der Übersetzungsbranche, doch als Alleinerziehende mit nur einem Gehalt,
01:44habe sie hier keine Chancen auf eine normale Wohnung, sagt sie.
01:49Ich arbeite mit Kollegen aus vielen verschiedenen Ländern.
01:52Und klar, die Preise, die die zahlen können, sind extrem lukrative Vermieter.
02:00Deshalb vermieten die ihre Wohnung nicht für 1.000 Euro im Monat an mich und meine Kinder,
02:06wenn ein Tourist dafür um die 3.000 Euro bezahlen kann.
02:11Und das machen die.
02:16Die Stadt Barcelona bekommt die Wohnungskrise seit Jahren nicht in den Griff.
02:22Die Tourismusbranche dagegen boomt.
02:24Deshalb hat sich die Stadtverwaltung nun zu einem radikalen Schritt entschlossen.
02:28Die stellvertretende Bürgermeisterin Laia Bonet ist stolz,
02:32dass Barcelona als Pionier in ganz Europa in dieser existenziellen Notlage ein Ultimatum stellt.
02:39November 2028.
02:42Von diesem Moment an bräuchte jede weitere touristische Vermietung von Wohnungen eine neue Lizenz.
02:49Aber wir sagen, in Barcelona wird es die nicht mehr geben.
02:5210.000 Wohnungen sollen so zusätzlich frei werden.
02:59Paula Ginestar vermietet selbst eine Wohnung an Touristen.
03:03Komm rein.
03:07Willkommen.
03:08Sie ist gegen das Ultimatum der Stadt.
03:11Für sie und ihren Partner sei die Wohnung eine zusätzliche finanzielle Absicherung.
03:15Was da gemacht wird, ist Missbrauch. Wir werden quasi enteignet.
03:21Denn Paula würde ab 2028 keine neue Lizenz bekommen.
03:25Sie findet das ungerecht.
03:27Die Stadt müsste zwischen kleinen privaten Vermietern und großen Unternehmen,
03:31die mit hunderten Wohnungen spekulieren, unterscheiden.
03:34Grundsätzlich sieht sie aber auch Handlungsbedarf.
03:36Die Mieten sind abgedreht.
03:39Hier in Barcelona, in Madrid, auch in Valencia fängt das jetzt an.
03:42Es ist einfach verrückt.
03:44Aber ich glaube wirklich nicht, dass die Ferienwohnungen daran schuld sind.
03:49Nebenan in der Reinigung sieht man das ähnlich.
03:52Bettwäsche und Handtücher der vielen Touristen sind für Yadisa Duya Yamani
03:57ein lukratives Geschäft hier im beliebten Bezirk Borblasek.
04:02Darauf möchte sie nicht verzichten.
04:03Weil sie alles in 24 Stunden haben wollen.
04:07Und das ist, was mich interessiert.
04:10Dass alles in 24 Stunden gemacht werden soll oder in einer Stunde.
04:13Dann verlange ich doppelt oder dreifach so viel.
04:16Und das rechnet sich für mich.
04:20Tourismus ist ein Geschäft mit Nebenwirkungen.
04:25Das Arbeiterviertel Borblanou liegt 20 Minuten vom Zentrum entfernt.
04:30Lukrative Lage.
04:30Deshalb ist es auch kein Arbeiterviertel mehr.
04:35Aber mit weniger als 2000 Euro Netto-Durchschnittsgehalt
04:38können viele die Wohnung nicht mehr bezahlen.
04:41Deshalb unterstützt Rentnerin Alicia Conejero das Ultimatum 2028.
04:45Für jemanden mit einem spanischen Gehalt ist es unmöglich, so eine Wohnung zu mieten.
04:53Außerdem werden die Wohnungen nicht langzeitvermietet.
04:56Eher saisonal, für elf Monate.
04:58Das bedeutet, dass die Miete nach elf Monaten auch erhöht werden kann.
05:02Oder man wird rausgeworfen.
05:06Alicia hat Glück.
05:07Sie wohnt in einem von drei Gebäuden der Wohngenossenschaft Sostasivik,
05:12finanziert durch Mitglieder und Projektgelder.
05:17Die Genossenschaft bietet lebenslanges Wohnrecht ohne Mieterhöhungen.
05:22Sie zahlt für eine kleine Wohnung ca. 600 Euro.
05:27Weitere Wohnhäuser seien geplant, um die Krise in den Griff zu bekommen.
05:31In drei Jahren sind hier vier Kinder geboren, vier Babys.
05:36Das leuchtet ein.
05:37Die jungen Bewohner können hier ihr Leben planen.
05:41Sie haben die Sicherheit, dass sie hier nicht rausgeworfen werden.
05:43Sie können leben.
05:45Und vor allem können sie die Wohnung hier zahlen.
05:49Alicia hofft, dass Barcelona ein Zuhause für seine Einwohner bleibt.
05:54Touristen seien natürlich weiter willkommen.
05:57Die Stadt kämpft um ihr Gleichgewicht.
06:01Untertitelung des ZDF für funk, 2017

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