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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in seiner Weihnachtsansprache der Opfer des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt gedacht und die Menschen in Deutschland zu Zusammenhalt aufgerufen. "Lassen wir uns nicht auseinandertreiben", sagte Steinmeier. Zusammenhalt, wenn es darauf ankomme, mache Deutschland aus.

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Transkript
00:00Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, hoffentlich ist endlich Weihnachten,
00:04habe ich letzte Woche noch viele Sagen hören, in Vorfreude auf den heiligen
00:10Abend und mit der Erwartung auf ein bisschen Ruhe und Entspannung.
00:14Inzwischen haben Sie wahrscheinlich das Schöne, das seit jeher zum Weihnachtsfest
00:19gehört, schon miteinander geteilt. Die guten Wünsche, die Bescherung, das
00:25besondere Essen, manche haben vielleicht einen Gottesdienst besucht,
00:29Weihnachtslieder gesungen oder sich einfach darüber gefreut, zusammen zu
00:35sein. Frohe Weihnachten wünschen wir uns
00:39gegenseitig in diesen Tagen, aber über diesem Weihnachtsfest liegt auch ein
00:44dunkler Schatten. Trauer, Schmerz, Entsetzen, Fassungslosigkeit über das,
00:51was wenige Tage vor Weihnachten in Magdeburg geschehen ist.
00:55All das habe ich beim Gedenkgottesdienst am Samstagabend mit den Trauernden dort
01:01gespürt. Unsere Gedanken, unser tiefes Mitgefühl gelten heute den Angehörigen
01:07und Freunden der Menschen, die der Täter auf so grausame Weise getötet hat.
01:13Wir können nur erahnen, was sie durchmachen,
01:17welche Qualen sie erleiden. Nichts mehr ist in ihrem Leben wie zuvor. Ihre Pläne,
01:24Wünsche, Hoffnungen, ihr Lebensglück zerstört.
01:30Liebe Angehörige, die sie einen lieben Menschen verloren haben,
01:34ich weiß, in den vielen gut gemeinten Worten, die an sie gerichtet werden,
01:40können sie keinen Trost finden. Aber ich möchte ihnen heute sagen, sie sind mit
01:45ihrem Schmerz nicht allein. Die Menschen überall in unserem Land fühlen und
01:51trauern mit ihnen. Unsere Gedanken sind heute auch bei den Verletzten und
01:57Schwerverletzten. Von Herzen wünsche ich allen hoffentlich rasche Genesung und
02:03danken möchte ich auch allen, die am Abend des Anschlags und in den Tagen
02:07danach vor Ort Hilfe geleistet und Trost gespendet haben und dies auch jetzt in
02:13den Weihnachtstagen tun. Ich danke ihnen, den Polizisten und
02:17Feuerwehrleuten, Sanitätern und Ärztinnen, den Seelsorgern und allen,
02:22die mitgeholfen haben. Ich danke ihnen im Namen unseres ganzen Landes.
02:28Vielen wird das Herz schwer sein an diesem Weihnachtsfest. Viele werden
02:33aufgewühlt, verunsichert sein, vielleicht auch Angst haben.
02:37All diese Gefühle sind verständlich, aber sie dürfen uns nicht beherrschen
02:44und sie dürfen uns nicht lähmen. Mein inständiger Wunsch ist heute, lassen
02:49wir das nicht zu. Hass und Gewalt dürfen nicht das letzte Wort haben,
02:55lassen wir uns nicht auseinander treiben, stehen wir zusammen. Zusammenhalt, wenn es
03:02darauf ankommt, das ist es doch, was unser Land ausmacht und zeigen wir das
03:08gerade jetzt. Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, zu
03:13Weihnachten gehört, dass man auch die trifft, denen man nicht täglich begegnet,
03:18den Verwandten, die entfernt da wohnen, Freunden von früher, Nachbarn und es
03:26gehört zu diesen Tagen auch, dass man einander erzählt, wie es jedem im
03:30vergangenen Jahr ergangen ist. Da wird an erster Stelle stehen, was in der
03:35Familie geschehen ist, im Freundeskreis, im Beruf, im Verein, in der Gemeinde. Aber
03:43auch vieles darüber hinaus wird bei Ihnen Gesprächsthema sein, was in unserem
03:48Land und was in der Welt geschieht und was das für uns bedeutet.
03:52Ich kann mir vorstellen, dass da vieles ist, was Ihnen auch Sorgen bereitet,
03:58große Sorgen sogar und mir geht es genauso. Immer noch Krieg in der Ukraine,
04:03im Nahen Osten, an viel zu vielen Orten in der Welt und bei uns in unserem
04:10eigenen Land viel Unzufriedenheit über Politik, Wirtschaft, über Bürokratie, über
04:18Ungerechtigkeiten. Der Ton in unserem Land ist im Alltag rauer geworden, zuweilen
04:25sogar unversöhnlich. Es gibt viele Herausforderungen, denen wir uns stellen
04:30müssen. Wir können sie nicht umtauschen wie
04:33Geschenke, die uns nicht gefallen. Wir müssen offen aussprechen, was schlecht
04:38läuft, was in unserem Land nicht so funktioniert, wie es funktionieren
04:43könnte und sollte und vor allem, was dringend getan werden muss.
04:48Was kann uns, werden Sie gerade in diesen Tagen fragen, was kann uns Hoffnung geben?
04:53Wie können wir diese Herausforderungen bestehen?
04:58Ich bin überzeugt, es sind vor allem wir selbst und unsere Stärken, mit denen wir
05:04schon in der Vergangenheit große Aufgaben und Krisen gemeinsam gemeistert
05:09haben. Gemeinsinn und Tatkraft, Ideen, Reichtum und Fleiß, Mut und Ehrgeiz,
05:17nicht zuletzt Vertrauen in uns selbst. All das ist doch bei uns nicht verloren
05:23gegangen, all das ist doch lebendig, all dem begegne ich ja fast täglich und ich
05:28bin überzeugt, all das wird uns Wege in die Zukunft immer wieder neu öffnen und
05:35gerade den jungen Menschen will ich sagen, ihr werdet gebraucht, an vielen
05:40Stellen geradezu Händeringen gesucht und deshalb sage ich auch den Eltern und
05:45Großeltern, die sich um ihre Kinder und Enkel Sorgen machen, die jungen Menschen
05:50können, ich bin überzeugt, sie werden ihren Weg gehen.
05:55Genauso bin ich überzeugt, unsere Demokratie ist und bleibt stark. 75 Jahre
06:02hat sich das Grundgesetz jetzt bewährt, 34 Jahre auch in unserem wiedervereinten
06:08Land. Diese kluge Verfassung wird uns auch in Zukunft tragen und auch wenn
06:14jetzt eine Regierung vorzeitig an ihr Ende gekommen ist, ist das nicht das Ende
06:20der Welt, sondern ein Fall für den dieses Grundgesetz Vorsorge getroffen
06:25hat. Die Entscheidung über die Auflösung des Bundestages und über Neuwahlen
06:30werde ich mit Sorgfalt nach den Weihnachtstagen treffen. Und Zuversicht
06:38geben mir auch die vielen, die ich überall in unserem Land treffe, die
06:42einfach tun, was sie als ihre Aufgabe begreifen und als gar nichts Besonderes
06:47ansehen. Diejenigen, die den Sportverein, den Chor, den Jugendtreff, die Landfrauen
06:53oder die Pfadfinder mit Energie und Optimismus am Laufen halten, die dem Kind,
06:59der alleinstehende Nachbarin bei den Hausaufgaben helfen, die Einsame im
07:04Krankenhaus und im Hospiz besuchen, die, die sich freiwillig in der Feuerwehr
07:09engagieren. All diese wunderbaren Menschen, die an mehr denken als nur an
07:14sich selbst. All die leisten Großartiges und sie
07:19geben unserem Land Wärme und ein freundliches Gesicht.
07:24Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, Feste wie Weihnachten schenken uns ein wenig
07:31Abstand von unserem Alltag. Nutzen wir diese Unterbrechung, um
07:37lebendig zu halten, was uns verbindet. Unsere Familie, unsere Freundschaften, all
07:44die Beziehungen, die uns Kraft geben und in denen wir selber so viel Gutes
07:49bewirken können. Weihnachten erinnert uns, wir leben nicht
07:54nur von dem, was wir selber machen und bewirken können.
07:58Wir leben oft noch mehr von dem, was wir geschenkt bekommen.
08:03Wir leben auch von manchem Guten, das uns unverhofft begegnet und von dem Glück,
08:09dass andere uns bereiten. Das kann uns innere Kraft geben, jedem
08:16Einzelnen und uns allen gemeinsam. Und das kann uns für manches auch wieder ein
08:22bisschen dankbarer machen. In diesem Sinne wünschen meine Frau und
08:27ich Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest.

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