In dieser Ausgabe unserer Brüsseler Talkshow sprechen die Teilnehmer über Europas Bemühungen, sich als globaler Akteur zu behaupten, über die Politik- und Eurpa-Verdrossenheit bei Jugendlichen und über die wachsende Bedrohung der psychischen Gesundheit junger Menschen.
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NewsTranskript
00:00Hallo und willkommen zu Brüssel, meine Liebe, unserer wöchentlichen Talkshow aus dem Herzen Europas.
00:18Hier sprechen wir über Höhepunkte und Tiefpunkte der europäischen Politik.
00:23Ich bin Stefan Grobe, seien Sie herzlich gegrüßt.
00:26Unsere Themen. Die bisherige Weltordnung ist bedroht, vor allem durch die Aggression Russlands und den Isolationismus der USA.
00:35Dazwischen muss sich Europa nun allein behaupten. Ziel ist es, ein stärkerer und unabhängiger geopolitischer Akteur zu werden.
00:43Brauchen wir dazu eine gemeinsame europäische Identität? Wie sieht die aus?
00:48Kann Europa durch seine Werte und Kultur weltweit Einfluss nehmen, sozusagen Europas Softpower?
00:54Und? Weltweit nimmt das Vertrauen in politische Institutionen ab.
01:00Und kaum eine Bevölkerungsgruppe ist so desillusioniert wie junge Menschen.
01:04Bei den letzten Europawahlen ging die Wahlbeteiligung der unter 25-Jährigen um sechs Punkte zurück,
01:09obwohl eine große Mehrheit unter ihnen der EU positiv gegenübersteht.
01:13Wie ist es um das Verhältnis junger Menschen zu Politik und Europa bestellt?
01:18Wie kann es verbessert werden?
01:21Fragen an unsere heutigen Gäste.
01:22Und zwar Quintus von Rödern, Beauftragter für Politik und Interessenvertretung beim European Movement International.
01:29Roland Freudenstein, Leiter des Brüsseler Büros der Free Russia Foundation.
01:34Und zuvor viele Jahre politischer Direktor des Wilfried Martin Center für Europäische Studien.
01:39Und Vincent Oehme, Nachwuchspolitiker von den jungen Liberalen.
01:45Nochmals herzlich willkommen.
01:47Bevor es hier aber losgeht, blicken wir einmal auf Europas Ambitionen als Wertegemeinschaft.
01:53Es steht alles in den Verträgen.
01:59Die Europäische Union gründet sich auf gemeinsame Werte.
02:05Würde und Achtung der Menschenrechte, Freiheit, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit.
02:11Doch damit fühlt sich Europa zunehmend allein.
02:14Die bisherige Weltordnung scheint der Vergangenheit anzugehören,
02:20nachdem Wladimir Putin und Donald Trump die Axt an das regelbasierte Miteinander der Staaten gelegt haben.
02:26Daher das Interesse Europas, ein stärkerer geopolitischer Akteur zu werden,
02:30weswegen die EU-Spitzen seit Monaten aus alten Freunden noch engere Partner machen wollen.
02:35Und daher die Frage, was macht Europa so einzigartig?
02:42Vielleicht die Fähigkeit, die Welt durch Kultur und Werte zu beeinflussen.
02:47Und diese Werte sind es, die Europas politische Identität ausmachen.
02:52Doch ist dies auch eine Identität, die die Menschen teilen?
02:55Oder haben wir am Ende 27 Identitäten?
02:57Wie ist das mit der europäischen Identität?
03:04Wie ist diese bei Ihnen ausgeprägt, Herr Freudenstein?
03:07Ich fange mal mit Ihnen an.
03:08Sehr gerne.
03:09Also ich bin geboren 1960.
03:11Ich bin aufgewachsen in einer Atmosphäre, wo es eigentlich schick war zu sagen,
03:18ich bin zuallererst Europäer und dann bin ich Rheinländer.
03:22Ich komme aus Bonn.
03:24Und zuallerletzt, wenn es unbedingt sein muss, bin ich Deutscher.
03:27Das ist natürlich eine sehr deutsche Art, die Identität zu definieren,
03:34weil man das Deutsche, ich bin 15 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg geboren,
03:38immer so ein bisschen verschämt unter den Tisch gekehrt hat.
03:42Und ich bin gespannt darauf, ob sich das inzwischen geändert hat in Deutschland.
03:48Also es ist ganz bestimmt nicht mehr so verklemmt, wie das zu meiner Zeit war.
03:52Aber ich sage das gleich mit einem kritischen Unterton,
03:55weil ich finde, es bringt überhaupt nichts, gerade als Deutscher,
04:00seine nationale Identität irgendwie als was Negatives zu betrachten.
04:07Denn sehr viele unserer Nachbarn tun das erstens selbst nicht.
04:11Und denen geht das ganz gewaltig auf die Nerven,
04:13wie wir mit unserer nationalen Identität umgehen.
04:16Denn sie finden, dass wir dadurch Sachen falsch machen,
04:22wie zum Beispiel jetzt Ukraine-Hilfe oder Verteidigung und so.
04:26Da kommen wir auf dritte Themen.
04:28Herr von Rödern, altersmäßig, wenn wir dann zurückgehen,
04:32sind Sie sozusagen der Nächste.
04:35Finden Sie sich da wieder in dem, was Herr Freundstein sagt?
04:37Also bei mir persönlich ist die europäische Identität ziemlich ausgeprägt,
04:42würde ich sagen.
04:43Also ich verstehe mich als Deutscher, ich verstehe mich auch als Europäer.
04:47In der Reihenfolge?
04:48In der Reihenfolge.
04:50Und ich finde es ganz wichtig, dass sich beide Identitäten nicht ausschließen,
04:53sondern komplementär miteinander sind.
04:54Weil das ist ja genau die Kraft, die Europa hat.
04:58Es ist Einheit durch Vielfalt zu schaffen
05:00und in Vielfalt mit einer Stimme zu sprechen und zu handeln.
05:03Deswegen schließen Sie sich für mich nicht aus,
05:06sondern komplementär zueinander.
05:08Ich finde es ganz wichtig, das anzuerkennen.
05:10Herr Oehme, Sie sind der Jüngste hier mit Abschluss.
05:12Ich glaube, einer der jüngsten Teilnehmer in dieser Sendung,
05:14die wir je hatten.
05:16Sie engagieren sich in der Politik für die FDP in Mannheim,
05:21sind aber geboren in Leipzig.
05:23Da kommen also ganz viele Identitäten zusammen hier.
05:27Wie sehen Sie das?
05:28Also was fühlen Sie sich in erster Linie, in zweiter, dritter Linie?
05:32Also ich muss sagen, ich bin in Leipzig geboren
05:34und ich denke in den immerliegenden Bundesländern,
05:38das heißt auch natürlich in Sachsen,
05:40ist es nochmal etwas anderes, darüber zu sprechen.
05:42Weil ich denke, es ist noch viel präsenter,
05:44in den ostdeutschen Bundesländern zu sagen,
05:46okay, ich bin Ostdeutscher und es gibt noch die Westdeutschen
05:48und sozusagen diese Konkurrenz da liegen.
05:51Ich denke aber, für mich selbst,
05:53weil ich weit hinaus schon gekommen bin in die Welt
05:56und natürlich auch nach Mannheim gezogen bin,
05:58verstehe ich mich zunehmend mehr als Europäer.
06:01Weil ich genau weiß, dass es diese Chancen gibt,
06:04weiter, mich weiterzubilden, mich weiterzuentwickeln
06:06und überall auch hinzukommen in die Welt.
06:07Und ich denke aber, vor allem für mich war es dieser Punkt,
06:10das erste Mal in Brüssel zu sein,
06:11eine Führung mitzunehmen durch das Parlament
06:13und besonders diese Chance zu haben,
06:15das Erasmus mitzunehmen.
06:16Ich war in Riga, ich war in Lettland.
06:18Und ich denke, vor allem in meinem Erasmus habe ich gemerkt,
06:21ja, als Europäer sich zu fühlen,
06:24oder ja, ich bin Europäer.
06:25Ist ja eines der, wenn nicht das erfolgreichste Programme,
06:29was die EU jemals aufgelegt hat.
06:32Die Frage klingt vielleicht ein bisschen seltsam,
06:34aber ich will sie trotzdem stellen,
06:36was macht Europa europäisch?
06:40Oder anders gefragt,
06:41was sind die identitätsstiftenden Elemente?
06:43Wenn Sie sagen, Sie fühlen sich als Europäer,
06:45warum ist das so?
06:46Und welche Elemente sind das,
06:48die Sie da, Herr von Röder?
06:51Ich glaube, das sind vor allem die Werte,
06:54an die die Europäische Union glaubt
06:56und die auch alle unsere Kultur miteinander verbindet.
06:59Das sind Werte wie Demokratie, Pluralismus,
07:03Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit,
07:04die wir natürlich auch leider im Moment in Europa
07:06auch in Gefahr sehen,
07:08was ein großes Problem ist.
07:09Wir haben, bevor ich zu Ihnen komme,
07:13die französische Politikwissenschaftlerin Ronja Cipanski
07:16zur wechselseitigen Dynamik von europäischer
07:18und nationaler Identität befragt.
07:21Sie arbeitet in Paris bei Sciences Po.
07:23Das hat sie geantwortet.
07:24Hören Sie mal rein.
07:25Die Menschen identifizieren sich sowohl mit der EU
07:29oder mit Europa als auch mit dem Nationalstaat.
07:33Sie tun also tatsächlich beides.
07:34Was die Menschen in der EU tun,
07:36kann in die nationalen Identitäten einfließen
07:38und was auf nationaler Ebene getan wird,
07:41kann auch auf europäischer Ebene getan werden.
07:43Beides muss sich also nicht gegenseitig aufheben.
07:46Es gibt zwei Mechanismen, wie die EU dies tun kann.
07:49Erstens könnte sie versuchen, mehr Raum zu schaffen,
07:51insbesondere für Menschen,
07:53die in der europäischen Identität
07:54derzeit etwas unterrepräsentiert sind.
07:57Zum Beispiel Bürger aus ländlichen Gebieten,
07:59Menschen ohne Universitätsabschluss oder Arbeiter.
08:01Ein zweiter Mechanismus könnte darin bestehen,
08:04auch auf der Elitenebene Menschen und Politiker,
08:06die aus diesen Milieus kommen, stärker zu fördern.
08:11Ja, mehr Raum schaffen, hat sie gesagt,
08:13für Menschen aus dem ländlichen Raum,
08:14für Arbeiter, Menschen ohne Universitätsabschluss,
08:18Herr Freudenstein.
08:19Wie kann das geschehen?
08:20Wie kann man die Leute sozusagen mehr begeistern?
08:22Also, ich bin da ganz klar auf der Seite derer,
08:26die sagen, sowas kann man nicht durch Gesetze fördern,
08:31sondern sowas kann man vor allen Dingen dadurch begünstigen,
08:37dass die Leute sich entwickeln können.
08:39Und das heißt natürlich,
08:40ihre Kreativität muss sich verwirklichen können.
08:45und das geht halt vor allen Dingen dadurch,
08:48dass man nicht von oben herab jetzt Massen von Geld
08:53als Subventionen in die Wirtschaft und in die Gesellschaft pumpt
08:57oder jetzt nur noch NGOs unterstützt,
09:00sondern das geht vor allen Dingen dadurch,
09:02dass Leute Chancen bekommen
09:03und sich möglichst frei und ohne überflüssige Bürokratie
09:10und Regulierung entwickeln können.
09:11Ich denke, ich würde in einem Punkt widersprechen,
09:15nämlich dem Förderung oder Fördermittel zu verwenden,
09:18weil 1,2 Millionen Menschen oder junge Menschen
09:21haben 2022 das Erasmus-Programm verwendet.
09:23Aber ich denke, das ist noch viel zu wenig Menschen dabei.
09:27Und ich denke, wir müssten viel mehr Schulen
09:29und auch fein politische Bildung fördern
09:31und auch politische Förderprogramme.
09:33Zum Beispiel den Karlspreis.
09:34Das ist eins der Wege,
09:35wie man junge Menschen innovativ in europäische Strukturen
09:37oder in Innovationsstrukturen sozusagen einbindet.
09:40Und ich denke, sowas müsste es viel mehr geben.
09:43Karlspreis ist nicht gerade eine Veranstaltung,
09:46die jetzt besonders junge Menschen anspricht.
09:49Gut, aber es gibt natürlich auch dafür Programme für junge Menschen.
09:52Also bei uns an der Schule wurde das zum Beispiel auch erwähnt,
09:54dass man das machen kann und sich da teilnehmen kann.
09:57Und da hat sich auch eine kleine Gruppe bei uns gebildet,
09:58die ein Projekt umsetzen wollte.
10:00Aber ich denke, sowas müsste viel mehr kommuniziert werden.
10:02Deswegen Förderprogramme.
10:03An den Schulen müsste viel mehr kommuniziert werden.
10:06Ihr habt Chancen wie Erasmus.
10:08Auch natürlich Erasmus, wenn das jetzt ausgeweitet wird für Schüler und Lehrkräfte.
10:13Ihr habt diese Chancen, ihr könnt diese auch nutzen.
10:15Diese doppelte Identität, die haben jetzt mehrere von Ihnen angesprochen.
10:18Einmal die europäische als auch die nationalstaatliche.
10:21Gibt es da so eine Art Trennung zwischen,
10:24ich sage mal, der Nationalstaat ist fürs Gefühl
10:26und Europa ist so für den Kopf, die Chancen nutzen und so weiter.
10:31Und dann der Nationalstaat ist so, wie bei Fußball, wenn die Hymne gespielt wird und so.
10:36Das ist das, was die Leute, da fühlen sie sich ja als Deutsche, Franzosen, Italiener etc.
10:42Und nicht mehr als Europäer.
10:45Ja, also ich glaube, man kann es nicht so schwarz auf weiß sehen.
10:49Ich bin definitiv der Meinung, dass die nationalstaatliche Identität viel emotionaler behaftet ist.
10:54Und dass die europäische Identität viel abstrakter ist und viel schwieriger zu greifen für manche Leute.
11:00Das macht sie aber nicht weniger wichtig.
11:02Und ich glaube, gerade in Zeiten, in denen europäische Werte demontiert werden,
11:06wo wir gerade in Ungarn gesehen haben, dass Menschen nicht mehr zu Pride-Demonstrationen gehen dürfen.
11:10Das sind hochemotionale Themen, die Menschen, junge Leute jeden Tag beschäftigt.
11:15Deswegen finde ich, dass diese Werte und gerade das Abschaffen dieser Werte hochemotional ist.
11:21Das gehen uns alle an, jeden Tag im Alltag.
11:22Deswegen würde ich sagen, ja, das stimmt, aber man kann sich schwarz auf weiß sehen,
11:26weil die europäische Identität auch sehr emotional behaftet ist.
11:30Ja, das würde ich noch einen Punkt bringen und dem kann ich nur zustimmen, natürlich.
11:34Und ich würde auch sagen, na klar, wir haben die Fußballhymne, wir haben diese nationale Identität.
11:38Aber ich denke, diese Hybridität ist gar kein Widerspruch, sondern auch eher eine Chance.
11:42Eine Chance dafür, auch wie Sie es schon gesagt haben, eine emotionale Bindung zu schaffen an Europa.
11:48Und das sehen wir vor allem, wie Sie es auch schon gesagt haben, in Krisenzeiten.
11:51Ich denke an Schlüsselmomenten wie dem Ukraine-Krieg, dem Green Deal oder natürlich auch jetzt mit der Trump und den Zöllen.
11:57Ich denke, das sind wieder Punkte, Schlüsselmomente, wo wir sehen, als Europäer haben wir eine emotionale Bindung.
12:02Und wir können zusammenarbeiten, um unsere normativen Werte zu schützen und auszubauen.
12:07Ich kann nur vor einem warnen.
12:09Jetzt Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit gleichzusetzen mit Europa.
12:16Das geht über Europa weit hinaus.
12:20Ich rede auch gar nicht gern von europäischen Werten, muss ich ganz ehrlich sagen.
12:23Natürlich, wenn Sie jetzt alle 27 Mitgliedsländer der EU nehmen und einen Durchschnitt machen, was für eine Sozialpolitik die haben,
12:33dann ist das im Grunde sozialer als etwas, was wir in den Vereinigten Staaten sehen, schon vor Trump.
12:38Aber Menschenrechte, die universellen Menschenrechte, die Checks and Balances und Meinungs- und Pressefreiheit sind Dinge,
12:51die zwar in Europa entdeckt wurden aufgrund ganz bestimmter historischer Konstellationen, die aber einen weltweiten Anspruch haben.
12:59Und ich würde also einem Chinesen, einem chinesischen Dissidenten, der zu mir kommt und sagt,
13:04du lebst in einem freien Land, ich nicht, kannst du mir helfen, würde ich nie sagen,
13:09ja, du kommst aus der falschen Kultur oder du kommst vom falschen Kontinent.
13:12Deswegen würde ich das Wort europäische Werte immer sehr, sehr relativieren.
13:17Aber die Eingangsfrage war ja, wie kann Europa sich sozusagen neu positionieren und weltweit stärken,
13:28indem eben möglicherweise, denn die anderen tun das ja nicht, die USA tun es nicht mehr unter Trump.
13:34Also die Fahne hochhalten für Menschenrechte und so weiter.
13:39Die Russen tun es nicht, die Chinesen tun es nicht.
13:41Es gibt es außer uns, ja noch die Briten, die Australier und so ein paar andere.
13:46Aber wie kann Europa denn, sag ich mal, diese Fraktion stärken auf der Welt?
13:52Und da kommt die Kultur infrage.
13:54Und da kommen möglicherweise auch diese Werte, die sie universell nennen,
13:58aber die im Kern ja doch europäische Werte sind, weil wir sie, weil wir damit trommeln gehen sozusagen.
14:05Die Amerikaner tun das nicht mehr.
14:06Ja, also erstens mal, Sie sagten ja, es gibt Länder wie Australien, Kanada, Großbritannien und so weiter,
14:14die da ziemlich mit uns auf einer Linie liegen.
14:18Es gibt auch in Amerika noch Leute, die an Checks and Balances glauben.
14:23Also man darf nicht vergessen, das war ja kein Erdrutschsieg, sondern über 48 Prozent Amerikaner haben Kamala Harris gewählt.
14:30Und drittens, es gibt sogar in Ländern wie Russland und China Demokraten.
14:34Die werden natürlich gewaltsam unterdrückt, aber die glauben sehr stark an das, was wir hochhalten.
14:42Und in der Situation müssen wir, haben wir jetzt die Aufgabe, die Solidarität der Demokraten,
14:52die weltweite Solidarität der Demokraten zu fördern.
14:55Und das läuft natürlich auch über Organisationen, über NGOs.
14:58Über eine Organisation wie die von Herrn Röder, von Röder.
15:03Erzählen Sie mal, wie Sie das Thema aufgreifen und wie Sie damit hausieren gehen.
15:09Also wir stehen sehr stark für europäische Werte ein und wir haben vor allem eine sehr diverse Mitgliedschaft.
15:14Was uns einzigartig macht, das heißt, wir bringen zivilgesellschaftliche Organisationen zusammen.
15:19Wir bringen, wir haben aber auch in unserer Mitgliedschaft politische Parteien oder Sozialpartner.
15:23Und deswegen sind wir sehr divers und grenzen uns von anderen NGOs vielleicht ab.
15:27Und gemeinsam mit diesen Organisationen kommen wir auf gemeinsame Nenner und formulieren Policy Positions,
15:35mit denen wir dann quasi die europäischen Werte verteidigen.
15:38Und dann haben wir auch Projekte, wo wir junge Bürger die EU näher bringen und vice versa.
15:45Und einfach versuchen, die Brücke zwischen der EU und den Bürgern zu stärken und politische Teilhabe erlebbar zu machen.
15:51Und das ist, glaube ich, wahnsinnig wichtig.
15:53Ja, das ist ja das, was Sie vorhin angesprochen haben.
15:55Mehr Förderung.
15:58Mehr Teilhabe, ja.
15:59Mehr Teilhabe, ja.
16:00Das haben wir ja auch zum Beispiel.
16:01Also bei den jungen Liberalen haben wir zum Beispiel Dachorganisationen, die heißen IFERI und LIMAC.
16:06Das sind sozusagen internationale Föderationen oder europäische Föderationen liberaler Jugendparteien.
16:12Und die treffen sich sozusagen zweimal im Jahr.
16:14Jetzt in diesem Monat wieder in Sarajevo.
16:15Und das sind Projekte auch, die dazu beitragen, dass Europäer, junge Europäer sich austauschen.
16:22Und ich denke, das ist wieder auch ein Punkt.
16:24Europa ist schon, man kann schon sagen, ein Hafen liberaler Demokratie und liberaler Werte.
16:28Und genau diesen Austausch müssen wir weiter fortführen.
16:32Damit wir auch im Umkehrschluss, wenn Sie es angesprochen haben, andere Länder haben damit zu kämpfen,
16:37dass wir zum Beispiel damit, dass wir einen Bogen schlagen zu kohärenter Außenpolitik,
16:42gemeinsamer Außenpolitik, gemeinsamer Wertepolitik.
16:44Und das erreichen wir ja schon zum Beispiel als Europa, jetzt abseits von unseren Jugendorganisationen,
16:49erreichen wir das ja zum Beispiel mit Mercosur oder Klepa.
16:52Handelsabkommen mit Südamerika, die daran gebunden sind oder immer mehr daran gebunden werden,
16:56dass diese auch Werte vertreten und dann auch die Partnerländer Werte vertreten, die wir auch unterstützen.
17:01Herr Freundstein, das ist gut, dass Sie das ansprechen.
17:03Ist der Eindruck richtig, dass diese Handelsverträge mit Kanada und einigen südamerikanischen Ländern
17:10immer sehr umstritten waren in Europa und immer wir noch nicht zu Pott gekommen sind.
17:15Aber jetzt auf einmal mehren sich die Stimmen, die sagen,
17:18okay, wir müssen das jetzt zum Abschluss bringen und ratifizieren und so weiter.
17:21Ja, da gibt es natürlich jetzt einen neuen Impetus.
17:23Das hat ganz stark mit der Handels- und Zollpolitik von Donald Trump zu tun und der Administration in Washington.
17:31Also es gibt aber eben sicherlich auch eine Wertekomponente.
17:36Es gibt eine politische Komponente in diesem Versuch der Europäer,
17:43jetzt nicht alleine jetzt nur noch freiheitliche Werte zu vertreten,
17:48sondern dazu Verbündete heranzuziehen.
17:51Aber, es gibt immer ein Aber.
17:54Wir müssen mal eine Sekunde aus unseren europäischen Fußstapfen raus
17:58und das Ganze mal von der Seite des globalen Südens sehen.
18:00Ich übernehme nicht die Optik des globalen Südens,
18:03aber die finden an dieser europäischen, dem sich auf die Schulter klopfen,
18:08dass wir jetzt der Hort der Freiheit und der Rechtsstaatlichkeit sind,
18:13das finden die ziemlich hypokritisch.
18:17Also die sagen, das ist eigentlich,
18:20die Europäer könnten mal ein bisschen kleinere Brötchen backen manchmal.
18:24Das haben wir gerade bei der weltweiten Debatte über den Ukraine-Krieg gesehen,
18:27wo die uns gesagt haben, ihr seid doch die früheren Kolonialherren,
18:31und ihr seid doch die früheren Imperialisten und so weiter.
18:33Und jetzt wollt ihr uns was vorschreiben.
18:35Naja, aber wir haben uns ja geändert.
18:38Ja, wir haben uns geläutert.
18:39Sie ist geläutert, zum Teil mit Hilfe von außen.
18:43Ich sage nochmal, genau, und ich sage nur noch einen Punkt.
18:47Es ist ganz wichtig, dass wir nicht als Europäische Union
18:50gegenüber den Regierungen sagen, so, das sind die Bedingungen A, B, C,
18:53sondern, dass wir mit Leuten in diesen Ländern arbeiten,
18:56dass wir die Zivilgesellschaft in diesen Ländern unterstützen
18:59und auf die auch Rücksicht nehmen,
19:01wenn es um Verhandlungen mit deren Regierungen geht.
19:04Herr von Rüger, sehen Sie das genauso?
19:07Ist Europa, ich frage mal, ist Europa,
19:09sind wir die letzten Kämpfer für eine werteorientierte Weltordnung?
19:14Die USA, ich will nicht sagen, dass die nicht,
19:18Sie haben es gesagt, die Hälfte Amerikas steht immer noch für diese Werte ein,
19:21aber die USA wollen nicht mehr derjenige sein,
19:24der sozusagen Demokratie und Menschenrechte über den Globus ausbreiten will.
19:31Ja, also ich würde das zuerst mal nicht so überdramatisieren,
19:35weil ich glaube, es gibt auf jeden Fall noch andere Länder,
19:36die für diese Werte zum Glück einstehen,
19:38die wir jetzt auch schon genannt haben, Australien, Kanada oder andere Länder,
19:41aber ich finde trotzdem, dass Europa eine wahnsinnig wichtige Rolle spielt.
19:45Zwar ist es ein bisschen hypokritisch vielleicht,
19:46aber wer verteidigt die Liberalen, die Grundfreiheiten und die Werte im Moment?
19:51Wenn es Europa nicht macht und wenn Europa nicht versucht,
19:53mit der Software, mit der Außenpolitik und der Erweiterungspolitik
19:57für diese Werte einzustehen und die in die Welt zu tragen
20:01und diese glaubwürdig in die Welt zu tragen,
20:04dazu müssen wir natürlich unsere eigenen Hausaufgaben machen
20:06und in uns selbst gegen die Leute kämpfen,
20:10die quasi unsere Werte abschaffen wollen und sanktionieren und vorgehen,
20:13damit wir auch glaubwürdig auftreten können.
20:14Aber ich hoffe, dass wir zum Glück nicht mehr die Einzigen sind,
20:19die für diese Werte einstehen.
20:20Ich will Herrn Oebel noch mal nach der Kultur fragen.
20:24Wir haben es am Anfang in einem Einspieler gesehen,
20:28Europa sollte mehr mit seiner Kultur sozusagen wuchern.
20:33Ist das ein Mittel, um die europäischen Werte,
20:37die universellen Werte hochzuhalten?
20:40Tun wir genug für die Kultur in Europa?
20:43Das ist ja auch eine Frage.
20:44Und kann die Kultur in Europa dazu beiträgen,
20:47dass wir eben mehr europäisch denken?
20:50Ich denke schon.
20:52Ich denke, Europa müsste an sich viel mehr zusammenwachsen
20:56in diesem kulturellen Aspekt.
20:57Wir haben ja schon besprochen,
20:58wir haben diese zwei Identitäten,
20:59meistens die nationale und die europäische.
21:01Und da natürlich eben der emotionale Wert ist ein Teil,
21:04aber es ist natürlich auch der kulturelle Wert,
21:05der immer dabei mitspielt.
21:06Und ich denke, vor allem in diesem Punkt,
21:09was Kultur angeht,
21:11müssten viel mehr Menschen diesen europäischen Kulturwert erleben.
21:14Bei mir zum Beispiel war das,
21:16indem ich nun mal zum ersten Mal nach Brüssel gefahren bin,
21:17zum ersten Mal einen meiner Erasmus gemacht habe.
21:20Und ich denke, das müssten viel mehr Menschen erleben,
21:22um diese europäische Kultur zu verbreiten.
21:24Deswegen meinte ich ja genau das,
21:26man müsste mehr Förderprogramme auf den Weg bringen,
21:28damit jedes einzelne Kind,
21:30am besten jedes einzelne Kind,
21:31jeder einzelne Jugendliche und Studierende mal in Brüssel
21:33oder in Straßburg macht es sein.
21:36Das ist hervorragend.
21:37Ja, okay.
21:38Vielen Dank für diese erste Runde.
21:39Wir machen jetzt eine kleine Pause
21:40und danach, wir machen dann gleich weiter mit
21:42Die Jugend und die Politik enttäuscht Europa seine Zukunftsgeneration.
21:47Bleiben Sie bei uns.
21:48Willkommen zurück zu Brüssel, meine Liebe.
21:58Unsere Gäste sind immer noch Vincent Oehme,
22:01Quintus von Rödern und Roland Freudenstein.
22:04Rund 75 Millionen Menschen in der EU
22:06sind zwischen 15 und 25 Jahre alt.
22:08In erster Linie sind sie es,
22:10die den europäischen Integrationsprozess voranbringen müssen.
22:14Doch sieht es dafür alles andere als ermutigend aus?
22:17Jugendliche waren die Wählergruppe
22:19mit der geringsten Beteiligung an den Europawahlen im vorigen Jahr.
22:23Zugleich sinkt ihr Vertrauen in politische Institutionen
22:25und die Politik im Allgemeinen.
22:27Und es steigt der Zulauf zu rechtsextremen Parteien.
22:32Herr Oehme, dieses relative Desinteresse bei Jugendlichen
22:36an Politik und politischem Engagement,
22:39woher kommt das?
22:41Und was ist da schiefgelaufen?
22:43Ich glaube, das hat vor allem ein paar zentrale Punkte.
22:45Der erste Punkt ist, dass Kommunikationsstrukturen
22:47vor allem von demokratischen Parteien
22:49immer noch zu veraltet sind.
22:51Junge Menschen setzen viel mehr darauf,
22:53authentische Dialogformate zu besuchen
22:55oder auch in Dialogformate oder direkte
22:57demokratische Prozesse eingebunden zu werden.
22:59Authentische Dialogformate, was meinen Sie denn?
23:01Genau, zum Beispiel.
23:02Also wir haben in unserer Europawahl,
23:03vor allem auch mit der JEF,
23:05haben wir viele Formate gemacht,
23:07wie zum Beispiel Pizza & Politics,
23:09in dem sich Politiker uns in eine Runde gesetzt haben,
23:11das Pizza gab zum Beispiel und dann wirklich
23:13ein aktiver Dialog stattgefunden hat.
23:15Oder ein anderes Beispiel ist,
23:16wir hatten in unserer Kampagne,
23:18hatten wir einen Bollerwagen uns geholt
23:20und dann mit Getränke verteilt
23:21und zum Tag des Grundgesetzes
23:23und dabei aber auch noch Europawahlkampf gemacht.
23:25Und das sind Formate,
23:26die viel näher an den jungen Menschen sind.
23:29Und das ist wichtig.
23:31Das müsste überall bundesweit passieren
23:32und dann natürlich auch auf ländlichen Gebieten,
23:34um alle gleichzeitig einzubinden.
23:37Herr Freuenstein.
23:37Also ich als Boomer kann da ja jetzt nur indirekt sprechen.
23:42Vielleicht eher, indem ich mich in meine eigenen Kinder versetze.
23:45Denn die sind in der Altersgruppe.
23:47Die sind 22 und 24.
23:50Und tatsächlich bei denen ist,
23:52sagen wir mal,
23:52das Interesse im Sinne von Parteipolitik
23:55auch nicht sehr ausgeprägt.
23:57Also ich in dem Alter war ja längst Mitglied
24:02einer politischen Organisation.
24:03Also die nicht.
24:04Aber das heißt nicht,
24:06dass sie sich nicht für politische Fragen interessieren.
24:08Mein Sohn ist jetzt Mitglied
24:09einer Debating Club geworden
24:11in seiner Universitätsstadt Löwen.
24:14Und das heißt also,
24:16ich würde grundsätzlich,
24:18wenn es ja zustimmen,
24:19wenn er sagt,
24:20Formate,
24:22die die Leute ansprechen,
24:24das sind,
24:24und das sind ganz bestimmt
24:25nicht genau dieselben Formate,
24:27die mich jetzt ansprechen.
24:28Ja, also man muss anders denken.
24:29Herr von Rödern,
24:30ich meine,
24:30jede Generation hat Krisen durchlebt.
24:34Generationen vor uns,
24:35zwei Weltkriege etc.
24:37Die Jugendlichen heute
24:38haben die Finanzkrise
24:41und ihre Folgen miterlebt
24:43aus der Distanz.
24:45Die Pandemie miterlebt
24:47aus nächster Nähe.
24:48Dann den Ukraine-Krieg,
24:50viele Zerwürfnisse.
24:51Das führe,
24:53so Experten,
24:54zu einer Grundfrustration
24:56und dem Zulauf
24:59zu Parteien
25:00mit simplen Antworten,
25:01also die Extremen
25:02auf beiden Seiten.
25:03Sehen Sie da
25:05ein Körnchen Wahrheit
25:06in dieser Frage?
25:07Ja, dem würde ich
25:08leider zustimmen,
25:09weil wir sehen,
25:10dass eine Krise
25:11ja die nächste
25:11und Jugendliche
25:12sind besonders benachteiligt
25:14in diesen Krisen.
25:15Und dann sehen Sie
25:17oder fühlen sich
25:18nicht genug repräsentiert
25:19und das etablierte Parteien
25:20und Institutionen
25:21ihre Realität nicht angeht.
25:23Das sind Themen
25:24wie prekäre Arbeitsverhältnisse,
25:25temporäre Arbeitsverhältnisse
25:27oder bezahlbaren Wohnraum
25:28oder psychische Gesundheit.
25:29Diese Themen werden
25:30nicht nachhaltig angegangen
25:31und dann sind junge Leute
25:32und fühlen sich natürlich frustriert,
25:34verlieren Vertrauen in Politik
25:35und wenden sich
25:36von etablierten Institutionen
25:37und Parteien ab
25:38und wenden sich der AfD zu,
25:40die die einfache Antworten
25:42auf eben die komplexen Realitäten
25:44dieser Zeit erfindet
25:46und die vor allem auch junge Leute
25:47mit Social Media sehr gut abholt,
25:49was etablierte Institutionen
25:50und Parteien leider immer noch nicht machen.
25:53Und so würde ich mir auch
25:54diesen Zulauf zur AfD erklären.
25:56Es gibt also eine...
25:57Da noch ein Punkt hinzubringen,
25:58weil es natürlich aus meiner
25:59direkten Lebensrealität ist.
26:00Ich habe die Corona-Pandemie
26:01aktiv miterlebt,
26:02weil es meine ganze
26:03Oberstufenzeit betroffen hat.
26:05Normalerweise eine schöne Zeit.
26:06Ich habe sie verpasst in diesem Sinne.
26:07Und ich denke,
26:08da hat ein riesiger Shift
26:10stattgefunden
26:10von der normalen Welt,
26:12aber auch zu dieser visuellen Welt,
26:14was wir übersprochen haben.
26:15Rechtsextreme Parteien
26:16oder auch linksextreme Parteien
26:17bekommen immer mehr Zulauf,
26:19weil sie nun mal darauf setzen,
26:21TikTok aktiv zu verwenden,
26:23in einer Form,
26:25um Desinformationen zu streuen,
26:26einfache Antworten zu streuen.
26:28Und das desillusioniert
26:29die jungen Menschen
26:30und vor allem auch aus der Corona-Pandemie,
26:32wo sie isoliert wurden.
26:33Und da haben wir ein riesiges...
26:35Zusätzlich zur Politikmüdigkeit
26:37gibt es eine Europamüdigkeit,
26:38auch bei jungen Leuten.
26:39Das haben die Europawahlen gesehen
26:41und die geringe Beteiligung
26:42im vorigen Jahr.
26:43Wir wollten daher von jungen Leuten
26:44hier in Brüssel wissen,
26:45wie wichtig für sie
26:46Europapolitik ist
26:47und ob sie sich dafür interessieren.
26:49Das kam dabei heraus.
26:51Gucken Sie mal.
26:51Ich muss noch was rumbröchen.
26:52Ich fühle mich
26:53den europäischen Politikern
26:54nicht allzu nahe,
26:55weil es seit einigen Jahren
26:56auf europäischer
26:57und internationaler Ebene
26:58nicht viele personellen
26:59Veränderungen gibt.
27:00Ich bin sehr stolz darauf,
27:02Europäer zu sein
27:03und interessiere mich
27:04für die europäische Politik.
27:05Ich kenne nicht alle Details,
27:06aber das ist etwas,
27:07das ich aus der Entfernung verfolge.
27:11Nehmen wir einmal
27:11die Situation der Studenten,
27:13die für einige
27:14sehr kompliziert ist.
27:15Manche Politiker
27:16versuchen sich dafür zu interessieren,
27:17aber manchmal hat man
27:18auch den Eindruck,
27:19dass sie nur versuchen,
27:20die Leute dazu zu bringen,
27:21für sie zu stimmen
27:22und dass sich nicht viel ändert.
27:24Die Politik betrifft mich,
27:26aber ich fühle mich
27:26nicht nah dran.
27:27Die meisten Dinge,
27:28die die Politiker umsetzen wollen
27:30oder über die sie sprechen,
27:31betreffen mich nicht
27:32oder sie beeinflussen
27:33meinen Alltag nicht.
27:34Aber ich fühle mich
27:34nicht unbedingt berücksichtigt.
27:36Ich fühle mich nicht
27:36unbedingt berücksichtigt.
27:37Der hat etwas Interessantes gesagt.
27:39Politiker machen Sachen,
27:40die für mich
27:40in meiner Wirklichkeit
27:43nicht relevant sind.
27:45Das ist natürlich
27:46ein Alarmzeichen.
27:47Aber das wird man
27:48nicht lösen können
27:49mit einem Gesetz
27:50oder einer Reform.
27:51Und es wird man auch
27:53nicht nur mit
27:53Kommunikationsmethoden
27:55lösen können,
27:56sondern da muss Politik
27:57einfach über längere Sicht
27:59liefern.
28:00und das heißt
28:00ökonomische Erfolge
28:02produzieren,
28:04die dann
28:05die Einzelnen
28:06ermöglichen,
28:07eben selbst
28:08wirtschaftlich erfolgreich
28:09zu sein,
28:10eben besser eine Wohnung
28:11zu kriegen,
28:12sich mehr leisten zu können.
28:13Es müssen Reformen passieren.
28:15Ich meine,
28:15alleine,
28:15wenn wir nach Deutschland
28:16schauen,
28:16wir leben immer noch
28:17in einer Zeit,
28:17wo wir ein preußisches
28:18Bildungssystem haben.
28:20Junge Menschen
28:20fühlen sich natürlich
28:21nicht abgeholt,
28:21weil wir immer noch
28:22Theorienlehre statt
28:23Praxis haben meistens.
28:24Und da müssen Reformen
28:25passieren.
28:26Wir müssen unser
28:27Schulsystem,
28:28unsere Schulbildung,
28:28vor allem unsere
28:29politische Schulbildung,
28:30was zum Beispiel
28:30ein Punkt ist,
28:31Medienkompetenz,
28:33grundlegend reformieren,
28:34damit sich mehr Menschen
28:35auch wieder
28:36politisch engagieren,
28:38politisch kommunizieren.
28:38Herr von Rödern,
28:40kurze Kritik dazu.
28:41Sehen Sie das ähnlich?
28:42Ich sehe das ähnlich.
28:43Ich finde aber ein Punkt,
28:44das ist auch sehr zentral.
28:44Wir müssen die Teilhabe
28:46von Jugendlichen
28:46an Politik vor allem stärken.
28:48Also es gibt gewisse Formate,
28:49wie zum Beispiel
28:49Jugenddialoge der Kommission,
28:51aber die müssen systematisch
28:52verankert werden
28:52und die muss es auch
28:53viel mehr geben.
28:54Und was in der Hinsicht
28:55einfach wahnsinnig wichtig ist,
28:56was wir oft gesehen haben,
28:57dass das oft einfach
28:59reine Symbolik ist
28:59und dass der Input,
29:00der von Jugendlichen kommt,
29:01dass der verloren geht.
29:03Und wenn das passiert,
29:03ist das natürlich fatal,
29:04weil das Vertrauen,
29:05das in diesen politischen Prozessen
29:07und in die politischen Institutionen,
29:09den es mal gab,
29:11der schwindet natürlich
29:12durch sowas.
29:12Wenn Sie sehen,
29:13dass Sie was Input geleistet haben,
29:14wollen Unterschiede machen,
29:15aber das versandet.
29:16Das finde ich fatal.
29:17Das sind sicher Punkte,
29:18die wir häufiger noch diskutieren sollten,
29:21aber soweit zum Verhältnis
29:23von Jugend und Politik.
29:24Heute das Neueste zu diesem Thema,
29:26wie immer in unseren Programmen
29:27auf den verschiedenen
29:28Euronews-Plattformen.
29:29Vielen Dank einstweilen
29:30an unsere Gäste
29:31und an Sie zu Hause.
29:34Bleiben Sie bei Euronews.
29:42Willkommen zu Brüssel,
29:44meine Liebe.
29:45Ich bin Stefan Grobe.
29:46Meine Gäste sind Roland Freudenstein
29:48von der Free Russia Foundation,
29:50Vincent Oehme von den Jungen Liberalen
29:52und Quintus von Rödern
29:54vom European Movement International.
29:56Die wachsende Bedrohung
29:57der psychischen Gesundheit
29:59junger Menschen in der EU
30:00ist eine in der breiten Öffentlichkeit
30:02kaum diskutierte Krise.
30:04Doch gehören Depressionen
30:05und Zukunftsangst
30:07für viele Jugendliche zum Alltag.
30:08Die Pandemie hat diese Situation
30:10noch verschlimmert.
30:12Dazu kommen die Auswirkungen
30:13des digitalen Zeitalters,
30:15sprich soziale Medien
30:16und eine unsichere
30:18wirtschaftliche Lage.
30:19Für viele bleibt nur
30:21der letzte Ausweg.
30:25Verglichen mit 2019
30:27haben wir seit 2020
30:29etwa 15 Prozent mehr Anrufe
30:32von jungen Menschen
30:33und sogar sehr jungen Menschen.
30:35Und wenn ich sage
30:35sehr jungen Menschen,
30:37dann meine ich Kinder
30:38im Alter von 10 oder 11 Jahren,
30:40die von Selbstmordgedanken
30:41gequält werden.
30:44Das war Dominique Nouton
30:46vom Suizidpräventionszentrum
30:48in Brüssel.
30:50Kinder, die Selbstmord
30:51verüben wollen,
30:52Herr Freundstein,
30:53was läuft da falsch
30:55in unserer Gesellschaft?
30:56Was sind die Gründe
30:57und wo liegen die Verantwortung?
31:00Naja, die Gründe
31:02haben wir eben schon
31:03einige Hinweise bekommen.
31:04wirtschaftliche Perspektiven,
31:07berufliche Perspektiven
31:09und halt Klimawandel,
31:13Kriege und so weiter.
31:14Es gibt aber eben auch
31:15diesen Aspekt,
31:17dass sich alles,
31:18was sich kommunikativ
31:21abspielt unter jungen Leuten,
31:22wird ja nochmal verstärkt
31:24und beschleunigt
31:25durch soziale Medien.
31:26Und ich glaube,
31:27das ist beides.
31:29Das ist einerseits
31:29eine tatsächliche Problemlage
31:30und andererseits
31:31die viel leichtere
31:33Verbreitung von Ideen
31:34und da sind natürlich
31:35eine ganze Menge
31:36gefährliche Ideen drunter.
31:38Hat irgendjemand
31:38Erfahrungen zu diesem Thema?
31:41Aus dem Familie,
31:41Bekanntenkreis?
31:42Also,
31:43ich persönlich erlebe das
31:44unter meinen Freunden,
31:46unter meinen Kollegen
31:48und in meinem persönlichen Umfeld,
31:49dass die unter psychischen Problemen
31:52teilweise leiden
31:52und in Betreuung sind
31:54und die sprechen ganz offen darüber.
31:56Und ja,
31:57die sprechen ganz offen darüber,
31:58aber ich sehe nicht,
31:59dass das in der gesamten Gesellschaft
32:00angekommen ist.
32:01Ich finde,
32:01in der gesamten Gesellschaft
32:02ist es immer noch ein Tabuthema
32:04und das ist ein riesengroßes Problem.
32:06Das muss in die Gesellschaft kommen,
32:07müssen mehr darüber sprechen,
32:09müssen das enttabuisieren.
32:10Es muss in politische Debatte kommen,
32:12aber auch in die politischen Institutionen,
32:13damit wir dagegen endlich was tun
32:15und mehr Aufmerksamkeit dafür schaffen,
32:16damit sich auch Leute,
32:18die unter solchen Belastungen leiden
32:19und irgendwelche Leute wenden können,
32:21wissen, an wen sie sich wenden müssen.
32:232023 nahmen sich in Deutschland
32:27rund 500 junge Menschen
32:29bis 2025 das Leben.
32:30Drei Viertel davon Jungen
32:32und nur ein Viertel Mädchen,
32:34Herr Oehme.
32:35Wie würden Sie das interpretieren?
32:37Haben Jungen mehr Stress,
32:39mehr Konflikte,
32:41mehr Herausforderungen?
32:42Ich denke vor allem,
32:44bei Jungen ist es so,
32:45dass sich das männliche
32:47oder das maskuline Bild
32:48immer noch im Vordergrund steht
32:51und auch die Kommunikation
32:52natürlich mit Vertrauensträgern
32:54oder auch mit Personen,
32:55die über sich,
32:56über mentale Gesundheit auskennen.
32:58Diese Gespräche werden gar nicht erst
32:59von meist männlichen,
33:01jungen Personen geführt.
33:02Und da braucht es viel mehr Aktionen,
33:05auch in der Politik.
33:06Es müsste,
33:07Studien haben gezeigt,
33:07dass frühzeitige Interventionen
33:10vor allem bei Jugendlichen
33:10und Kindern wichtig sind,
33:12um die psychische Gesundheit
33:13zu verbessern.
33:15Und da geht es um Resilienz,
33:16da geht es um Maßnahmen für Stress
33:17und da hilft nicht das klassische Konzept
33:19eines Vertrauenslehrers,
33:20sondern da hilft es nur,
33:21wenn wirklich zum Beispiel Personen,
33:23die in diesem Bereich
33:24zum Beispiel studiert haben,
33:26Psychologen,
33:26an die Schulen gehen
33:27und zum Beispiel 1 zu 1 Gespräche
33:28auch mit diesen Personen führen.
33:30Und sowas muss nun mal passieren.
33:31Herr Freundstein,
33:32ist das etwas,
33:33was man auf europäischer Ebene
33:35möglicherweise angehen sollte
33:37und kann?
33:38Also ich,
33:39auf die Gefahr hin,
33:40die Zahlen sind ungefähr alle gleich.
33:41Ja, ja,
33:42auf die Gefahr hin,
33:43Leute zu enttäuschen,
33:44ich glaube,
33:45das ist wirklich eine Sache
33:46von nationalen und regionalen
33:48Verwaltungen und Regierungen.
33:52Möglicherweise sogar
33:52auf kommunaler Ebene
33:55muss da was getan werden.
33:57Ich denke,
33:57man muss nicht alles
33:59EU-weit regeln.
34:02Und ich glaube,
34:03dass eigentlich so
34:03die Wahlen der letzten Jahre
34:05ziemlich eindeutig gesagt haben,
34:09die Leute erwarten,
34:10dass die Europäische Union
34:11Probleme löst,
34:12die Nationalstaaten
34:12nicht lösen können
34:14und regionale Autoritäten
34:15nicht lösen können.
34:17Aber da, wo es geht,
34:19muss man nicht alles
34:20auf Brüsseler Ebene
34:21lösen und zweifeligen.
34:22Die Frage war völlig wertneutral.
34:25Wenn es also
34:26auf die nationalen Regierungen
34:28offenbar nicht schaffen,
34:29mit diesen Problemen
34:30fertig zu werden,
34:31die Frage ist,
34:32wer macht das?
34:33Europa kann einspringen.
34:34Nämlich in zwei Punkten.
34:36Europa kann zum Beispiel
34:37in die Gesundheitspolitik
34:38immer noch Lücken füllen
34:39durch Maßnahmen
34:40und politische,
34:41durch Policies.
34:42Und das,
34:43und ein anderer Punkt
34:44ist natürlich auch
34:45Kommunikationskampagnen.
34:46Das könnte Europa
34:47auch auf europäischer Ebene
34:49lösen.
34:50Wenn ich zum Beispiel
34:51im Austausch mit Partnern
34:52aus den osteuropäischen
34:53Organisationen war,
34:54das sind auch Gespräche,
34:56die im Vertrauen passiert sind
34:56über mentale Probleme.
34:57Ich will mal weg
34:59vom Thema Suizid,
35:00denn nicht jedes
35:01psychische Problem
35:02endet mit einer solchen
35:03Tragik natürlich.
35:04Wir haben einmal mit
35:04jungen Menschen
35:05hier in Brüssel
35:06über das Thema
35:06Zukunftsangst gesprochen,
35:08eines der Themen,
35:09das junge Menschen
35:10besonders beschäftigt.
35:11Das ist natürlich
35:12alles andere
35:12als repräsentativ,
35:14aber dennoch
35:14aufschlussreich.
35:15Hören Sie mal rein.
35:16Es gibt eine Menge
35:17Dinge, die uns Sorgen
35:18machen, etwa die
35:19geopolitischen Spannungen
35:20und der Klimawandel.
35:21Die Ängste kommen aus
35:24zwei Richtungen.
35:25Erstens aus dem,
35:26was in der Welt
35:26passiert, aber auch aus
35:28der Angst vor der
35:29Vorstellung eines
35:29nicht erfüllten Lebens
35:30und davor, dass wir
35:31den Herausforderungen
35:32nicht gewachsen sind.
35:34Die Menschen sollten
35:35nach ihrem Verstand
35:35handeln und vielleicht
35:36mehr Nachrichten und
35:37Informationen haben.
35:39Man sollte sich mehr
35:40um die Erhaltung unserer
35:41geistigen Gesundheit
35:42kümmern.
35:42Ich fände es toll,
35:43wenn es eine Initiative
35:44gäbe, um junge Menschen
35:45zusammenzubringen, um
35:46den europäischen Geist
35:47wiederzufinden.
35:49Herr von Röder, die
35:50Pflege der geistigen
35:51Gesundheit, die hier
35:51angesprochen wurde, wie
35:52würden Sie das verstehen?
35:53Also was wir in dem
35:54Beitrag jetzt vor allem
35:55gesehen haben, ist, dass
35:56junge Leute sich nicht
35:57gehört fühlen, dass gewisse
35:58Themen nicht angegangen
35:59werden, wie eben die
36:00Klimakrise oder psychische
36:01Gesundheit.
36:02Wir reden im Moment nur
36:04über Verteidigung und
36:05Sicherheit und streben
36:06nach Wettbewerbsfähigkeit
36:07und junge Leute fühlen,
36:08dass ihre Themen nicht
36:09angegangen werden und
36:11natürlich sind sie dann
36:12desillusioniert und
36:13natürlich hilft es denen
36:14nichts.
36:14Das heißt, wir müssen
36:15auf jeden Fall diese
36:16Themen vermehrt angehen,
36:18weil nur wenn wir die
36:19Lebensrealitäten von
36:20Jugendlichen in ihrer
36:21komplexen Lage anerkennen
36:23und priorisieren und
36:25dagegen vorgehen, das ist
36:26das beste Mittel, um
36:27Jugendlichen zu helfen
36:28gegen psychische
36:29Belastung.
36:29Ein zentrales Beispiel
36:30ist natürlich die
36:30Wohnungskrise.
36:31Also wie Sie es auch
36:32schon angesprochen haben,
36:32die Wohnungskrise, die
36:34Mieten, die viel zu hoch
36:36sind für junge Menschen,
36:37was auch natürlich
36:37parallel zum Lohnanstieg
36:39von jungen Menschen, das
36:41entspricht dem nicht.
36:41Die Wohnpreise sind viel zu
36:42teuer und wenn man jetzt
36:44auf zum Beispiel den neuen
36:44Koalitionsvertrag schaut, die
36:46Unterstützung für
36:47Wohngelder, BAföG, ist immer
36:49noch viel zu gering und ist
36:51nicht am Schneid der
36:53Lebensrealität.
36:54Selbstmord bis zur neuen
36:59Koalition kommen.
37:00Vielen Dank Ihnen hier im
37:01Studio, denn wir sind am
37:03Ende von Brüssel, meine
37:04Liebe, angelangt.
37:06Nochmals vielen Dank an Sie
37:07drei, Dank an unsere Zuschauer
37:09zu Hause.
37:10Wenn Sie die Unterhaltung
37:11fortsetzen möchten, egal zu
37:12welchem Thema, schreiben Sie
37:13an brüsselmeineliebe
37:14at eurenews.com oder in den
37:17Sozialmedien.
37:18Das war es für heute.
37:19Ich bin Stefan Grobe.
37:20Ihnen eine angenehme Woche.
37:21Bis bald.
37:22Das war es für heute.