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„Thomas Müntzer und der Krieg der Bauern“ zeigt, wie sich der junge Priester Müntzer (1489–1525) in einer Zeit der Reformation gegen die kirchliche und weltliche Obrigkeit wendet.

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00:00Die Mitte Europas im Wandel der Zeit.
00:08Ein Land, das lange braucht, um eins zu werden.
00:14Menschen, die sich erst im Laufe der Jahrhunderte als deutsch verstehen.
00:22Wer sind wir?
00:25Woher kommen wir?
00:27Fragen an die Geschichte der Deutschen.
00:33Für die Revolution!
00:35Für die Demokratie!
00:38Für die Republik!
00:48Er fordert im Namen Gottes eine gerechtere Welt.
00:52Thomas Münzer, ein Prediger aus Thüringen.
00:55Anfangs ein Anhänger von Martin Luther, wird er später sein erbitterter Gegner.
01:02Während der eine auf die Macht der Fürsten setzt, wendet sich der andere gegen sie.
01:08Als die Bauern gegen den herrschenden Adel aufbegehren, schlägt sich Münzer auf ihre Seite.
01:13Er klärt Freiheit und Gleichheit zum göttlichen Recht.
01:17Eine Anhöhe bei Frankenhausen in Thüringen.
01:30Seit einem Jahr schon tobt in Teilen Deutschlands der Bauernkrieg.
01:34Es ist der 15. Mai 1525.
01:38Der Tag der Entscheidung.
01:39Die Wut der Bauern gegen die Unterdrückung durch den Adel und den Klerus hat sich aufgestaut.
01:47Es ist der Aufstand des gemeinen Mannes gegen die bestehende Ordnung.
01:51Die erste Revolution auf deutschem Boden.
01:55Wir fürchten nur Gott und sonst niemanden!
01:57An ihrer Spitze steht kein Feldherr, sondern ein Pfarrer.
02:01Thomas Münzer.
02:04Im Angesicht der riesigen Übermacht bleibt nur die Hoffnung.
02:09Die Söldner der fürstlichen Heere ziehen bestens gerüstet in die Schlacht.
02:13Kriegsabhobte Kavalerie und Kanonen sollen Thomas Münzers Heer der Bauern zur Aufgabe bewegen.
02:19Noch bevor der Kampf beginnt.
02:20Allmächtiger Gott, was sollen wir gegen diese Armee ausrichten?
02:31Mit Forken gegen Kanonen?
02:37Die machen uns doch nieder.
02:39Der Prediger Münzer trägt kein Schwert.
02:42Seine schärfste Waffe ist das Wort.
02:44Liebe Brüder, verzagt nicht!
02:47Wir werden siegen, wie einst David über Goliath gesiegt hat.
02:50Wollt ihr göttliche Gerechtigkeit?
02:54Wollt ihr Freiheit?
02:56Also dann, nieder mit den Fürsten!
03:00Kanonen laden!
03:03Der Macht der Fürstenarmee haben die Bauern nicht mehr entgegenzusetzen, als ihr Gottvertrauen.
03:10Feuer!
03:16Attacke!
03:20Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel.
03:37Amen.
03:38In Frankenhausen entlädt sich ein Konflikt, der den Kontinent seit über 100 Jahren immer wieder in Atem hält.
03:44Zwischen Herrschern und Beherrschten, Adel und Bauern.
03:48Immer wieder flammen Aufstände auf.
03:51Auch im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation.
03:56Zwickau, vier Jahre vor der Schlacht von Frankenhausen.
03:59In diesem Dom erregt der Prediger Thomas Münzer zum ersten Mal Aufsehen.
04:05Das ehemals katholische Gotteshaus ist nun protestantisch.
04:09Und von der Kanzel fordern Männer wie Münzer nicht nur eine neue Kirche, sondern auch die Freiheit der Gläubigen.
04:15Doch wie weit soll sie reichen?
04:20Das Pfarramt in Zwickau verdankt Thomas Münzer dem Reformator Martin Luther.
04:29Luther hatte das Machtstreben der Kirchenfürsten angeprangert und sich von Rom abgewandt.
04:34Denn aus der Angst um das Seelenheil hatte der Klerus ein Geschäft gemacht und der Papst verdiente an dem Ablasshandel gut.
04:49Um zur Gnade zu gelangen, brauche es keinen Mittler zwischen Gott und den Menschen, sagt Luther.
04:57Daraufhin wird er vom Papst zum Ketzer erklärt und mit einem Bann belegt.
05:01Die einfachen Menschen feiern den Reformator als Volkshelden.
05:151521, auf dem Reichstag zu Worms, soll er vor Kaiser und Klerus seine Lehren widerrufen.
05:22Doch er weigert sich und gewinnt die Unterstützung wichtiger Fürsten, die selbst nach mehr Unabhängigkeit von Kaiser und Papst streben.
05:38Das Dr. Martin Luther aus Wittenberg.
05:43Gestützt auf die Bibel bietet Luther den Mächtigen die Stirn.
05:47Wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde, kann und will ich nichts widerrufen.
05:58Es ging um die Reformation der Kirche und man könnte sagen gegen Rom und das Traditionelle.
06:05Und da waren viele dabei, die später, wie es dann später herauskam, eigentlich andere Akzente hatten.
06:13Und Münzer war ein Profilierter von denen.
06:15Während Luther seine Schriften auf dem Reichstag in Worms verteidigt, ist Münzer gezwungen, Zwickau wegen seiner Überzeugungen zu verlassen.
06:30Seine radikalen Predigten gehen selbst den Anhängern der Reformation zu weit, sorgen in der Stadt für Unruhe.
06:38Münzer will mehr als die Kirche reformieren.
06:51Er will eine Gesellschaft, in der nur der Glaube der Menschen zählt, nicht ihr Stand.
06:56Denn vor Gott seien alle gleich, nicht erst im Himmel, sondern schon auf Erden.
07:01Muss auf die Reform der Kirche nicht auch die Reform der Gesellschaft folgen?
07:14Münzer gibt nicht auf.
07:16Er will kämpfen für die Wahrheit in der Welt, wie er sagt.
07:20Nachdem er Zwickau den Rücken kehrt, zieht Münzer fast zwei Jahre durch ein Land im Aufbruch.
07:34Die Pestepidemien des Mittelalters sind überstanden.
07:38Im Reich der Deutschen leben wieder 15 Millionen Menschen und auch die Städte wachsen.
07:42Während hinter ihren Mauern Handwerk und Handel das Bild bestimmen, sind es außerhalb der Städte Ackerbau und Viehzucht.
07:55Die Deutschen sind vor allem ein Volk von Bauern.
07:59Alles, was sie zum Leben brauchen, müssen sie der Natur mühsam abbringen.
08:03Der ewige Wechsel von Säen und Ernten bestimmt ihren Alltag.
08:15Ein zeitgenössisches Gedicht beschreibt das Leben auf dem Land.
08:20Wie soll mir armen Bauern geschehen?
08:22Ich muss ackern, schneiden, mähen, dreschen, Holz, hacken auch dazu.
08:26Hab weder Tag noch Nacht, kein Ruh.
08:28Die Bauern stellen sich ja die größte Sozialgruppe im Reich dar.
08:34Über 90 Prozent gehören diesem Stand an.
08:37Freilich gibt es innerhalb des Bauerntums erhebliche soziale Unterschiede.
08:41In Allgäu etwa oder in Friesland haben wir ein freies, zum Teil außerordentlich wohlhabendes Bauerntum.
08:47Und in anderen Bereichen, insbesondere in Oberschwaben, ist mit der Leibeigenschaft eine relativ neue und für die Bauern erniedrigende Lebenssituation eingezogen.
08:58Leibeigene sind meist Bauern, die ihre Abgaben nicht leisten konnten und ihr Leben einem Grundherrn verschreiben mussten.
09:07Wenn der Leibeigene stirbt, müssen die Hinterbliebenen das spärliche Erbe mit dem Grundherrn teilen.
09:13So sehen sie oft selbst einer Zukunft in Unfreiheit oder Armut entgegen.
09:18Edler Herr, was wollt ihr von uns?
09:35Ich möchte euch mein Beileid aussprechen und dann möchte ich natürlich meinen Erbteil einfordern.
09:42Ihr wisst doch sicher, ihr seid mit der Hälfte eures Besitzes schuldig.
09:45Aber wovon sollen wir leben? Ich flehe euch an.
09:50Der Herr im Himmel hat den Kindern ihren Vater und mir meinen Mann genommen.
09:55Und jetzt nehmt ihr noch von dem Wenigen, das uns geblieben ist.
09:58Soll der Mann zur Hölle fahren?
09:59Wie meint ihr das?
10:00Nur wer auf Erden. Seine Schuld bezahlt wird erlöst werden und kommt ins Himmelreich.
10:06Die Angst vor dem Fegefeuer schüchtert die Untertanen noch immer ein.
10:10Wir gehen!
10:11Wie sollen sie sich wehren, wenn sich die Grundherren an ihrem Hab und Gut bedienen?
10:17Die Kuh nehmen wir mit.
10:21Der Teufel soll dich holen, du Menschenschänder.
10:26Nach wie vor ist das Leben geprägt von der mittelalterlichen Ständeordnung.
10:30Mit Kaiser und Papst an der Spitze, gestützt von Adel und Klerus, dann Händler und Handwerker.
10:41Doch getragen wird die größte Last vom Bauernstand.
10:43Stolberg im Harz.
10:52Hier wurde Thomas Münzer 1488 oder 89 geboren.
10:59Er entstammt einer bürgerlichen Familie.
11:01Man kommt mit der Familie Münzer im weiteren Umkreis in Stolberg bis Mitte des 15. Jahrhunderts zurück.
11:12Das sind kaum arme, kleine Leute.
11:15Das sind mindestens Mittelbürger oder gar zum städtischen Großbürger in dieser kleinen Stadt Stolberg.
11:23Und man kennt ihre Wohnsätze, die waren meistens um den Markt herum.
11:29Und da wohnten eben wirklich die einflussreichen Bürger.
11:33Und aus seiner Familie waren Erzprüfer, auch ein Münzmeister dabei.
11:38Aber seine Eltern kennt man nicht.
11:42Diesen Münzer zieht es schließlich nach Sachsen.
11:46Das Kurfürstentum sieht sich als Schutzmacht der Reformation und trägt wesentlich zu ihrer Verbreitung bei.
11:53Kurfürst Friedrich der Weise, sein Bruder Johann der Beständige und sein Neffe Johann Friedrich der Großmütige,
12:03die drei sächsischen Landesherren sehen Luthers Reformation als Chance,
12:08den Einfluss des katholischen Kaisers zurückzudrängen und die eigene Macht auszubauen.
12:15Auf der Wartburg genießt der Reformator Martin Luther ihren Schutz.
12:20Hier entsteht sein wichtigstes Werk, die Übersetzung der Bibel in die deutsche Sprache.
12:29Für die Menschen ist die Lutherbibel eine Offenbarung.
12:32Erstmals können sie das Wort Gottes in ihrer Sprache lesen.
12:36Die Bibel auf Latein konnten meist nur Geistliche verstehen.
12:39In der Heiligen Schrift finden sich auch die Bauern wieder, dort, wo von Freiheit und Gerechtigkeit die Rede ist.
12:53Neben der Wartburg und Wittenberg, den Wirkungsstätten Luthers,
12:58schafft Thomas Münzer im chursächsischen Altstädt ein weiteres Zentrum der Reformation.
13:03Die kleine Landstadt ist eingekreist von katholischen Territorien, dem Herzogtum Sachsen und der Grafschaft Mansfeld.
13:13In Altstädt will Münzer seinen eigenen Ideen zum Durchbruch verhelfen.
13:18Er bezieht eine Wohnung im Wigberti-Türm, trotz Burg seiner radikalen Reformation.
13:23Münzer macht Luther Konkurrenz. Als erster Prediger hält er den gesamten Gottesdienst auf Deutsch.
13:37Brüder, Schwestern, zahlreich seid ihr gekommen.
13:45Münzer hat von Mal zu Mal mehr Zuhörer.
13:49Und so soll es sein, denn wir wollen das Wort Gottes feiern.
13:53Gemeinsam, aber nicht auf Latein.
13:59Hier in Altstädt verkünde ich sein Wort in eurer Sprache.
14:06Zum ersten Mal verstehen die Menschen, was das Evangelium ihnen sagt.
14:11Lasset uns singen und unseren Herrn preisen.
14:14Das Prediger-Seminar in Braunschweig.
14:33Hier wird bis heute eine Originalausgabe von Münzers Deutscher Messe aufbewahrt.
14:38Die Braunschweiger Ausgabe ist eine der wenigen, die erhalten sind.
14:47Dass sie überhaupt gedruckt wurde, belegt, dass Münzers Wirken weit über die Grenzen Altstädts hinaus strahlte.
14:54Münzer, der hier in Braunschweig in der Frühzeit der Reformation als Priester tätig war,
15:00hat als erster konsequent alle gottesdienstlichen Abläufe ins Deutsche übertragen.
15:06Sogar die mittelalterlichen gregorianischen Gesänge.
15:10Damit ist er zum Wegbereiter geworden, dass bald danach und fast überall nicht mehr lateinisch gesungen und gebetet wurde, sondern deutsch.
15:18Und die Gottesdienstbesucher, welche Bildung sie auch immer hatten, konnten nun alles verstehen und mitmachen.
15:26Wenn wir also die Geschichte des evangelischen Gottesdienstes betrachten, gebührt Münzer das Prädikat eines großen Reformators.
15:36Nicht nur seine Sprache, auch seine Botschaft ist revolutionär.
15:40Gott ist gerecht. Er duldet keine Tyrannei. Er verheißt allen Menschen Freiheit und Gleichheit.
15:51Nicht erst im Himmel. Hier, auf Erden.
15:55Deshalb wird er den ungerechten Herrschern das Schwert entreißen und es dem Volk geben.
16:01Das soll er nur machen. Herr mit dem Schwert. Wir haben genug gelitten.
16:10Die Zeit der Ernte ist nah. Schon bald kommt der Tag, an dem Gott den Weizen vom Unkraut trennt.
16:23Münster muss ein Feuerkopf gewesen sein und ein rhetorisches Hochtalent.
16:29Seine Texte sprudeln von Metaphern und Bildern.
16:34Es ist gar nicht anders vorstellbar, als dass er auch als Prediger Leute zu begeistern vermochte.
16:40Doch dann schlägt die Begeisterung um in offene Revolte.
16:47Münzers Anhänger verweigern Abgaben an ein katholisches Kloster.
16:52Sie stürmen eine Kapelle und plündern sie aus.
16:56Mit Gewalt holen sie sich zurück, was sie als ihr Eigentum betrachten.
17:02Halt! Das ist doch Gott geweiht.
17:04Ja, und dem Schweißer deines Angesichts abgepresst.
17:06Nicht nur in Allstedt, im ganzen Land werden kirchliche Kunstschätze Opfer sogenannter Bilderstürmer.
17:23Für viele sind die heiligen Figuren Ausdruck von Götzendienerei und Verschwendungssucht.
17:33Den katholischen Landesherren Georg von Sachsen und Ernst von Mansfeld geht Münzers Eifer zu weit.
17:46Auch Martin Luther hat Bedenken.
17:54Mit Sorge sieht er die Folgen von Münzers Predigten.
17:59Luther will die Kirche reformieren.
18:01Seine Kritik richtet sich gegen die Macht des Klerus, nicht gegen den Adel.
18:05Und er weiß, nur mit Rückendeckung der Fürsten hat seine Reformation Aussicht auf Verfolg.
18:18In Münzer, der alle Obrigkeit in Frage stellt, sieht Luther eine Gefahr.
18:23In einem Brief warnt er seine Landesherren vor dessen aufrührerischen Geist.
18:28All das hat Luther mit größtem Artwohnen genauestens verfolgt und erkannt,
18:42dass Münzer ein massiver Konkurrent seines eigenen Reformationskonzepts werden würde.
18:48Auf dem Altstädter Schloss kommt es zu einer denkwürdigen Begegnung.
18:52Münzer hat seine sächsischen Landesherren zu einer Predigt in die Schlosskirche eingeladen.
18:57Er will sie von Luther abbringen und auf seine Seite ziehen.
19:01Seht euch vor und überlegt genau, was ihr sagt.
19:09Münzer weiß, für ihn ist es die erste und letzte Gelegenheit, die Fürsten zu überzeugen.
19:23Ihr getreuen Fürsten von Sachsen!
19:27Eure Macht auf Erden verdankt ihr unserem Herrn im Himmel.
19:33Er gab euch das Schwert, damit ihr hier für eine gerechte Ordnung sorgt.
19:38Das ist eure göttliche Pflicht.
19:42Doch wehe, ihr widersetzt euch dem Willen des Allmächtigen.
19:47Dann wird er euch das Schwert entreißen und es in die Hand des Volkes legen.
19:50Was Münzer als Mahnung versteht, empfinden die Fürsten als Drohung.
19:55Im Namen Gottes fordere ich euch auf.
20:00Kämpft für göttliche Gerechtigkeit.
20:05Amen.
20:05Münzers berühmte Fürstenpredigt verfehlt ihr Ziel.
20:19Ich danke euch für eure Predigt.
20:20Sie war äußerst aufschlussreich.
20:24Danke, euer Gnade.
20:26Das hoffe ich.
20:27In welchem Ton spricht dieser Pfaffe mit uns?
20:31Er stellt die göttliche Ordnung in Frage anders als Luther.
20:34Wie hat Luther ihn genannt?
20:36Den Satan aus Altstedt.
20:38Recht hat er.
20:39Dieser Münzer stiftet nur Unruhe.
20:43Wir müssen ihn im Auge behalten.
20:45Gut.
20:45Wie viele solcher Texte gab es denn damals, wo derartig radikal das Amt, das Obrigkeitsamt
20:59überhaupt angegriffen wird und gesagt, euer Dienst ist nur noch eine begrenzte Zeit.
21:05Und wenn ihr nicht euch stellt hier und mit in die Räder greift, dann kommt ihr unter die
21:12Räder aber ganz anders.
21:13In den Nachbargemeinden Altstedts spitzt sich der Konflikt zu.
21:20Die katholischen Grundherren wollen den Zulauf ihrer Untertanen zu Münzers Messen stoppen.
21:25Mit aller Gewalt.
21:29Immer mehr Flüchtlinge strömen aus dem katholischen Umland ins evangelische Altstedt.
21:34Sie suchen Schutz vor der Gewalt ihrer Herren und machen Münzer für ihre Lage verantwortlich.
21:40Wollen, dass er handelt.
21:43Der hat mit der ehemaligen Nonne Ottilie von Gersen eine Familie gegründet.
21:49Doch Ruhe hat er nicht gefunden.
22:02Münzer!
22:04Ach Gott.
22:04Was wollen die bloß von dir?
22:07Ich werde mal nachsagen.
22:08Münzer!
22:09Münzer!
22:10Münzer!
22:11Münzer!
22:12Münzer!
22:13Münzer!
22:14Münzer!
22:15Münzer!
22:16Münzer!
22:17Münzer!
22:18Münzer!
22:18Münzer!
22:19Was wollt ihr?
22:21Unsere Herren haben uns vertrieben.
22:24Ich habe mein gesamtes Hab und Gut verloren.
22:27Du hast es verkündet.
22:28Gerechtigkeit und göttliche Freiheit.
22:31So sagt es auch die Heilige Schrift.
22:33Aber sie sagt auch, erlöst wird nur, wer sein Leid erträgt, wie einst Christus das Kreuz.
22:39Unsere Herren bestrafen uns, weil wir auf dein Wort vertraut haben.
22:42Wir sind ja bereit, für unseren Glauben zu leiden.
22:46Aber sollen wir dafür wie Vieh auf der Schlachtbank enden?
22:49Lange hat der Münzer gehofft, den Adel zur Umkehr bewegen zu können.
22:53Von den Bauern bedrängt, sieht er sich jetzt zum Handeln gezwungen.
22:58Der Weg zu einer gerechten Ordnung ist steinig.
23:03Doch ich sage euch, ihr habt genug gelitten.
23:07Ihr habt euer Kreuz lang genug getragen.
23:12Wenn nicht die Fürsten für Gerechtigkeit sorgen, dann nehmen wir unser Schicksal selbst in die Hand.
23:20Jetzt ist die Zeit gekommen.
23:23Wehrt euch, Brüder.
23:26Lasst uns einen Bund schließen.
23:28Ja!
23:29Münzer hat sich entschieden.
23:31Für das einfache Volk und gegen die Fürsten, deren Herrschaft Luther als gottgewollt anerkennt.
23:37Für Luther war es ganz selbstverständlich, dass untergeordnete Stände leiden mussten.
23:46Und für Münzer wurde in einer bestimmten historischen Situation das Leiden sozusagen zum Handlungsanlass,
23:54zur Heraufführung einer gerechten Gesellschaft und einer gerechten Ordnung.
24:00Luther wird nicht müde, seine Landesherren vor dem Unruhestifter zu warnen.
24:04Wieder dieser Münzer.
24:09Luther schreibt, dass Münzers Worte Gewalt und Aufruhr auslösen würden.
24:16Wir müssen ihn loswerden, diesen Aufrührer.
24:20Luther hat erreicht, was er wollte.
24:23Sein Kontrahent fällt in Ungnade.
24:25In der Nacht zum 8. August 1524 kommt Münzer der drohenden Ausweisung aus Alstädt zuvor.
24:40Schweren Herzens lässt er seine Familie zurück.
24:45Er wird sie niemals wiedersehen.
24:47Dass Münzer so häufig vertrieben wurde, war auch eine Folge dessen, dass er wenig darauf geachtet hat,
24:58ob die jeweiligen Obrigkeiten dem folgten, was er für richtig hielt.
25:04Er ist von einer bemerkenswerten Kompromisslosigkeit.
25:09Als Münzer Alstädt verlässt, gärt es bereits im Süden Deutschlands.
25:15In der idyllischen Landschaft Oberschwabens und des Schwarzwaldes ist die Lage der Bauern besonders bedrückend.
25:21In Stühlingen etwa sollen die Untertaren ihre Ernte unterbrechen, um Schneckenhäuser zu sammeln,
25:30damit ihre Grundherrin Garn darum wickeln kann.
25:35Wütend über solche Windkür widersetzen sich die Bauern.
25:38In Windeseile wird daraus ein Aufstand.
25:43Das Fürststift Kempten in Oberschwaben, früher eine der mächtigsten Abteien im Reich.
25:48Der Prunk zu Ehren Gottes ist auch hier mit den Abgaben der Bauern bezahlt.
25:56Solche bracht es nicht nur den Reformatoren ein Dorn im Auge,
26:00sondern mehr noch jenen, die für diesen Reichtum schuften mussten.
26:07Denn im Gegensatz zum Klerus leben die meisten Bauern in Armut.
26:12Viele können die Abgaben nicht bezahlen, trotz harter Arbeit.
26:22Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als ihren geistlichen Grundherren als Leibeigener zu dienen.
26:29Die Hoffnung auf Erlösung nach dem Tod ist oft das Einzige, was das Leben der Bauern erträglich macht.
26:36Doch im Frühjahr 1525 gehen die Kemptener Landleute mit dem Klerus ins Gericht.
26:44Mit Feder und Tinte.
26:47Sie bündeln mehr als 100 Beschwerden über Zwangsarbeit, drückende Abgaben und Leibeigenschaft.
26:54Eine der ersten Sammelklagen der Geschichte.
26:56Auch im nahegelegenen Memmingen machen die Bauern mobil.
27:02Das Kramer Zunfthaus am Markt ist der Geburtsort einer der frühesten demokratischen Bewegungen in der Geschichte der Deutschen.
27:09Was aber sagt uns die Heilige Schrift?
27:13Als Gott, der Herr, den Menschen erschuf, gab er den Menschen die Gewalt über alle Tiere.
27:19Über die Vögel in der Luft, über die Fische in Seen und Flüssen und auch über das Wild in den Wäldern und Auen.
27:29So entsprach es dem Plan Gottes.
27:35Es ist unbrüderlich und entspricht keineswegs dem Willen Gottes, dem gemeinen Mann, die Jagd und den Fischfang zu verbieten.
27:43Auch der zehnt auch das Vieh.
27:45Entspricht nicht dem Willen Gottes.
27:49Das Vieh wurde dem Menschen von Gott frei erschaffen.
27:59Die Heilige Schrift sagt eindeutig, dass Jesus Christus mit seinem Blut alle Menschen erlöst hat.
28:09Nicht nur den Edelmann, sondern auch den Hirten.
28:12Von Leib-Eigenschaft oder vom Zehnt auf das Vieh, den wir abgeben sollen, steht in der Heiligen Schrift dagegen nichts geschrieben.
28:20Also meine Brüder, sind wir frei und wollen frei sein für immer.
28:29Aus der Heiligen Schrift leitet das Parlament der Bauern Freiheit und Gleichheit aller Menschen ab.
28:39Lange bevor die europäische Aufklärung die Menschenrechte formuliert.
28:43Die Forderungen der Memminger Versammlung werden in zwölf Artikeln zusammengefasst und über 25.000 Mal gedruckt.
28:52Nie wieder sollte der Stand der Bauern eine solche politische Bedeutung erlangen.
28:56Die zwölf Artikel sind ein sicher herausragender Text in Bezug auf die Forderung nach Freiheit und Selbstorganisation bestimmter sozialer Gruppen.
29:08Und Texte im Umkreis des Bauernkrieges enthalten ein maßgebliches, auch politisches Freiheitspotenzial auf dem Weg zu einer freieren,
29:17das heißt nicht ständisch gebundenen, nicht durch die Autorität von Obrigkeit bestimmten Gesellschaft.
29:27Während manche Vereinigungen der Bauern noch auf Verhandlungen und eine friedliche Lösung setzen, wählen andere den Weg der Gewalt.
29:37Plündern, Klöster und Schlösser, Güter und Burgen.
29:44Ganze Landstriche sind unter ihrer Kontrolle.
29:47In Süddeutschland hinterlassen sie eine Spur der Verwüstung.
29:57Bis heute zeugen Burgruinen vom Bauernkrieg als Mahnmale eines epochalen Konfliktes.
30:06Die Bewegung greift immer weiter um sich.
30:10Und in manchen Gegenden üben die Untertanen grausame Rache an ihren Grundherren.
30:17In der Selbstjustiz der Bauern sieht Luther eine Gefahr für die Reformation.
30:30Er ermahnt die Aufständischen zu Mäßigung und Frieden.
30:33Als die Unruhen nicht enden wollen, schlägt er sich vollends auf die Seite der Fürsten.
30:55Luther ist als Hoffnungsträger der Bauern dahin gegangen, hat als ein solcher ausgedient und wird insofern in der weiteren Geschichte der Reformation von dieser riesigen Sozialgruppe nicht mehr als ihr Anwalt wahrgenommen.
31:12Wie ein Flächenbrand greifen die Aufstände um sich.
31:17Von Süddeutschland aus erfassen sie immer mehr Regionen und erreichen schließlich Thüringen.
31:22Als Thomas Münzer erfährt, dass der Bauernkrieg seine Heimat erreicht, eilt er ihm hinterher, nach Mühlhausen.
31:35Dort trifft er auf alte Weggefährten und setzt sich an die Spitze der Rebellen.
31:39Vorwärts, Leute! Lasst eure Waffen nicht kalt werden! Das ganze deutsche Land ist erwacht!
31:54Anders als Luther sieht Münzer sich und die Bauern als Werkzeuge eines himmlischen Gerichts.
32:01Wie die Sintflut im Alten Testament wollen sie den Weg ebnen für eine neue, göttliche Ordnung auf Erden.
32:10Und wie nach der Sintflut soll der Regenbogen zum Zeichen des neuen Bundes zwischen Gott und den Menschen werden?
32:18Bei seiner Rückkehr in den thüringisch-sächsischen Raum hat er das Seine dazu beigetragen,
32:25die Glut aus dem Süden sozusagen weiterzutragen und zu einem Flächenbrand werden zu lassen,
32:33der darauf abzielte, diese neue Ordnung Gottes ins Werk zu setzen.
32:38Bitte sehr.
32:40Die sächsischen Landesherren stehen vor einer schwierigen Entscheidung.
32:44Unsere fürstlichen Brüder rufen uns auf, diesen Auffuhr endlich niederzuwerfen.
32:50Tragen wir denn etwa keine Schuld daran?
32:52Haben wir ihren Aufstand nicht selbst heraufbeschworen?
32:56Münzer und diese aufständischen Bauern sind ein Werk des Teufels.
33:00Wir sollten vielleicht auf Luther hören.
33:02Sagt er nicht, wir könnten guten Gewissens auf sie dreinschlagen?
33:08Aber vielleicht ist es ja Gottes Wille, dass nicht wir, sondern der gemeine Mann regieren soll.
33:14Das darf niemals geschehen. Luther hat recht. Münzer und den Bauern muss das Handwerk gelegt werden.
33:21Friedrich der Weise sucht einen Ausweg. Doch er ist todkrank.
33:26Mit ihm stirbt im Mai 1525 die letzte Hoffnung auf eine friedliche Lösung.
33:31Im gesamten Reich lassen die Landesherren Truppen aufmarschieren.
33:38Ob Anhänger oder Gegner der Reformation, die Fürsten rüsten gemeinsam gegen die Bauern.
33:45Ihre Söldner ziehen nicht aus Überzeugung in den Krieg.
33:48Sie sind Berufssoldaten, die ihr tödliches Handwerk an den meistbietenden verkaufen.
33:53Ihr Marsch führt sie nach Thüringen.
33:57In Frankenhausen, am Fuß des Kiffhäusers, trifft die Fürstenarmee auf Münzers Bauernhaufen.
34:08Bist du dir wirklich sicher, Münzer?
34:11Das gibt doch nur ein sinnloses Blutvergießen.
34:15Im Angesicht der Übermacht des Gegners beginnen die Bauern zu zweifeln.
34:19Wie weit reicht das Vertrauen in Thomas Münzer, ihren militärisch unerfahrenen Anführer?
34:26Was wollt ihr tun?
34:30Verhandeln?
34:32Auch Münzer will kein Blut vergießen.
34:37Gut, dann senden wir ihn einen Boten. Mal sehen, was sie uns zu sagen haben.
34:42Es geht um Leben oder Tod.
34:50Gott sei mit dir.
34:51Doch warum sollen die Fürsten verhandeln?
34:54Zwar sind die gegnerischen Aufgebote zahlenmäßig gleich stark.
34:58Doch die 6000 Söldner der Landesherren verfügen über weit bessere Waffen und vor allem Kampferfahrung.
35:04Auf der einen Seite die Söldnerheere, die gewohnt waren im Umgang mit Waffen, auch mit modernen Waffen, mit den modernen Waffen der Zeit, nämlich den Feuerwaffen.
35:13Und auf der anderen Seite die Bauern, die Aufständischen, die durchaus auch in der Lage waren, mit Waffen umzugehen, die aber ganz andere Waffen benutzten zur damaligen Zeit.
35:24Kanonen und Musketen gegen Mistgabeln, Sensen, Spieße und Keulen der Bauern.
35:36Aus Arbeitsgeräten werden Waffen. Notdürftig.
35:41Bisher wurde damit Holz geschlagen oder Gras gemäht.
35:47Jetzt sollen sie Helme und Rüstungen der Gegner durchbohren.
35:50Die militärische Führung der Aufständischen hat sehr schnell erkannt, dass man in einer offenen Felsschlacht kaum eine Chance hat.
35:59Also hat man versucht, Geländevorteile zu nutzen, wie eben diese Position auf dem Hausberg bei Frankenhausen und durch eine Wagenburg sich nochmal besonderen Schutz zu verschaffen.
36:09Doch wie lange können die Barrikaden aus Heuwagen einem Ansturm standhalten?
36:16Gegen Fußtruppen, Reiterei, Kanonen und andere Feuerwaffen?
36:20Was auch immer geschieht, die Wagenburg ist umzingelt. Es gibt kein Entrinnen.
36:36Es ist Mittag, als der Bote der Bauern aus dem Lager der Fürsten zurückkehrt.
36:41Wird der mächtige Feind einer friedlichen Lösung zustimmen?
36:47Ruhe! Ruhe! Ruhe!
36:50Und? Die Antwort der Fürsten lautet, liefert den falschen Propheten Thomas Münzer aus.
36:56Dann wollen sie Gnade vor Recht ergehen lassen.
36:59Mehr haben sie nicht gesagt.
37:01Das Angebot der Fürsten droht die Aufständischen zu spalten.
37:04Wollt ihr mich den Fürsten ausliefern?
37:15Wollt ihr wirklich eure Sache kampflos aufgeben?
37:19Auf Gerechtigkeit warten bis zum St. Nimmerleins Tag?
37:24Dann liefert mich aus!
37:26Niemals!
37:29Wir halten zusammen bis in den Tod!
37:31Seht doch!
37:32Da!
37:33Ein Zeichen Gottes!
37:35Ein Zeichen unseres Bundes!
37:36Ja!
37:45Die Himmelserscheinung verdrängt für einen Moment die Zweifel.
37:49Gibt neuen Mut.
37:50Doch dann sprechen die Waffen.
37:55Feuer!
38:10Attacke!
38:11Martin Luther, der den Fürsten empfohlen hatte, die mörderischen, räuberischen Rotten der Bauern zu vernichten, gesteht später ein.
38:34Ich habe im Aufruhr alle Bauern erschlagen, denn ich habe geheißen, sie totzuschlagen.
38:41All ihr Blut ist auf meinem Hals.
38:51Nicht nur in Frankenhausen, sondern auch auf den Schlachtfeldern bei Böblingen, Zabern und Leibheim mündet der Aufstand in ein Blutbad.
39:00Am Ende verlieren über 100.000 Bauern in ganz Deutschland ihr Leben.
39:08Noch heute finden sie Spuren des Grauens.
39:11Bei Leibheim haben Archäologen ein Massengrab aus dem Bauernkrieg entdeckt, mit den sterblichen Überresten von 26 Menschen.
39:19Die meisten Opfer wurden im Kampf regelrecht abgeschlachtet oder auf der Flucht erschlagen.
39:27Das Ende eines ungleichen Kampfes.
39:29Die Möglichkeiten einer politischen Gestaltung, die sich etwa im Falle eines erfolgreichen Bauernkrieges ergeben hätten,
39:42wären sicher in die Richtung gegangen, so etwas wie eine kommunalistische, gemeinschaftliche Grundstruktur aufzubauen.
39:50Möglicherweise, jedenfalls ist das in einigen Verfassungsentwürfen der Zeit vorgesehen, mit entsprechenden Wahlprozeduren.
39:59Und insofern könnte man sagen, hier deuten sich demokratische Ideen an,
40:05die natürlich durch die Niederlage gegen die Fürstenheere keinerlei Zukunft mehr hatten.
40:12In Frankenhausen erinnert das Panorama-Gemälde von Werner Tübke an Thomas Münzer und den Bauernkrieg.
40:22In Auftrag gegeben wurde es noch zu DDR-Zeiten.
40:27Das Monumentalbild sollte den Freiheitskampf der Bauern auch zum Klassenkampf erheben.
40:35Sagt der Wiedervereinigung, erinnert es allein an die Erste Deutsche Revolution.
40:39An Thomas Münzer scheiden sich nach wie vor die Geister.
40:45War er ein Mordprophet, wie Luther meinte? Oder ein Märtyrer für die Freiheit?
40:52Er war nur Theologe und wollte nichts anderes sein.
40:56Er war Prediger, der eine Botschaft zu verkünden hatte.
41:00Und die Konsequenzen seiner Botschaft waren teilweise erheblich politisch.
41:05Das insofern war er kein unpolitischer Mann. Er wusste ja, dass das Folgen hat.
41:12Zwei Wochen nach der Schlacht wird Münzer in Mühlhausen zur Hinrichtung geführt.
41:17Gezeichnet von der Folter, die ihn dazu bringen sollte, seine Lehren zu widerrufen.
41:31Doch auch im Angesicht des Todes bewahrt er seine Haltung.
41:35Er nannte sich einen willigen Boten Gottes, einen Knecht des Herrn, der für die Wahrheit in der Welt kämpft.
41:55Seinem Traum für göttliche Gerechtigkeit auf Erden opferte er sein Leben.
42:05Und das von vielen tausend Bauern.
42:10Gott sei meiner Seele gnädig.
42:15Er stirbt am 27. Mai 1525, mit 36 Jahren.
42:35Für die einen ist er ein Eiferer, der die Menschen, die an ihn glaubten, ins Verderben führte.
42:41Für die anderen der erste deutsche Freiheitsheld.
42:45Der Traum von Freiheit und Gleichheit sollte in Deutschland erst Jahrhunderte später in Erfüllung gehen.
42:57Der Traum von Freiheit und Gleichheit.
42:58Untertitelung des ZDF, 2020
43:28Untertitelung des ZDF, 2020

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