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Portugal verliert seine gut ausgebildeten jungen Leute, die lieber ins Ausland ziehen, um dort zu arbeiten. Jetzt versucht die Regierung, mit Steuergeschenken gegenzusteuern. Wird das gelingen?

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Transkript
00:00Dieser Blick. Hunderte Touristen genießen ihn täglich in Lissabon.
00:06Alles ist so schön, doch für viele Portugiesen nicht mehr erschwinglich.
00:11Wir treffen Rita Branco vor dem größten Krankenhaus des Landes.
00:15Sie verteilt Flyer ihrer Gewerkschaft und versucht Mitstreiter zu finden für den Kampf, damit es endlich besser wird.
00:21Die Lebenshaltungskosten, alles Wesentliche wird teurer, nur die Löhne steigen nicht.
00:26Ein paar hundert Kilometer weiter nördlich sieht es nach heiler Welt aus.
00:30Carolina Acevedo und ihre Mutter machen gerade das Mittagessen.
00:35Die junge Frau überbrückt die Monate zwischen Studienende und dem Beginn ihrer Arbeit.
00:41Medizin hat sie in Coimbra studiert. Doch jetzt?
00:46Das Grundgehalt für das erste Jahr beträgt 1700 Euro brutto.
00:55Ich werde ein Jahr lang in Portugal arbeiten, damit ich Geld zur Seite legen und Deutsch lernen kann.
01:02In den großen Städten müsste ich rund 800 oder 900 Euro Miete zahlen.
01:09Ein Jahr Arbeit im eigenen Land und dann nichts wie weg, denn es ist nicht nur das Einkommen, das sie enttäuscht.
01:16Carolina Acevedo hat während des Studiums Praktika gemacht.
01:20Sie hat gesehen, wie andere Länder funktionieren. Sie will jetzt Deutsch lernen, um sich dann in der Schweiz zu bewerben.
01:27Mein Bruder arbeitet dort. So bekomme ich die Informationen aus erster Hand.
01:32Das beruhigt mich. Ich weiß, dass ich keiner Illusion hinterherlaufe.
01:38Für die Familie sind Carolinas Pläne ein herber Schlag. Von drei Kindern arbeiten dann bald zwei im Ausland.
01:47Wir haben uns bemüht, ihnen die Chance zu geben, näher bei uns zu sein. Aber das ist in diesem Land nicht möglich.
01:53Und so versuchen sie, ihr Leben so gut wie möglich zu meistern.
01:58Auf Werbetafeln der Parteien stehen die Probleme des Landes. Zu wenig Notaufnahmen, Wohnungsnot und eben die Flucht der gut Ausgebildeten.
02:08Die portugiesische Regierung weiß, dass zu viele junge Menschen das Land verlassen und will ihnen deshalb Steuern erlassen.
02:15Seit etwa zehn Jahren entwickelt sich ein grundlegendes demografisches Problem.
02:20Dazu haben wir ein Problem mit der Wettbewerbsfähigkeit, der Produktivität und niedrigeren Löhnen im Vergleich zu den Nachbarländern.
02:27Diese Steuererleichterung könnte bis zu 400.000 junge Menschen erreichen.
02:33Der Ökonom José Alberto Ferreira zählt zum Zielpublikum. Er selbst arbeitet in Italien. Aber wegen weniger Steuern zurückkommen? Nein.
02:44Es geht nicht nur um die Gehälter, sondern auch darum, dass die Beschäftigungs- und Karrieremöglichkeiten in Portugal nicht so zahlreich und qualitativ hochwertig sind wie in anderen Zentren.
02:55Dabei gilt gerade Lissabon als Start-up-Mecca.
02:58Internationale Projekte wie das Biotech-Unternehmen Micro Harvest haben neben Hamburg auch eine Dépendance am Tejo-Fluss.
03:08Ich denke, dass wir mit unserer Präsenz in Lissabon zeigen wollen, dass es möglich ist, hier in der Industrie zu arbeiten, dass es möglich ist, hier in der Innovation zu arbeiten und dass es hier Chancen gibt.
03:23Portugal fehlt es an mittleren und großen Unternehmen, einerseits. Und andererseits hat sich die Steuerlast so sehr erhöht, dass auch die motivierte Unternehmerin zugibt, dass es auf die Dauer schwer ist.
03:35Portugal bildet seine jungen Leute gut aus, scheitert jedoch daran, ihnen Wohnraum anzubieten, obwohl er vorhanden ist.
03:42Zigtausend Wohnungen und Gebäude wie dieses sollen landesweit leer stehen. Ein Grund mehr auszuwandern.
03:48Thiago, 27, arbeitet bei einer Unternehmensberatung. Wir treffen ihn in einem angesagten Viertel Lissabons.
03:58Das beeindruckt ihn jedoch wenig. Er will in den kommenden Monaten nach Dänemark ziehen.
04:03Ich habe gemerkt, dass es dort ein sehr klares und präsentes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Familie gibt. Ich spreche nicht nur von Gehältern, ich spreche von Höflichkeit, ich spreche von der Qualität der öffentlichen Dienstleistungen, des öffentlichen Verkehrs zum Beispiel.
04:23Es geht um berufliche Perspektiven und Work-Life-Balance. Genau das bestätigen uns auch vier portugiesische Ingenieure. Sie arbeiten in Schweden und sind dort glücklich.
04:36Das war sicherlich einer der wichtigsten Faktoren für uns, hierher zu ziehen. Das Gleichgewicht zwischen Berufs- und Privatleben ist etwas, das wirklich gut ist und das wir sehr schätzen. Und das ist ganz anders als in Portugal.
04:51Portugal zieht Millionen Touristen an und verprellt die eigenen jungen Leute. Steuersenkungen allein reichen nicht.

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