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In dieser Ausgabe unserer Talkshow aus Brüssel befassen sich die Teilnehmer mit der politischen Lage in Frankreich, der Ukraine-Diplomatie und der Zukunft des Mercosur-Handelsabkommens.

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Transkript
00:00Hallo und willkommen zu Brüssel, meine Liebe, unserer wöchentlichen Talkshow aus dem Herzen
00:17Europas. Ich bin Stefan Grobe, seien Sie herzlich gegrüßt. Unsere Themen. Noch ist er nicht im
00:24Weißen Haus, aber schon auf der großen Bühne. Donald Trump. In Paris war er, wie Volodymyr
00:29Zelensky, unter den Ehrengästen bei der Neueröffnung von Notre Dame. Ein etwas gezwungenes
00:35Lächeln, heikle Diplomatie und draußen eine Welt, wie sie unsicherer nicht sein könnte. Ukraine,
00:42Syrien und Trump ante portas. Wird 2025 ein frohes neues Jahr für uns in Europa? Und alle Augen auf
00:52Emmanuel Macron. Der französische Präsident steckt knietief in der politischen Krise,
00:57nachdem die von Michel Barnier geführte Minderheitsregierung zusammengebrochen ist.
01:02Trotz hoher Staatsschulden und einem chaotischen Haushalt sagte Macron, er werde sein Land bis zum
01:08Ende seiner Amtszeit 2027 weiterführen, auch ohne klare Mehrheit und mit Wählern, die weiter nach
01:15links und rechts tendieren. Ist Frankreich der neue kranke Mann Europas? Fragen an unsere heutigen
01:21Gäste und zwar Peter Hefele, politischer Direktor beim Wilfried-Martin-Center, Lisa Musiol,
01:28Leiterin der EU-Abteilung bei der International Crisis Group und Jürgen Dieringer, Professor
01:33für internationale Beziehungen an der Brussels School of Governance. Nochmals herzlich willkommen
01:39Ihnen allen. Bevor wir aber hier in die Diskussion einsteigen, schauen wir doch
01:44nochmal zurück auf die große Zeremonie im Herzen von Paris.
01:52Es war die Wiederbelebung einer atemberaubenden Ehrfurcht, die die Kathedrale von Notre-Dame
01:57bei den Christen des Mittelalters ausgelöst haben muss.
02:05Der richtige Rahmen für eine vorweihnachtliche Diplomatie.
02:11Mit seinem Dreiertreffen mit Donald Trump und Woldemar Zelensky signalisierte
02:15Emmanuel Macron eine der Prioritäten für 2025.
02:21Das Ende des Krieges in der Ukraine, so oder so.
02:29Für Trump war es die Rückkehr auf die Weltbühne und eine hochkarätige Anerkennung seitens der
02:34Europäer, die über die Richtung seiner zweiten Amtszeit besorgt sind.
02:37Wird er die Ukraine zu einem Frieden mit Russland zwingen? Wird er die NATO verlassen?
02:46Wird er die EU-Wirtschaft mit neuen Zöllen belasten?
02:53Die Zeremonie in Notre-Dame endete mit dem Tidäum aus dem 4. Jahrhundert,
02:57einem Lobgesang, den einige für geeignet hielten, um Europa in Trumps Gunst zu halten.
03:03Beeindruckende Bilder. War es eine gute Idee, Trump einzuladen oder war es ein Fehler, Herr Heffler?
03:11Auf jeden Fall eine sehr, sehr gute Idee, zumal ich nicht so pessimistisch bin wie
03:16viele andere Kommentatoren im Blick auf das Verhältnis zwischen Europa und den USA.
03:20Ich glaube, die großen Linien der Entwicklung, auch der Herausforderungen sind klar.
03:24Die sind nicht außer dem Antritt Trumps erkennbar. Insofern hätten wir uns,
03:28ich formuliere es mal im Konjunktiv, hätten wir uns auch besser vorbereiten können.
03:32Ich glaube, dass die Europäische Union selber einiges getan hat, im Bereich der Verteidigung,
03:37auch mit dem neuen Kommissar. Es ist klar, dass wir deutlich mehr in die Verteidigung investieren
03:42müssen, und zwar jenseits auch der 2 Prozent, die da so immer im Raum stehen, weil das ist auch eine
03:47Nummer, die ein bisschen die Illusion gibt, es würde ausreichen.
03:50Da kommen wir dann gleich noch in Notre-Dame. Es ist ja immer so, wenn man Trump einlädt,
03:56die Gefahr besteht, dass er einem die Schau stiehlt. Und wir haben also hier das große
04:00europäische Erbe, Notre-Dame, einer der Stars der europäischen Kultur. Und plötzlich ist Trump da,
04:05und das Ganze wird da so ein bisschen verwischt. Was war also Ihr Gedanke dabei, Frau Bissol?
04:10Ja, also ich glaube schon, dass es interessant ist, dass Macron es oft schafft, gerade in den
04:15Momenten, wo innenpolitisch ziemlich viel Chaos herrscht, sich dann auf die Außenpolitik zu
04:21konzentrieren und sich als Staatsmann wirklich hinzustellen. Und ich glaube, dass es hier eine
04:27große Gelegenheit war. Und Trump einzuladen für ihn natürlich dann auch gerade im Hinblick auf das
04:32nächste Jahr besonders wichtig war. Und ja, man kann sagen, dass es sozusagen eine Art
04:40diplomatisches Speed-Dating war in Notre-Dame mit allen Leuten, die da sind. Aber ich glaube,
04:45dass schon gerade diese Möglichkeiten des Austauschs auch auf informelle Art jetzt
04:51gerade jetzt besonders wichtig sind.
04:53Dieringer, Trump ist noch nicht im Amt. Wir sagen immer, es gibt nur einen Präsidenten in den USA.
04:59Die First Lady war da, die saßen auch nebeneinander. Das ist ja so ein bisschen merkwürdig. Wie sehen
05:07Sie das? Hat Macron sich jetzt so als der Hauptgesprächspartner für Trump in Europa positioniert?
05:15Ich würde es so sehen. Für Trump ist es natürlich wichtig, die Verbündeten nicht komplett zu
05:21verkraulen, weil seine politische Agenda konfrontativ ist. Das Verhältnis mit den
05:28Europäern in der Gesamtheit wird sicherlich schwierig werden, vor allem im Bereich der
05:32Verteidigung, im Bereich des Handels. Und wenn man anschaut, wie sich die Koalitionen in Europa
05:41verschoben haben, dann ist es eben nicht mehr unbedingt die deutsch-französische Achse,
05:46die wichtig ist oder die zumindest alles dominiert. Und für ihn ist Frankreich sicherlich der
05:52verlässlichste Partner, weil Frankreich eine gewisse außenpolitische Kompetenz hat,
05:57die Deutschland sich konsequent weigert wirklich auszubauen. Und ich denke, dass Trump auch sehr
06:04stark nach Polen schauen wird, nach Osteuropa schauen wird, weil dort die eigentlichen
06:10Sicherheitsprobleme in Europa liegen. Und dort auch die nächste Ratspräsidentschaft.
06:14So ist es. Was ist mit Frau von der Leyen? Frau von der Leyen ist natürlich in der
06:18Europäischen Union eine wichtige Ansprechpartnerin, aber die Schritte, die die Europäische Union
06:26unternommen hat, um eine Verteidigungsdimension auszubilden, sind wichtig und gut. Aber
06:35letztlich ist die militärische Komponente eben sehr entscheidend. Und die militärische
06:40Komponente, die ist eben immer noch sehr stark bei den Ländern angesiedelt. Und solange Deutschland
06:46auf Frankreich nicht eingeht, wenn eine europäische Armee etwa gefordert wird,
06:51wird sich das wahrscheinlich so schnell auch nicht ändern. Also die Wiener Tageszeitung
06:54Die Presse hat geschrieben, für Trump ist Macron jetzt der unpopuläre Präsident eines
07:00unregierbaren Landes auf einem schwachen Kontinent. Ist das so? Die Zusammenfassung
07:05dessen, was wir da gesehen haben? Den letzten Punkt würde ich nicht teilen. Es ist kein
07:08schwacher Kontinent. Wir haben enorme Ressourcen. Und Sie hatten es kurz angedeutet. Die Frage ist,
07:14wie bringen wir diese Ressourcen ein? Auch in Ergänzung zu den Kapazitäten der NATO zum
07:18Beispiel. Ich glaube, dass wir schlichtweg liefern müssen. Das ist das, was Trump und
07:22die Amerikaner und zwar parteiübergreifend am meisten interessiert. Dann haben wir auch
07:26einen Hebel in der Hand, auch auf den anderen Feldern des Handels zu ganz anderen Konditionen
07:31zu kommen. Insofern liegt es zum großen Teil an uns. Und deswegen bin ich nicht so pessimistisch,
07:35wie viele Kommentare. Das ist ein gutes Stichwort. Denn Trumps Wahlsieg hat überall sonst in Europa,
07:42vor allem aber natürlich in der Ukraine Sorgen ausgelöst. Eine davon betrifft die Zukunft der
07:47USA in der westlichen Allianz. In einem Interview diese Woche nahm Trump, was die NATO-Mitgliedschaft
07:53angeht, kein Blatt vor den Mund. Er sagte, und ich zitiere, ich konnte hunderte Milliarden Dollar
07:59für die NATO erzwingen, nur durch eine harte Haltung. Wenn die Mitglieder ihre Rechnungen
08:03bezahlen, bleibe ich. Und zur Ukraine sollten sie mit weniger Hilfe rechnen. Sicher. Ja,
08:10deutliche Ansage. Wird er das tatsächlich machen? Ja, ich bin überzeugt davon, dass er seinen Worten
08:16Taten folgen lässt. Es hat schon einigermaßen funktioniert mit der NATO in der letzten
08:21Periode. Seither wird diskutiert über zwei Prozent. Jetzt wird diskutiert über drei Prozent.
08:26Also ich denke, dass hier sehr viele Veränderungen auch erforderlich sind. Und die werden sicherlich
08:34auch angeschoben in nächster Zeit. Also in dieser Beziehung hat er wirklich etwas verändert. Wir
08:40haben als Europäer doch sehr stark davon profitiert. Dann müssten ja bei drei Prozent müssten ja
08:46Länder wie Deutschland, Belgien bei 1,2 und so sich also noch gewaltig anstrengen. Wie sehen
08:53Sie das? Ja, also ich würde sagen, wir hatten gerade ja schon Polen erwähnt. Was interessant
08:57ist natürlich, dass Polen, wenn es um Verteidigungsausgaben geht, ganz besonders
09:01weit vorne ist. Ich glaube, dieses Jahr bei 4,2 Prozent, nächstes Jahr bei 4,7 ist, glaube ich,
09:07der Plan. Und gerade das ist, was für Trump besonders wichtig ist, da er eben die Europäer
09:15oft als Freerider betrachtet. Und da Polen jetzt die Präsidentschaft, Ratspräsidentschaft im
09:21Januar hat, ist, glaube ich, da Polen dann auch ein wichtiger, glaubwürdiger Ansprechpartner für die
09:27USA. Und in dem Sinne kann vielleicht auch die Beziehung weiter voranbringen. Mehr als vielleicht
09:34andere Länder, die eben sozusagen weniger. Es ist natürlich so, dass Trump nicht so nach gut
09:40dünken die NATO verlassen kann. Es gibt ja ganz klare und aus der letzten Legislaturperiode ein
09:45Gesetz, das sagt also die Zweidrittelmehrheit im Senat. Biden hat dieses Gesetz unterzeichnet,
09:512023. Aber es gibt wie immer Möglichkeiten, das doch wahrzumachen und einfach passiv sich
10:00zurückzuziehen aus der NATO. Ist diese Gefahr wirklich gegeben? Kann ja im Angesicht von
10:05Russland, China, Nordkorea auf der einen Seite plötzlich sagen, wir ziehen uns da jetzt zurück.
10:10Ist das im amerikanischen Interesse? Zum einen glaube ich, dass es nach wie vor eine Mehrheit
10:14in den beiden Häusern gibt. Also der politische Wille ist auch parteiübergreifend. Ich glaube,
10:18was wir als Europäer stark in den Vordergründen haben, ist dieser eurasische Kontinent. Das heißt,
10:22wir können das eine Theater im Westpazifik nicht von dem trennen, was in Europa passiert. Ich glaube,
10:27das ist ein starkes Argument für die Amerikaner, auch eben das als Einheit zu sehen und strategisch
10:32entsprechend zu reagieren. Ein kritischer Faktor wird sein, wenn wir eine Art von Waffenstöscher
10:37oder Friede erreichen werden. Wer sichert dieses Zustand? Und da muss ich sagen, werden wir die
10:43europäischen Boots on the ground haben, die europäischen Schiefel. Da werden keine amerikanischen
10:47Soldaten jedenfalls nicht sichtbar da sein. Das ist eine Aufgabe, die Europa übernehmen muss.
10:51Und das ist eine heikle innenpolitische Diskussion, die wir dann führen werden.
10:54Sind Sie denn hier am Tisch der Meinung, dass die Ukraine den Krieg gewinnen kann,
10:58ohne die Unterstützung der USA? Ausgeschlossen, ausgeschlossen. Nein, nein, nein. Aber ich
11:05wollte noch mal ganz kurz zur NATO nochmal zurückkommen, weil ich glaube, es sind die
11:09wenigsten, die glauben, dass Trump aus der NATO austreten will. Das, glaube ich, erwartet
11:13niemand. Aber die Schwierigkeit ist, glaube ich, die Glaubwürdigkeit gerade aufrechtzuerhalten
11:18der NATO, wenn man nicht weiß, wie würde Trump reagieren? Ja, im Falle eines Angriffs etc. Ich
11:25glaube, die NATO beruht eben auch auf dieser wichtigen Glaubwürdigkeit. Und da ist eben die
11:31Unvorhersehbarkeit von Trump eine, in dem Sinne, Liability, würde ich sagen. Wenn ich nochmal auf
11:39das europäische Moment reinbringe, durch die Annennung auch von Herrn Kubilius oder Callas oder
11:44auch die starken Engagementen nicht nur des Baltikums, auch der nordischen Staaten. Ich glaube,
11:47haben wir schon auch gezeigt, wo die Prioritäten sitzen. Und das ist auch eine erhöhte Glaubwürdigkeit,
11:53die wir vielleicht bei einigen west- und südwesteuropäischen Staaten nicht so haben.
11:56Ja, Callas hat gesagt, Freedom is not for free, also die Freiheit kostet. Sind wir bereit, dem
12:02zu folgen in Europa? Wir werden keine andere Wahl haben. Das Problem ist grundsätzlich,
12:07dass Amerika überdehnt ist. Amerika war die globale Macht. Nun steht Amerika einem Herausforderer
12:14gegenüber, der schnell wächst und militärische Kapazitäten aufbaut, sehr schnell. China. Und das
12:22abzufedern, einzudämmen, wird sehr schwer werden. Deshalb kann sich die USA auch keine anderen
12:29Konflikte irgendwo leisten. Und die Idee ist eben hier schon die Aufgabenteilung. Ihr schaut,
12:34dass Europa sicher ist und safe ist. Und wir werden von euch sowieso auch noch einen Beitrag
12:39erwarten, um China einzuhägen. Das bedeutet, wir werden auch damit rechnen müssen, dass wir
12:45Kapazitäten brauchen im südchinesischen Meer. Und das ist nicht nur eine Fregatte durch die
12:50Straits zu schicken, sondern ein wirklich glaubwürdiges Abschreckungspotenzial gegenüber
12:57dem Taiwan-Konflikt aufzubauen. Und das Gleiche müssten wir natürlich mit Russland machen. Es
13:03reicht ja, wenn Trump sagt, ich werde euch nicht verteidigen im Ernstfall, ob er in der NATO ist
13:09oder nicht. Und wir haben schon ein sehr starkes Problem. Nochmal auf Macron zurück. Welche Rolle
13:15spielt er in der Ukraine-Diplomatie und kann er Trump beeinflussen? Also ich glaube ja,
13:23wir haben nämlich noch gar nicht Giorgia Meloni erwähnt, die italienische Premierministerin,
13:30auf die glaube ich die Europäer viel mehr setzen, viele, als auf Macron im Moment. Und ich glaube,
13:39viele erhoffen sich, dass gerade Giorgia Meloni, die eben enge Verbindung zu Trump hat, aber auch
13:45zu seinen Beratern, zu Elon Musk, dass die möglicherweise so eine Art Türöffner sein
13:50kann für die EU, ein Trump-Whisperer sozusagen. Aber ich glaube, dass sich die EU darauf auch
13:56nicht zu sehr verlassen kann. Sie ist ja auch eher pro-Ukraine als pro-Moskau, wie andere
14:01Rechtsstaaten. Ja, sie hat sich im europäischen Kontext auch wirklich versucht, sehr konstruktiv
14:06zu geben und gerade auch, was die Ukraine angeht. Aber man sollte auch nicht unterschätzen, dass
14:10sie gerade wahrscheinlich in Gesprächen mit Trump nicht das Wohl der EU und die Stärke der EU
14:17natürlich im Vordergrund steht für sie. Weil klar ist, dass die große Integration der EU,
14:25die immer weitere Integration, nicht unbedingt eines ihrer Hauptziele ist. Wir haben natürlich
14:29einen Bereich noch, wie du gesprochen hast, der mediterrane Bereich, der extreme Ressourcen
14:34erfordern wird. Wir sehen das Verhalten der USA jetzt im Konflikt oder in mehreren Konflikten.
14:39Sie agieren eher im Hintergrund. Europa ist leider an der Seitenlinie. Das würden wir auch so nicht
14:44durchhalten werden, wenn wir überzeugend eine Lösung im Gaza-Konflikt oder auch in Zukunft
14:48Syriens haben werden. Von den alten Konflikten, Anführungszeichen, in Libyen und so weiter,
14:52will ich gar nicht sprechen und in den Stabilitäten in Nordafrika. Trump hat ja schon gesagt, er will
14:56mit Syrien nichts zu tun haben. Diese Woche, ich komme gleich zurück, hat sich auch das
15:02Europäische Parlament, der Auswärtige Ausschuss getroffen, um über Trumps Pläne zu diskutieren,
15:08den Krieg in der Ukraine sozusagen über Nacht zu beenden. Wir haben den litauischen Abgeordneten
15:13Petras Austrevitius gefragt, was er von den Plänen hält, Russland quasi über Nacht auf Frieden
15:19einzuschwören. Das hat er gesagt. Wünsch mal hin. Um dieses delikate Thema der russischen
15:30Föderation anzugehen, braucht es Zeit, Stärke und Weisheit. Ich würde jeder Forschung entgegentreten,
15:37dieser Krieg könnte binnen eines Tages durch ein simples Treffen beendet werden.
15:49Dieser Konflikt könnte ewig dauern und dadurch nur gefährlicher werden. Er könnte sich sogar
15:54auf andere Regionen ausdehnen. Deshalb ist es wichtig, dass nichts ohne die ukrainische
15:59Zustimmung entschieden wird.
16:04Herr Dieringer, Ihr Kommentar dazu.
16:06Ja, also es hängt in Russland schlicht und einfach von Putin ab, was er möchte. Russland ist ein Staat,
16:13der nicht plural oder pluralistisch aufgebaut ist. Es kommt tatsächlich darauf an, was die Führung will
16:18und die Führung ist Putin alleine. Er wird sich seine Ressourcen anschauen. Er wird anschauen, wie viel mehr
16:24Land er noch gewinnen kann. Was die Kosten sind für eine Aufrechterhaltung des Krieges, wenn er zum Schluss
16:31kommt, dass er ihn nicht ganz gewinnen kann, wird er sicherlich gesprächsbereit sein. Er wird vor allem
16:37nach innen verkaufen müssen, dass er gewonnen hat. Das bedeutet, er wird sagen, wir haben mehr Gebiete,
16:44als wir eigentlich beansprucht haben und wird sich damit auch innenpolitisch stabilisieren können.
16:49Das ist sein Interesse. Ob damit der Krieg beendet wird, er wird eingefroren werden. Wir werden vielleicht
16:55zwei Jahrzehnte Ruhe haben. Vielleicht gibt es dann Putin nicht mehr. Aber wir haben eben prinzipiell
17:00im gesamten russischen Sicherheitsdiskurs das Bestreben, was sie als nahes Ausland bezeichnen,
17:10die Gebiete, die früher zur Sowjetunion gehört haben, sich wieder einzuverleiben. Das bedeutet, dass
17:17strategisch sicherlich mit dem Ende des Ukraine-Konfliktes nicht die russische Ambition zu Ende ist.
17:24Wir reden immer über Friedensverhandlungen, die ja noch in weiter Ferne sind offenbar, immer so aus der
17:31ukrainischen Perspektive. Aber ist das Argument sinnvoll, zu sagen, auch Russland, angesichts von
17:39200.000 bis 300.000 Toten Soldaten, niemand weiß die genaue Zahl, ist das nicht auch ein Anreiz für Russland,
17:47aus der Nummer wieder rauszukommen?
17:49Ja, ich glaube, das ist die wichtigste Frage, die sich viele stellen. Wie groß ist das Interesse Russlands,
17:58tatsächlich den Krieg zu beenden? Ich glaube, das ist auch oft die Frage, wenn Trump versucht zu sagen,
18:03er kann den Krieg in einem Tag beenden, er kann beide Seiten zu einem Deal auf irgendeine Art zwingen.
18:10Welche Macht hat er in dem Sinne über Putin, dass er ihn überhaupt zu einem Verhandlungstisch bringen kann?
18:19Das ist eine große Frage. Ich glaube, Trump wird die Realität sehr schnell kennenlernen.
18:31Wir müssen uns auch den Charakter des Krieges anschauen. Wir reden nicht über den unmittelbaren militärischen
18:36Konflikt. Das ist ein Konflikt, der viel grundsätzlicher ist, der auch in unseren Gesellschaften letztendlich
18:40geführt wird. Insofern endet er nicht. Er wird sich verlagern. Da bin ich in Sorge, was die Ukraine selber angeht,
18:46denn diese Diskussionen, die dann innenpolitisch auch in der Ukraine auftreten werden, werden natürlich
18:50auch von Moskau sehr gezielt ausgenutzt werden zur weiteren Stabilisierung. Das können wir heute schon
18:55vorhersehen. Wir müssen natürlich auch sehen, dass Trump will den Krieg in einem Tag beenden, aber Putin
19:00wollte ihn in drei Tagen gewinnen. Das hat nicht geklappt. Es war die Fortsetzung von den Kriegen,
19:07die er schon vorher geführt hat, in Georgien und auf anderen Schauplätzen. Es gibt immer dieses Austesten.
19:14Schauen wir mal, wie weit der Westen geht. Es gibt ein paar leichte Sanktionen, die werden nach zehn Jahren
19:19wieder abgeschafft. Das betrifft uns nicht wirklich. Und hier hat er sich verkalkuliert. Der Krieg hat eben in
19:25der russischen Wirtschaft doch tiefe Spuren hinterlassen. Wir kennen die Zahlen nicht genau. Ich habe viele
19:30Statistiken angeschaut. Ich traue keiner einzigen davon. Ich glaube nicht, dass die Zahlen korrekt sind.
19:36Dieser Krieg hat eine große Wirkung auf die russische Gesellschaft. Und wenn er die Gesellschaft stabilisieren
19:42möchte, mal abgesehen nur von Brain Drain, dass die intelligentesten Russen auswandern, aber wenn er es
19:47stabilisieren möchte, dann muss er entweder einen Erfolg vorweisen oder die Reißleine ziehen. Ich glaube nicht,
19:54dass er das jahrelang weiterführen kann. Und hier kommt auch das Glaubwürdigkeitsproblem. Nicht Problem.
20:00Der Westen hat eigentlich stärker und mehr vereint reagiert, als man eigentlich befürchtet hätte am Anfang.
20:09Aber es ist wichtig im Umgang mit solchen Diktatoren, dass man ganz konsequent sagt, was passiert.
20:16Tit for Tat. Du machst das, ich mache dieses. Und ich glaube, wir sollten ganz explizit sagen, was passiert, wenn
20:24Russland nicht bereit ist, an dem Verhandlungstisch zu sitzen. Und Raketen mit längerer Reichweite sind da nur
20:32ein Punkt. Wir haben jetzt chinesische Drohnen, wir haben nordkoreanische Soldaten, wir haben Huthi-Soldaten.
20:40Also es ist offenbar Putins letztes Aufgebot. Ändert das das Kalkül bei Trump, der ungerne verliert oder als Loser
20:51oder Feigling dargestellt werden will, wenn er so plötzlich vor dieser Front sozusagen den Kotau macht?
21:00Ich glaube, vor allem für Europäer ist es jetzt gerade wichtig, oder was viele Europäer versuchen, ist gerade Trump
21:07davon zu überzeugen, dass jeder Deal, in dem die Ukraine als Schwächer hervorgeht oder zumindest als Verlierer
21:15in dem Sinne hervorgeht, auch eine Niederlage für die USA ist. Und dass sich andere Mächte, gerade auch China
21:22und möglicherweise Nordkorea, Iran, das genau anschauen werden. Und das Signal, das gesendet wird, ist eben eine
21:31Schwäche von Amerika. Und ich glaube, das ist sozusagen dieses Argument, auf das die Europäer vor allem auch setzen,
21:36wenn sie diese Zeit mit Trump haben.
21:39Okay, gut. Danke für diese erste Runde. Wir machen jetzt eine kleine Pause und danach Weihnachtszeit, Chaoszeit.
21:46Das politische Frankreich ist orientierungslos. Bleiben Sie bei uns.
21:59Willkommen zurück zu Brüssel, meine Liebe. Unsere Gäste sind immer noch Peter Hefele, Jürgen Diebinger und Lisa Musiol.
22:06Während sich die Bürger in Frankreich auf Weihnachten vorbereiten, läuft die politische Klasse amok.
22:11Nach nur drei Monaten im Amt brach die Minderheitsregierung Barnier vorige Woche unter einem Misstrauensvotum zusammen.
22:17Im Parlament lähmen sich die drei Blöcke gegenseitig. Ohne stabile Mehrheit, ohne Haushalt und ohne Perspektive
22:25bewegt sich das Staatsschiff orientierungslos ohne baldige Aussicht auf einen rettenden Hafen.
22:31Wie geht es weiter? Unsere Paris-Korrespondentin Sofia Katsenkova hat uns dieses Lagebild geschickt.
22:39Macrons Beliebtheitswerte befinden sich im freien Fall. Für viele ist der französische Staatschef Schuld an der Misere des Landes.
22:47Laut einer aktuellen Ipsos-Umfrage sind seine Beliebtheitswerte seit September um mehr als 7 Prozentpunkte gesunken
22:53und liegen bei 23 Prozent Zustimmung. Dies ist der niedrigste Wert, der für den französischen Staatschef
22:58seit Beginn seiner zweiten Amtszeit verzeichnet wurde. Dieses angespannte politische und soziale Klima zeigt,
23:04wie tief Frankreich gespalten ist. 43 Prozent der Franzosen geben an, dass sie zu einer wütenden und zersplitternden Nation gehören.
23:11Und da noch immer kein Haushalt für das nächste Jahr in Sicht ist und es im Parlament keine klare Mehrheit gibt,
23:16sieht es so aus, als stünde Macrons letzte Amtszeit vor einem langen und mühsamen Ende.
23:22Herr Heffler, einfache Frage, ist Macron mit seinem Latein am Ende?
23:29Nein, ich halte ihn für einen durchaus fähigen Politiker und da sind auch noch mehrere strategische Überlegungen dahinter.
23:35Ein Beispiel nur, ich glaube, dass wir eine Entwicklung ganz interessanter Art auch im Zentrum der politischen Macht sehen werden.
23:43Wir sehen das bei der Diskussion in der sozialistischen Partei.
23:46Also ich kann mir gut vorstellen, dass wir über die nächsten Jahre ein neues Zentrum bilden werden,
23:51wo die gemäßigten Linken wie auch die rechten Kräfte einen stärkeren Block bilden werden, der einer Art von Stabilität beitragen wird.
23:57Diese drei Blöcke, von denen wir im Moment sprechen, die sind nicht für mich in Stein gemeißelt.
24:01Da sind die Bewegungen gerade auf der linken Seite auch zu heterogen.
24:04Das Problem liegt bei den gemäßigten rechten Parteien, was übrig geblieben ist davon und das ist ein Schlagpunkt.
24:13Jeder würde wahrscheinlich sagen, das Problem liegt da und da, je nach Perspektive.
24:17Es gibt in Frankreich ja keine Koalitionskultur. Recht sich das jetzt?
24:21Ich glaube, das Parteiensystem hat sich über die letzten Jahrzehnte vollkommen verändert.
24:28Ich glaube, dadurch ist es sehr schwer, das anzupassen.
24:32Wir sind gerade in dieser Phase der Anpassung und niemand weiß so richtig, wo es hingeht.
24:38Es ist sozusagen Unchartered Territory in dem Sinne.
24:41Ich glaube, Kommentatoren sagen wirklich, das ist die Frankreichs größte politische Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.
24:49Man darf es auch nicht zu sehr kleinreden.
24:54Es ist schon extrem wichtig, vor allem auch jetzt gerade in dieser Zeit, wo Europa starke Führungen und starke Regierungen braucht.
25:05Herr Dieringer, auch in Deutschland hat sich die Parteienlandschaft verändert.
25:09Es ist nicht nur in Frankreich, wir leben es ja derzeit überall, aber in Frankreich,
25:14wenn die Sozialisten, die Partei Mitterrands, die sich wahrscheinlich im Grabe rumdrehen würde,
25:18bei der letzten Präsidentschaftswahl auf weniger als zwei Prozent gekommen ist.
25:23Warum schaffen die es nicht, jetzt zur Mitte zu gucken und zu sagen, okay, wir helfen euch.
25:31Viel haben wir nicht zu bieten, aber wir kommen mal dazu.
25:34Ich glaube, das Problem der Linken ist geboren worden 1989, 1990.
25:40Es ist eine linke, eine extrem linke Ideologie zusammengebrochen.
25:45Selbst die sozialdemokratischen Parteien in Europa haben Mühe gehabt, ein neues Gesellschaftspolitik zu entwickeln,
25:54das attraktiv ist für die Wähler.
25:57Gleichzeitig hatten wir über Jahrzehnte hinweg neokonservative Politik,
26:02die teilweise selbst von sozialdemokratischen Ministerpräsidenten vorangetrieben worden ist.
26:08Schröders Agenda, das war ja keine klassische linke Politik, das gleiche war Blair in England.
26:14Und offensichtlich ist die gesamte Linke in Europa auf der Suche nach einem neuen Profil.
26:22Die Spaltung der Gesellschaft, die wir im Moment haben in fast allen Ländern, ist auch strukturell.
26:28Populismus kommt normalerweise auf, egal ob auf der Rechten oder auf der Linke, wenn ungelöste Probleme da sind.
26:35Und wir haben nun, das sehen wir mit den zahlreichen Krisen, viele ungelöste Probleme.
26:41Und wir haben im Prinzip eine selbstverwaltende politische Klasse, die es nicht schafft, Lösungsansätze zu bieten.
26:49Und das Problem ist in Frankreich nicht anders als in Deutschland und anderen Ländern.
26:53Nur Frankreich hat ein anderes politisches System.
26:56Das bedeutet, dass Innenpolitik und Außenpolitik relativ getrennt voneinander sind.
27:01Der Staatspräsident hat die Prärogative in der Außenpolitik.
27:05Er kann Außenpolitik machen, ohne das Parlament eigentlich.
27:08Aber im Parlament, wo die Mehrheiten nötig sind, wo man Innenpolitik macht,
27:12wo man die Probleme der Menschen adressiert, da hat er eben keine Mehrheit.
27:16Ich meine, Macron hat natürlich zu Beginn seiner Amtszeit die gemäßigte Rechte gekillt.
27:22Er hat die gemäßigte Linke gekillt.
27:24Also es liegt schon einiges an der Verantwortung bei ihm.
27:27Er selber hat kürzlich gesagt, das sei alles nicht seine Schuld.
27:32Und ich zitiere mal, manche wollen mir die Schuld geben.
27:35Ich habe aber immer meine Verantwortung übernommen.
27:38Ich werde niemals die Verantwortungslosigkeit derer übernehmen,
27:42die Frankreichs Haushalt und Regierung zu Fall bringen.
27:46Kann er mit dieser Einstellung sozusagen das Tafelsilber retten?
27:50Eine gute Frage.
27:54Also ich glaube, was man hört, die Wähler, natürlich, es wurde ja auch gerade in dem Kommentar erwähnt,
27:59kaufen ihm das einfach, glaube ich, nicht mehr ab.
28:02Also das ist schon wirklich sehr schwer.
28:04Seine Beliebtheit ist wirklich sehr, sehr weit unten.
28:06Und es ist wahrscheinlich schwer, da wieder rauszukommen.
28:09Ich glaube aber trotzdem, dass er wirklich überzeugt ist,
28:12dass er bis zum Ende seiner Amtszeit da bleiben will und einen neuen Premier stellen will
28:19und sich irgendwie sozusagen durchwurschteln.
28:21Aber wo das dann im Grunde die politischen Mächte oder die politischen Blöcke am Ende lässt
28:29und was dann natürlich auch bei den nächsten Wahlen rauskommt.
28:33Marine Le Pen ist natürlich da auch immer sozusagen sehr im Vordergrund.
28:36Ja, Hilfe sind ja eingangs relativ positive Worte für ihn.
28:40Schafft er das denn durchzuhalten bis 2027?
28:44Ich denke ja, aber ich wollte nochmal auf den Punkt, den Sie angedeutet haben,
28:47dass die Herausforderung nicht nur im linken Spektrum,
28:50auch bei gemäßig konservativen oder auch christdemokratischen Kräften,
28:53ist die Frage eines neuen Gesellschaftsmodells,
28:56das die sozialpolitischen Herausforderungen angeht, natürlich in ähnlicher Weise da.
29:00Insofern hat er schon einen Punkt gemacht, dass die Verhandlung nicht nur bei ihm liegt,
29:03sondern wir haben über viele Jahrzehnte mittlerweile unsere eigenen Hausaufgaben
29:07nicht gemacht mit einem neuen Gesellschaftsmodell
29:10und das gilt für die gesamten westlichen liberalen Gesellschaften.
29:13Okay, vielen Dank für diese zweite Runde.
29:15Das soll es für dieses Thema gewesen sein.
29:17Wir werden natürlich die Lage in Frankreich weiter eng verfolgen,
29:22natürlich auch die Situation der neuen Regierung
29:27und sehen, ob die denn eine etwas größere parlamentarische Stärke aufweisen kann.
29:33Vielen Dank erstmal an unsere Gäste hier im Studio
29:36und an unsere Zuschauer. Bleiben Sie bei euren News.
29:47Willkommen zu Brüssel, meine Liebe.
29:49Ich bin Stefan Grobe, meine Gäste sind Jürgen Dieringer,
29:52Lisa Musiol und Peter Hefele.
29:54Nach mehr als 20 jährigen Verhandlungen hat die EU vorige Woche in Montevideo
29:58das Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten unterzeichnet.
30:02Zusammen bilden die 27 EU-Mitglieder mit Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Bolivien
30:08den größten Freihandelsraum der Welt.
30:12Darin sollen Zölle fallen und Investitionen erleichtert werden.
30:16In trockenen Tüchern ist der Deal aber noch nicht.
30:19Erst müssen der Europäische Rat und das Europäische Parlament zustimmen
30:23und da könnte das Abkommen noch scheitern.
30:26Aber zunächst die Frage, ist das Mercosur-Abkommen ein Grund zur Freude, Frau Musiol?
30:33Ja, also ich glaube, es ist irgendwie sehr überraschend,
30:36dass gerade von der Leyen jetzt auch sozusagen direkt am Anfang ihrer Amtszeit
30:40sich durchgesetzt hat mit diesem Abkommen,
30:44das wirklich ja schon seit 25 Jahren oder so in Verhandlungen ist tatsächlich.
30:48Aber es gibt so viele Kräfte, die im Grunde im Moment dagegen sind
30:52auf der Seite der Linken oder der Grünen und vor allem auch der Klima- und Umweltbewegung,
30:57aber auch auf der Seite der mächtigen Bauernlobby
31:03und auch Frankreich natürlich und sowohl als auch Polen, die sich eben dagegen stellen.
31:09Beides Länder, die wir gesagt haben, sind auch wichtige Schlüsselstaaten im Moment in der EU-Politik,
31:14dass man eben sozusagen die zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin anfängt
31:20mit einem Deal, der so unpopulär ist.
31:24Und dazu noch in einem Moment, wo Frankreich natürlich auch, wie wir schon gerade besprochen haben, relativ schwach ist,
31:30ist nicht wirklich das Signal der Einheit, der europäischen Einheit und Stärke,
31:34die man eigentlich zu diesem Moment senden möchte.
31:38Also es ist schon irgendwie überraschend.
31:40Herr Hefler, ist es denn wirklich nur sozusagen der Triumph des politischen Willens?
31:44Es gibt doch auch handfeste wirtschaftliche Gründe, die dafür sprechen.
31:48Absolut, aber der politische Wille ist entscheidend.
31:51Sie haben es zu Recht beschrieben, die Phase ist eigentlich von außen bedacht nicht unbedingt die glücklichste.
31:55Es hat mich auch überrascht insofern.
31:57Aber wenn wir über ökonomische Sicherheit sprechen, über Diversifizierung,
32:01dann war das natürlich ein wichtiges Signal und auch ein wichtiges Signal gegen den Protektionismus,
32:04der natürlich überall rauskommt.
32:06Und vielleicht hat Trump indirekt auch einen Einfluss gehabt, und zwar an beiden Kontinenten,
32:11dass man schon gesehen hat, dass man jetzt diese Chance nutzen muss,
32:14dass man Alternativen auch aufbauen muss,
32:16gegenüber einem möglicherweise deutlich geschlossenen amerikanischen Wirtschaftsraum.
32:20Und die Konditionen sind ja sehr vorteilhaft.
32:22Die übertreffen die Handelsverträge mit Japan zum Beispiel und den USA.
32:27Also da ist einiges geleistet worden.
32:29Insofern bin ich sehr glücklich, offen gesagt, dass dieser Schritt, auch das Signal jetzt gesendet wurde.
32:34Herr Dieringer, sind Sie auch glücklich?
32:36Ich bin sehr glücklich und vor allem aus geostrategischen Erwägungen heraus.
32:40Die Politik mag kein Vakuum.
32:42Es gibt kein Vakuum in der Politik.
32:44Sobald ein Vakuum entsteht, wird irgendjemand reingehen.
32:47Dieses Vakuum entsteht durch den Protektionismus, den Donald Trump ankündigt.
32:53Und was Lateinamerika angeht, ist die Frage, ob die Europäer reingehen oder ob die Chinesen reingehen.
33:00Und ich denke, wir tun gut daran, hier reinzugehen und dieses Abkommen umzusetzen,
33:08weil sich für uns nicht nur wirtschaftlich große Chancen bieten, sondern auch geostrategisch,
33:14indem wir nämlich den Chinesen auch hier gewisse Grenzen aufzeigen und sagen,
33:18auch wir haben ein Interesse an dieser Region.
33:20Wir haben die kulturellen Verbindungen, wir haben die Verbindungen über die Sprachen.
33:25Wir sind prädestiniert, mit diesem Kontinent viel mehr zusammenzuarbeiten, als wir es bisher tun.
33:31Und natürlich gibt es Kritik an diesem Handelsabkommen, wie immer.
33:35Aber wären wir nicht vielleicht froh, wenn wir jetzt den Tipp hätten, wenn wir sagen,
33:39lieber Präsident Trump, so einfach können Sie da gar nicht raus, weil wir haben da eine gewisse Basis,
33:44die man nicht einfach über Bord werfen kann.
33:47Da bräuchte man große Mehrheiten in den Häusern und das haben wir verpasst,
33:52damals auf den Weg zu bekommen, auch über einen sehr populistischen Diskurs teilweise.
33:57Nochmal zurück zu den Leuten, die nicht glücklich sind.
34:00Wir haben es schon erwähnt, es sind die Bauern und es ist vor allem Polen und Frankreich,
34:03weil die eben sehr starke Agrarwirtschaft haben.
34:06Wir haben einen Bauernfunktionär gefragt, hier in Belgien am Rande der jüngsten Demonstration.
34:12Das war seine Antwort.
34:17Das EU-Mercosur-Abkommen ist sehr ungerecht für Europa.
34:20Es mag gut für den Autoverkauf sein, aber sehr schlecht für die Landwirtschaft.
34:24Und es wird den kleinen Erzeugern erneut schaden, weil es die Preise senken wird.
34:29Fachschiffe auf den Ozean zu schicken, um Dinge zu transportieren,
34:32die wir zu Hause produzieren können, für uns ist das ein Irrweg.
34:39Was du sagst, Argument hat natürlich...
34:41Das haben wir nun bei jeglicher Art von Freihandelsverträgen,
34:44seit die Idee des Freihandels eigentlich aufgekommen ist.
34:47Der Funktionär sprach das Thema Versorgung oder Food Security, Sicherheit an.
34:51Ich meine, das ist aber auch ein Beitrag, den Mercosur natürlich liefern kann,
34:55weil wir eben diversifizieren.
34:57Wir werden sowieso in den nächsten Monaten in massive Konflikte
35:00auch über die gemeinsame Agrarpolitik kommen.
35:03Das wird im Rahmen der Finanzverhandlungen nochmal neu aufkommen.
35:07Also da wird es sicherlich Kompensationsmechanismen geben,
35:10aber wir werden den Strukturwandel auch in Europa dort nicht aufhalten können.
35:14Sie reden jetzt im Futur. Wie geht es denn weiter, Frau Mosiol?
35:18Jetzt mal ganz konkret.
35:20Der Europäische Rat wird sich mit dem Thema befassen.
35:23Das kommt zur Abstimmung im Europäischen Parlament.
35:25Wie liegen denn da so die Gewichte?
35:27Es wurde ja auch erwähnt, dass es besonders wichtig auch für Auto, also Export, geht.
35:35Ich glaube, es ist schon in Europa dieses Gefühl,
35:37dass es hauptsächlich Deutschland ist, das es natürlich angetrieben hat.
35:40Ich glaube, da wird es dann eben auch diese Spannungsfelder geben,
35:43dass sich Deutschland dafür ausspricht, Frankreich dagegen.
35:47Ich glaube, da wird man dann sehen, wie sich das dann alles entwickelt.
35:50Aber gleichzeitig hat natürlich die EU auch das Risiko des möglicherweise Handelskriegs mit den USA
35:58oder Druck von den USA, wenn es um die Abkoppelung von China geht.
36:02Das heißt, diese Faktoren werden natürlich auch eine große Rolle spielen, wenn das verhandelt werden muss.
36:09Ich finde die französische Position komplett schizophren.
36:13Weil Frankreich ist ein hoch industrialisiertes Land.
36:16Die produzieren unter anderem Autos.
36:19Und die Landwirtschaft spielt ökonomisch gesehen schon lange nicht mehr die Rolle,
36:24die sie früher einmal gespielt hat.
36:26Aber die Lobby ist extrem stark.
36:28Jeder französische Präsident hat Angst vor Bauern auf den Pariser Straßen.
36:32In Brüssel kennen wir das ja auch.
36:34Also das ist eher ein übertriebener Lobby-Einfluss, der hier zu verzeichnen ist,
36:38der die französische Position grundlegend determiniert.
36:42Und sie sollten sich aus dieser Klemme eigentlich etwas befreien.
36:46Okay, gut.
36:47Sollten sich befreien, das ist ein wunderbares Schlusswort.
36:50Wir sind am Ende von Brüssel, meine Liebe, angelangt.
36:52Vielen Dank an unsere Runde hier im Studio und an unsere Zuschauer zu Hause.
36:56Wenn Sie die Unterhaltung fortsetzen möchten, egal zu welchem Thema,
36:59schreiben Sie an brüsselmeineliebe.org oder kommen Sie zu uns über die sozialen Medien.
37:06Das war es für heute.
37:07Ich bin Stefan Grobe.
37:08Ihnen eine angenehme Woche.
37:10Bis bald.
37:16Untertitel im Auftrag des ZDF für funk, 2017

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