Kripo live-Tätern auf der Spur-Der Doppelmörder von Mansfeld

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Ende Juni 2008 werden in Mansfeld zwei Leichen entdeckt. Die
Polizei stellt fest, dass die Geldkarte und das Auto der Toten
gestohlen wurden. Die Spur führt in die Schweiz, wo ein
Mansfelder festgenommen wird.

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00:00Willkommen zu Die Spur der Täter.
00:26Heute geht es um einen Kriminalfall mit gleich drei Toten. Zwei Menschen wurden hier in diesem
00:32Haus im Mansfelder Land von einem und demselben Täter ermordet. Die dritte Tat konnte ihm nie
00:37nachgewiesen werden. Die schrecklichen Verbrechen ereigneten sich hier bei uns in Mitteldeutschland,
00:43doch den Anfang nahm das Ganze in der Schweiz. Der Zuger See, etwa 30 Kilometer südlich von
00:51Zürich. Am westlichen Ufer die Kleinstadt Rotkreuz. Im Sommer 2007 erschütterte hier
00:59ein mysteriöser Kriminalfall die Idylle. Eine Frau verschwand von heute auf morgen spurlos.
01:05Maria K., damals 47 Jahre alt, Mutter eines neunjährigen Sohnes.
01:12Marias beste Freundin, Angela S., erinnert sich.
01:17Man will auch das nicht glauben, man macht sich x-Gedanken, wo könnte sie sein. Aber
01:26dass sie den Sohn allein lassen, das würde sie nie, das würde sie nie machen.
01:32Damals im Juni 2007 übernahmen der Schweizer Staatsanwalt Roland Schwöter und Ermittler
01:42Erwin Rust von der Zuger Polizei die Ermittlungen im Fall Maria K.
01:48Die Frau K., die galt als sehr pflichtbewusst, erschien immer pünktlich zur Arbeit,
01:55fehlte nie, kümmerte sich um ihren neunjährigen Sohn. Und dass die jetzt einfach Montag früh
02:01nicht zur Arbeit erscheint und auch für den getrennt lebenden Ehemann nicht mehr erreichbar
02:06ist, das war dann schon sehr speziell und merkwürdig. Wir entschieden uns daraufhin,
02:10hier dann doch genauer hinzuschauen. Die Polizei begann das private Umfeld von
02:16Maria K. zu beleuchten. Bis zuletzt hatte die alleinerziehende Mutter in diesem Lebensmittelmarkt
02:24gearbeitet. Sie hat in Coop gearbeitet an der Kasse und sie war sehr sympathische,
02:36nette Frau, wo jeder gern geredet und gesehen hat. Maria K. lebte getrennt von ihrem
02:46Ehemann mit dem neunjährigen Sohn in einer Mietwohnung im Rotkreuzer Wohngebiet mit dem
02:51Namen Schöngrund. Am 23. Juni 2007 brachte Maria K. ihr Kind übers Wochenende zum Ex-Mann.
03:02Niemand konnte damals ahnen, dass sie nie zurückkehren würde.
03:17Primär befragten wir einmal den getrennt lebenden Ehemann, wir befragten auch Leute
03:24am Arbeitsort in der Nachbarschaft, ob sie irgendwas Verdächtiges gesehen hätten oder
03:30bemerkt hätten. Was den Ermittlern fehlte, war eine heiße Spur. Erwin Rust versuchte,
03:37das Handy von Maria K. orten zu lassen. Wir haben dann auch so eine sogenannte Notsuche
03:44gemacht. Das heisst, da wird der letzte im Providersystem verfügbare Antennenstandort
03:50übermittelt und dieser ergab dann, dass das Handy von Maria K. letztmals bei einem deutschen
03:56Provider eingeloggt war. Nach dieser Information zu Maria K.'s Handy sah es für die Ermittler so aus,
04:03als führte die Spur der Vermissten quer durch die Schweiz bis nach Deutschland. Maria K. war
04:09für die Schweizer Polizei zu diesem Zeitpunkt nicht auffindbar. Die Kriminalisten erhofften
04:15sich von der Durchsuchung der Wohnung der Vermissten, Hinweise auf ihr plötzliches Verschwinden.
04:19Mit Spezialtechnik wurde nach Blutspuren gesucht und auch ein Leichensuchhund kam zum Einsatz. Ohne
04:29Ergebnis. Aber in der Wohnung fand sich ein Zettel mit dem Namen Gabor Meier, wie die Ermittler
04:38später herausfanden, ein falscher Nachname. Wir fanden einen Notizzettel mit einem Namen,
04:45den es so nicht gab, den wir keiner Person zuordnen konnten in der Schweiz und zwei
04:51Handynummern und die konnten wir dem Gabor S. zuordnen. Nachdem wir den Echtnamen,
04:58den Inhaber dieser beiden Handynummern herausgefunden hatten, eben Gabor S.,
05:03ließen wir ihn sogleich über Interpol überprüfen. Wir wollten wissen, wer ist das und fanden dann
05:10heraus, dass er vorbestraft war. Schwer vorbestraft, eben wegen Freiheitsberaubung
05:15und auch Sexualdelikten. Gabor S. wurde unter anderem 1996 in Deutschland wegen Vergewaltigung
05:24und sexueller Nötigung zu acht Jahren Haft verurteilt. Hier in der Staatsanwaltschaft
05:31Halle in Sachsen-Anhalt weiß man ganz genau, mit wem es die Schweizer Polizei im Fall Maria K. zu
05:37tun bekommen hat. Wir haben ihn in allen Verfahren jeweils psychiatrisch begutachten lassen, hat der
05:50Sachverständige festgestellt, dass bei ihm eine ganz erhebliche persönlichkeitsgebundene Bereitschaft
05:58zur Begehung von Straftaten besteht. Er hat da fast keinerlei Hemmschwelle. Das sind also
06:04Straftaten sowohl im Bereich der allgemeinen Kriminalität als auch, und das ist ja das
06:11Gravierende dann auch, die Bereitschaft zur Begehung von massivsten Gewalttaten bis hin
06:17zur Tötungszene. Gabor S., 1971 geboren, ist in dem kleinen Dorf Greifenhagen im Mannsfelder Land
06:25aufgewachsen. Hier an diesem Haus hat er noch im Erwachsenenalter gemeinsam mit seinen Eltern
06:31gewohnt. Ich habe einfach einen kleinen Überblick über sein Leben vor Augen. Ich denke, auch er war
06:41mal Muttis Liebling, auch er war mal ein kleines Kind, in den Hoffnungen gesetzt wurden, wie in
06:48jedem von uns. Und dann irgendwann haben sich die Weichen gestellt. Setzte sich 2007 die kriminelle
06:57Karriere von Gabor S. fort? Wo war der damals 36-Jährige zum Zeitpunkt des Verschwindens von
07:03Maria K.? In der Schweiz verdichteten sich damals die Indizien, dass Gabor S. eine neue
07:10Männerbekanntschaft von Maria K. war. Die inzwischen ermittelten Handy-Standorte von
07:16Gabor S. passten zu denen von Maria K. Das bedeutete, an jenem Juni-Wochenende 2007 waren
07:24beide gemeinsam unterwegs. Wir konnten einfach nachvollziehen, dass sich am Samstag zumindest
07:31beide noch in einer Kreuz aufgehalten haben und dann im Verlauf des Abends irgendwo in die
07:38Ostschweiz gefahren sind und dann gegen Mitternacht mutmaßlich die Grenze zu Deutschland passiert
07:45haben. Maria K. hatte keine Ahnung, wer ihr neuer Freund war. Sie glaubte an einen Liebesausflug und ahnte
07:52vermutlich nicht, dass dieser im Mansfelder Land enden würde. Wir fanden raus, dass am Sonntag mit
07:59der Bankkarte von Maria K. in Deutschland, in Mansfeld, Geld bezogen wurde. Das ist zugleich
08:07auch die Gegend, wo Gabor S. wohnhaft war. Es schloss sich also langsam ein Kreis. Wir informierten
08:13sofort die deutschen Kollegen über unsere Feststellungen, unsere Verdachtslage, dass die
08:19Maria K. einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen sein könnte und dass Gabor S. dringend verdächtigt
08:27wird. Zurück im Mansfelder Land stellte Gabor S. nach seiner Heimkehr aus der Schweiz seinen
08:33Wagen in einem Waldstück versteckt ab. Ob Maria K. da noch im Auto war, ist unklar. Gabor S. wurde
08:41von den deutschen Ermittlern bereits erwartet. Der Reihazu wurde nach einem Hinweis später
08:46sichergestellt. Letztendlich konnten wir ihn aufgrund eines vorliegenden Haftbefehls, der hier
08:55schon aufgrund der Tatsache, dass er zu einer gerüchtlichen Hauptverhandlung wegen Fahrerns-
09:00ohne-Fahrer-Erlaubnis nicht erschienen war, vorlag, inhaftieren und haben dann die erforderlichen
09:06Ermittlungen geführt. Ungeklärt aber blieb weiterhin eine Frage. Wo war Maria K.? Vieles
09:14deutet darauf hin, dass sie mit Gabor S. mitgefahren ist. Nur kam sie tatsächlich auch im Mansfelder
09:20Land an? In diesem Pkw wurden Gegenstände gefunden, die eindeutig der geschädigten Maria K. zuzuordnen
09:27waren. Ihre Handtasche, Ausweise, Geldkarte, weitere persönliche Gegenstände. Gabor S. wurde
09:34dann natürlich von den deutschen Kollegen sogleich zu diesem Umstand befragt und bat,
09:40ihm zu erklären, warum er im Besitz der Gegenstände war. Und damit begann eigentlich die Episode
09:47seiner diversen Versionen der Geschehnisse. Die erste Version war eigentlich die, dass er zwar
09:56bei Maria K. war in der Schweiz, er hätte sie dann verlassen, er sei zurück nach Deutschland,
10:03die Tasche sei versehentlich bei ihm gelandet. Später hat er das dann abgeändert, hätte die
10:09Tasche absichtlich mitgenommen, aber Maria K. sei zurückgeblieben in der Schweiz. Die Schweizer
10:15Ermittler wollten es genau wissen und machten sich im Juni 2007 auf den Weg nach Deutschland.
10:20Dort saß Gabor S. in Untersuchungshaft. Zuerst wollte er eigentlich gar nicht mit uns sprechen,
10:29er hat sich dann aber im Verlaufe dieser Zeit, wo wir da im Besuchsraum waren, hat er sich trotzdem
10:36irgendwie geöffnet und etwas erzählt. Aber er hat einfach gesagt, dass er nicht wisse, wo Maria K.
10:43sei. Es gab also Äusserungen im Stile von, ich weiss nicht, wo sie heute liegt oder ich habe sie
10:52nicht verbuddelt. Das brannte sich bei uns auch ins Gedächtnis rein. Er hat auch erzählt, dass er
10:58im grenznahen Raum zu Deutschland, Schweiz, Deutschland, am Rhein, am Abend auf dem Weg von
11:07der Schweiz zurück nach Deutschland spazieren ging auf einer Brücke. Das führte uns eigentlich zum
11:13Entschluss, uns den Rhein einmal etwas genauer anzuschauen. Zurück in der Schweiz. An der
11:22Rheinbrücke in Diepholzau startete die Schweizer Polizei im Herbst 2007 eine Suchaktion, gemeinsam
11:28mit Einsatztrupps des Deutschen Roten Kreuzes. Die Ermittler vermuteten, dass Gabor S. möglicherweise
11:36die Leiche von Maria K. hier an dieser Brücke im Rhein entsorgt hatte. Falls dem so war, galt es
11:44eine Spur, einen Hinweis darauf zu finden. Wir fanden mehrere Gegenstände, an denen menschliche
11:52DNA oder menschliche Partikel anhaftete. Das war ein Tauchergurt, das war ein gebrauchtes
12:00altes Begleitungsstück einer Frau. Aber wir fanden keine Leiche. Die Fundstücke wurden im Labor
12:08untersucht. Das Damenhemd konnte nicht von Maria K. stammen. Es fanden sich keine DNA-Spuren der
12:14Vermissten. Ein Rückschlag für die Schweizer Ermittler. Alles nur eine falsche Fährte von
12:20Gabor S.? Wahrscheinlich war er wirklich damals am Rhein mit seinem Auto. Ob er da nur frische Luft
12:28abschnappte, ob er sich da vielleicht an Maria K. verging, wissen wir nicht. Es ist aber anzunehmen,
12:36dass er wirklich da war, nicht ausschliessen konnte, dass man ihn sah. Entsprechend gab er uns diese
12:43Informationen, damit wir sie prüfen konnten. Und natürlich wusste er, dass wir ein negatives Ergebnis
12:52haben würden, wenn wir uns den Rhein genauer anschauen. Er wusste, dass Maria K. nicht im Rhein war.
12:58Mittlerweile war bekannt, dass sich Gabor S. seit 2004 immer wieder für längere Zeit in der Schweiz
13:06aufhielt. In Altstädten hatte er in diesem Haus eine Wohnung gemietet. Allerdings war er hier nur
13:11selten anzutreffen. Wir gehen davon aus, und er hat das auch bestätigt, dass er in der Schweiz Frauen
13:19suchte, die ihn finanziell in irgendeiner Art und Weise aushielten. Sei es, dass sie ihm Geld gaben, oder er sich Geld nahm.
13:28Seine Frauenbekanntschaften hat Gabor S. meist per SMS auf Teletext-Flirtlines gesucht. Hier
13:36kam es auch zum ersten Kontakt zu Maria K. Vermutlich glaubte sie an die große Liebe,
13:41währenddessen Gabor S. mit ihr nur sein übliches falsches Spiel begann. Zum einen wollte er die
13:49Frauen natürlich betrügen. Also er hat denen vorgegaukelt, dass er eine Beziehung will irgendwie.
13:57Und die haben ihm das auch geglaubt. Zum anderen sah er sich selbst auch als etwas Besseres. So wie
14:08ich das einschätze, waren Frauen für ihn Objekte. Wir wissen, dass er sexuelle Vorlieben befürwortete
14:18oder pflegte, die man gemeinhin wohl als pervers bezeichnen würde. Wieder nach Deutschland. Hier
14:26saß Gabor S. 2007 nach wie vor in Untersuchungshaft. Er wartete hier noch immer auf den Prozess wegen
14:34der zahlreichen Delikte aus den Vorjahren. Dann, im April 2008, wurde er vom Landgericht Halle zu
14:42zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Er wurde verurteilt unter anderem wegen mehrfachen
14:51Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Auf seinem Handy war Kinderpornografie festgestellt worden,
14:57also kinderpornografische Bilder, die auch eine Verurteilung nach sich zogen. In seinem
15:02Pkw waren mehrere scharfe Waffen gefunden worden, die Diebstahlshandlungen in der Schweiz
15:09zugeordnet werden konnten. Und im Übrigen hatte er mit der Geldkarte der Mariaka im
15:14Mansfelder Land schon mehrfach versucht, Gelderhebungen zu tätigen, die ihm auch in einigen Fällen gelungen
15:21waren, sodass er hier wegen versuchten und verendeten Computerbetruges verurteilt wurde.
15:26Allerdings, bis zum Haftantritt blieb Gabor S. auf freiem Fuß. Das Gericht ging davon aus, dass in
15:35diesem Fall keine Fluchtgefahr mehr besteht und es zu verantworten wäre, ihn auf freien Fuß zu
15:40setzen. Doch Gabor S. wollte nicht in den Knast, er wollte flüchten. Dazu brauchte er Geld. Aus
15:47seiner Jugendzeit wusste er, dass unweit seines Elternhauses eine alte Dame wohnte, allein und
15:53abgeschieden auf einer kleinen Anhöhe am Rande von Mansfeld. Gabor S. fasste einen teuflischen Plan.
16:01Am Abend des 29. Juni 2008 schlich er sich in das Haus der alten Dame und überraschte die
16:0776-jährige Anna S. im Schlaf. Er erwirkte sie mit einem Unterhemd und einem Schnürsenkel.
16:14Der zweite Teil des Plans von Gabor S. sah vor, nun einen ihm bekannten Mansfelder Arzt in das Haus der alten Dame zu locken.
16:26Er hat dann Dr. G. telefonisch herbeigerufen mit der Legende, der alten Frau ging es schlecht,
16:37er müsse geholfen werden. Der Arzt Dr. G. setzte sich in sein Auto und fuhr zum Haus der Rentnerin.
16:44Dort angekommen wurde er von Gabor S. hinterrücks überwältigt und erdrosselt.
16:51Anschließend flüchtete Gabor S. mit Geld und EC-Karten seiner Opfer und dem Auto des Arztes.
17:00Es war eine ganz konkret geplante und gezielte Tat, um in den Besitz von Bargeld zu gelangen und
17:11darüber hinaus auch ein Fluchtfahrzeug in sein Besitz zu bringen. Am nächsten Morgen meldete
17:19die Ehefrau des Arztes ihren Mann als vermisst. Die Polizei fuhr zum Ort des Hausbesuches von Dr. G.
17:26am Rande von Mansfeld, zum Haus der 76-jährigen Rentnerin Anna S.
17:37Wir sind vor Ort, leblose weibliche Person im Schlafzimmer.
17:42Wir wurden als Kriminalpolizei, als zuständiges Fachkommissariat Leben und Gesundheit davon in Kenntnis gesetzt,
17:47dass in Mansfeld eine tote Rentnerin aufgefunden wurde. Und zwar in der dortigen Waldsiedlung,
17:55einem recht abgelegenen Wohnhaus. Und so kam dann eigentlich die Anforderung unserer
18:00zuständigen Mordkommission und der weiteren Untersuchung dazu.
18:04Als die Kriminaltechniker am Tatort ankamen, gab es bereits den ersten Verdacht, dass Gabor S. mit der Tat zu tun haben könnte.
18:13Man wusste, dass er zu dieser Zeit noch auf freiem Fuß war.
18:16Als wir hier eintrafen, war der Tatort weiträumig abgesperrt durch die bereits hier eingesetzten
18:27Beamten der Schutzpolizei von Mansfeld-Südharz. Der Tatort wurde uns übergeben. Wir haben erst
18:34den unveränderten Tatort fotografiert. Schritt für Schritt arbeiteten sich die
18:38Kriminaltechniker vor. Bis zu diesem Zeitpunkt wussten sie nur von einer Leiche in dem Haus.
18:44Ich habe den Tatort als Erster betreten und habe den sogenannten Trampelpfad gesetzt. Das heißt so,
18:54dass diejenigen, die nach mir dann weiterhin Tatortarbeit durchführen, auch nur diesen Weg
19:01betreten. Ich bin dann über den Flur in das Haus hinein. Ich bin dort in das Schlafzimmer.
19:08Und habe dort die ersten Aufnahmen gefertigt. Auf dem Rückweg habe ich dann die Küchentür
19:16geöffnet. Dort lag auf dem Boden das zweite Opfer. Fingerabdrücke gab es reichlich im Haus,
19:30am Türrahmen, am Telefon, in der Küche. Die Ermittler entschieden sich einen Experten,
19:36einen sogenannten Dactyloskopen, direkt an den Tatort zu holen. Was recht ungewöhnlich war,
19:43das ist, dass man vor Ort durchgeführt hat, neben der Suche und Sicherung von Spuren auch
19:49gleichzeitig die Auswertung der Spuren. Ohne Zeitverzögerung kamen so die gesicherten
19:54Fingerabdrücke zum Sachverständigen Thomas Müller. Um eine Übereinstimmung mit dem bekannten Muster
20:01des Verdächtigen Gabor S. zu belegen, musste der Fachmann möglichst viele gleiche Merkmale finden.
20:06In diesem konkreten Fall wurden von mir acht individuelle Merkmale festgestellt,
20:13die sowohl in dem gesicherten Tatortabdruck an der Küchentür mit dem rechten Zeigefinger des
20:21Gabor S. übereinstimmen. Die Spurenlage war eindeutig und führte direkt zu Gabor S. Man
20:27vermutete, dass er mit dem geraubten Wagen des Arztes wieder auf dem Weg in die Schweiz war,
20:32denn dort fühlte er sich offenbar sicher. Aber bei der Einreise in die Schweiz werden
20:38ausländische Fahrzeuge registriert. Wir hatten ihn und sein Fluchtfahrzeug,
20:43das er sich in Deutschland beschafft hatte, zur Fahndung ausgeschrieben. Ich hatte einen
20:47Haftbefehl gegen ihn erlassen und so hatten wir ein Netz ausgelegt, in der Hoffnung,
20:52er würde hier reinlaufen. Noch am gleichen Tag erhielten wir vom Grenzwartkorps die Rückmeldung,
20:58dass das gesuchte Fahrzeug sich in der Schweiz befindet. Er hatte also die Grenze in die
21:02Schweiz übertreten. Nicht nur an der Grenze, auch am Schweizer Rastplatz wirrenlos tauchte
21:09Gabor S. mit dem geraubten Fahrzeug auf, kaufte seelenruhig ein. Zuvor beging er sogar noch einen
21:15Tankbetrug. Auf seiner Flucht beeindruckten Gabor S. Überwachungskameras offensichtlich nicht.
21:21Dann am 1. Juli 2008 Walleswil im Kanton Bern. Es war der Besuch in diesem Restaurant,
21:31der Gabor S. letztlich zum Verhängnis wurde. Zwei deutsche Gäste saßen damals zufällig mit
21:38Gabor S. am Tisch. Nachdem sie ihn erkannt hatten, verständigten sie die Polizei.
21:42Ein Spezialkommando überwältigte Gabor S. noch im Restaurant. Samuel Oberlin hat die Verhaftung
21:53damals direkt am Tisch von Gabor S. miterlebt. Er ahnte nicht, dass er einem gesuchten Doppelmörder
21:59gegenüber sass. Gabor S. wurde verhaftet wegen des Mannsfelder Doppelmordes. Die Schweizer
22:26Polizei hatte aber ebenso großes Interesse an ihm, denn nach wie vor war das Verschwinden von
22:31Maria K. ungeklärt. Und nun brachte den Ermittlern der Zufall Gabor S. vorübergehend in Schweizer
22:39Untersuchungshaft. Er war hier in Haft. Wir wussten, dass von den deutschen Behörden in
22:53Stunden ein Auslieferungsersuchen gestellt würde. Und wir wollten die Zeit nutzen,
22:59um Gabor S. erneut zur Sache Maria K. zu befragen. Er war ein Lügner, das merkte man. Aber ein guter
23:09Lügner. Er lag immer haarscharf an der Wahrheit vorbei. Haben Sie Maria K. umgebracht? Was haben
23:15Sie danach mit ihr gemacht? Wissen Sie, wo sie jetzt ist? Gabor S. wurde ausgeliefert nach
23:20Deutschland. Es wurde ihm dann der Prozess gemacht wegen dem Doppelmord. Und wir hatten
23:24keine Leiche. Stand wieder da, wo wir vorhin schon standen. Am 16. Februar 2010 wurde Gabor
23:32S. vor dem Landgericht Halle wegen zweifachen Mordes in Tateinheit mit Raub zu einer lebenslangen
23:38Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Der Fall Maria K. spielte dabei keine
23:45Rolle. Die Schweizerin wurde weiterhin vermisst. Dann, ein Jahr später, Februar 2011. Im
23:55Mansfelder Land machte ein Forstarbeiter einen grausigen Fund. Ja, es war natürlich recht
24:08erschreckend. Also man rechnet ja mit allem, aber nicht damit. Ich habe dann sofort die Säge
24:13abgestellt, meine Kollegen gerufen. Die kamen dann auch gleich, wo sie mich dann gehört hatten. Ja,
24:20und dann war man schon ziemlich entsetzt. Also es ist ja was, womit man nicht rechnet. Das
24:27Gebiet wurde weiträumig abgesperrt und Millimeter für Millimeter abgesucht. Bei der Tatortarbeit
24:33fand die Polizei immer mehr menschliche Knochen. Nachdem die Skelettreste in der sogenannten
24:41Wolfsgrube im Bereich Saurasen gefunden wurden, einem sehr abgelegenen Waldstück, drängte sich
24:49natürlich die Vermutung auf, dass es sich hierbei um die sterblichen Überreste von Maria K. handeln
24:54könnte. Dies insbesondere, weil der Kopf der Leiche in einer Tüte verpackt war, die einem
25:02Schuhgeschäft im schweizerischen Zug zuzuordnen war. Im Institut für Rechtsmedizin der Universität
25:09Halle-Wittenberg wurden die gefundenen menschlichen Überreste untersucht. Letztlich deutete alles auf
25:17Maria K. hin. Für die Identität spielen zwei Dinge eine ganz wichtige Rolle. Das sind einmal die Zähne.
25:26Da gab es in dem Fall einen Schädelfund mit Oberkiefer, wo auch Zähne vorhanden waren und
25:35ein Röntgenbild aus einer Zahnarztpraxis in der Schweiz, wo man das abgleichen konnte. Und dann
25:41kann man DNA-Analysen machen anhand der Knochen und letztlich war eine sichere Identifizierung
25:47dieser Knochen möglich. Die Untersuchungsergebnisse im Labor waren eindeutig. Es handelte sich um die
25:55sterblichen Überreste von Maria K. Doch ungeklärt war nach wie vor, was war hier im Wald bei Saurasen
26:04geschehen. In unmittelbarer Nähe der Knochenfunde hatten die Kriminaltechniker mehrere Seile gefunden,
26:12die fest um einen Baum gebunden waren. Das ist aus meiner Sicht ein sehr starkes Indiz dafür,
26:19dass Maria K. noch gelebt hat, als sie dort am Baum angebunden wurde. Zumal wir ja auch feststellen
26:27müssen, dass dort im unmittelbaren Tatortbereich zwar Unterwäsche und ein Pullover gefunden wurde,
26:33jedoch weder ein Rock, noch eine Hose, noch Schuhe. Auch das ist aus meiner Sicht als starkes
26:39Indiz für ein Sexualverbrechen zu werden. Im August 2013 begann der Prozess vor dem
26:46Landgericht Halle gegen den bereits wegen Doppelmordes inhaftierten Gabor S. Die Anklage
26:52lautete auf Mord an Maria K. In diesem Prozess hat Gabor S. am Ende der Beweisaufnahme, ja ich
27:01habe im Plädoyer gesagt, eine windschnittige Einlassung abgegeben, bei der er nun und das
27:07völlig neu als letzte Version vortrug. Er habe sich in der Schweiz mit Maria K. auf einem Parkplatz
27:13gestritten, habe sie ins Gesicht geschlagen und sie sei dann unglücklich gestürzt und daran
27:18verstorben. Diese von Gabor S. im Prozess geäußerte Version des Geschehens überprüften
27:24Rechtsmediziner anhand der aufgefundenen Knochenreste von Maria K. Wir hatten einen
27:31Halswirbel von dem Skelett noch zur Verfügung, der gefunden worden war. Da waren keine Spuren
27:40von Gewalteinwirkung feststellbar, sodass für mich die Frage nicht klärbar war. Es ist wenig
27:46wahrscheinlich, dass jemand auf diese Art und Weise tatsächlich zum Tod kommt, dass es zu einer
27:50Verletzung der Halswirbelsäule kommen kann, ist klar, aber dass jemand dadurch tatsächlich
27:54verstirbt, ist wenig wahrscheinlich, aber ausschließen kann man es natürlich sicher nicht.
27:58Daher lautete das Urteil im Fall Maria K. am 30. September 2013 gegen Gabor S. lediglich schuldig
28:07wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass Gabor S. Maria
28:17K. vergewaltigt und ermordet hat, aber letztendlich haben wir ein rechtskräftiges Urteil,
28:24für das Gericht ist es im Rahmen der Urteilsfindung sicher auch schwieriger und das Gericht ist
28:30verpflichtet, letzte Zweifel zugunsten des Angeklagten zu werten. Ich hatte diese letzten
28:37Zweifel nicht. Was wirklich geschehen ist, weiß auch der Schweizer Staatsanwalt Roland Schwöter
28:42nicht. Seine Theorie zum Tod von Maria K.? Sie fuhren zusammen weg mit einem Ziel,
28:49vielleicht ein Wochenendausflug. Dann kam es irgendwann zum Streit, irgendwann brach der
28:56wahre Gabor S. durch. Er wollte eben auf seine Art jetzt Sex. Da hat wahrscheinlich auch dann
29:04der Leidensweg der Maria K. begonnen. Letzten Endes führte es dazu, dass er Maria K. in Saurasen
29:13getötet hat. Gabor S. sitzt in der Justizvollzugsanstalt Burg ein. Die in Deutschland
29:21höchstmögliche Strafe hat er bereits für den Doppelmord in Mansfeld bekommen. Lebenslänglich
29:27mit anschließender Sicherungsverwahrung. Trotz aller kriminalistischen Methoden,
29:34mehrerer Gutachten und modernster Technik war es nicht möglich, alles bis ins letzte Detail
29:40aufzuklären. Wie Maria K. genau starb, weiß nur der Täter selbst. Das war die Spur der Täter
29:47für diesmal. Wir sehen uns wieder nächsten Mittwoch mit einem neuen spannenden Fall.
29:52Ihnen noch einen guten Abend und auf Wiedersehen.

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