Devplay: Gewaltspiele - Wie brutal dürfen Games sein?

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Die Debatte über Gewalt in Spielen flammt schon seit den neunziger Jahren immer wieder auf. Doch wie haben sich die Entwickler und ihre Spiele in dieser Zeit verändert? Und wie geht man heute mit dem Thema Gewalt um? Darum geht es in der heutigen Folge von DevPlay.

Bei DevPlay sprechen erfahrene deutsche Entwickler zusammen mit ihren Gästen über ihre Erfahrungen in der Spielebranche oder geben ihre professionelle Einschätzung zu aktuellen Themen. Dieses Mal sind mit dabei:

-  Jan Wagner  (Fantasy General 2)

-  Jan Theysen  (Iron Harvest)

- Myriel Balzer (Game & Narrative Design, Creative Direction)

Über diese Serie

Auf dem Youtube-Kanal  DevPlay  geben deutsche Spieleentwickler einen Blick hinter die Kulissen:  Wie funktioniert die Spielebranche in Deutschland?  Wie stehen die Designer zu Trends à la Open World und Virtual Reality? Wie lief die Arbeit an Spielen wie  Lords of the Fallen  oder  Risen 3 ? Neue Folgen ihrer Talkrunde veröffentlichen die Designer  vorab exklusiv  auf  GameStar Plus , und zwar im Regelfall jeden Sonntag.
Transcript
00:00Spielerische Gewalt erleben, spielerische Grenzerlebnisse sind total wichtig für Kinder.
00:04Für Leute, die aber echte Gewalt erlebt haben, die gucken da anders drauf.
00:15Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von DevPlay.
00:17Ich bin Jan Theisen, Creative Director bei King Art Games aus Bremen.
00:20Jan Wagner, Managing Director bei On by Gravity und die Ulysses Spiele die Tag...
00:26Und ich bin Muriel Balzer, ich bin Game Designerin
00:29und Creative Direktorin und mache viele Spiele und auch viele Lernspiele.
00:34Genau und eigentlich hatten wir ein anderes Thema für heute geplant,
00:37aber dann hat sich in der letzten Folge herausgestellt,
00:40dass Muriel Diplom-Soziologin ist und Psychologie studiert hat
00:44und Friedensforschung und keine Ahnung.
00:47Dann haben wir gesagt, okay, das müssen wir jetzt nutzen für uns,
00:50weil es natürlich immer diesen alten Klassiker in der Games-Industrie gibt
00:54mit Killerspiele und Spiele machen brutal
00:58und wie brutal dürfen Spiele sein?
01:03Bringt man den Leuten was Falsches bei?
01:05Alterseinstufungen und diese ganzen Sachen.
01:07Ihr kennt das ganze Thema, aber es wird auch viel drüber geredet.
01:10Aber vielleicht kann man hier jetzt wirklich mal ein bisschen Butter bei die Fische,
01:14wie es so schön heißt.
01:16Weil jetzt haben wir auch jemanden, der wirklich Ahnung von dem Thema hat.
01:19Es ist mal ein Novum für DevPlay, aber wir probieren das mal.
01:24Genau, also, Muriel, wie ist das?
01:27Wenn ich da so in deinen Hintergrund gucke,
01:29da steht ein Bild von Helge, deinem Mann,
01:32der malt sehr brutale, sehr gruselige und schreckliche Bilder.
01:38Der wird also wahrscheinlich ziemlicher Psycho sein, oder?
01:43Ich finde das ganz spannend, weil ich empfinde Helge
01:45als einen wirklich super ausgeglichenen Menschen.
01:48Und ich glaube, gerade weil er das eben in seinen Bildern rauslässt
01:51und weil er eben, ja, also er ist eigentlich ein sehr sanftmütiger Mensch
01:55und ein sehr friedensliebender Mensch.
01:57Das würde man vielleicht von den Bildern her nicht erwarten,
01:59aber ja, also quasi genau das Gegenteil.
02:03Aber ist das dann die Regel, dass sozusagen die Regel,
02:05je mehr jemand weirden, dunklen, brutalen Kram mag,
02:09desto friedlicher ist er?
02:11Oder ist das dann auch wieder ein bisschen zu einfach?
02:13Ich glaube, es ist ein klein bisschen zu einfach.
02:15Und Helge ist ja auch an sich so eine Persönlichkeit,
02:18die relativ reflektiert ist
02:20und einfach sich mit vielen Dingen sehr stark auseinandersetzt.
02:23Ich glaube, das ist ein Faktor.
02:25Also das heißt, wenn ich in irgendeiner Form Gewalt ausdrücke
02:29oder rezipiere, also künstlerisch ausdrücke
02:31oder eben rezipiere durch irgendwelche Medien,
02:33wie ordne ich das ein?
02:35Wie ist der Kontext, auf den das auch einfach trifft?
02:40Jan, du hast gesagt in der letzten Folge,
02:42wenn ihr eure Spiele macht,
02:44am Ende läuft es häufig darauf hinaus,
02:46dass man irgendwie Leute töten muss.
02:48Seien es Monster, seien es Zombies, seien es andere Leute.
02:52Und dass du dir da schon Gedanken machst,
02:54was bedeutet das halt?
02:56Zum Beispiel, was bringst du deinen Kindern über deine Spiele bei,
02:59was irgendwie Konfliktlösungen und so weiter angeht?
03:04Wie sehr ist das ein Thema, wenn man über Games nachdenkt?
03:07Ist das halt wirklich, sag mal einfach,
03:09na ja, das ist halt irgendwie Genre-Standard
03:11und so macht es jeder und dann ist gut?
03:13Oder ist das ein größeres Thema?
03:17Also okay, kurz vorausgeschickt.
03:19Damals bei Sierra waren wir für Counter-Strike
03:22und die USK-Einstufung zuständig.
03:24Und mein Job war es, den USK beizubringen,
03:26dass Counter-Strike ein Gruppentaktik-Sportspiel ist
03:31und kein Killerspiel.
03:33Deswegen haben wir die 16 gekriegt und keine 18.
03:37Daher, also das Thema Gewalt in Spielen
03:39beschäftigt mich schon eine Weile lang.
03:41Und das hat sich, glaube ich, sehr gedreht,
03:45was die Gesellschaft betrifft so ein bisschen.
03:47Und bei mir hat es sich sozusagen lustigerweise
03:49ein bisschen gegenläufig gedreht,
03:51weil ich inzwischen das Differenzierte angucke,
03:53als ich es vielleicht früher getan habe.
03:56Ich glaube, grundsätzlich, was die Millionäre sagt,
03:58also Darstellung von Gewalt und Ausübung von Gewalt
04:03hat was mit dem Realitätsgrad zu tun.
04:05Deswegen sind ja viele von den USK-Kriterien,
04:07es gibt zum Beispiel, für die Leute, die es vielleicht nicht wissen,
04:09bei Alterseinstufungen gibt es sowas wie Fantasy-Gewalt
04:11inzwischen als Stichwort.
04:13Oder Comic-Gewalt auch, glaube ich.
04:15Ja, auch Comic-Gewalt.
04:17Es gibt Comic-Gewalt, es gibt Fantasy-Gewalt
04:19und dann gibt es realistische Gewalt.
04:21Das ist eine Unterscheidung, die die Alterseinstufungen treffen,
04:24und zwar sowohl die deutsche, also die USK,
04:26als auch die amerikanische und die PG, also die internationale.
04:31Und das ist schon mal tatsächlich ein Hinweis darauf,
04:33was ein Unterschied ist, nämlich wie abstrakt ist Gewalt.
04:36Und es macht einen Unterschied tatsächlich,
04:38wie sehr ich das erlebe.
04:39Es macht einen Unterschied, aus welchem Winkel ich das angucke.
04:41Gucke ich von oben drauf, Schlachtfeld,
04:43dann ist das alles viel abstrakter,
04:45als wenn es mir direkt ins Gesicht kommt.
04:47Das heißt, das ist tatsächlich auf der Ebene des Spiels
04:49wirklich ein Unterschied.
04:51Ich glaube, wie man ja sagt,
04:53das ist eine Frage der Kontextualisierung,
04:55und zwar sowohl der Kontextualisierung im Spiel.
04:57Also sage ich, boah, geil, abschlachten, peng, peng, peng,
05:00oder sage ich irgendwie so, wir sind Helden,
05:02wir müssen gegen böse Monster kämpfen.
05:04Das macht einen Unterschied darin,
05:05wie diese Gewalt beurteilt wird, sozusagen.
05:07Und der größte Unterschied ist der Rezipient.
05:09Ich kann mit dem gleichen Spiel sozusagen,
05:12kann ich bei unterschiedlichen Leuten
05:14unterschiedliche Dinge hervorrufen.
05:16Das heißt, es gibt keine einfache Regel dafür,
05:19und es ist nachweisbar nicht so,
05:22dass Gewalt anschauen, also irgendeine Form von Gewalt anschauen,
05:27automatisch gewalttätige Menschen erzeugt.
05:29Das ist Quatsch.
05:30Genauso, das ist dieses immer bei den Killerspiel-Debatten,
05:33das ist zum Glück jetzt auch ein bisschen hinter uns,
05:35ist immer dieses, oh, die haben Counter-Strike gespielt,
05:37und deswegen sind sie losgegangen und Leute erschossen.
05:39Oh, die haben alle Coca-Cola getrunken,
05:41deswegen sind sie losgegangen.
05:42Also die Kausalität wird einfach eins zu eins hergestellt,
05:45und so einfach geht es nicht.
05:47Trotzdem gibt es aus meiner Sicht ein Thema da drin,
05:49und das ist zum Beispiel die Frage,
05:52halte ich Gewalt immer für das probate Mittel?
05:55Und das ist nochmal was völlig anderes,
05:57ob ich Gewalt erlebe.
05:58Also Gewalterlebnis im echten Leben traumatisiert Leute
06:01in völlig anderer Form.
06:03Aber zum Beispiel, was ich spannend finde,
06:05wir haben jetzt in den letzten Jahren
06:08sowohl Mitarbeiter aus Syrien gehabt
06:11als auch Leute aus der Ukraine,
06:13die konkrete Kriegserfahrungen hatten.
06:15Die waren in Gewaltsituationen,
06:17die wir uns als Europäer nicht vorstellen können,
06:19weil unsere Gewalt meistens Filmgewalt ist
06:22oder Computerspielgewalt ist.
06:24Also die so, das kann blutiger sein oder weniger blutig,
06:27aber wie du beim letzten Mal, glaube ich, gesagt hast,
06:29das ist ein geschützter Raum im Spiel,
06:31geht es am Ende nicht darum, dass ich danach wirklich tot bin
06:34oder mir wirklich der Arm fehlt, weil das ist halt nur ein Spiel.
06:37Und spielerische Gewalt erleben,
06:39spielerische Grenzerlebnisse sind total wichtig für Kinder.
06:42Für Leute, die aber echte Gewalt erlebt haben,
06:45die gucken da anders drauf.
06:47Also ich fand das wahnsinnig lehrreich,
06:49wo wir halt immer so,
06:51ah ja, da kann man das Blut noch so ein bisschen aufdrehen
06:53und wo dann unsere Grafikerinnen irgendwie so anfingen,
06:56plötzlich tatsächlich zu zucken,
06:58weil die andere Konnotation damit hat.
07:01Und deswegen finde ich,
07:03das muss man sich halt immer genau anschauen.
07:05Darin liegt eine Verantwortung einerseits.
07:07Das heißt, man muss schon gucken, was man macht.
07:09Wie wird die konzentriert?
07:11Aber es gibt ein gewisses Maß an Kontrolle auch
07:14in der Form, die das Spiel hat sozusagen.
07:17Das Spiel kann nur so und so weit die Gewalt einordnen.
07:21Der Rest der Einordnung funktioniert vor dem Bildschirm.
07:24Und das ist dann tatsächlich so.
07:27Das muss man auch, finde ich, ganz ehrlich sagen,
07:29weil wir schon lange Zeit in dieser Gewaltdebatte
07:31immer das Thema hatten, so nein, die sind total harmlos
07:33und machen gute Augenkoordinationen
07:35und das ist eigentlich nur eine Taktik.
07:37Nein, natürlich bringe ich Leuten,
07:39die dafür empfänglich sind, bei,
07:41dass es positiv konnotiert ist, auf Menschen zu schießen,
07:44weil das irgendwie Erfolgserlebnisse bringt.
07:46Und Spaß macht.
07:48Und wenn Leute dafür,
07:50weil sie im Grunde ihrer sonstigen Kontexte
07:52sozusagen wahnsinnig empfänglich sind,
07:54dann ist das eine akute Gefahr.
07:56Das ist interessant, was du sagst,
07:58weil ich habe tatsächlich eine sehr ähnliche Entwicklung hinter mir,
08:01weil wer halt so die ganze Killerspieldebatte
08:04in den 90er, Anfang 2000 mitgekriegt hat
08:06und gerade wer auch noch in der Videospielbranche war,
08:08denen ging das halt, das war halt so ein Bullshit
08:11und das ging einem so gegen den Strich,
08:13dass man halt sozusagen 100 Pro dagegen war
08:15und das ist alles Bullshit und ihr seid alles Idioten
08:17und keine Ahnung.
08:19Und dann irgendwann fängt man an, naja gut, okay,
08:21vielleicht ist doch nicht alles okay
08:23und vielleicht gibt es noch ein paar Punkte,
08:25über die man mal nachdenken sollte.
08:28Miri, vielleicht so ein Klassiker
08:30oder das, was Leute hier immer sagen,
08:32ist dieses, naja, selbst wenn es einen vielleicht
08:34jetzt nicht gewalttätig macht,
08:36aber es stumpft einen zumindest ab.
08:38Man sieht halt irgendwie sehr viel Gewalt
08:40und man sieht halt irgendwie,
08:42keine Ahnung, als Beispiel,
08:44jemand, der UFC guckt
08:46und guckt sich den ganzen Tag an,
08:48wie Leute sich gegenseitig auf die Fresse hauen.
08:50Ist derjenige nicht,
08:52ist es nicht wahrscheinlicher,
08:54dass er entweder was daraus lernt
08:56und das nächste Mal, wenn er irgendwie,
08:58keine Ahnung,
09:00sich mit jemandem in die Haare kriegt,
09:02fängt er auf einmal an,
09:04das nachzumachen, was er bei UFC gesehen hat
09:06oder vielleicht auch einfach das normaler
09:08zu finden, dass man halt irgendwie sagt,
09:10naja gut,
09:12was ist ein Kampf auf dem Schulhof?
09:14Ist ein Kampf auf dem Schulhof,
09:16wir schubsen uns ein bisschen und versuchen uns
09:18gegenseitig in den Schwitzkasten zu nehmen
09:20oder ist es ein Kampf auf dem Schulhof,
09:22wir versuchen, keine Ahnung,
09:24jemanden in irgendeinen Aufgabegriff zu kriegen
09:26oder halt irgendwie die Nase zu brechen?
09:28Ist da was dran?
09:30Also dieses Ding von,
09:32je mehr man es sieht, desto normaler wird es
09:34und desto eher ist man geneigt,
09:36dasselbe zu tun?
09:38Also,
09:40das Schwierige daran ist, dass das Thema so
09:42unfassbar komplex ist, wie kaum ein anderes.
09:44Ich weiß, das sagt jeder gerne als Opener,
09:46aber es ist halt so,
09:48wenn ich jetzt zum Beispiel
09:50Kinder habe,
09:52ich erziehe,
09:54Gewalt ist absolut verboten.
09:56Also ich muss da mal von meiner eigenen Erfahrung,
09:58ich habe einen siebenjährigen Sohn,
10:00die sind die aller dicksten Freunde,
10:02die toben, die sind wild, wir haben einen Haushalt voller
10:04Leihfreundenspielschwerter,
10:06Labbogen, alles mögliche,
10:08aber zum Beispiel ist bei uns schubsen,
10:10beißen, hauen, sowas von absolut verboten,
10:12weil mein Mann und ich zum Beispiel beide
10:14Kampfsport in der Erfahrung haben
10:16und da lernst du ganz schnell,
10:18schubsen ist absolut böse, weil du kannst
10:20das heißt, bei uns
10:22ist es so, dass
10:24jede Form von Gewaltrezeption
10:26auf einen sehr
10:28wohl diskutierten Hintergrund trifft.
10:30Das heißt,
10:32meine Kinder zum Beispiel können sich
10:34gegenseitig den Kang runterkugeln
10:36im Wald und können spielen,
10:38während dann andere Kinder schon nach Hause kommen und Ärger kriegen,
10:40dass sie eben mit matschigen
10:42Klamotten nach Hause kommen,
10:44also das Beispiel,
10:46aber wenn ich dann irgendwie sehe, wie sich zwei Kinder schubsen,
10:48dann bin ich sofort dazwischen und dann sagen die anderen,
10:50die Jungs müssen sich doch ausprobieren.
10:52Also das heißt, da wird schon klar,
10:54wie feinteilig und differenziert man das beurteilen kann.
10:56Grundsätzlich
10:58denke ich schon, dass wenn jetzt Menschen
11:00mit dem totalen Tabu von Gewalt aufwachsen
11:02und das nie sehen,
11:04die nicht unbedingt so schnell auf die Idee
11:06kommen würden,
11:08bestimmte Möglichkeiten der Gewaltausübung
11:10zu nutzen.
11:12Also das heißt, natürlich
11:14verschiebt es irgendwie die regelmäßige
11:16oder auf jeden Fall die Rezeption
11:18von Gewalt sicherlich irgendwie
11:20meinen Möglichkeitsraum, in dem ich überhaupt denke.
11:22Es ist
11:24aber auch gleichzeitig so,
11:26dass wir ja alle
11:28trotzdem ein gewisses Gewaltpotenzial in uns
11:30tragen, die einen mehr, die anderen weniger.
11:32Wir tragen alle ein gewisses Aggressionspotenzial in uns.
11:34Das macht uns einfach als Menschen aus.
11:36Das zu negieren ist einfach naiv.
11:38Das heißt, das kann ich auch nur bedingt
11:40ignorieren und dann ist die
11:42Frage eben auch,
11:44wie kanalisiere ich das?
11:46Wie denke ich das in sinnvolle Bahnen?
11:48Und hier sehe ich wiederum ein total gutes Potenzial.
11:50Gerade ich komme so ganz viel auch aus
11:52diesem Live-Rollenspiel und Rollenspielaspekt,
11:54wo gerade in den 90ern das Ganze
11:56sehr archetypisch war. Also da hat man dann
11:58den Dieb gespielt oder den Krieger.
12:00Also ich habe mit Dungeons & Dragons angefangen,
12:02da hat man Goblins totgeklopft und
12:04dann kamen da auch Goldmünzen raus. Das war ein sehr
12:06einfaches Weltbild.
12:08Und heute ist es so, dass im Rollenspiel
12:10ganz viel komplexer oft das ist. Und ich genieße
12:12das auch. Also gerade ich, die jetzt
12:14wirklich seit 30 Jahren
12:16Rollenspiel spielt, ist das schön.
12:18Aber
12:20es wird, glaube ich, unterschätzt, was es für
12:22Menschen auch tut, in diesen archetypischen Welten
12:24abtauchen zu dürfen.
12:26Also wenn ich einen Krieger spielen darf und ich darf
12:28einfach den Bösen auf die Mütze hauen, dann ist das so
12:30unglaublich entlastend für mich in so einer
12:32komplizierten Welt, in der ich lebe.
12:34Und ich würde behaupten, wenn das mehr Menschen machen
12:36würden, würden vielleicht weniger Menschen die AfD
12:38wählen. Ich meine das wirklich ernst.
12:40Ich muss in dieser postmodernen Welt,
12:42in der so viele Werte nebeneinander
12:44stehen, so viel aushalten,
12:46so viele Widersprüche,
12:48so viele Komplexität,
12:50dass es unheimlich befreiend
12:52auch einfach sein kann, einfach mal irgendwelchen Bösen
12:54Orks auf die Mütze zu hauen. Und ich glaube
12:56auch, dass viel Dialog irgendwie momentan
12:58mit dieser Wokeness in Computerspielen vielleicht
13:00daherkommt, dass man diesen Schutzraum
13:02so ein bisschen beschützen möchte. Ich möchte
13:04mich in eine einfache Welt zurückziehen dürfen.
13:06Und
13:08da wird
13:10klar, wie kompliziert das Thema ist.
13:12Und ich tue mich auch schwer, das irgendwie so ein bisschen
13:14einzugrenzen. Also ja,
13:16Gewalt, es bringt wieder alles auf den Punkt
13:18zurück. In welchem Kontext mache ich das? Wenn ich das
13:20feiere, wenn ich in den, ich weiß gar nicht, darf ich das
13:22sagen, also wenn ich in den Überbleibseln meiner
13:24Helden rumwühle und das um mich werfe
13:26und wirklich ein Gore-Fest feiere,
13:28das ist sicherlich was, was schwierig ist.
13:30Aber es gibt auch einen Roman von Stephen King,
13:32den der zum Beispiel vom Markt genommen hat, ich habe gerade
13:34vergessen, wie er heißt,
13:36den ich hier wieder veröffentlicht haben will,
13:38weil der bei ganz vielen Schulmassakern
13:40und Attentätern tatsächlich gefunden wurde.
13:42Und Stephen King selber als Autor hat gesagt,
13:44ich möchte nicht, dass der weiter verlegt wird.
13:46Also wirklich bei erschreckend vielen Schulmassakern
13:48wurde der gefunden. Das heißt, das Thema ist
13:50überhaupt nichts, was sich auf Computerspielen oder so
13:52bewegt hat, das muss man auch verstehen.
13:54Und da sieht man das deutlich,
13:56wenn ich mich in so was, es wird
13:58eine Option, genau warum, es werden auch
14:00Selbstmörder, Selbstmordvorfälle
14:02werden zum Beispiel nicht im Fernsehen gezeigt,
14:04werden in der Regel nicht in den Medien thematisiert.
14:06Warum? Weil es Nachahmer hat.
14:08Und das ist so,
14:10das ist das Schwierige an dem Thema,
14:12das läuft wirklich von dem Spektrum, ich kann meinen
14:14siebenjährigen Total War spielen lassen,
14:16was echt ein kompliziertes, krasses Game ist
14:18und ich mache mir da keinen Kopf,
14:20bis hin zu, du kannst
14:22Kinder, die aus einer schwierigen Situation
14:24kommen, ein Buch lesen lassen und die können
14:26zu Schulattentätern werden. Und ich glaube,
14:28das ist eben auch was in den 90ern nicht
14:30passiert ist. Ich hatte damals,
14:32in den 90ern an der Uni, oder späten 90ern,
14:34hatte ein Prof, Gewalt in Computerspielen,
14:36ein Seminar. Und der war zum Beispiel
14:38komplett, Gewalt, Ego-Shooter müssen
14:40alle verboten werden. War ansonsten ein
14:42toller Soziologie-Prof, aber da war der ganz
14:44klar. Damals wäre die Diskussion
14:46und deswegen kam da wahrscheinlich auch unsere
14:48Gegenreaktion zu, von uns allen,
14:50sehr vereinfacht geführt. Und das Schwierige
14:52ist, das Thema ist einfach saukompliziert.
14:54Ich hätte vielleicht auch ab und zu einfach
14:56die
14:58Ursache und Wirkung umgedreht, weil
15:00dieses
15:02jemand spielt gerne
15:04Doom und wird jetzt
15:06dadurch irgendwie
15:08zum Hammerläufer,
15:10weil er
15:12Doom gespielt hat. Oder ist es halt eben eher
15:14okay, weil jemand vielleicht
15:16Gewaltfantasien hat und hau mich tot, interessiert
15:18ihn vielleicht ein Doom oder
15:20irgendwelche bestimmten Bücher und Filme und so weiter
15:22mehr als andere. Und das ist natürlich
15:24auch mal so ein bisschen dieses Ding, dass man halt
15:26es ist immer schwierig ist zu sagen,
15:28okay, hier gibt es dieses eine Medienprodukt
15:30und das Medienprodukt
15:32beeinflusst die Leute
15:34so und so. Nee, eben nicht, weil die
15:36Leute halt unterschiedlich sind. Und dann nimmt vielleicht
15:38der eine das eine raus aus dem
15:40Film oder dem Buch oder dem
15:42Spiel und der andere nimmt was anderes raus.
15:44Absolut. NRI-Prinzip. Kann dir
15:46keiner beantworten. Das ist genau der Punkt.
15:48Ich finde,
15:50die Prüfmittel, also mehrere Dinge.
15:52Zum einen Gewaltdarstellung,
15:54stumpfen für Gewaltdarstellungen
15:56ab. Der Übertrag, dass
15:58die Leute deswegen gewalttätig werden, der stimmt nicht.
16:00Also das erste stimmt, wenn ich Leuten
16:02permanent sozusagen Gewalt
16:04darstelle, dann stumpfen die gegenüber genau dieser Darstellung
16:06ab. Das ist aber auch alles
16:08erstmal so.
16:10Für mich ist die Gegenprobe immer,
16:12wenn das so wäre, dann
16:14müssten wahnsinnig viele Leute
16:16mehr aktiv Fußball spielen, weil
16:18FIFA sich voll gut verkauft. Und ich verstehe nicht, warum
16:20die nicht so viele Nachahmer kriegen dann, weil da wird es
16:22total positiv unterstützt, Fußball zu spielen.
16:24Bei allen Leuten, die das Sims spielen,
16:26würde ich erwarten, dass alle ständig
16:28an Pools stehen und knutschen oder irgendwas
16:30machen. Also wenn das so wäre,
16:32dass Spiele eins zu eins das, was sie
16:34darstellen und abbilden, ins
16:36echte Leben die Leute übertragen, dann muss
16:38das ja für alle Spiele gelten.
16:42Gut, wir wissen es nicht, ob
16:44in drei, vier, fünf Jahren deine
16:46Kinder nicht irgendwie mit langen Bärten angeklebt
16:48mit Akibusen auf irgendwelchen fliegenden Fahrzeugen
16:50unterwegs sind, dann weißt du, Total War
16:52war vielleicht ein bisschen früh für sie.
16:54Also wir haben
16:56darüber gesprochen, du hast halt in einem Spiel
16:58einen Schutzraum. Nennt sich
17:00Magic Circle of Gameplay, von tausend
17:02Leuten tausendfach benannt, tausendfach erforscht.
17:04Eines der faszinierendsten Dinge
17:06an Spielen generell, auch gerade
17:08für Lernspieler. Die Frage ist auch, wie
17:10gut grenze ich diesen Schutzraum von der
17:12Realität ab in einem Spiel?
17:14Gerade wenn man sowas wie Live-Rollenspiel,
17:16Alternaturality-Games und so weiter macht,
17:18dann ist es wichtig, und auch für Kinder,
17:20wirklich zu sagen, beim Computerspiel
17:22ist es so, ich setz mich an den Rechner, ich mach
17:24ihn an, ich mach ihn wieder aus. Dass das noch
17:26einigermaßen sind, meint man.
17:28Aber bei anderen Spielen ist das größeres Thema,
17:30diesen Magic Circle of Gameplay wirklich zu erhalten
17:32und diesen Schutzraum abzugrenzen.
17:34Und da kann man auch viel für Computerspiele
17:36lernen. Wenn ich halt jetzt in einem völligen
17:38Fantasy-Weltgewand erlebe,
17:40wo Elfen Orks verprügeln und
17:42Orks definitiv einfach klar böse sind,
17:44also wie zum Beispiel Herr der Ringe oder so,
17:46dann ist das einfach was, da kann ich,
17:48da ist auch die Gefahr, dass ich
17:50irgendwie das in die Realität
17:52übertrage, einfach erstmal schon mal gar nicht so da,
17:54weil das einfach klarer abgegrenzt ist.
17:56Ja?
17:58Während ich, wenn ich jetzt irgendwie zum Beispiel
18:00ein Spiel mache, wie
18:02theoretisch, ich würde einen Schulmassaker
18:04machen. Ich finde, das verbietet
18:06sich für die meisten Spiele-Designer sofort.
18:08Intuitiv, sowas zu machen.
18:10Man könnte da auch argumentieren,
18:12ja wieso, es ist ja nur so tun als ob.
18:14Also dieses ganze rollenspielerische Thema,
18:16so tun als ob.
18:18Aber da merkt man schon, dass Gewalt auch
18:20vielleicht was anderes ist als Knutschen am Pool,
18:22weil Gewalt ist ein Tabu.
18:24Und wenn ich ein Tabu, also ich stimme dir komplett zu,
18:26dass eben...
18:28Ja...
18:30Es kommt halt darauf an,
18:32welches Ausmaß, also wenn ich jetzt,
18:34also Gewalt wird schon expliziter in Spielen gezeigt
18:36als jetzt sexuelle Aktivitäten,
18:38oft. Also es gibt Spiele, die das auch tun,
18:40aber das ist jetzt nicht unbedingt so super üblich.
18:42Ich stimme dir komplett zu, dass es nicht so ist,
18:44ich spiele ein gewalttätiges Spiel und ich werde gewalttätig.
18:46Das ist natürlich kompletter Blödsinn.
18:48Ja, aber ich finde bei
18:50Spielen, wo ich dann
18:52Sachen sehr realitätsnah nachahme
18:54und es zu Simulationen
18:56wird, ja, da haben wir
18:58dann den Punkt, wo wir nicht mehr diese
19:00starke Abgrenzung zwischen Spielwelt
19:02und Realität haben. Ich denke da auch
19:04eben an, ich komme gerade nicht auf den Titel, aber an
19:06das Spiel, was im Ukraine-Krieg
19:08spielt, ich nenne mir mal Above.
19:10So ein Spiel vom Hendrik Lesser, meinst du?
19:12Genau, Dings from Above,
19:14Enemy from Above oder irgendwas.
19:16Das ist natürlich was, das ist ja zu
19:18Recht auch kontrovers diskutiert worden,
19:20weil das natürlich viel näher
19:22an der Realität ist und jetzt sind wir auch wieder dabei
19:24mit den Rezipienten. Wenn ich eine Fantasy
19:26Gewalt darstelle,
19:28dann bringe ich die Menschen in so eine Art
19:30Trojanisches Pferd, da kann ich alles mögliche
19:32drin erzählen. Wenn ich Leuten zum Beispiel was
19:34über
19:36Rechtsextremismus oder so
19:38beibringen möchte, dann lasse ich sie
19:40tendenziell würde ich sie eher in so eine
19:42Fantasiewelt eintauchen lassen, damit sie
19:44da auch wirklich authentisch sich verhalten.
19:46Die wenigsten Menschen würden
19:48einen Nazi spielen und würden Juden völlig
19:50frei irgendwie schlecht behandeln.
19:52Da haben wir zu Recht, Gott sei Dank,
19:54Tabus. Das heißt, wenn ich möchte, dass die
19:56erfahren, wie jeder Mensch irgendwie
19:58rechtes Gedankengut oder irgendwie
20:00eben rassistisch werden könnte, dann würde
20:02ich halt eher die Elfen spielen lassen, die
20:04gegenüber sich Zwergen besser verhalten. Oder da gibt's
20:06ja auch andere Experimente, dieses Blue Eyes
20:08und Green Eyes Experiment, was sehr
20:10ethisch zweifelhaft in der Grundschule durchgeführt
20:12wurde, aber eben sehr vielsagend ist, was da
20:14eben passiert.
20:16Und das ist für mich
20:18ein Faktor. Für mich ist ein Faktor, wie
20:20stark grenze ich die Spielwelt von der
20:22Realität ab?
20:24Was ich sehr interessant finde, ist, was du
20:26vorhin gesagt hast, diese Idee,
20:28dass
20:30diese
20:32Opposition zu woken ist und so weiter
20:34oder die Spiele,
20:36sozusagen realistischer oder
20:38komplexer zu machen und mehr Graustufen
20:40oder so was, dass
20:42ein Grund eben sein kann, warum Leute
20:44da so gegen sind, ist halt, dass
20:46die Spiele halt als einfachen
20:48Rückzugsort haben wollen, der eben nicht
20:50so kompliziert ist. Und das kann ich
20:52völlig sehen, weil ich sag mal, einerseits ist es cool,
20:54wenn man, ich sag mal, Filme oder Serien
20:56hat, wo halt irgendwie alle Charaktere grau
20:58sind, aber gleichzeitig ist es natürlich auch
21:00sehr viel anstrengender. Und wenn
21:02ich sozusagen einfach mal Lust
21:04habe, irgendwie,
21:06keine Ahnung, Gehirn auszuschalten und irgendwie
21:08einfach Recht zu haben
21:10oder einfach der Böse zu sein,
21:12dann ist das natürlich einfach netter, wenn
21:14ich nicht dann auf einmal Leute
21:16umschnitze und dann stellt sich heraus,
21:18ah, in Wirklichkeit warst
21:20du der Bösewicht.
21:22Und das kann ich, also sehe
21:24ich, warum das sozusagen interessant ist für
21:26Leute, einfach so dieses,
21:28diese sichere Rückzugsort
21:30und so ein bisschen dieses
21:32ich
21:34kann mir sicher sein, ich bin der Gute
21:36oder ich mache hier nichts falsch
21:38oder es ist halt in Ordnung.
21:40Einfach dieses Archetypische auch.
21:42Ja, das ist eine Machtfantasie und eine Gewaltfantasie
21:44übrigens. Also
21:46wenn es eine Machtfantasie ist, dann bin ich der Gute und
21:48mache halt irgendwie die Horden von Bösem platt, dann fühle ich
21:50mich gut. Aber ich fühle mich
21:52nicht deswegen gut, weil ich gewalttätig war, sondern weil
21:54ich mächtig bin. Wenn ich eine Gewaltfantasie
21:56habe, dann habe ich Spaß an
21:58der Gewaltausübung.
22:00Das ist eben ein Unterschied.
22:02Es gibt zum Beispiel, also weiß ich,
22:04dass es halt Mortal Kombat ist. Das ist
22:06genau so ein Ding, wo man so
22:08okay, ist das
22:10noch sozusagen
22:12übermäßig brutal in der
22:14Darstellung, aber an sich
22:16irgendwie noch ein Wettkampf
22:18oder geht es schon drum,
22:20dass man eigentlich hauptsächlich gucken will,
22:22wie gewalttätig man werden kann und wie das dargestellt
22:24wird, weil dann fange ich an, aus meiner
22:26Sicht, in eine andere Richtung zu gehen, nämlich
22:28in die Frage, was ist geil an Gewalt?
22:30Das
22:32kriegt einen anderen Winkel.
22:34Ich finde, das ist ein wichtiger
22:36Unterschied. Ist das Mittel zum Zweck,
22:38das hat auch schon seine
22:40eigenen Probleme, aber eben aus meiner Sicht
22:42anders, oder
22:44ist es Selbstzweck geworden, die Gewalt?
22:46An der Stelle
22:48würde ich sagen, da ist auch genau diese Frage der
22:50Nachahmung anders, weil an Gewalt als
22:52Selbstzweck, wenn ich
22:54dahin gehe, dann
22:56spreche ich was anderes in den Leuten an,
22:58als wenn ich nur sage, du bist
23:00voll der coole Typ, weil du kannst
23:02irgendwie, keine Ahnung, 50 Leute
23:04mit einer MG abschießen und dann bist du Rambo.
23:06Ja, okay, stell dich halt für
23:0810 Minuten vor, dass du Rambo bist und dann geh wieder zurück
23:10und sei Sachbearbeiter
23:12in einem mittelständischen Betrieb.
23:14Ja.
23:16Erzähl.
23:18Ich finde,
23:20auch hier sind wir wieder bei dem Punkt,
23:22wie viel ist es Simulation und wie viel ist es Spiel?
23:24Weil Spiel ist eben so tun als
23:26ob, also
23:28ich komme so ganz stark aus diesem Rollenspiel-
23:30Narrativen, deswegen ist für mich Spiel immer so tun
23:32als ob. Minispiel ist das nicht unbedingt, aber
23:34ihr wisst, was ich meine, wir sind jetzt gerade ja bei Gewalt
23:36und so weiter, und
23:38wenn ich aber eigentlich das Spiel
23:40nur als Verlängerung meiner
23:42Möglichkeiten begreife, eben als Simulation,
23:44dann wird es
23:46tendenziell in meinen Augen eher gefährlich,
23:48als wenn ich eben
23:50wirklich abdrifte. Ich habe zum Beispiel
23:52wirklich diskutierte
23:54Live-Rollenspiele, also gerade im skandinavischen Freien Raum
23:56hat man wirklich nicht unbedingt dieses
23:58Fantasy-Live-Rollenspiel, also auch, aber
24:00man hat sehr viel komplexere Sachen
24:02und ich genieße, ich glaube, es ist
24:04unterschätzt, wie schön es ist eben, wie gesagt,
24:06einfach nur auf Goblin's Grave zu klopfen
24:08und der Gute zu sein und da rieseln
24:10München raus,
24:12aber wie du sagst, Jan, wenn ich halt dann
24:14irgendwie sage, ich bin in dem realen
24:16Kontext, ich möchte etwas ausleben,
24:18was in mir drin ist, und zwar möglichst
24:20nah, dann werden
24:22wir, das ist wahrscheinlich nochmal eine eigene
24:24Folge für sich, warum das so ist, aber dann
24:26gehen wir, betreten wir in meinen Augen
24:28auch ein kritisches Terrain, ja.
24:30Mein Beispiel dafür ist immer, dass
24:32es wird ja immer gesagt, ja, es werden
24:34ja auch Killerspieler nach meiner Streche
24:36eingesetzt, um irgendwie militär zu trainieren
24:38oder so, ich weiß, und das ist halt
24:40Unfug, tut niemand.
24:42Da werden Simulationen, da werden Simulationen eingesetzt.
24:44Ja, und vor allen Dingen, du siehst vielleicht,
24:46anstatt, anstelle von Pappfiguren gibt's dann halt,
24:48ich sag mal, irgendwie 3D-Figuren
24:50aus einer Game Engine, aber
24:52das, was die Leute da lernen, ist ja,
24:54wie sie mit einer echten, einer echten
24:56Waffe handeln, so, und das heißt, da geht's darum,
24:58okay, auf einmal müssen sie über
25:00Kimmer und Korn zielen, das ist was anderes, als
25:02rechte Maustasten zu drücken, und auf einmal müssen sie
25:04wirklich das Magazin wechseln,
25:06anstatt auf R zu drücken, und das sind
25:08halt einfach,
25:10das ist sozusagen dann dieser Step, der halt irgendwie
25:12gerne übersehen wird von Leuten,
25:14die keine Spiele spielen,
25:16die lernen ja, wie sie schießen,
25:18ja, aber das ist halt Computerspiel-Schießen,
25:20das ist halt nicht Schießen-Schießen,
25:22so, und das ist halt eben
25:24dieser Step, den, glaube ich, viele Leute
25:26übersehen, das ist halt nur, weil man's
25:28im Spiel macht, das halt noch lange nicht heißt,
25:30dass man's in der Realität machen kann, das ist auch wieder
25:32das FIFA-Beispiel von vorhin,
25:34nur weil ich in FIFA gut dribbeln kann, kann ich
25:36nicht in der Realität gut dribbeln, das ist halt,
25:38da ist halt nochmal ein großer
25:40Step dazwischen, so, ne?
25:42Du hast grad auch noch einen ganz wichtigen Punkt angesprochen,
25:44den man auch im Lernspielen und
25:46orientierten Motoren bewusst einsetzt,
25:48das ist das Mittel der Verfremdung.
25:50Ich glaube,
25:52wenn ich jetzt wirklich ein Computerspiel,
25:54zum Beispiel einen Titel machen würde,
25:56wo ich einen, gibt es ja auch,
25:58aber in dem Genre bin ich nicht so
26:00bewandert, das heißt, da müsst ihr mal vielleicht reinpreschen,
26:02wo man einen Serienkiller
26:04spielt, wo man wirklich jedes einzelne
26:06Magazin auseinander nimmt, wo ich wirklich lernen
26:08würde, so wie ich zum Beispiel
26:10griechische Mythologie in manchen Spielen lernen würde,
26:12wo ich mich wirklich aus der Realität bediene, um das
26:14richer und deeper zu machen,
26:16und es wird absolut realitätsnah,
26:18von mir bildet die Polizistin an der Waffe aus,
26:20also wenn man das quasi, diesen Lerncontent
26:22nehmen würde, um es geiler zu machen,
26:24gar nicht um es zu machen, ich glaube,
26:26auch dann kann man bei diesen
26:28Themen durchaus vielleicht einen kritischen Blick drauf haben,
26:30weil ich glaube, wenn man in irgendwas
26:32nicht mal unbedingt, weil man Wissen vermittelt,
26:34wo man die Frage stellen muss, will ich
26:36dieses Wissen vermitteln, ja, weil es ist,
26:38wenn jemand irgendwie ein Mega-Fußballspieler wird,
26:40ich finde das persönlich total latte,
26:42aber wenn jemand ein Super-Sniper wird, dann habe ich damit
26:44tendenziell ein Problem, und
26:46sondern auch einfach,
26:48weil wenn ich in irgendwas richtig gut werde,
26:50so richtig gut, dann habe ich vielleicht
26:52tendenziell eher den Wunsch, das auch mal
26:54mich noch mehr damit zu beweisen, und dann kann,
26:56wenn dann eben es sehr simuliert
26:58ist und es sehr realitätsnah ist,
27:00würde ich nicht ausschließen, dass der
27:02Sprung halt bei
27:04Menschen, die da irgendwie eine Disposition zu haben,
27:06durchaus sein könnte, also es ist
27:08halt in Anführungsstrichen eine
27:10einigermaßen folgerichtige Eskalation,
27:12wenn ich was im Computerspiel supergut
27:14lerne, das dann in der Realität anwenden zu
27:16wollen. Ich sage nicht, dass das passiert, und ich glaube,
27:18das ist überhaupt nichts, was in der Realität
27:20jemals passiert ist.
27:22Ich sage nur, das sind so Dinge, wo ich halt irgendwie
27:24als Soziologin und Game-Designerin
27:26tendenziell eher hingucken würde.
27:28Es ist mehr Simulation als
27:30Spiel, es ist nicht abgetrennt von der
27:32Realität, es ist sehr detailgrad,
27:34es ist eben nicht verfremdet, es ist eben
27:36dieses konkrete Ziel, ich lerne
27:38wirklich wissen, wo ich vielleicht gar nicht
27:40möchte, dass die Menschen das wollen, eine Bombe bauen,
27:42was auch immer. Was ich gut kann,
27:44möchte ich vielleicht auch tendenziell eher anwenden.
27:46Genau, deswegen bin ich dafür,
27:48Need for Speed zu verbieten.
27:50Rasen auf der Autobahn halte ich für
27:52gefährlich. Ich glaube, dass die meisten Leute sich
27:54überschätzen, wenn sie Need for Speed spielen, was sie dann in
27:56echt leben können, und es ist viel leichter, das zu übertragen,
27:58als tatsächlich irgendwie mit Gewehren rumzubraten.
28:00Valider Punkt.
28:02Tatsächlich, also nachweislich, das ist zum
28:04Beispiel etwas, was tatsächlich nachweislich eine Korrelation
28:06hat, nur um mal das Gewaltthema
28:08ein bisschen breiter zu machen.
28:10Es gibt eine Korrelation zwischen
28:12der Wahrnehmung meiner Fähigkeiten, wenn ich
28:14lange an so Fahrsimulatoren,
28:16also nicht Fahrsimulatoren im echten Leben, sondern
28:18Need for Speed-artigen Fahrsimulatoren
28:20bin, was meine Einschätzung
28:22ist, wie gut ich das kann,
28:24versus der echten Physik,
28:26die dann doch noch ein bisschen anders ist.
28:28Und die Leute überschätzen sich, nachdem
28:30sie das gespielt haben, regelmäßig selbst.
28:32Und die danach in Fahrtests sitzen, fahren sie schneller,
28:34als sie dürften, bremsen später, als sie sollten
28:36und fahren knapper, als es gut für sie ist.
28:38Wow, die Studie möchte ich nach der Sendung
28:40haben. Das finde ich total spannend.
28:42Das glaube ich aber total. Und das ist für mich ein total
28:44valider Punkt, weil genau da haben wir das.
28:46Es ist nicht verfremdet, es ist sehr
28:48realitätsnaher Kontext und es ist
28:50schon so tun, als ob,
28:52aber es ist etwas so tun, als was ich
28:54absolut so in der Realität tun kann und wo
28:56ich dann vielleicht eben den Bedarf habe,
28:58mich in der realen Welt zu behaupten.
29:00Unabhängig auch, also ich meine, wie gesagt,
29:02wenn das jetzt beim Fußballspielen passiert, dann ist mir das halt
29:04Wumpe, aber da ist es eben auch.
29:06Ich meine, ich fahre irgendwie zwei Tonnen Geschoss
29:08irgendwie auf der Autobahn, wo andere Menschen
29:10auch da sind. Absolut valider Punkt, ja.
29:12Und dazu kommt natürlich noch, dass
29:14viele dieser Spiele auch verkauft werden, wird besonders
29:16realistisch und wir haben die beste
29:18Physik und so weiter und so fort.
29:20Die Leute haben nur vielleicht vergessen, dass sie doch noch irgendwo in den Settings
29:22nicht Simulation,
29:24den Simulationsmodus eingestellt haben.
29:26Oder das halt auch, wenn sie es halt im
29:28Leben machen, dass dann halt nicht einfach auf Reset
29:30gedrückt wird. Das ist halt oft das Problem.
29:32Und hier ist es ethisch auch ganz besonders
29:34gefährlich, weil ich eigentlich eine Simulation
29:36habe, der ich dann aber eben in Game-Content drauf
29:38packe. So, ist kein Problem, dass du rast.
29:40Ist kein Thema, du kannst rasen. Rasen ist cool.
29:42Du wirst schnell an ein Ziel kommen, weil das ist halt eben nicht
29:44realitätsnah. Das heißt, ich habe wirklich so
29:46einen größtenteils realitätsnahen
29:48Setting, wo ich dann so,
29:50ohne eben den Kontext zu machen,
29:52wo wir dabei sind, also es ist ja auch immer die Frage,
29:54es wird halt irgendwie nicht reflektiert, es wird nicht
29:56irgendwie, wenn meine Kinder
29:58Gewaltspiele spielen, dann wissen
30:00die, können das, also für die
30:02kann ich dafür die Hand ins Voll legen, die können das
30:04unterscheiden zwischen Realitäten nicht.
30:06Die kämpfen mit einem Larvschwert anders als sie
30:08mit einem anderen Schwert, als die bei Zelda oder so kämpfen.
30:10Ja, also das ist, gut, ich meine, Zelda ist jetzt auch
30:12nicht so realitätsnah, also die haben das ganz klein
30:14auf der Switch noch.
30:16Aber wenn ich,
30:18weil eben das auf eine Erziehung
30:20trifft, die sagt, nein, Schubsen ist absolut verboten.
30:22Echte Gewalt ist komplett
30:24zu. Gibt überhaupt keine Diskussion.
30:26Ich hab zwei Jungs, ich möchte gerne beide behalten.
30:28Das ist reiner Überlebensinstinkt.
30:30Die entwickeln eine gewisse Dynamik zusammen.
30:32Das heißt, das ist dann auch was anderes,
30:34wenn ich aber einfach Need for Speed spiele und das einfach
30:36zocke, zocke, zocke, da ist ja überhaupt kein Kontext.
30:38Da sitzt niemand, da sitzen keine Eltern dahinter,
30:40die sagen, ja, aber du weißt schon, wenn du Führerschein
30:42hast, dann darfst du selber nicht so fahren.
30:44Hier ist schon klar, dass die Physik nicht irregalistisch ist.
30:46Also das ordnet ja kein Schwein ein.
30:48Genau, also
30:50was wir uns alle merken aus dieser Folge,
30:52verbieten.
30:54Damit sind wir durch heute.
30:56Wie immer, falls ihr
30:58Kommentare habt, gerne unten
31:00reinschreiben. Falls ihr Themenvorschläge habt,
31:02auch unten rein. Ansonsten sehen wir uns
31:04in zwei Wochen wieder, entweder hier auf der GameStar
31:06oder überall da, wo es gute Podcasts gibt. Bis dann.
31:08Ciao.
31:10Tschüss.
31:22Untertitel der Amara.org-Community

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