EU-Beschäftigungsgipfel: Das "Problem" rückt den Politikern auf den Pelz

  • vor 10 Jahren
Während des EU-Beschäftigungsgipfels in Mailand haben mehrere tausend Italiener haben gegen umstrittene Arbeitsmarktreformpläne der Regierung demonstriert. Unter anderem soll der Kündigungsschutz gelockert werden.

Nach einem Treffen der Arbeitsminister hat die italienische Ratspräsidentschaft die Staats- und Regierungschefs eingeladen, die Lage zu beraten.

Viele Demonstranten sind eher pessimistisch.

“Wenn wir so weitermachen mit dieser Sparpolitik wird der Süden Europas massakriert,” sagt einer, “ wir sehen ja, was in Spanien passiert, mit dem Arbeitsgesetz von Regierungschef Rajoy. Wir können unsere Währung nicht mehr abwerten. Dieses Gesetz entwertet die Arbeit, das gibt einen Wettlauf um niedrigere Gehälter, einen Krieg zwischen den Ärmsten.”

“Das bedeutet, wir rutschen alle in schwierige Lebensverhältnisse ab. Das ist das wahre Problem.”

“Es gibt auch noch andere Interessen, nicht nur die jungen Leute und die künftige Beschäftigung.”

Eine Frau:

“Der Fehler ist: Unsere Politiker haben uns ohne Industriepolitik regiert. Sie haben Italiens Pleite auf dem Gewissen.”

Fast 25 Millionen Männer und Frauen in der EU sind ohne Job – darunter fünf Millionen Jugendliche.

In Italien haben 44 Prozent der jungen Leute unter 25 Jahren keine Arbeit. Das Land ächzt unter einem unerwarteten Konjunktureinbruch. Die Stellen von rund zwei Dritteln der Arbeitnehmer gelten als
prekär; es gibt einen Wust aus Dutzenden rechtlich möglichen Formen von Arbeitsverträgen.

In Spanien ist die Rezession überwunden – laut
OECD wird die Arbeitslosigkeit hier bis 2015 stärker zurückgehen als in den anderen westlichen Industriestaaten. Aber: Während der Krise gingen in Spanien in sechs Jahren 3,7 Millionen Stellen verloren. Das zarte Jobwunder ist großteils dem Tourismus zu verdanken – einem Saisongeschäft.

Die höchste Arbeitslosenquote hat Griechenland, 27 Prozent. Viele gut Ausgebildete verlassen das Land.

“Wir haben genügend Geld, das noch nicht bei den jungen Leuten angekommen ist”, sagte die deutsche Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und forderte mehr Tempo bei der Bewilligung von Fördermitteln durch die EU-Kommission. Unter anderem geht es um die Jugendgarantie, die Unter-25-Jährige in Praktikum, Arbeit oder Ausbildung bringen soll. Dafür stehen sechs Milliarden Euro bereit. Laut EU-Kommission hilft diese Jugendgarantie im laufenden Jahr mehr als 350 000 Betroffenen.

Margherita Sforza, euronews:

“Eine Demonstration gegen die Sparpolitik, gegen Prekarisierung – der Protest bringt die Regierung Renzi in eine schwierige Lage. Europa verlangt von Italien mehr Strukturreformen.”

su mit dpa