Life is Strange: Double Exposure beschert uns endlich ein Wiedersehen mit Max Caulfield, der Protagonisten des ersten Serienteils. Inzwischen ist aber viel Zeit vergangen, nicht nur bei uns, sondern auch bei Max. In ihrem neuen Spiel nutzt Max aber wieder übernatürliche Kräfte, diesmal um einen Mordfall aufzuklären. Dabei funktioniert Double Exposure allerdings anders als das erste Life is Strange. Und es funktioniert auch nicht durchweg gut. Warum, das erklären wir im Test-Video.
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VideospieleTranskript
00:00Max Caulfield ist zurück! Neun Jahre nach dem gefeuerten ersten Life is Strange und
00:12mehreren Ablegern mit anderen Hauptfiguren lässt uns Entwickler Deck Nine endlich wieder
00:16in die Haut der sympathischen Fotografin schlüpfen. Schon allein die Ankündigung
00:20von Double Exposure ließ viele Adventure-Fans jubeln, denn die Rückkehr der altgedienten
00:25Heldin signalisierte, hier geht's zurück zu den Ursprüngen. In Double Exposure ist Max
00:30erwachsen geworden und versucht, sich auf der anderen Seite der USA ein geordnetes Leben
00:35aufzubauen. Doch das gerät durch einen mysteriösen Mordfall aus den Fugen. Das neue
00:40Life is Strange legt zu Beginn mächtig vor. Max, ihr Humor, die Welt, der Soundtrack – nahezu
00:45alles scheint perfekt. Doch auf den entscheidenden Metern geht dem Spiel ausgerechnet bei der Story
00:50die Luft raus. Mir hat Double Exposure trotzdem noch richtig gut gefallen. Warum? Das verrate
00:55ich euch jetzt im Test-Video. In Life is Strange Double Exposure ist Maxine Caulfield mittlerweile
01:1328 und Dozentin an der Caledon University, einer schicken Privat-Uni in Vermont. Nach
01:20ihren traumatischen Erlebnissen in Arcadia Bay findet Max auf dem Caledon Campus so etwas wie
01:25Normalität wieder. Doch dann wird ausgerechnet ihre beste Freundin Saffi ermordet. Weil die
01:32Polizei auf der Suche nach dem Mörder im Dunkeln tappt, muss Max selbst ermitteln.
01:36Praktischerweise kehren da ihre übernatürlichen Fähigkeiten zurück, die sie seit Jahren nicht
01:41benutzt hat. Allerdings mit einem kleinen Twist. Denn statt wie im ersten Life is Strange in der
01:47Zeit zurückzuspringen, wechselt Max jetzt zwischen zwei Zeitlinien hin und her. In der
01:52einen ist ihre Freundin Saffi tot und in der anderen lebt sie. Aber wer weiß, wie lange noch.
01:57Ausgestattet mit ihren neuen Fähigkeiten ist es an Max, den übernatürlichen Mordfall aufzuklären.
02:03Während unserer Ermittlungen erkunden wir den Caledon Campus, führen Gespräche, lösen Rätsel
02:09und schießen Fotos. Und das in beiden Zeitlinien. Die neue Kraft gewährt Max eine Art Ermittlersicht,
02:16die uns wahrnehmen lässt, was gerade in der jeweils anderen Zeitlinie passiert.
02:20Dadurch können wir unter anderem Gespräche belauschen und so pikante Geheimnisse erfahren.
02:24Die Ansicht zeigt uns aber auch bestimmte Zeitrisse an, an denen wir in die andere Welt
02:29übertreten können und so problemlos Hindernisse wie etwa verschlossene Türen umgehen. Ist ein
02:34Weg verbaut, wechseln wir einfach in die andere Welt, wo das Hindernis nicht existiert. Praktisch,
02:39Max kann beim Weltenwechsel auch erhaltene Gegenstände mitnehmen. Das hilft uns etwa,
02:44als wir eine Kamera vor den Griffeln eines misstrauischen Polizisten retten müssen.
02:48Die Rätsel sind in Double Exposure allesamt ziemlich simpel aufgebaut und lassen sich nach
02:53kurzem Überlegen mit wenigen Weltsprüngen lösen. Das Spiel ist dadurch angenehm zugänglich.
02:58Andererseits hätten es aber durchaus noch ein, zwei andere Rätseltypen sein können.
03:02Irgendwann wird das ganze Weltenwechseln dann doch ein bisschen öde. Unterschiedliche
03:06Schwierigkeitsgrade wie in manch anderen Adventures gibt es hier nicht. Weil Max jetzt
03:11nicht mehr in der Zeit zurückspringen kann, solltet ihr in Gesprächen übrigens besonders
03:16aufpassen. Einige Dialogoptionen sind in Double Exposure nämlich nicht so ganz eindeutig formuliert.
03:21So entscheidet ihr euch schnell mal für die falsche Antwort und stoßt eurem Gegenüber
03:26unbeabsichtigt vor den Kopf. Apropos Entscheidung, auch die spielen in Double Exposure natürlich
03:31wieder eine Rolle. Allerdings wurde die Mechanik gegenüber dem ersten Life is Strange merklich
03:35entschärft. Eure Wahl hat zwar Einfluss auf Gesprächsverläufe oder das Ergebnis einiger
03:40Szenen, an der übergreifenden Story ändert sich dadurch aber fast nichts. Double Exposure
03:45läuft nämlich unweigerlich auf ein festgelegtes Ende hinaus. Es gibt nur minimale Variationen.
03:50Ein moralisches Dilemma, von der Tragweite des Finales im ersten Life is Strange fehlt.
03:55Immerhin könnt ihr über die Kapitelwahl im Hauptmenü jederzeit abgeschlossene
03:59Handlungsteile noch einmal erleben und dabei herausfinden, was andere Entscheidungen bewirkt
04:03hätten. Die Geschichte von Life is Strange Double Exposure fesselt wie schon in den Vorgängern
04:08von Anfang an. Das liegt vor allem an der klassegeschriebenen Hauptfigur. Die neue Max
04:12Caulfield ist älter und deutlich selbstbewusster als die schüchterne Highschool-Schülerin des
04:17ersten Teils. In den vergangenen zehn Jahren hat sich Max weiterentwickelt, ist viel rumgekommen
04:21und hat sich ein eigenes Leben aufgebaut. Ihren eigenwilligen Sinn für Humor hat sich Max aber
04:26behalten. Bis auf wenige Ausnahmen sind auch die Nebenfiguren glaubhaft geschrieben. In
04:35Caledon hat wirklich jeder eine sprichwörtliche Leiche im Keller und die graben wir nach und
04:40nach aus. Vor allem die ersten drei von insgesamt fünf Akten sind bei Double Exposure richtig
04:46gelungen. Das Erzähltempo passt, jedes Kapitel endet mit einem ordentlichen Plottwist. Dann
04:51begeht Double Exposure allerdings einen Fehler und verliert in den letzten beiden Kapiteln den
04:56Fokus der eigenen Story aus den Augen. Ein zentraler Charakter handelt auf einmal völlig
05:00irrational. Einige Story-Details werden nie richtig aufgeklärt. Double Exposure legt zwar
05:06viel vor, bringt die Ansätze aber selten zu Ende. Viele Fragen werden entweder ignoriert
05:11oder nur ziemlich unbefriedigend beantwortet. Ärgerlich ist es vor allem, weil das Spiel mit
05:16seinem Ende den Eindruck erweckt, als wolle es lediglich den Weg für eine kommende Fortsetzung
05:20bereiten. Damit wir euch nicht spoilern, gehen wir hier nicht weiter ins Detail. Im Test waren
05:25wir vom Finale aber mächtig enttäuscht. Zudem zieht das Erzähltempo in den letzten beiden Akten
05:30deutlich an und wird plötzlich übertrieben gehetzt. Statt gemütlich den Campus zu erkunden,
05:35werden wir nur noch durch die einzelnen Szenen gepeitscht. Das sorgt zwar für Spannung,
05:38kann aber auch nicht über die wackelige Handlung hinwegtäuschen. Ein Detail,
05:42das übrigens überraschend wenig ins Gewicht fällt, ist das Schicksal von Chloe. Wir dürfen
05:47am Anfang von Double Exposure zwar selbst entscheiden, welches Ende von Life is Strange
05:501 wir als kanonisch betrachten, großen Einfluss auf die neue Handlung hat das aber nicht. Einige
05:56Fans wird das sicher stören. Im Test fanden wir diese Entscheidung aber gerade deswegen erfrischend,
06:01weil sich das Spiel damit deutlich vom Vorgänger abnabelt. Allerdings zitiert Double Exposure im
06:06Finale dann doch permanent mit Rückblenden und Bezügen den ersten Teil. In puncto Optik macht
06:13das neue Life is Strange dagegen alles richtig. Der Aquarell-Look mit seinen warmen Farben ist
06:18angenehm einladend. Das winterliche Vermont gibt uns beim Spielen die ganze Zeit das wohlige Gefühl,
06:24dass jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, es sich mit einer Tasse Kakao auf der Couch gemütlich zu
06:28machen. Besonders die gelungene Beleuchtung und die lebendigen Gesichter der beiden
06:32Hauptfiguren stechen hervor. Grobe Holzschnittmimik wie in Teil 1 suchen wir hier vergebens. Wenn
06:38Meg sich freut oder ärgert, dann können wir das gut in ihrem Gesicht sehen. Klasse. Auch
06:44die Performance stimmt soweit. Bei einigen Weltenwechseln und Dialogsequenzen ging die
06:49FPS-Zahl zwar schon mal von flüssigen 60 auf 45 Frames runter, dem Spielspaß tut das aber
06:54keinen Abbruch. Doch so schick die Caledon Uni auch aussieht, so eingeschränkt ist auch unsere
07:00Bewegungsfreiheit. Den Mordfall lösen wir zwischen Unikneipe, Park und Hauptgebäude und erleben die
07:05Schauplätze höchstens mal zu unterschiedlichen Tageszeiten. Die Orte sind zwar alle liebevoll
07:10gestaltet und randvoll mit versteckten Details, aber irgendwann wünschen wir uns, wir könnten
07:15auch mal andere Ecken von Lakeport erkunden. Großartig ist dafür, wie immer bei Life is Strange,
07:21der Soundtrack. Die Lieder englischsprachiger Independent-Künstler untermalen stilsicher die
07:26Ruhigen und Intimen, aber auch die aufgewühlten Momente von Double Exposure. Hin und wieder
07:30legten wir sogar Maus und Controller aus der Hand, um einfach mal ein Weilchen zuzuhören.
07:35Für solche Momente hatte die Reihe ja schon immer ein gutes Auge.
07:38Wäre bei Double Exposure doch bloß alles so harmonisch, ist es aber nicht. Denn unterm
07:49Strich fühlt sich das Spiel an wie zwei Teile eines Puzzles, die schlecht zusammenpassen. Auf
07:53der einen Seite sind da ein starker Anfang, spannender Prämisse, tollem Spielgefühl und
07:58denkwürdigen Charakteren. Auf der anderen Seite stellt ausgerechnet das Ende diesem eigentlich
08:04guten Spiel ein Bein. Dass die Entwickler hier auf Teufel komm raus noch einen überraschenden
08:08Plotwist einbauen wollten, schadet nämlich dem Gesamteindruck. Das Ende wirkt deplatziert,
08:13gehetzt und verwirrend und dürfte mit seiner unverhohlenen Andeutung eines Nachfolgers
08:17vielen Fans sauer aufstoßen. Trotzdem ist Life is Strange Double Exposure kein schlechtes Spiel.
08:23Die Ermittlungen auf dem Caledon Campus machen richtig Spaß und verbessern konsequent das
08:28Spieldesign der Vorgänger. An das grandios erzählte Erstlingswerk kommt Double Exposure
08:33allerdings nicht ganz heran.