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Ihre Stimmen könnten über Sieg oder Niederlage entscheiden. Was bewegt die Latino-Community kurz vor den Präsidentschaftswahlen in den USA?

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Transkript
00:00Sie könnten bei den US-Präsidentschaftswahlen eine entscheidende Rolle spielen.
00:10Ladinos machen 15% der Stimmberechtigten im Land aus, eine heiß umkämpfte Wählergruppe,
00:15die beide Kandidaten auf ihre Art gewinnen wollen.
00:18Aber kann man bei einer so diversen Gruppe überhaupt von einem Latino-Vote sprechen?
00:33Die Menschen nach Bevölkerungsgruppen aufzuteilen, dient nur dazu, die Gesellschaft zu spalten.
00:39Manche unterstützen stärker die eine Seite, manche die andere.
00:44Es gibt kein Latino-Vote, es gibt nur einen US-Amerikanischen-Vote.
01:01Unsere Reise beginnt in Miami, einer Stadt, in der mehr Spanisch als Englisch gesprochen wird.
01:06Mehr als 65 Millionen Menschen, fast ein Fünftel der gesamten US-Bevölkerung, sind heute Latinos.
01:12Sie kommen aus Ländern wie Mexiko, El Salvador oder Kuba oder aus dem US-Außengebiet Puerto Rico.
01:18Ihre Stimmen könnten bei den Präsidentschaftswahlen eine entscheidende Rolle spielen.
01:22Welche Themen sind Ihnen wichtig und wie blicken Sie auf das Land?
01:27Um das herauszufinden, besuchen wir drei Bundesstaaten, in denen Latinos eine besondere Rolle spielen.
01:33Pennsylvania, Kalifornien und Florida.
01:37Hier in Miami lebt Maida Jolly.
01:40Sie ist in der Dominikanischen Republik aufgewachsen und nach dem Jurastudium in den 90er Jahren in die USA ausgewandert.
01:47Manchmal bleiben die Leute einfach nur stehen, um zu gucken.
01:51Hinten auf dem Auto steht Trump. Auf der Seite steht Trump.
01:55Vorne steht Trump. Und selbst auf der anderen Seite steht auch Trump.
01:59Neulich habe ich das Fenster runter gemacht und ein Mann hat gesagt,
02:03Ernsthaft, Trump, er wird verlieren. Und ich nur, was geht dich das an?
02:10Obwohl sie selbst in die USA eingewandert ist, unterstützt sie die strikte Migrationspolitik von Republikaner Donald Trump.
02:17Wenn Trump sagt, dass er massenhaft abschieben wird, dann ist das nötig.
02:24Wenn es in den nächsten drei, vier Jahren massive Zuwanderung gibt, braucht es auch massive Abschiebungen.
02:30Und wir sprechen nicht von den Menschen, die bereits hier waren.
02:33Alle Menschen, die in den letzten drei Jahren hergekommen sind, haben hier nichts zu suchen.
02:41Als Anwältin für Einwanderungsrecht hilft sie Menschen, die legal ins Land kommen oder den Anspruch auf ein dauerhaftes Bleiberecht haben.
02:48Außerhalb von Miami hat sie heute einen Termin mit einer Mandantin.
02:52Mein Lieber, kann ich hier parken? Als ich letztes Mal hier war, haben sie mich gebeten, meine Flagge abzunehmen.
03:01Da sind sie. Seht ihr sie? Das sind die Protestierenden. Eine Familie. Sie hassen mich, ich hasse sie auch.
03:10Vor der Einwanderungsbehörde warten Dutzende Menschen auf ihren Termin.
03:15Die Menschen, die in der Schlange stehen, beschweren sich, dass ich als Anwältin eine Flagge habe und deshalb ihre Gefühle verletze?
03:25Ich bitte dich. Ich bin US-Amerikanerin. Sie sind es nicht.
03:32Aber meine Mandanten lieben mich, weil sie wissen, dass ich für sie kämpfe und es spielt keine Rolle, ob ich Trump unterstütze.
03:39Das ist sogar besser für sie, denn wenn sie wissen, dass ich an Trumps Seite stehe, werden sie sich denken, wenn sie Trumps Freundin ist, wird er mir nichts antun.
03:48Sie sind schlau.
03:54Wo ist meine Mandantin?
04:01Ihre Mandantin kommt aus Guatemala und will dauerhaft in den USA bleiben. Ihre Kinder sind hier geboren und sind damit im Gegensatz zu ihr Staatsbürger.
04:10Der Auftritt der Anwältin, die sich klar für Donald Trump positioniert, stößt bei vielen hier auf Ablehnung.
04:16Was die Anwältin hier macht, ist schlecht. Das ist Wahlbeeinflussung.
04:21Trump sagt, dass Migranten Haustiere essen, dass er alle deportieren will.
04:28Alle sind jetzt in Gefahr. Und sie kommt mit dieser Trump-Flagge hierher.
04:35Es ist ein Bundesgebäude. Das sollte nicht erlaubt sein.
04:42Regelmäßig treffen sich Aktivisten vor dem Gebäude der Einwanderungsbehörde.
04:46Sie wollen den Migranten nicht nur Essen und Trinken, sondern auch Hoffnung geben.
04:50Unsere Reise führt uns von Florida nach Kalifornien, in den Heimatbundesstaat von Kamala Harris.
04:57Nördlich von San Francisco lebt Amelia Secher, die Mexiko mit ihrer Familie vor mehr als 50 Jahren verlassen hat, um hier im Napa Valley einen Neustart zu wagen.
05:08In nur einer Generation hat es die Familie Secher geschafft, sich von einfachen Weinbergsarbeitern hochzuarbeiten.
05:15Heute besitzen sie selbst eine Weinkellerei.
05:19Das ist Pedro, mein Mann, sein Bruder Armando, das bin ich und das ist meine Schwägerin Marta.
05:26Ohne uns Immigranten, vor allem die aus Mexiko, denn mehr als 90 Prozent der Feldarbeiter in den Weinbergen stammen aus Mexiko,
05:34gäbe es keinen dieser köstlichen Weine, die wir herstellen und kein Essen auf unserem Tisch, weil die Einwanderer bereit sind, all die harte Arbeit zu leisten.
05:46Harte Arbeit, die sich nicht immer auszahlt. Eingewanderte Feldarbeiter sind besonders oft von Armut betroffen.
05:53Winzerei-Besitzer mit lateinamerikanischen Wurzeln wie Amelia sind eine Seltenheit.
06:00Kein Wunder, dass für viele Latinos Themen wie Inflation, Lebenshaltungskosten oder das Gesundheitssystem eine wichtige Rolle spielen.
06:08Für Amelia ist die Wahlentscheidung aber keine Frage der Herkunft.
06:15Wir alle wollen Sicherheit und wollen alle das Gleiche für unsere Familien, sicher und geschützt zu sein, Essen und Zugang zur Bildung.
06:25Es sind universelle Dinge, die wir uns alle wünschen.
06:31Dass es schwer ist, bei einer so diversen Gruppe von einem Latino-Vote zu sprechen, glaubt auch die Expertin Anna-Sophia Pillais aus Florida.
06:38Wenn man an Gesundheitsversorgung und Bildung denkt, sind das Dinge, die alle beschäftigen und beunruhigen.
06:44Wir haben dieselben Sorgen wie viele US-Amerikaner, Wohnen oder Verkehr etwa oder der Klimawandel, der vor allem den Menschen in Südflorida Sorgen bereitet.
06:53Wenn man bedenkt, wo wir leben und was wir bereits erlebt haben.
06:58Seit acht Jahren setzt sie sich mit der NGO Miami Freedom Project dafür ein, dass mehr Latinos wählen gehen.
07:04Und auch, dass deren Bedürfnisse nicht nur in Zeiten des Wahlkampfs von den Parteien beachtet werden.
07:10Wenn man denkt, man könnte Latinos für sich gewinnen, nur weil man sie auf Spanisch anspricht,
07:17dabei aber nicht über Wohnraum, die Wirtschaft oder ihre Sorgen zum Klimawandel spricht und ihnen nicht zeigt, dass es Chancen in einer grünen Wirtschaft für sie gibt, dann hat man sich getäuscht.
07:27Was geht, Kumpel? Schön, dich zu sehen. Ihr seid im Abschnitt 428.
07:35Ihr seid direkt hinter der High School. Habt ihr eure Nummer schon?
07:40Ihr beendet die Show, das ist da hinten.
07:43In anderthalb Stunden müssen alle bereit sein.
07:47Wir sind in Philadelphia, im Bundesstaat Pennsylvania. Die jährliche Puerto Rican Pride Parade ist für Adonis Banegas ein Highlight.
07:54Er leitet die NGO Concilio, die sich für die Latino-Community in der Stadt einsetzt.
07:59Wir sind ein Teil dieser Stadt und sind stolz auf sie, wie man an meinem Hut erkennen kann.
08:04Die Puerto Ricaner tun so viel für die Gemeinde und an diesem besonderen Tag feiern wir alle Latinos, alle Puerto Ricaner in und um Philadelphia.
08:12Pennsylvania gilt als eine der wichtigsten Swing-States bei dieser US-Wahl. 2016 gewann hier die Republikaner, 2020 die Demokraten.
08:22Die große Latino-Community in Pennsylvania könnte einen entscheidenden Einfluss darauf haben, wer hier dieses Jahr das Rennen macht.
08:29Doch auch hier sind die Latinos keine homogene Wählergruppe.
08:33Natürlich hat jede Geschichte zwei Seiten. Es gibt Menschen, die die eine Seite stark vertreten und solche, die die andere Seite unterstützen.
08:41Wir und unsere Partner mutigen die Menschen hier in Philadelphia, sich zu registrieren und wählen zu gehen.
08:46Das ist unser Hauptanliegen für alle Menschen in Philadelphia und besonders für die Latino-Wählerschaft.
08:54Am Rande der Parade wird natürlich auch Wahlkampf gemacht.
08:57Obwohl die Mehrheit der Latinos in den USA in der Vergangenheit die Demokraten gewählt hat, zeigen jüngste Umfragen einen Rückgang der Zahlen.
09:03Unterstützer von Kamala Harris legen sich daher noch einmal mehr ins Zeug.
09:07Unser Schwerpunkt liegt auf den 250 Millionen Latinos in Pennsylvania, die 2020 gewählt haben. Wir wollen diese Zahl auf etwa 350 Millionen erhöhen.
09:17Wir wollen Latinos für die Wahl von Kamala Harris im November mobilisieren.
09:27Zurück in Miami.
09:32Auch in ihrem Büro in der Anwaltskanzlei macht Maida Jolly kein Geheimnis aus ihren politischen Ansichten.
09:38Einen Widerspruch zu ihrer Arbeit sieht sie nicht.
09:45Ein Widerspruch entsteht dort, wo ein Einwanderungsanwalt Anrufe aus dem Ausland entgegen nimmt, um jemandem zu helfen, illegal in die USA zu kommen.
09:54Ab diesem Zeitpunkt ist das kein Einwanderungsanwalt mehr, sondern nur ein Menschenschmuggler mit einem Titel.
10:03Auch Maida lehnt es ab, Wählergruppen nach ihren Wurzeln zu kategorisieren. Für die Anwältin ist nur eines entscheidend.
10:11Es gibt kein Latino-Vote. Es gibt ein US-Amerikanischen-Vote. In diesem Schmelztiegel gibt es Latinos, Schwarze, Frauen, die wählen.
10:22Es gibt keine Stimmen, die man in irgendeine Schublade stecken sollte. Es sind die US-Amerikaner, die wählen gehen.
10:29Und sie werden denjenigen wählen, der dieses Land wieder großartig machen wird.
10:41Maida hat in einem Radiointerview Freiwillige dazu aufgerufen, sich in Wahlkampfbüros der Republikaner zu engagieren. Dort will sie sich nun umschauen.
10:50Diese enttäuschte Wählerin hat ein geschlossenes Wahlbüro vorgefunden. Kurzerhand ruft Maida die Verantwortliche an.
10:57Hallo Maira, wie geht's dir?
10:59Ich habe heute im Radio einen Aufruf gemacht, damit mehr Freiwillige kommen. Nun stehe ich hier mit einer und es ist alles geschlossen.
11:07Nein, nein, nein, in drei Wochen sind die Wahlen und hier ist alles wie ausgestorben. In den Häusern ist kein einziges Schild für Donald Trump zu sehen. Die Kampagne von Donald Trump ist tot.
11:17Die Republikaner gehen offenbar fest von einem Sieg in Florida aus und konzentrieren sich auf andere Bundesstaaten.
11:25Sie nehmen die Bundesstaaten, von denen sie glauben, dass sie sie gewonnen haben, als selbstverständlich hin. Das ist ein Fehler.
11:32Auf ihrem Weingut in Kalifornien hat Familie Seca zu einem großen Fest während des Hispanic Heritage Month geladen.
11:38Dabei soll heute eins nicht zu kurz kommen, bei Wein und mexikanischem Essen die eigene Kultur und Geschichte feiern.
11:44Wir sollten nicht vergessen, Wein und Essen bringen Menschen zusammen. Wir können hier mit unterschiedlichen Generationen zusammen sein, uns unterhalten und uns über unterschiedliche Standpunkte austauschen.
12:02Ich bin Mexikanerin, aber ich fühle mich in meiner Wahlheimat zu Hause und ich habe alles angenommen, was an beiden Kulturen wirklich wunderbar ist.
12:12Zu Hause in zwei Welten. Ein Gefühl, das trotz aller Unterschiede viele Latinos in den USA gemeinsam haben.

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