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00:00Ich habe ein Immunsystem. Ihre Maske, diese Schlage, diese Maske trage ich in mir. Das ist mein Immunsystem.
00:08Was haben selbsternannte Querdenker in einem Crime-Format zu suchen?
00:14Kein Tragen einer Maske ist schließlich nur eine Ordnungswidrigkeit.
00:18Mein Name ist Christina Pohl. Ich starte die Aufnahme und wir sind im Verhör.
00:30In dieser Episode wollen wir uns dem Spektrum der Querdenker, der sogenannten Querdenker widmen.
00:46Wir wollen uns anschauen und herausfinden, wie gefährlich die Szene der Verschwörungsfanatiker geworden ist.
00:52Dazu sind zum Verhör erschienen Marie Groß, Reporterin bei SPIEGEL TV,
00:58Henrik Neumann, Reporter bei SPIEGEL TV und Matthias Quendt, Rechtsextremismus-Experte.
01:05Schön, dass ihr der Einladung zum Verhör befolgt seid.
01:10Marie und Henrik, ihr wart von Anfang an bei den Demos dabei.
01:14Was ich mich immer gefragt habe bei all den ganzen Demos, die ihr so gedreht habt,
01:18da sind ja so wahnsinnig viele unterschiedliche Leute zu sehen zumindest.
01:23Was ist euch da über den Weg gelaufen? Welche gesellschaftlichen Gruppen und wie passen die alle unter einen Hut?
01:29Also ich weiß noch, als ich Anfang August in Berlin zu einer der ersten richtig großen Demos gekommen bin, war ich richtig irritiert.
01:40In meinen Augen hatte ich das Gefühl, weil man muss sich ja noch mal vergegenwärtigen, dass es im absoluten Lockdown war,
01:46kein Impfstoff, wir mit einem Virus zu tun hatten, bei dem alle unsicher waren, alle nicht wussten, was passiert da gerade.
01:54Und es war wie so eine abgedriftete Orgie. Also Entschuldigung, dass ich das so ausdrücke,
01:59aber weil ich wirklich am Anfang nicht verstanden habe, okay, was passiert da gerade?
02:04Man hat irgendwie Esoteriker, tanzende Hippies und dann aber ganz klar Hools, Neonazis, Reichsbürger,
02:13die alle zusammen marschieren und auch wirklich johlend, skandierend feiern in Berlin,
02:18wo die ganze Stadt eigentlich lahmliegt und still ist und sich jeder isoliert.
02:23Und ich habe das, muss ich sagen, am Anfang nicht zusammenbringen können.
02:29Inzwischen versteht man da die Verbindung, aber am Anfang weiß ich noch, dass ich echt dachte, okay, was passiert hier gerade?
02:44Ich leide ja selbst manchmal unter Corona, aber ich glaube, Jesus möchte kommen mit neuem Licht und mit neuer Hoffnung.
02:53Wie 1989, genau dasselbe. Es ist aber noch viel bewegender als 1989.
03:02Unsere Nahrung sind in der Lücke verschwindet, in Jesu Nahrung.
03:05Vollständige Beherstellung in alle Bereiche, Gott sei Dank. Danke, Heiliger Geist, dass du dadurch und dass du dich jetzt verherrlichen kannst.
03:12Weg mit dieser Systeme, weg mit dieser BRD, weg mit diesem Verbrecherpakt.
03:17Wir wollen unseren Kaiser zurück. Wir wollen zurück auf Ehrlichkeit, auf Menschlichkeit. Nicht mehr.
03:23Wer denn dann der Kaiser? Wer ist denn der Kaiser?
03:25Der Friedrich von Preußen.
03:27Da ist das Loch. Spiegel TV. Schönen guten Tag.
03:30Sind ja doch Rechtsextreme heute hier.
03:35Was machen die denn heute hier?
03:37Gegen Hetze der Medien aufstehen.
03:39Halt euch ein! Halt euch ein!
03:44Schönen guten Tag. Wird ja immer gesagt, hier sollen viele Rechtsextreme aus sein. Haben Sie welche gesehen?
03:53Keine gesehen? Warum sind Sie denn heute hier?
03:57Nimmst die Kamera runter und macht sie weg, ja.
03:59Die Zeit hat ja auch gelehrt, dass natürlich immer diese Fokussierung darauf, das sind jetzt alles nur Rechte, die da unterwegs sind, das ist natürlich totaler Quatsch.
04:08Wen hast du denn da gesehen zum Beispiel?
04:10Da sind wirklich von Hare Krishna Fans über Esoterika, aber natürlich auch ganz normale Bürger, die da unterwegs sind.
04:20Wir haben mit dem Verfassungsschutzpräsidenten mal darüber gesprochen und der hat gesagt, dass es eben nicht mehr nur noch das Lager Linksextrem, Rechtsextrem für den Verfassungsschutz gibt,
04:29sondern dass sie da schon eine neue Sparte aufmachen mit Leuten, die eben Demokratiefeinde sind.
04:33Und das ist schon, was wir da glaube ich auch an vielen Stellen gesehen haben.
04:38Es ist ja wirklich teilweise auch, wenn man an diese große Veranstaltung in Berlin denkt oder so, da hattest du auch einfach das Gefühl, dass da Leute aus älteren Semestern unterwegs waren,
04:47die jetzt irgendwie wieder Revolution machen wollen und die jetzt für irgendwas aufstehen wollen und sagen wollen, komm wir hauen jetzt mal auf den Tisch.
04:54Und gleichzeitig hast du dann auch, wie schon gesagt, da echte Neonazis rumrennen gehabt.
05:00Herr Söhner, Spiegel TV, den ganzen Weg aus Österreich hingekommen.
05:03Sehr verständlich.
05:04Wird ja immer gesagt, hier sind keine Rechtsextremen. Was machen Sie denn denn hier?
05:06Ich sehe keine Rechtsextremen.
05:07Steht da einer vor mir?
05:08Nee, ich sehe nur die Lügenpresse vor mir.
05:10Spiegel TV, hier sind keine Extremisten, wir sind friedliche Patrioten und wir haben das Recht heute zu demonstrieren.
05:17Sie sind der Sprecher der Identitären Bewegung?
05:19Österreich.
05:20Ja.
05:21Ja.
05:22Keine Rechtsextremen?
05:23Natürlich nicht.
05:24Warum sind Sie denn heute hier? Sind Sie Corona-Experte?
05:25Nein, ich bin heute hier, weil ich weiß, dass Merkel nicht will, dass ich hier bin.
05:30Ich bin heute hier, weil die Globalisten, weil die Elite in Deutschland nicht will, dass das Volk auf die Straße geht.
05:35Genau deswegen bin ich heute hier, um ihnen zu zeigen, dass ich mich nicht ihrem Willen unterwerfe.
05:39Das Spannende fand ich irgendwie auch in solchen Situationen, oder das Irritierende, dass eben dann so Hool-Gruppen einen antreiben mit Rufen wie Lügenpresse,
05:47irgendwie, dass wir abhauen sollen und dann, weiß ich noch, kam, das war so eine Situation, die echt unangenehm, also was heißt unangenehm, gewohnt inzwischen, aber eben so ein bisschen anstrengend war.
05:57Und dann kommt eine Frau in so eben auch Partyklamotten lächelnd an und sagt, ist das nicht eine wunderschöne Demonstration hier?
06:06Und guckt einen so an und sagt irgendwie auch mit sehr eindrücklichem Blick irgendwie und zeigt auch, dass es irgendwie um Demokratie geht und dass wir nicht Nazis sind.
06:15Und man denkt sich so, hast du das gerade gesehen? Also ich glaube, das Spannende ist ja eben auch unter diesem Begriff, wir sind alle Menschen, das war ja dann auch oft, dass das kam.
06:24Wir sind doch alle Menschen. So wenn man gefragt hat, Entschuldigung, da laufen Hools, stört Sie das nicht? Oder laufen Nazis oder Reichsbürger?
06:30Wir sind alle Menschen. Und dieses, dass man einmal diesen Gedanken hat, wir alle gegen einen Feind, egal wer da mitläuft und auch das Gefühl, wir wehren uns gerade.
06:42Womit sie ja auch ihre Attacken oder ihren Hass auf uns, glaube ich, legitimieren oft. Also indem sie sagen oder indem eigentlich eher so ein Gefühl von Notwehr herrscht bei denen, nicht unbedingt Hass, glaube ich, oft.
06:55Und Angst vielleicht auch?
06:56Absolut.
06:57Hast du Angst? Haben Sie da mal geforscht, haben Sie mal geguckt, was ist in den Gehirnen der Leute los, die vielleicht sich sonst eher der linken Szene zurechnen,
07:06vielleicht esoterisch unterwegs sind und dann auf einmal Seite an Seite mit irgendwelchen randalierenden Hools gehen und irgendwas von Liebe erzählen? Was ist da los?
07:15Also zum einen ist das ja historisch leider nicht ganz so etwas Neues. Das gab es schon in der Weimarer Republik, den Versuch, eine Allianz gegen den verhassten Globalismus, wie es auch heute wieder heißt, zu schmieden, damals schon antisemitisch.
07:27Wir hatten 2010 die Proteste in Stuttgart, wo die Wutbürgerbewegung gegen Stuttgart 21, sehr nachvollziehbar, dass man sich gegen so ein Projekt zur Wehr setzt, aber auch da hat man solche Szenen gehabt.
07:39Und ein gesteigertes Misstrauen in Staat, in Behörden, in Polizei, eher aus linken Spektren.
07:44Auch damals schon, wir hatten Pegida, wo diese Gewaltexplosion gegen Journalistinnen und gegen Minderheiten von vermeintlich normal aussehenden besorgten Bürgerinnen und Bürgern auf nicht nur den Straßen von Dresden, sondern auch auf anderen stattgefunden hat.
07:57Und was wir hier sehen, ist in dem Ausmaß schon noch etwas Neues, dem würde ich zustimmen, auch wenn es das 2014 Montagsmahnwachen für den Frieden, diese Querfrontbestrebungen zwischen links und rechts und alle, die irgendwie gegen die da oben sind, müssen jetzt zusammenhalten.
08:13Dass das lange gewachsen ist und nicht jetzt auf einmal explosiert ist.
08:17Ich glaube, eine Sache, die die Menschen dort durchaus zusammenbringt, ist ein durchaus auch aus unserer Gesellschaft, aus einer neoliberalen Vorstellung, der Staat hat sich eben rauszuhalten aus unserem Leben kommenden Abwehr von jeglichen Eingriffen.
08:31Und dahinter können sich dann Globalisierungs- und Kapitalismuskritiker genauso versammeln wie Esoterikerinnen, die sagen, wir müssen alles individuell und mit Achtsamkeit lösen, was ja im Zweifelsfall nichts Schlechtes ist, aber natürlich in so einer politischen Art und Weise für eine globale gesellschaftliche Krise völlig ungeeignet ist.
08:47Und so entsteht im Grunde eine aus Individualismus, aus völkischem Denken, aus libertären Vorstellungen sich zusammenfassende Demokratie und Staatsfeindlichkeit, die eigentlich sagt, es gibt sowas wie Gesellschaft gar nicht, es gibt nur uns Individuen.
08:59Und das ist ein sehr, sehr gefährliches Denken, wenn wir auch an andere Krisen denken, wenn wir an die Klimakrise denken, wenn wir an geopolitische Gewaltkonflikte, die Russlandkrise denken, die Vorstellung, wir sind alles nur Menschen, greift dann doch auf eine im Grunde antipolitische Art und Weise ja viel zu kurz.
09:15Also ich finde, das ist alles eine ziemlich weite Range, die wir da haben, wo die zusammenfinden unter einem Aluhut. Wir haben den Sektenbeauftragten, beziehungsweise du hast den Sektenbeauftragten des Landes Baden-Württemberg dazu befragt, Michael Blume.
09:32Der wird uns in dieser Folge und immer wieder begleitend dabei in dieser ganzen Staffel zur Seite stehen, wenn es um übergeordnete Fragen steht. Auch darum zum Beispiel, wie passen die doch sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen zusammen?
09:47Ich bezeichne Teile von Querdenken als digitale Sekte. Es sind Mitbach-Sekten sozusagen. Umso mehr sie da rein investieren, umso tiefer rutschen sie rein. Und früher musste man, da gab es das auch schon, da mussten sie in der Partei beitreten, in der Rechtsextremen beispielsweise oder an irgendeinem Stammtisch immer wieder zusammenkommen und mussten sich also richtig bewegen.
10:07Heute können sie das alles vom heimischen Computer aus. Und umso mehr sie da reingebuttert haben, umso mehr sie sich committet haben. Und wenn sie dann auch noch Geld da reingeben, dann wird das sozusagen immer, immer stärker. Es wird ein Teil ihrer Identität. Die Leute treffen sich zu Demonstrationen, das ist wie ein Gottesdienst, dass sie sich gegenseitig von ihrer Realität überzeugen.
10:26Und dann laufen die Leute auf einer angemeldeten und genehmigten Demonstration, geschützt von der Polizei, durch die Stadt und brüllen Freiheit. Und merken überhaupt nicht, dass das für jeden, der daneben steht, völlig widersprüchliches Verhalten ist. Weil man versichert sich selber der Realität.
10:42Wenn ich hier auf der Straße bin mit den tausenden anderen, dann bestätigen wir uns, dann ist es wie so eine Art Gottesdienst. Wir haben den Feind, wir haben unsere Erlöser oder Anführer und eigentlich ist dann egal, ob neben mir ein Nazi betet oder nicht. Es ist hauptsache, man hat den gleichen Konsens.
10:58Also das Dach ist sozusagen nicht eine Ideologie, sondern das Feindbild im Grunde genommen. Also man hat nichts Positives, was man teilt, sondern es ist eher, es ist der Feind, der irgendwo ausgewandert wird.
11:09Genau, und das Spannende ist ja auch deswegen, wenn man als Journalist da hingeht, sind wir eigentlich die Aggressoren. Also das ist ja das Absurde oder das Schizophren in gewisser Weise. Wir werden auf den Demos oder für uns ist das Gefühl so, okay, wir werden gerade attackiert oder angeschrien oder ganze Pulks um uns rum, die uns irgendwie anschreien oder eben auch angreifen.
11:33Ihr seid doch gegen das Volk! Wir haben Respekt! Wir haben Respekt! Wir haben Respekt! Lügenpresse! Lügenpresse! Lügenpresse! Lügenpresse!
11:49Für die sind wir die Aggressoren oder die, die provozieren und die, die eigentlich auch Angst machen, die zum Feind dazugehören zu diesem Bild.
11:57Solche Podcasts dienen ja dann auch manchmal dazu, eigene Erfahrungen zu teilen und das sieht man in unseren Beiträgen ja glaube ich oft nur sehr begrenzt, weil du siehst natürlich in dem Beitrag, dass da schreiende Menschen sind.
12:08Wie diese Bilder aber natürlich entstehen, ist schon so, dass wir da mit dem Kamerateam sozusagen im Auge des Orkans stehen. Also das passiert dann schon, wenn irgendeine Szene ist, dann stehen plötzlich 80, 90 Leute um dich herum und die schreien und du versuchst dich irgendwie darauf zu konzentrieren, was da gerade passiert.
12:24Du hast aber, also bei SPIEGEL TV laufen wir jetzt nicht ständig mit Bodyguards rum oder so. Du merkst nicht, was hinter dir passiert. Das ist eine...
12:32Man muss dazu sagen, du filmst auch selbst. Das heißt, das ist ja jetzt hier auch nicht ganz ungefährlich, weil man guckt die ganze Zeit durch die Linse und hat keinen Blick nach hinten.
12:41Absolut. Aber auch sonst für die Kameramänner und für die Redakteure, die auch mit da drumherum stehen, du bist da einer Masse von Menschen ausgesetzt und es ist wirklich bedrohlich.
12:51Und was mich oft verwundert ist, dass die Leute, die dort drumherum sind, wie gesagt, ich rede da nicht von einer Neonazi-Demo, wo du davon ausgehen kannst, dass das passiert, sondern dass da wirklich ganz normale Mütter, Väter sind, die dich mit einer Aggression anschreien, als ob ich ihnen gerade irgendwie das Auto weggenommen hätte oder irgendwas. Es ist wirklich surreal und echt beengstigend.
13:15Aber das hängt zusammen und das ist ja auch die besondere Gefahr. Diese Wahrnehmung, wir sind in einem Widerstand, wir sind in einem Abwehrkampf. Wir müssen hier, je nachdem wie ideologisiert, wir müssen verhindern, dass wir alle vergiftet werden durch Impfungen oder durch Massen, dass wir umgebracht werden. Also dieses Widerstands-Narrativ, dieses Notwehr-Narrativ, das wird immer wieder von allen radikalisierten Milieus herangezogen, um Gewalt zu rechtfertigen und auch zu begründen.
13:37Da entsteht ein Handlungsdruck. Wir müssen jetzt handeln und wenn wir es nicht mit demokratischen Mitteln schaffen, dann eben notfalls mit Gewalt. Und dieses Radikalisierungspotenzial, was sie dann als Journalistinnen direkt abkriegen, das ist eine große Gefahr, die in diesem Spektrum mitschwingt, bis hin zu terroristischen Anschlägen, die wir ja auch schon gesehen haben.
13:53Was ich mich frage ist, also so habe ich das zumindest von außen empfunden, dass die Taten immer drastischer werden. Es gab in Idar-Oberstein den Mann, den Corona-Leugner, der den Tankwart erschossen hat. Der war 20 Jahre alt, der hat das wahrscheinlich nur als Job nebenher gemacht.
14:09Ein Student.
14:10Ein Student, weil er ihn auf die Maskenpflicht hingewiesen hat. Das ist ja schon sehr dramatisch, finde ich. Der mutmaßliche Täter, sagte ich hinterher, wollte damit ein Zeichen setzen. Das fand ich ziemlich unheimlich, ehrlich gesagt.
14:23Politiker bekommen Morddrohungen. Sie bekommen wahrscheinlich auch ziemlich unfreundliche Mails. Welche staatlichen Stellen beobachten diese Leute eigentlich? Und ist es nicht eigentlich ein bisschen spät gekommen?
14:35Naja, die Frage ist, ob eine Beobachtung diese Probleme überhaupt lösen kann. Und das sehen wir auch bei rechtsterroristischen Anschlägen. Die Attentäter von Hanau, von Halle, die waren nicht auf dem Radar der Sicherheitsbehörden. Es ist auch nicht möglich, dieses Spektrum ist so groß, das muss man klar sagen. Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit, so sehr wir uns das alle wünschen mögen und so sehr es gut wäre, solche Taten zu verhindern.
14:55Das heißt, da sitzen überall so kleine tickende Zeitbomben, die man quasi im Grunde genommen gar nicht beobachten kann.
15:01Exakt. Die sind teilweise digital vernetzt, teilweise sind sie aber nicht mal das, sondern radikalisieren sich über Inhalte, die sie konsumieren in ihrem sozialen Umfeld. Wir hatten einen anderen Fall, wo ein Mann seine Familie umgebracht hat, damit sie nicht geimpft werden müssen, weil das Teil der jüdischen Weltverschwörung sei, vor einigen Wochen.
15:19Also diese massiven Gewalttaten von ganz normalen Bürgerinnen und Bürgern, denen man das von außen nicht ansehen würde, die sind sicherheitspolitisch allein nicht hart zu werden. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe, da braucht es tatsächlich Formen von Rücksichtnahme im Alltag aufeinander, das Erkennen von Radikalisierungspotentialen.
15:37Aber vor allem auch eine Aufklärung und Destruktion dieser völlig toxischen, giftigen Ideologien, die ja mit kleinen Markierungen, wie diesen von den Nazis sogenannten Judensternen anfangen, aber dann sich eben in tödliche Verschwörungserzählungen erstrecken können. Das sind Einzelfälle, ja natürlich, aber es sind systematische Einzelfälle, die es ja auch nicht nur in Deutschland gibt.
16:00Absolut, vor allen Dingen, es geht ja auch dann noch weiter, wenn man sich, glaube ich, nur mal die Brandanschläge anschaut, die im letzten Jahr im Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen stattgefunden haben. Ich glaube, es gibt keine richtige Statistik, ich glaube, der NDR hat das mal versucht herauszufinden, es waren letztes Jahr über 20, in diesem Jahr, in den ersten sieben Wochen waren es, glaube ich, schon wieder fast 10, wo es irgendwo, sagen wir, Corona-Teststationen angezündet wurden und solche Sachen.
16:23Also du merkst schon, dass da viel passiert, dass da plötzlich irgendwie mit einem 3D-Drucker Menschen in ihrem Zuhause sich Waffen drucken bis hin zu Patronenhülsen, die sie füllen, die du aber ja gar nicht auf dem Schirm haben kannst.
16:36Aber was genau beobachtet der Verfassungsschutz dann?
16:39Naja, die schauen sich natürlich schon Telegram-Gruppen an, das Internet, auch wenn du kein Korrektiv mehr hast, da geht es ja dann von erstmal, ich finde das nicht gut, was da mit den Maßnahmen passiert, bis hin zu, wir müssen jetzt irgendwie losgehen und unsere Würdenträger aufknüpfen.
16:54Und wenn du das natürlich, ähnlich wie auch im Islamismus oder so, wo die Leute sich dann in ihrem Kleinen immer weiter radikalisieren, die es aber nicht nach außen tragen, dann ist das schwer herzuwerden.
17:06Dann kannst du natürlich irgendwie die Telegram-Gruppen angucken, Facebook-Gruppen, geschlossene Gruppen und das machen die Behörden natürlich auch.
17:11Aber da den Einzelnen, der nicht nach vorne geht, der nicht irgendwie bei den Querdenkern auf der Bühne vorne steht oder wenn wir es mit Neonazis vergleichen, der da nicht ständig auf den Neonazis-Demos unterwegs ist, wie willst du den irgendwie überwachen? Das ist nicht möglich und ich glaube auch, das muss gesellschaftlich...
17:28Und selbst bei denjenigen, machen wir uns nichts vor, zu den Demonstrationen kommen teilweise 200.000 Menschen im Moment. Also es ist schlicht, es ist weder von den Kapazitäten her möglich, noch ist es bürgerrechtlich okay, die alle zu überwachen, weil die allermeisten davon natürlich keine Terroristen werden. Und das ist tatsächlich eine Aufgabe, mit der Sicherheitsbehörden immer überfordert sein werden.
17:49Aber eine Gruppe gibt es ja, das sind die Freien Sachsen im Osten, die werden nun definitiv vom Verfassungsschutz beobachtet. Da hast du dich aber ein bisschen kundig gemacht, du hast die kennengelernt. Wir sehen ja auch da oben so ein paar Bilder aus dem Osten. Kannst du uns mal zeigen?
18:06Also es waren zwei Initialzündungen, die wir in Bezug auf die Freien Sachsen hatten. Erstmal die Freien Sachsen, das ist eine Organisation, die Ende Februar 2021 erst gegründet wurde, also sehr jung ist noch. Und die werden vom Verfassungsschutz überwacht, weil die Führungsriege ganz klar aus Rechtsextremisten bestehen.
18:24Das ist auch nicht unbekannt. Ich erzähle gleich mal noch ein bisschen was dazu. Hier sieht man den Vorsitzenden, das ist eben ein Rechtsanwalt, der heißt Martin Kohlmann. Der ist super gut vernetzt, was diese ganze rechte Szene bundesweit angeht.
18:38Der war Landesvorsitzender von den Republikanern, der hat Pro Chemnitz gegründet in Chemnitz und vertritt als Rechtsanwalt Holocaust-Leugner. Der vertritt die Gruppe Freital, die damals Sprengstoffanschläge auf Asylunterkünfte begangen hat.
18:58Und wie gesagt, der Verfassungsschutz hat den schon lange auf dem Schirm. Er sagt, das ist ein Bindeglied in der ganzen Szene. Er zieht immer wieder Kader, auch nach Chemnitz. Aber er hat doch da zum Beispiel, ich erinnere mich da an euren Film, da hat er auf dem Marktplatz auch gesprochen.
19:15Das ist keine legitime Regierung, das ist keine legitime Polizei mit ihrem verstümmelten Sachsenwappen auf dem Arm und das ist keine legitime Staatsgewalt.
19:30Er ist sozusagen auch quasi Teil der Szene. Also er gibt sich nicht als, ich bin hier der Freie Sachse, sondern ich gehöre zu euch, in Anführungsstrichen, Querdenkern. Oder wie gibt der sich?
19:42Er ist politisch sozusagen mit Pro Chemnitz und den Republikanern eigentlich gescheitert. Und was der macht, oder was die Freien Sachsen an sich machen ist, dass sie sich eben die Corona-Kritik mit auf den Schirm schreiben.
19:54Aber das sind die Leute, die erkennen unsere Demokratie zwar an, sind aber komplett dagegen. Zum Beispiel sagen die Freien Sachsen, dass das Königreich, Könighaus Sachsens in die Gestaltung der Zukunft mit einbezogen werden muss.
20:07Die sind gegen unsere Politiker, gegen unsere Obrigkeit. Staatsfeind Nummer eins von denen ist Ministerpräsident Kretschmer, der immer wieder als Despot, als Tyrann, als Diktator hingestellt wird.
20:19Wir sind auf die aufmerksam geworden, weil viele Neonazis aus dem Westen nach Chemnitz gezogen sind. Und einer davon, das war Michael Brück, das ist ein richtiger Neonazi, der hat damals den Nazikiez in Dortmund gegründet.
20:34Und der ist eben zu Herrn Kohlmann in die Kanzlei gekommen. Michael Brück hat ein abgebrochenes Studium der Rechtswissenschaften in Bochum.
20:43Jetzt ist er sein Assistent geworden.
20:45Jetzt ist er zumindest ein Angestellter geworden. Und dann haben wir herausgefunden, dass der den Telegram-Kanal von den Freien Sachsen mit bedient.
20:53Dass eben Michael Brück, der ehemalige Neonazi aus Dortmund, jetzt plötzlich bei den Freien Sachsen aktiv wurde.
21:00Und zeitgleich ist es dann passiert, dass es in Zwönitz einen Spaziergang gab, der dann eskaliert ist.
21:06Und das sind die Bilder, die wir hier sehen. Hier sehen wir besorgte Bürger. Besorgte Bürger, das hört sich immer so bescheuert an.
21:12Aber hier sehen wir Bürger, die bei einem Spaziergang sich ein Gefecht mit der Polizei geliefert haben.
21:19Und wenn man sich diese Bilder genau anguckt, hier, ich beschreibe es mal, hier sieht man Rangelei mit Polizei, es wird Pfefferspray eingesetzt.
21:27Hier sieht man drei, vier junge Herren, die einen Polizisten einkesseln.
21:32Diese Bilder sind entstanden von einem rechten Filmteam, was der NPD auch zuzuordnen ist.
21:38Und wenn man sich diese Bilder mal genau anschaut, stellt man fest, dass da ganz viele Neonazis mit unterwegs waren.
21:43Eben Michael Brück, da war auch ein Yves Ramel mit unterwegs, das ist der ehemalige Chef von PC Records, von dem Rechtsrockmusiklabel, was wir in Deutschland haben.
21:55Und diese Kumulation von diesen Ausschreitungen und eben, dass jemand wie Michael Brück nach Chemnitz zieht, hat uns veranlasst, dass wir eben auf die Freien Sachsen schauen wollten.
22:06Und wir waren da relativ früh dran. Wenn man sich heute die Freien Sachsen anschaut, dann haben die wirklich die Hoheit über den Diskurs, zumindest was zum Beispiel Telegram und Internet angeht, komplett übernommen.
22:17Die haben 150.000 Abonnenten, die rufen jeden, jede Woche stellen die eine Vielzahl von Orten online, wo man Spaziergänge machen soll, wo man sich anschließen soll, in der Corona-Lage gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren.
22:33Entschuldigung, die Spaziergänge, was ist das eigentlich für eine Sitte? Woher kommt das? Wer hat das erfunden? Das wissen Sie bestimmt, oder?
22:40Auch das ist in Chemnitz entstanden, bei Herrn Kohlmann und anderen, vorher bei den sogenannten Lichtläufen aus diesen Gruppen.
22:47Man hat 2014 damit angefangen, gegen Asylunterkünfte, damals noch unter NPD-Flaggen, Spaziergänge durchzuführen.
22:53PEGIDA hat das dann ganz genauso gemacht. Die Idee war, wir wollen gar nicht erkennbar sein. Wir wollen wirken wie ein Bürgerprotest.
23:00Auch wenn bei PEGIDA sich später herausstellte, dass das natürlich eine inszenierte Aktionsform von Rechtsextremen, von neu-rechten Akteuren war.
23:08Aber die Öffentlichkeit, oh nein, das ist etwas völlig Neues, womit haben wir es zu tun, besorgte Bürgerinnen und Bürger.
23:13Und diese Aktionsform hat jetzt nochmal in der Corona-Krise eine andere Bedeutung bekommen, auch als taktisches Element, um nämlich die Polizei in die Irre zu führen.
23:20Demonstrationen wurden verboten, waren anmeldungsbedürftig, konnten nicht mit so vielen Teilnehmenden stattfinden, schlicht aufgrund der Corona-Regeln.
23:28Da hat man gesagt, wir melden einfach keine Demonstrationen an, wir gehen nur spazieren. Wir führen den Staat an der Nase herum.
23:33Und das ja schon angesprochene Telegram-Netzwerk dient dann genau dazu, nämlich die Polizei in die Stadt A zu schicken.
23:39Und in Wirklichkeit verabredet man sich aber, in Stadt B zu treffen, um sozusagen keine Kontakt zu haben oder im Zweifelsfall stark genug zu sein,
23:45die wenigen Polizeikräfte, die dann dort sind, auch zu überrennen oder vorzuführen.
23:51Weil man dann auch keine Demonstration anmelden muss, sondern einfach...
23:54Man durfte es ja gar nicht, man konnte nicht anmelden, man musste nicht anmelden, aber man durfte es teilweise, konnte es gar nicht, jedenfalls nicht für die Demonstrationen, so wie Sie sich das vorgestellt haben.
24:02Und dann haben Sie, fühlen Sie sich sehr clever dabei, zu sagen, wir demonstrieren nicht, wir spazieren nur.
24:07Und das wirklich Traurige ist, dass es in mehreren sächsischen Städten, wo das vor allem berichtet, aber auch aus Westdeutschland, dass es dann Polizeistationen gab, die gesagt haben, ja, wir haben hier kein Demonstrationsgeschehen, die spazieren doch nur.
24:19Also die das Narrativ übernommen haben und das ist natürlich letztlich eine Bankrotterklärung.
24:24Die Frage ist ja, inwiefern das überschwappt auf die, ich sage mal, hier sagt man die Normalos oder die Normalbürger.
24:29Ich erinnere mich bei diesen Kretschmer-Protesten an eine Frau, ich weiß nicht, hast du das gefilmt, die mal den Begriff auf sehr wunderliche Art erklärt hat, wie sie Nazi versteht.
24:41Das N steht für nicht, das A steht für an, das Z steht für Zwangsimpfung und das I wird dafür interessiert.
24:49Also ich bin auch nicht an Zwangsimpfung instruiert und trotzdem bin ich kein Nazi.
24:53Okay, aber das sind die echten Neonazis in der Partei.
24:55Wer sagt denn das?
24:56Ich sage das, der Verfassungsschutz sagt das zum Beispiel.
24:58Der Verfassungsschutz sagt das.
25:00Der Verfassungsschutz sagt auch zu mir, dass ich böse bin, weil ich jetzt hier herkomme und gerne mit meinem Ministerpräsident sprechen möchte.
25:06Ich meine, das sind Sachen, die die uns in die Kamera sagen, wo du normalerweise sagen würdest, das würde niemand in einem Kamerateam, in einem Fernsehteam, der das ausstrahlt, ja offen in die Kamera sagen.
25:17Irgendwie für einen Nazi plötzlich eine ganz eigene Definierung zu finden, das ist so ernst.
25:23Es gibt ja T-Shirts schon lange in den insbesondere rechtsextremen Gruppen, die sich den Begriff positiv zuschreiben und dann sagen, Nazi heißt nicht an Zuwanderung interessiert.
25:32Und dann sagen, ja ich bin Nazi, ich bin nicht an Zuwanderung interessiert.
25:35Und dieses Spiel, dieses scheinbar humoristische, das ist ja auch ein Teil der Strategie.
25:39Man sickert ein mit so einem perfiden Humor und ja, das ist ja doch ein bisschen witzig und auch clever und die Zuschreibung und sowas, das ist ja alles Klischee beladen.
25:47Und so normalisiert man aber immer mehr tatsächlich Rechtsextremismus.
25:50Und da ist diese Entwicklung von diesem diffusen Querdenkerspektrum hin zu diesen ganz klar rechtsextremistischen Strukturen der Freien Sachsen, die jetzt die Dominanz, die Deutungsdominanz haben, das haben sie ja auch festgestellt.
26:01Es ist eine tragische Geschichte eigentlich, wie es gelungen ist, diesen Protest von Problembürgerinnen so zu radikalisieren, dass man klar sagen muss, natürlich nicht jeder Einzelne, der da mitläuft, ist rechtsextrem, aber die Bewegung ist eine rechtsextreme Bewegung.
26:16Ja, und es geht natürlich noch weiter. Die Dame erklärte uns dann noch weiter, dass auch Institutionen nichts mehr wert sind.
26:21Also wir haben dann gesagt, naja, sie fragt dann, wer denn eigentlich sagt, dass da Rechtsextreme mitlaufen.
26:25Und nicht nur, dass man ihr das dann erklärt, wer diese Menschen sind, sagt man natürlich auch, der Verfassungsschutz beobachtet die.
26:30Und dann sagt die, ja gut, der Verfassungsschutz beobachtet auch mich. Also du merkst, dass auch Institutionen, die wir haben, da komplett aufgeweicht werden.
26:36Und auch zu diesen Protesten, Herr Kohlmann haben wir dazu befragt, wer diese Märsche eigentlich, diese Spaziergänge erfunden hat.
26:42Und er schreibt sich das schon ganz klar auf die Fahne und sagt, das habe er erfunden, weil eben anscheinend, oder auf der einen Seite an dieser Bürokratie-Grenze nicht mehr zu scheitern.
26:52Das sächsische Modell ist zum Exportschlager geworden, also sprich die vielen Spaziergänge an vielen Orten.
26:59Also man macht nicht mehr eine Riesendemo in der Hauptstadt, die die Polizei kesseln kann, sondern man ist sprichwörtlich und auch wörtlich überall.
27:08Und das läuft ja jetzt auch anderswo recht gut.
27:12Zum anderen hat er auch wortwörtlich zu uns gesagt, dass eine Demonstration in Dresden mit vielen Leuten, die dann von der Polizei zerschlagen wird, natürlich nicht die gleiche Schlagkraft hat wie an ganz vielen Orten.
27:23Und was dann natürlich passiert ist, was ja anfangs auch schon mal gesagt wird, wurde, dass du das Gefühl hast von, wir sind viele.
27:30Guck mal, da gehen in ganz vielen Städten, jeden Tag, jeden Montag, jeden Samstag, gehen ganz viele Leute raus.
27:34Und sie sind laut. Also es gibt da jetzt eine Szene, die eingefangen wurde.
27:40Da ist der Kretschmer, der Ministerpräsident unterwegs und der geht ja auch immer wieder auf die Leute zu und versucht mit ihnen zu reden.
27:46Und die brüllen ihn einfach nur an.
28:05Hau ab, hau ab, hau ab, hau ab, hau ab, hau ab, hau ab, hau ab, hau ab, hau ab!
28:13Hau ab, hau ab. Ich habe das aus diesem Sound im Ohr von der Flüchtlingskrise. Ist das einfach quasi mitgenommen worden so?
28:21Es ist etwas, was Kohlmann auch sagt, dass sie das jetzt schaffen, was die AfD damals in der Flüchtlingskrise geschafft hat.
28:27Nämlich mit rechten Positionen einen großen Teil der Bürger die Kritik an und durchaus manchmal auch berechtigte Kritik damals an der Asylpolitik zum Beispiel hatte, mitzunehmen.
28:37Und Kohlmann sagt das mit einem kleinen Lachen, dass die AfD das jetzt nicht mehr geschafft hat und das jetzt sozusagen die Freien Sachsen eben schaffen.
28:44Eben über eine Kritik, die in der breiten Masse durchaus Akzeptanz hat und wie gesagt, wo man auch drüber reden kann, daran ganz viele Leute mitzunehmen.
28:51Und dann aber natürlich eben Feindbilder zu schaffen, Feindbilder, die Polizei, die immer der Aggressor ist.
28:57Feindbilder, einen Mr. Präsident Kretschmer, der immer wieder als Dispo, der dort lächerlich gemacht wird aufs Übelste.
29:04Wo es auch immer wieder heißt, der könnte ja mit uns reden, aber die Wahrheit ist, die wollen ja nicht reden.
29:09Die wollen ihn anschreien.
29:11Die schreien ihn nieder. Kohlmann sagt dann, naja, das ist ganz klar der öffentliche Protest, den dürfte man äußern.
29:16Ich glaube, er hat im Interview zu uns gesagt, schauen Sie doch auf diese Szene.
29:20Es ist eben eine Szene, wo dann Kretschmer ganz nah an die Leute rankommt.
29:23Und dann sagt er, er hätte ja auch geschlagen werden können, er hat ja keine Bodyguards dabei.
29:26Das wäre dann nicht mehr sozusagen hinnehmbarer Protest.
29:29Das ist natürlich völlig surreal, völlig skurril.
29:36Hier kommt der Kretschmer. Die Leute stehen da und rufen.
29:40Das ist wohl nicht erlaubt. Also, kein Mensch erhebt die Hand.
29:45Gucken Sie, der ist in Reichweite. Also, wenn einer den hätte verprügeln wollen, dann hätte er es gemacht.
29:49Da ist kein Bodyguard dazwischen.
29:51Ja, der redet mit den Leuten und die Leute kommunizieren ihm, dass sie mit ihm nicht einverstanden sind mit seiner Politik.
30:00Also, das ist friedlicher Protest.
30:02Sie nehmen es in Kauf, dass auf solchen Veranstaltungen die Stimmung noch radikaler wird, die Stimmung noch aufgeheizter.
30:08Und der nächste Schritt ist halt Gewalt.
30:10Ich sage es nochmal, der Herr Kretschmer nimmt es in Kauf, dass die Leute immer wütender werden.
30:15Er soll doch aufhören mit dem Mist.
30:17Wenn man sich jetzt mal so überlegt, wie die Rechtsradikalen bei diesen Demonstrationen auftauchen.
30:22Der Herr Kohlmann, der trägt da so ein Käppi und so.
30:24Wie ist es eigentlich für einen Normalbürger zu erkennen, ob das jetzt ein Rechtsradikaler ist oder nicht,
30:30wenn man sich in dieser Szene nicht so gut auskennt?
30:32Man muss sich vollständig von der Vorstellung lösen, man könnte optisch erkennen,
30:36was Menschen denken.
30:38Das ist einfach eine völlig absurde Vorstellung, die historisch wie auch aktuell unsinnig ist.
30:43Man erkennt nicht die Gesinnung.
30:45Man erkennt nicht, ob jemand autoritäre rassistische Fantasien, antisemitische Vernichtungsfantasien in sich trägt,
30:52bei Telegram transportiert und insgeheim im Keller sich Waffen und Bomben zusammenbaut.
30:57Das muss eine Lehre aus den vergangenen Jahren, eigentlich Jahrzehnten sein.
31:00Man erkennt Rechtsextremismus nicht an der Nasenspitze.
31:03Und das erkennt man an den Inhalten.
31:04Man erkennt es an den Narrativen, an Begriffen, die benutzt werden.
31:07Das heißt, man muss sich inhaltlich damit auseinandersetzen, womit man sich gemein macht.
31:12Und das ist in einer Demokratie der mündigen Bürgerinnen und Bürger aus meiner Sicht doch nicht zu viel verlangt,
31:17sich damit auseinanderzusetzen.
31:19Sonst braucht man sich nicht wundern, wenn man in die rechte Ecke geht,
31:21dann braucht man sich nicht wundern, dass man auch von anderen dahingestellt wird.
31:24Zumal man da auch wirklich sagen muss, gerade dieses Beispiel der Freien Sachsen.
31:27Also ich kann verstehen, wenn man nicht sieht, dass da jetzt ganz spezifische Neonazis aus Chemnitz unterwegs sind.
31:32Wenn man sich aber diese Freien Sachsen anguckt und wenn ich auf eine Veranstaltung gehe, wozu die aufrufen,
31:38dann muss ich mich doch zum einen mal fragen, wer sind das?
31:41Und die Freien Sachsen ist in der Führungsriege durchweg rechtsradikal.
31:45Das ist ein Martin Kohlmann, der früher Republikaner, Landesvorsitzender war, der Pro Chemnitz gegründet hat,
31:51der Stellvertreter von denen.
31:53Das ist Stefan Hartung, das ist ein ehemaliger MPD-Kader, das weiß man, der Schatzmeister von denen.
31:57Das ist Robert Andres, das ist, der Typ hat mit des Tiwaz ein Neonazi-Kampfsport-Event mitorganisiert.
32:06Derjenige, der da den Telegram-Kanal unter anderem mit befüllt.
32:09Das ist Michael Brück, das ist ein Neonazi aus Dortmund, der nach Chemnitz gezogen ist, nach eigener Aussage,
32:15weil die Sachsen für rechte politische, ich glaube, er hat es wortwörtlich gesagt,
32:22für die Sachsen seien empfänglicher für rechte Positionen.
32:25Also, das ist jetzt nicht irgendwie geheim, wer das ist.
32:29Und man muss sich doch fragen, gehe ich auf eine Veranstaltung, wozu solche Leute aufrufen?
32:34Ja, aber vielleicht ist das gar nicht so interessant, weil das knallharten Fakten sind,
32:39wenn man darüber nachdenkt, dass das vielleicht einfach nur eine religiöse Veranstaltung ist.
32:44Also, dass man da nur miteinander schwelgen möchte und nicht darüber reden möchte,
32:47was dieser Mann nun verbrochen hat oder nicht.
32:49Ich weiß auch nicht, ob Herr Quent mir recht geben würde, aber meine Vermutung ist,
32:52auch wenn man sich das jetzt, also wir sind ja hier auch in einem Rückblick in gewisser Weise,
32:57Querdenken und Beiweg durch dieses sehr unschuldige Auftreten und dann eben auch doch dieses sehr offene Sein für alle
33:04und sich nicht abgrenzen, ist eigentlich der Wegbereiter dafür,
33:08dass eben so viele Menschen jetzt ohne Probleme mit eindeutig rechtsradikalen Spazieren gehen.
33:13Ich glaube nicht, dass die Freien Sachsen, wenn die direkt am Anfang gesagt hätten,
33:17soll jetzt alle auf die Straße, diesen Erfolg gehabt hätten.
33:19Inzwischen haben sie es aber, weil sich eben auch die Grenzen aufgelöst haben,
33:24weil einem egal ist, ob man links, rechts oder Mitte oder irgendwas ist.
33:28Hauptsache, es ist gegen das Regime.
33:31Ich stimme da vollkommen zu und würde noch einen Aspekt ergänzen,
33:34den wir ja nicht außer Acht lassen dürfen.
33:36Wir reden ja über Regionen, in denen 25 Prozent, teilweise mehr, AfD wählen.
33:41Eine rechtsradikale Partei, das heißt, da gibt es schon seit Jahren keine Berührungsängste.
33:45Rechtsradikales Denken gehört in vielen Milieus einfach zur Normalität.
33:50Das heißt, die Vorstellung, man müsse sich davon distanzieren, damit ein Problem haben,
33:55das hat mit dem Alltag von ganz vielen Menschen einfach überhaupt nichts zu tun,
33:58weil es ist Normalität.
34:00Man steht dazu.
34:02Ja, da gibt es kein Verstecken mehr.
34:04Man sagt selber von sich, man ist rechts, man unterstützt das.
34:06Es gibt da keine Schiffrierung mehr.
34:08Und das kann ja auch nicht überraschen, wenn wir uns Wahlergebnisse anschauen,
34:11wenn wir uns Einstellungstudien anschauen, die uns immer wieder zeigen,
34:1320 Prozent der Bevölkerung in Ostdeutschland, manchmal mehr,
34:16haben ein rechtsextremes Weltbild.
34:18Da gibt es leider nichts zu verschleiern oder zu verklausulieren.
34:22Das ist eine echte Gefahr.
34:24In Westdeutschland auch, aber in Ostdeutschland quantitativ deutlich stärker.
34:28Ich würde gerne nochmal an den Anfang der Bewegung zurückgehen.
34:32Ihr wart ja immer dabei.
34:34Du bist jemand, der auch den Herrn Ballweg immer interviewt hat.
34:37Wer ist das eigentlich?
34:39Wie hast du ihn kennengelernt?
34:40Ballweg war von Anfang an ja bei den Demos klar da.
34:44Ballweg ist eine spannende Figur, finde ich,
34:47weil er in gewisser Weise so unspannend ist, wenn er auftritt.
34:50Querdenken heißt, glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst.
35:03Lieber Herr Präsident, leider hat die deutsche Regierung
35:06die Menschen ignoriert.
35:08Als der einzige US-Präsident, der keinen Krieg begonnen hat,
35:12begrüßen wir Sie herzlich zum Thema Frieden am 29. August 2020.
35:37Er hat das Ganze und auch Querdenken so schlau aufgezogen,
35:41dass es eine so breite Wirkung so schnell bekommen konnte.
35:45Er ist Gründer von Querdenken 711 in Stuttgart.
35:49Man hat ja schön die Postleitzahlen, die ehemaligen, genommen,
35:53um Querdenken zu branden.
35:55Wenn ich von Brand spreche, ist das ein blödes Wort.
35:58Aber er hat das so gemacht.
36:00Er hat Querdenken 711 gegründet,
36:02hat sich sofort die Markenrechte an diesem Namen gesichert,
36:04sodass auch alle anderen Städte, die daraufhin das gegründet haben,
36:08eigentlich mit ihm ganz klar verbunden sind.
36:11Wenn man sich den Merchandise-Shop von denen anguckt,
36:14das ist wirklich aufgebaut wie ein Unternehmen.
36:17Er hat ja auch dann sich mit Busunternehmen zusammengetan,
36:21die die ganzen Demonstranten zu den Demos hingefahren haben
36:24und hat dadurch, glaube ich, auch deutschlandweit
36:26so schnell so eine große Wirkung erzielt auf den Demos.
36:29Auch wenn man sich diese Demos in Berlin anguckt,
36:31wir sehen da die Querdenken-Bühne, das war so professionelle Technik,
36:36dass man ihn einmal als Vater sehen kann, vielleicht dieser Bewegung,
36:41aber gleichzeitig, wenn man ihn trifft,
36:44total in meinen Augen unpolitischen Menschen.
36:47Oder nicht unbedingt,
36:49ich würde ihn nicht als Aktivisten bezeichnen,
36:51sondern er ist eigentlich ein Unternehmer,
36:53der eine Lücke gesehen hat, eine Marktlücke, und die genutzt hat.
36:56Es geht um Profit.
36:58Wie ist er an das Geld gekommen?
36:59Haben die Leute gespendet?
37:01Wie viel hat er da eingesammelt?
37:03Wie muss man sich das vorstellen?
37:05Das Interessante, wenn man mit ihm spricht und ihn fragt,
37:08warum machen sie das,
37:10dann kommen alle möglichen Erklärungen,
37:12wo man auch verschiedene Verschwörungsansätze sieht,
37:15mit denen er legitimiert, was er tut.
37:17Dass er schon länger irgendwie das Finanzsystem,
37:20die Politik, die Pharma-Lobby,
37:22er würfelt dann so Begriffe zusammen,
37:23erzählt aber Dinge,
37:25die jetzt gar nicht so eine klare Linie haben.
37:28Was bei ihm von Anfang an eine Rolle gespielt hat,
37:31ist Geld eintreiben.
37:33Er hat von Anfang an darauf hingewiesen,
37:36dass die ganze Bewegung finanziert werden muss,
37:40und hat immer klargemacht, er möchte Schenkungen.
37:43Man muss bei dieser Querdenken-Bewegung auch betrachten,
37:46dass es ja verschiedene Akteure gibt.
37:48Jeder von denen hat ein eigenes Konto,
37:50und es wurde immer wieder zu einer Frage gestellt,
37:53zu Schenkungen aufgerufen.
37:55Schenkungen ist insofern interessant,
37:57weil er eben auch ganz klar gesagt hat,
37:59ich möchte, dass ihr ihn betrefft,
38:01wenn ihr mir Geld überweist, Schenkungen angebt.
38:05Es ist dann so,
38:07dass man als Privatmensch nicht auskunftspflichtig ist.
38:10Michael Beilbeck hat eigentlich von Anfang an dazu aufgerufen,
38:14Spenden bzw. Geld an ihn zu überweisen,
38:17um die Bewegung zu finanzieren.
38:19Um welche Summen geht es da?
38:21Das ist eben das Problem.
38:23Man weiß inzwischen,
38:25das Finanzamt ist auf ihn aufmerksam geworden,
38:28nach mehrfacher Berichterstattung eben auch.
38:31Er hat sich inzwischen dazu genötigt gesehen,
38:34einen sogenannten Transparenzbericht zu veröffentlichen,
38:37wo er sagt, 1,1 Mio. Euro sind für Bühnentechnik draufgegangen.
38:42Wie viel ansonsten da gelaufen ist, weiß man nicht.
38:47Das Ding ist auch,
38:49das eine Konto nach dem anderen wird von ihm immer wieder gekündigt.
38:53Er eröffnet dann immer neue,
38:55auf die wieder überwiesen werden muss oder soll.
38:58Auch gerne in Kryptowährungen oder wie auch immer.
39:01Wie viel Geld da gemacht wird oder wie viel Geld er gemacht hat,
39:05kann man gar nicht genau beziffern.
39:07Auch wenn man ihn direkt fragt,
39:09spricht er dann eben von diesen 1,1 Mio.
39:12Aber er will ansonsten nichts sagen,
39:14weil ja ein Verfahren laufen würde
39:16und weil er deswegen nicht genau sagen könnte.
39:18Das Interessante ist auch,
39:20wenn man sagt,
39:21die Leute, die ihm Geld überwiesen haben,
39:24würden das auch vielleicht gerne wissen,
39:26sagt er eben,
39:28eigentlich sind die Einzigen, die da so nervige Fragen stellen, ihr.
39:31Was natürlich Mist ist.
39:33Wie viel Geld ist da zusammengekommen?
39:35Ich hätte mal eine andere Frage.
39:37Wie viel hat denn jetzt SPIEGEL TV
39:39in den letzten 3 Monaten eingenommen?
39:41Wie viel Geld ist bei Ihnen, bei Ihrer Organisation zusammengekommen?
39:44Andere Frage.
39:46Warum beantworten Sie dann meine Frage nicht?
39:48Weil, wie gesagt,
39:49es ist doch törig, das zu tun,
39:51weil wir haben in Deutschland eine Steuergesetzgebung.
39:54Die heißt letztendlich,
39:56ich muss meine Steuererklärung zu einem gewissen Zeitpunkt abgeben.
40:00Das habe ich getan.
40:02Und wenn dann alle Sachen geklärt sind,
40:05kann man auch darüber sprechen.
40:07Aber die Menschen,
40:09die auf den Demonstrationen Ihnen Geld anvertraut haben,
40:11Überschenkungen oder Spenden,
40:13die würden doch gerne wissen,
40:15einmal wie viel Geld da zusammengekommen ist
40:17und wofür das benutzt wird.
40:19Das Geld wissen sie ja.
40:21Das habe ich ja dargestellt.
40:23Und das andere ist, die wollen das gar nicht wissen.
40:25Das sind immer nur so Leute,
40:27wie zum Beispiel jetzt SPIEGEL TV,
40:29die dann unlautere Motive unterstellen.
40:31Das Finanzamt fragt bestimmt auch, oder?
40:33Das Finanzamt fragt.
40:35Und man muss auch sagen,
40:37dass Michael Ballweck eindeutig viel an Relevanz verloren hat,
40:39auch durch seine finanziellen Aktivitäten
40:41und durch seine Verbindung mit dem Königreich Deutschland,
40:43mit Peter Fitzek.
40:45Mit wem sehen wir ihn da auf dem Foto?
40:47Erklär uns das so bitte.
40:49Hätten Sie gerade irgendwie was gehandwerkt?
40:53Den Schwaben in Schnittschutzhose.
40:56Schnittschutzhose.
40:58Und was für ein T-Shirt trägt er da?
41:00Was sieht man da?
41:02For justice, for peace.
41:04Es geht ja immer um den Weltfrieden.
41:06Friedensbewegter steht neben wem?
41:08Neben tatsächlich einem unauffälligen Peter Fitzek,
41:11Gründer des Königreichs Deutschland
41:14und einer der bekanntesten Reichsbürger in Deutschland.
41:19Wenn man von Reichsbürgern spricht,
41:21geht es ja um Menschen,
41:23die quasi den Staat Deutschland nicht anerkennen.
41:25Zum Teil wird das als GmbH bezeichnet.
41:28Es ist aber ein sehr heterogenes Feld.
41:31Bei Peter Fitzek ist es so,
41:33dass er die Regierung und die Bundesrepublik Deutschland
41:37als Mafiagebilde bezeichnet
41:39und das Königreich Deutschland begründet hat
41:42mit der Argumentation,
41:44Deutschland gäbe es gar nicht, die Bundesrepublik gäbe es nicht.
41:46Das Interessante bei denen ist eigentlich auch,
41:47dass es um Geld geht.
41:49Es geht Beilweg auch vor allem um Geld.
41:51Ich habe ihn im Interview gefragt,
41:53warum haben sie sich mit Peter Fitzek getroffen?
41:55Worum ging es da?
41:57Er ist doch auch als Reichsbürger beurkundet worden,
41:59ist das richtig?
42:01Gibt es eine Urkunde?
42:03Genau, das Spannende ist,
42:05es gab einen Moment,
42:07Beilweg hat sich mehrfach mit Peter Fitzek getroffen.
42:09Es gab einen Moment,
42:11wo initiiert von Michael Beilweg
42:13ein Treffen in einem mexikanischen Restaurant stattgefunden hat,
42:16das auch zu diesem Königreich Deutschland gehört,
42:19weswegen man sich dort ohne jegliche Abstandsregeln treffen durfte,
42:23weil natürlich das Gesetz Deutschlands nicht anerkannt wird.
42:26Viele Querdenker sind dieser Einladung gefolgt,
42:29also die großen, Markus Heinz
42:31und verschiedene andere führende Persönlichkeiten in der Bewegung,
42:34waren dann aber schockiert,
42:36Peter Fitzek tatsächlich da zu treffen.
42:38Der hat einen zweieinhalbstündigen Vortrag gehalten,
42:40so heißt es zumindest.
42:42Und es ging vor allem um Geldsysteme.
42:43Und im Nachgang wurden dann von Anonymous einmal Mails geleakt
42:47und eben eine Urkunde,
42:49die besagt,
42:51dass Michael Beilweg Reichszugehöriger wäre.
42:54Was bedeutet,
42:56dass er zumindest Interesse bekundet hat.
42:58Es gibt auch ein Konto,
43:00das auf Michael Beilweg läuft,
43:02das innerhalb des Königreichs Deutschland gegründet wurde.
43:05Michael Beilweg selber sagt,
43:07dass die Urkunde gefälscht wäre,
43:09sagt aber,
43:10dass das Konto tatsächlich stimmen würde.
43:12Und er sagt eben auch,
43:14wenn man ihn fragt,
43:16worum ging es denn in dem Gespräch,
43:18dass es um Geldsysteme ging.
43:20Mein Eindruck ist,
43:22dass Michael Beilweg vor allem einfach daran interessiert war,
43:24wo er sein Geld hinschieben kann.
43:26Was mich nochmal interessieren würde,
43:28ist diese Reichsbürger.
43:30Was sind das eigentlich für Leute?
43:32Sind die eindeutig rechtsradikal?
43:34In welchem Lager sind die zuzuordnen?
43:36Sie sind zunächst eindeutig antidemokratisch,
43:37wer also das System nicht anerkennt in seiner Akzeptanz.
43:40Man kann ja ein System auch kritisieren,
43:42aber zu sagen, es existiert einfach nicht,
43:44ist einerseits jenseits unserer Realität
43:46und zweitens auch jenseits von demokratischen Veränderungsprozessen.
43:49Die meisten Reichsbürger oder auch Souveränisten,
43:52wie sie sich selber nennen, wie sie genannt werden,
43:54beziehen sich auf vordemokratische Systeme,
43:56auf das Kaiserreich,
43:58auf das Reich des Nationalsozialismus,
44:00auch auf weiter Zurückliegende.
44:02Es gibt selbst erfundene Reichskonstruktionen,
44:04alles Mögliche,
44:05was diese Reiche gemeinsam haben,
44:07ist, dass sie nicht demokratisch sind,
44:09sondern dass sie letztlich autoritäre Herrschaftssysteme sind,
44:12nur in den Köpfen der Menschen,
44:14weil sie real ja nicht existieren.
44:16Also der König Fitzek ist ja kein echter König,
44:18auch wenn er sich noch so oft so nennen will
44:20und es tatsächlich auch Leute gibt, die das anerkennen.
44:22Es sind nicht alle klar rechtsradikal oder rechtsextrem
44:25in sozusagen konventionellen Begriffen,
44:27aber ich würde schon sagen,
44:29dass die Reichsbürgerideologie von Grund auf antidemokratisch ist
44:32und hier auch viele Bezugspunkte bestehen.
44:33Zum Beiweg und Co, die gesagt haben,
44:35ja, wir akzeptieren das Grundgesetz nicht,
44:37es gibt keinen Friedensvertrag,
44:39wir machen eine verfassungsgebende Versammlung.
44:41Also die Vorstellung ist,
44:433.000 Querdenker kommen zusammen und konstruieren dann eben
44:45für ein Volk von über 80 Millionen Menschen eine neue Verfassung.
44:47Und jeder kann sein.
44:49Das sind ja so die wirren Vorstellungen,
44:51die da wirklich auch dokumentiert sind,
44:53die sie ins Internet geschrieben haben als ihre Programmatik.
44:55Und das ist vielleicht nicht klar rechtsextrem
44:57im Sinne von völkischem Nationalismus
44:59oder einem nationalsozialistischen Staat,
45:01aber es ist ganz klar ein verfassungsfeindlicher
45:03und demokratische Stoßrichtung
45:05bei allen kommerziellen Interessen,
45:07die bei Beiweg, aber vielen anderen ja auch
45:09eine ganz, ganz große Rolle spielen.
45:11Das würde ich ganz genau so sehen,
45:13die aber trotzdem sozusagen eine Radikalisierung
45:15derjenigen, die da auch mitmachen,
45:17immer mit befördert haben.
45:19Und das Spannende ist ja eben,
45:21dass Beiweg immer wieder wiederholt,
45:23wie demokratisch seine Bewegung wäre.
45:25Und auch wenn man ihn dann fragt,
45:27ja, aber warum treffen sie sich dann mit Reichsbürgern?
45:29Oder warum sind auf den Demos
45:31irgendwie offensichtliche Demokratiefeinde
45:33oder was weiß ich,
45:35verweist er immer wieder darauf,
45:37nee, wir sind demokratisch,
45:39uns sind aber vor allem rechts, links, Mitte egal,
45:41weil das sind die Spalter der Gesellschaft.
45:43Und wir haben ja in unseren Statuten,
45:45dass wir demokratisch sind
45:47und dass wir das alles verurteilen.
45:49Und insofern ist es auch, glaube ich,
45:51für viele Leute schwierig zu erkennen,
45:53was ihre eigentlichen Meinungen und Hintergründe sind.
45:57Weil viele sich denken,
45:59na ja, aber die bezeichnen sich doch
46:01als demokratische Bewegung.
46:03Ja, das ist schon spannend,
46:05wenn man sich das hier nochmal anschaut.
46:07Diese ganze, diese Konstellation,
46:09wir sind ja im Verhör,
46:11wenn du dir diese Konstellation mal anschaust,
46:13wer hier die großen Player sind, Ballweg,
46:15die haben tausende Menschen,
46:17zehntausende Menschen auf die Straße gebracht.
46:19Berlin, was da los war.
46:21Und wie gesagt, das war ein riesengroßes Spektrum.
46:23Jetzt hast du dazu die neuen großen Player
46:25wirklich aus rechts kommen.
46:27Die haben diese Internethoheit,
46:29die haben diese Telegram-Hoheit.
46:31Wenn die Freien Sachsen irgendwie sagen,
46:33da geht was, dann gehen die Leute da hin.
46:35Und jetzt hast du auch noch plötzlich diese Reichsbürger.
46:37Für zum Beispiel Peter Fitzek
46:39ist dieser Zusammenschluss nicht nur wirtschaftlich,
46:41sondern für den ist er ja wirklich essentiell.
46:43Für den ist es ja,
46:45der schafft ja plötzlich seine Bewegung
46:47ganz weit wieder in die Mitte zu kriegen,
46:49wenn er sich an jemanden wie Ballweg anschließt.
46:52Und es ist schon spannend,
46:54wie die jetzt so alle zusammen agieren,
46:56wenn man sich das Ganze als Ganzes anschaut.
46:58Welche, wie gesagt,
47:00jetzt die rechte Seite,
47:01das sind Demos, sind auch die Linken.
47:03Hier sind dann die ganz normalen Menschen.
47:05Der Herr Ballweg,
47:07das ist ja auch ein Typ,
47:09der eigentlich total aus der Mitte gefühlt kommt.
47:11Der gibt sich ja nicht wie ein Fitzek
47:13oder wie ein Herrn Kohlmann,
47:15sondern der ist ja ganz umständlich.
47:17Aber der Herr Kohlmann,
47:19der kommt auch so ein bisschen onkelig daher,
47:21so wie er redet.
47:23Und es ist jetzt nicht so,
47:25dass man denkt, boah, das ist aber ein gefährlicher Mann.
47:27Ja, aber das darf man nicht unterschätzen.
47:29Das ist ja auch das Spannende eigentlich.
47:31Das ist der Mann,
47:33der tödliche Messerattacke auf den Deutsch-Kubaner,
47:352018 war das,
47:37wo ein Syrer, ein Iraker
47:39einen Deutsch-Kubaner in Chemnitz erstochen hat.
47:41Das ist der Mann,
47:43der diese Demonstration angemeldet hat,
47:45die wir überall gesehen haben,
47:47wo Neonazis, Rechtsradikale kamen,
47:49wo wir gedreht haben
47:51und ein Hitlergruß nach dem anderen kam,
47:53wo es zu diesen Handyszenen kam,
47:55wo später von Jagdszenen gesprochen wurde in Chemnitz,
47:57wo es wirklich Schlägereien,
47:59Straßenschlägereien mit Polizei gab.
48:01Der das angemeldet hat.
48:03Zusammen mit Höcke und Kohn.
48:05Absolut.
48:07Und er ist ein Stratege.
48:09Er hat zum Beispiel da auch veranlasst,
48:11dass keine NPD-Fahnen geschwungen werden,
48:13weil man eben nicht wollte,
48:15dass es so ganz klar aus dieser NPD-Ecke kommt,
48:17sondern es soll ja aus einer bürgerlichen Ecke kommen.
48:19Es sollen ja hier die Menschen sein,
48:21die sich auflehnen.
48:23Und das darf man nicht unterschätzen.
48:25Das ist schon diese Gesamtheit,
48:27wer da versammelt wird
48:29und wer da die Strippen zieht,
48:31das ist schon gefährlich.
48:33Das sagt auch der Verfassungsschutz.
48:35Er sagt, gerade was die Freien Sachsen da machen,
48:37das hat ein Potenzial,
48:39seit langem nicht mehr so ein gefährliches Potenzial,
48:41an unsere Demokratie zurückzunehmen.
48:43Was ich mich frage,
48:45ist, schenken wir aus journalistischer Sicht
48:47dieser Szene zu viel Aufmerksamkeit?
48:49Weil da sind ja auch jede Menge,
48:51sagen wir mal, ganz normale Verschwurbelte dabei,
48:53die vielleicht einfach nur eine kleine Meise haben.
48:55Ja, nicht mal nur das.
48:57Ich glaube, da müssen,
48:59das ist ja auch immer so,
49:01Journalismus funktioniert ja auch irgendwann
49:03immer retroperspektivisch,
49:05dass auch wir uns immer wieder hinterfragen müssen,
49:07was haben wir da eigentlich berichtet
49:09und wie haben wir darüber berichtet.
49:11Und ich glaube, wir versuchen immer,
49:13zu große Zusammenhänge herzustellen
49:15und zu warnen, zu zeigen, was ist.
49:17Gleichzeitig ist es aber natürlich bei dieser Bewegung so,
49:20dass es eben nicht nur Verschwurbelte sind,
49:22ein paar Verschwurbelte,
49:24sondern es sind auch ganz viele Leute,
49:26die ganz berechtigt ihre Existenzen verloren haben,
49:28die ihre Lokale zu machen mussten,
49:29wegen diesen Maßnahmen.
49:31Ich möchte gerne wieder arbeiten.
49:33Ich möchte gerne keine Kurzarbeit mehr machen müssen,
49:36weil gewisse Dinge in Deutschland nicht mehr möglich sind,
49:39weil die Beschränkungen so groß sind.
49:41Mein Sohn hat zum Beispiel Kurzarbeit seit 100 Prozent,
49:44seit dem März.
49:46Da ist nichts mehr.
49:48Er ist zu Hause, er macht eine Ausbildung und dreht Däumchen.
49:50Die Schule findet nicht statt und Ausbildung auch nicht.
49:52Das ist nicht gut, glaube ich, für die Jugend.
49:54Und da kann man natürlich auch,
49:56und muss man auch wirklich ganz kritisch drauf schauen.
49:58Es wird ja auch im Journalismus gemacht.
50:00Wir sind ja hier zum Glück nicht in Russland,
50:02wo es nur ein Staatsfernsehen gibt und das war es.
50:04Wenn man auf diesen Demos unterwegs ist,
50:06dann tun die Leute oft immer so.
50:08Die sagen immer, ihr berichtet eh alle das Gleiche,
50:10was absolut nicht der Fall ist.
50:12Man muss sich wirklich in unserer deutschen Medienlandschaft
50:14mal umschauen.
50:16Da berichten nicht alle.
50:18Es gibt zahlreiche Beispiele von Kollegen,
50:20die auch andere Meinungen haben, als ich sie habe
50:22und auch andere Meinungen vertreten und rausgeben.
50:25Und ich glaube,
50:27dieser Fehler darf auch jetzt hier nicht wieder gemacht werden,
50:29dass es nicht nur Nazis sind.
50:31Weil du verlierst damit natürlich die Leute immer mehr.
50:33Die ganz normalen Leute, die Ängste haben,
50:35die sagen irgendwie,
50:37mich stört diese Maske bei der Arbeit.
50:39Was ja alles irgendwie aus der Ego-Perspektive
50:41durchaus auch nachvollziehbare Gründe sind.
50:43Da glaube ich,
50:45dass im Journalismus
50:47auch nicht immer alles richtig gemacht wurde
50:49und die Politiker schon gar nicht.
50:51Es gab keine FFP2-Masken,
50:53dann hieß es,
50:55FFP2-Masken sind nicht so wichtig.
50:57Dann gab es FFP2-Masken.
50:59Dann hieß es, FFP2-Masken sind doch ganz schön wichtig.
51:01Politiker haben sich ja auch bereichert an den Masken.
51:03Es ist ja nicht so,
51:05dass der Herr Bayek ganz viel Geld gemacht hat.
51:07Es gibt ja auch viele Politiker,
51:09die ja tatsächlich korrupt waren.
51:11Und es ist ja auch nicht so,
51:13dass der Staat immer der Gute ist.
51:15Es gibt ja jede Menge Möglichkeiten
51:17oder Gründe, auf die Straße zu gehen.
51:19Weil natürlich haben sich
51:21die zehn größten Milliardäre der Welt
51:23an dieser Krise unfassbar bereichert.
51:25Diese Oxfam-Studie
51:27von 800 Milliarden Dollar haben die gemacht.
51:29Nur mit der Krise.
51:31Natürlich, das ist ja ein Grund,
51:33auf die Straße zu gehen.
51:35Aber dagegen demonstrieren die nicht.
51:37Und das geben die auch nicht mal vor.
51:39Das Interessante ist,
51:41als es mit Querdenken in Stuttgart losging
51:43mit diesen großen Demonstrationen,
51:45gab es neben der großen Demonstration
51:47eine kleine Demonstration,
51:49wo gesagt wurde, ja, wir haben auch Kritik.
51:51Wir sind gegen die Ungleichheit.
51:53Wir wollen, dass die Pflege gestärkt wird.
51:55Wir sind dagegen, dass es hier eine Spaltung gibt.
51:57Das war nicht so attraktiv
51:59wie dieses Spektrum, das sich dort gegründet hat.
52:01Insofern muss man da sehr aufpassen.
52:03Wir müssen Menschen durchaus in die Verantwortung nehmen,
52:05dass sie in der Lage sind,
52:07wenn sie zu einer Demonstration gehen,
52:09auch in der Lage sind, sich damit auseinanderzusetzen.
52:11Mit wem und wofür demonstrieren sie da eigentlich.
52:13Das ist völlig richtig,
52:15dass man die nicht in eine Schublade kehren kann.
52:17Aber wir müssen auch aufpassen,
52:19dass wir hier nicht eine Verharmlosung anlegen
52:21für Menschen, die erwachsen sind,
52:23die Entscheidungen treffen, die mündig sind,
52:25die wählen dürfen
52:27und das ist eine schwierige Abwägung.
52:29Und dass es ganz, ganz viele Ursachen gibt,
52:31warum man mit Dingen zu Recht unzufrieden sein kann
52:33und muss und Kritik üben muss.
52:35Auch das steht außer Frage.
52:37Aber dagegen demonstrieren die ja nicht.
52:39Die demonstrieren nicht mit den Pflegekräften
52:41für bessere Wirkung.
52:43Die demonstrieren nicht mit den Gewerkschaften
52:45für Umverteilung.
52:47Die demonstrieren nicht mit und so weiter.
52:49Sondern das, wofür sie demonstrieren,
52:51ist letztlich ein radikaler Egoismus.
52:53Und das muss nicht immer rechtsextrem
52:55oder neonazistisch sein,
52:57was für eine Krisenbewertung,
52:59für eine demokratische Kultur gut ist.
53:01Und ich finde schon,
53:03dass man das auch sagen, kritisieren
53:05und auseinanderklamüsieren muss.
53:07Im Zweifelsfall auch mit diesen Leuten.
53:09Ja, was auch das Spannende ist,
53:11auch gerade bei solcher,
53:13ich meine, die Kritik ist ja gerechtfertigt.
53:15Man regt sich ja auch drüber auf,
53:17dass sich Leute bereichern.
53:19Man regt sich drüber auf,
53:21dass die Milliardäre reicher werden.
53:23Aber bei dieser Bewegung,
53:25was ja auch anziehend ist für viele
53:27ist, dass sie Angst haben.
53:29Und wie in einer Schocksituation
53:31einfach auf eine Art und Weise reagieren,
53:33die fast schon kindlich ist.
53:35Also man will es irgendwie
53:37so einfach wie möglich haben.
53:39Man will sich erklären,
53:41okay, das ist der Feind.
53:43Und wenn ich jetzt auf eine wirklich kritische,
53:45konstruktiv kritische Demo gehen würde,
53:47wo man sich an die Abstände halten würde,
53:49trotzdem die Regierung kritisieren würde,
53:51wäre das komplex, anstrengend.
53:53Aber hier auf diesen Demonstrationen
53:55kann man ja wirklich
53:57gleichzeitig eben auch das Gefühl haben,
53:59okay, es ist eigentlich alles ganz einfach.
54:01Ich habe Angst, das sind die Gegner,
54:03die sind böse.
54:05Und wir sind jetzt hier das Volk
54:07und sind stark und gehen da auf die Straße.
54:09Ja, und das ist schon,
54:11das ist schon wirklich beängstigend.
54:13Und die Pandemie ist eigentlich auch nur,
54:15also auch bei Michael Ballweg
54:17merkt man das,
54:19dass es eigentlich das Corona,
54:21ihm geht es nicht um Corona.
54:23Ihm geht es, also er hat schon 2001,
54:25sagt er irgendwie, angefangen,
54:27das System und vor allem seit der Finanzkrise
54:29irgendwie problematisch zu finden.
54:31Es geht nicht um Corona.
54:33Es geht darum,
54:35das System, was man schon lange
54:37in Verschwörungserzählungen,
54:39wie auch immer, als Feind deklariert hat,
54:41ich weiß nicht, ob man zu stürzen,
54:43ob das zu extrem ist,
54:45aber eben ist auf jeden Fall
54:47nicht mehr anzuerkennen und zu schwächen.
54:49Und das ist der einzige Grund eigentlich.
54:51Darum wollen wir uns
54:53in den nächsten Folgen kümmern,
54:55um die Coup-Annonce,
54:57und schauen, wie es da zugegangen ist.
54:59Ich danke euch,
55:01ich danke Ihnen erstmal,
55:03dass Sie zum Verhör erschienen sind
55:05und beende die Aufnahme.