• vor 4 Monaten
Am 8. Juli 2014 besiegt die DFB-Elf die Seleção 7:1 auf dem
Weg zum WM-Titel. Für Brasilien wird diese historische
Niederlage zum Trauma. Jogi Löw und Chris Kramer erinnern
sich.

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Sport
Transkript
00:00Über das Spiel Brasilien könnte ich natürlich vieles erzählen und es war ja, sagen wir mal,
00:10ein besonderes Spiel gegen den Gastgeber in Brasilien, in Südamerika.
00:15Das Spiel war ein Statement für die Ewigkeit.
00:30Die Saison 2013-2014 war tatsächlich meine allererste Bundesligasaison.
00:42Ich kam damals vom VfL Bochum im Sommer 2013 und bin dann nach Gladbach gewechselt.
00:48Und dann ging es irgendwie relativ schnell.
00:52Wir haben ein Länderspiel gespielt, mein erstes Länderspiel in Hamburg gegen Polen.
00:56Da habe ich ganz vernünftig gespielt und dann war es die glückliche Fügung,
01:01dass wir auf der Sechs ein paar Probleme hatten, weil Gündogan war ohnehin verletzt.
01:05Lahm war auch so ein bisschen rechts eingeplant.
01:08Khedira und Schweinsteiger kamen aus ganz langen Verletzungen,
01:11sodass es irgendwie noch mal sinnig wäre, noch einen Sechser mitzunehmen.
01:15Als wir dann noch zusammen gegessen haben, da war es dann, keine Ahnung, kurz nach Mitternacht,
01:19hat mich Jogi Löw kurz zur Seite genommen und hat gesagt, dass ich mit ins Trainingslager mitfahre.
01:25Und da weiß ich noch, da habe ich meine Mutter angerufen und habe meinem Berater, der in der Lobby saß,
01:32habe ich das gesagt und die haben es mir beide nicht geglaubt,
01:35bis es dann am nächsten Tag an der Zeitung stand und dann war ich dabei.
01:48Meine Ankunft in Brasilien war erstmal emotional geprägt durch die Wiederkehr in das Land,
01:53in dem ich aufgewachsen bin. Jedes Land hat so einen Geruch oder so eine Atmosphäre.
01:57Brasilien riecht immer für mich nach Obst, weil die Innenstadt ist immer voll mit diesen Verkäufern von Orangen und Bananen.
02:03Das riecht man schon am Flughafen.
02:09Die Brasilianer waren natürlich völlig fußballverrückt und wie sie immer schon gewesen sind.
02:13Also nichts anderes als der Weltmeistertitel kam in Frage.
02:16Entsprechend war der Druck vom Trainer, Felipe Scolari.
02:21Brasilien war klarer Favorit für mich, ehrlich gesagt, vor dem Turnier, gefolgt von den Franzosen.
02:28Ich hatte das größte Glück, dass ich eine Woche vor Turnierbeginn schon in Brasilien anreisen konnte
02:33und dann gesehen habe, wie das Turnier aufgebaut wurde und wie langsam sich auch die Stimmung aufbaute,
02:38die Euphorie kam und dann hast du gemerkt, wie ein ganzes Land dorthin fiebert.
02:43Denn so wie wir als Deutsche, die dort vor Ort waren, dachten, naja, diese Mannschaft ist reif,
02:47Deutschland kann den Titel holen, waren die Brasilianer sich zu 100 Prozent sicher,
02:52dass sie mit Neymar, der ja damals noch einen ganz anderen Ruf hatte als heute,
02:56der große Erlöser der Messias, dass sie mit ihrem Neymar zu Hause unbesiegbar sein werden.
03:01Und so war auch die Stimmung.
03:02Das große Glück war, dass ich 2013 zwei, drei Wochen in Brasilien war, beim Confed Cup.
03:09Und da konnte man vor Ort eigentlich mal alle Dinge so erleben und fühlen,
03:13was da alles so passiert in einem Land wie Brasilien, was so als größtes Fußballland überhaupt gilt,
03:20was da für eine Begeisterung herrscht und was da auch für Dinge möglicherweise schiefgehen.
03:26Also da ist sehr viel, sagen wir mal, nicht so nach unseren Vorstellungen gelaufen auf dieser gesamten Reise.
03:32Organisation, Logistik und so weiter.
03:35Also haben wir festgestellt, dass die Uhr ein bisschen anders schicke wie bei uns in Europa.
03:39Die einzige Vorbereitung, die ich getroffen habe, war, ich habe mich gegen Gelbfieber geimpft
03:43und habe mir ganz viel Anti-Brumm gekauft in der Apotheke.
03:49Brasilien ist ein hammergroßes Land.
03:51Dieses Campo Bahia war wirklich, also da ist man bisher mit so einer Fähre ewig lang gefahren.
03:57Und dann, also da habe ich schon gedacht, was haben die denn hier hingestellt?
04:01Das war wie so ein Garten Eden irgendwie, das war richtig geil.
04:04Es hat sich angefühlt wie Urlaub.
04:09Mit dem Hintergrund, dass man immer diese WM im Hinterkopf hatte,
04:12die alles auch positiv überschattet beziehungsweise überleuchtet.
04:18Aber so dieses ganze Resort und was wir da so zwischen den Einheiten gemacht haben, das war einfach schön.
04:24Und das war auch gut, um den Kopf frei zu bekommen für das Wesentliche.
04:29Vor dem ersten Spiel weiß man nie so hundertprozentig, wo man steht.
04:32Das sind andere Gegebenheiten.
04:34Aber eigentlich waren wir gut vorbereitet, weil zum damaligen Zeitpunkt war das Spiel von Portugal
04:39total auf Cristiano Ronaldo fixiert.
04:43Und dann wussten wir, wenn wir, sagen wir mal, den Pass geben auf Ronaldo
04:47und wenn wir Ronaldo eben auch richtig, sagen wir mal, permanent im Auge haben,
04:51dann wird es ein bisschen schwierig.
04:53Also 4 zu 0, dreimal Müller.
04:56Das war schon ein beeindruckender Start.
05:00Der natürlich die Geister noch mehr animiert.
05:04Auch bei den Fans, da war plötzlich eine riesige Euphorie da.
05:07Die war vorher auch schon nicht klein.
05:10Aber da folgte sofort ein schwieriges Spiel gegen Ghana.
05:13Also das ist naiv zu glauben, dass das so ein Spiel wird.
05:18Es gibt Spiele, die sind echt zäh und die sind hartnäckig.
05:22Und wo man auch mal gegen den Gegner wirklich auf Granit beißt.
05:25Und wenn das nicht gut läuft, dann beginnt es so.
05:29Ja, es war eine tolle Zeit.
05:31Es war sehr gut.
05:34Und dann wird es so ein bisschen zäh.
05:37Es sind die Spiels, die sind ja nicht so gut,
05:39aber ich bin auch immer wieder zufrieden,
05:41weil es war eine tolle Zeit, die wir hatten.
05:43und wo man auch mal gegen den Gegner wirklich auf Granit beißt und muss sich trotzdem irgendwie durchsetzen.
05:48Ghana war unangenehm. Ghana hatte nichts zu verlieren.
05:52Ghana, für sie war das Spiel gegen Deutschland irgendwie das Spiel des Jahrzehnts und so sind sie aufgedreht.
06:03Deutschland gegen USA, Löw gegen Klinsmann.
06:06Gleich ist es für die Medien und für die Fans sehr reizvoll, dieses Duell Klinsmann-Löw auszurufen.
06:13Lucia Löw war der Assistent von Klinsmann während des Sommermärchens.
06:20Bis zwei Stunden vor dem Spiel war es eigentlich für mich gar nicht vorstellbar, dass wir spielen,
06:24weil es waren unglaublich starke Regenfälle und das Wasser stand so hoch auf der Straße.
06:28Der Bus in der Anfahrt zum Stadion kam irgendwie kaum da durch.
06:33Also ich habe eigentlich gedacht, der Rasen steht völlig unter Wasser.
06:36Überraschenderweise war der Rase gut.
06:37Also der Klassiker war ja lange Zeit immer, das Auftaktspiel wird hervorragend gewonnen,
06:42dann ist das zweite Spiel meistens ein 1-1, dann schreibt eine große deutsche Zeitung,
06:46war es das schon, das nächste Spiel, wir fliegen raus mit Achtung und dann ist ja meistens das dritte Spiel
06:51dann immer so das Erlösende, wo völlig klar ist, okay, jetzt geht es in die K.O.
06:56Ja, ich muss sagen, mit meinen naiven 23 habe ich mir so gedacht, boah, Achtelfinale Algerien.
07:01Algerien hatte ich irgendwie gar nicht gedacht.
07:03Und ich war wirklich einfach krass überrascht, weil die einfach gut waren
07:07und man muss auch ehrlicherweise sagen, die waren besser als wir.
07:15Wenn ein anderer Mensch auf diesen Planeten, wo über 8 Milliarden Menschen leben,
07:21wenn ein anderer Mensch außer Manuel Neuer da im Tor steht,
07:23dann ist das ein ganz besonderer Erfolg.
07:25Und ich glaube, das ist auch das, was mich am meisten gefreut hat.
07:28Über 8 Milliarden Menschen leben, wenn ein anderer Mensch außer Manuel Neuer da im Tor steht,
07:33dann verlierst du dieses Spiel.
07:36Und da wurde ja auch dieses Manu der Libero geboren.
07:38Zweimal per Kopf gerettet, überall gewesen, eigentlich einen Ausputzer gespielt
07:42und ohne ihn und ohne das wirklich tolle Tor von André Schülle wären wir da auch ausgeschieden.
07:47Aber das ist doch ein super Beispiel dafür, dass auch der Sportjournalismus sich immer nach Geschichten sehnt.
07:54Die Wahrheit ist aber doch, im Fußball, bei einem Sport, in dem so wenig Punkte erzielt werden,
07:58dass es auch oft ein Münzwurf ist.
08:00Also dieses Spiel gegen Algerien hätte halt natürlich auch gewaltig schief gehen können.
08:05Dann wären wir im Achtelfinale gegen Algerien rausgeflogen.
08:10Sagen wir mal so, als Trainer beobachten wir das, was auf dem Platz so passiert
08:14und wie können wir möglicherweise darauf reagieren, was haben wir für Lösungen parat?
08:18Ich bin reingekommen in der 107. Minute der Verlängerung.
08:22Und das ist ja jetzt nicht so ein Ding, pass auf, wir führen jetzt hier 4-0 gegen Portugal
08:26und du kommst in der 92. Minute rein, sondern das ist Achtelfinale, WM,
08:29ich komme in der 107. Minute in ein Algerienspiel, wo Algerien gerade Druck macht.
08:34Und dass er mich in dem Spiel, bei dem Spielstand dann reinbringt,
08:37das hat mir nochmal einen richtigen Push gegeben, dass auf mich gesetzt wird und dass mir jemand vertraut.
08:45Bela Reti hat das kommentiert übrigens, das Achtelfinale,
08:49und ich weiß gar nicht mehr, wer es mir geschickt hat bei WhatsApp, vom Fernseher abgefilmt.
08:53Christoph Kramer ist jetzt Teil der WM-Geschichte, hat Bela Reti mit seiner unverwechselbaren Stimme gesagt.
08:59Und das Video habe ich mir in der Nacht, glaube ich, 500 Mal angeguckt.
09:08Die Mannschaft hat einen anderen Zusammenhalt auf einmal.
09:10Die haben ihren Warnschuss bekommen gegen Algerien, gehen in der 12. Minute schon in Führung.
09:17Nach einem Standard, man wollte erstmal gar keine Standards trainieren, zumindest der Bundestrainer nicht.
09:22Der hat gesagt, davon habe ich keine Zeit.
09:24Aber die Spieler haben dann selbst initiiert, dass sie mit Standards erfolgreich sein könnten.
09:29Hansi Flick hat ihnen beigeflichtet.
09:33Zwei Tage vorm Spiel hat Hansi Flick uns immer in zwei Mannschaften unterteilt.
09:39Dann hattest du zehn Minuten Zeit und hattest drei Ecken und drei Freistoßflanken oder so.
09:44Und dann durfte sich jedes Team halt überlegen, was sie da machen.
09:49Also viele der Standardsituationen und der Standardvarianten, die gespielt wurden,
09:54sind auf jeden Fall in den Köpfen der Spieler entstanden.
10:14Die Stimmung in Brasilien vor dem Halbfinale war natürlich gigantisch.
10:18Allein diese Paarung, Deutschland gegen Brasilien, elektrisiert eine Fußballnation.
10:22Die Prognosen der Brasilianer waren natürlich euphorisch.
10:26Das hat mit dem naturellen Spiel zu tun, dass wir in der Halbfinale gewonnen haben.
10:30Und das hat natürlich auch mit der Qualität des Spiels zu tun,
10:33dass wir in der Halbfinale gewonnen haben.
10:35Und das hat natürlich auch mit der Qualität des Spiels zu tun,
10:37dass wir in der Halbfinale gewonnen haben.
10:40Die Prognosen der Brasilianer waren natürlich euphorisch.
10:43Das hat mit dem Naturell der Menschen zu tun.
10:45Also die haben das dann gar nicht so mehr gesehen,
10:47wie glücklich sie das Achtelfinale und das Viertelfinale bewältigt haben,
10:50sondern ich stehe mit dem Halbfinale und jetzt putzen wir noch die Deutschen,
10:53obwohl die Deutschen sehr beliebt sind in Brasilien.
10:56Unter anderem mit einem kleinen Trick, wie ich fand, die Auswärtstrikos,
10:59die sogenannten, war ja diese schwarz-rot-quergestreiften,
11:03mit denen sie auch beim 7 zu 1 gespielt haben.
11:05Das sind die Farben und auch die Formen von Flamengo.
11:08Rio de Janeiro ist der populärste Klub im Lande.
11:10Das heißt, alle Flamengo-Fans waren erst mal für diese Trikos.
11:13Das kam ja noch dazu.
11:15Und dann, als wir ins Stadion reingefahren sind,
11:18hattest du schon ein erdrückendes Gefühl.
11:20Also ich habe noch nie so eine aggressive Stimmung wahrgenommen.
11:23Also man hatte schon das Gefühl,
11:25boah, die Brasilianer, alles in gelb.
11:28Und auch wie die Hymne gesungen haben zu der Zeit,
11:30die haben ja geschrien.
11:32So etwas habe ich noch nie gehört in meinem Leben.
11:39Dieses Wort Schicksal, das hat man gespürt,
11:42dass dieses Land unbedingt diesen Titel haben wollte.
11:45Unbedingt im eigenen Land,
11:47unbedingt auch wieder sozusagen der Welt zu zeigen, dass man eben...
11:52Dass sie besser sind als Messi.
11:54Dass sie besser sind als Messi, ja, genau.
12:03Es ist voll schade für ihn, aber ich habe mich total gefreut,
12:07dass Neymar verletzt war.
12:08Weil der in dem Moment schon der Ausnahmespieler von ihnen war.
12:12Ich fand die Brasilianer zu der Zeit mannschaftlich nicht gut.
12:16Aber sie hatten halt mit Neymar jemanden,
12:18der ein ganzes Land, eine ganze Nation,
12:20ein ganzes Team getragen hat.
12:22Und der immer mit jeder Aktion wirklich kreieren konnte.
12:27Klar, Neymar ist schon ein Schlüsselspieler gewesen für Brasilien.
12:30Aber es war ja schon 2, 3 Tage vorher auch klar,
12:33dass er eben nicht spielt.
12:34Und deswegen ist Brasilien ohne Neymar auch in der Lage,
12:38einfach auch mit guten Spielern aufzulaufen.
12:59Bei manchen Turnieren wurden die Reporter auch bis zum Finale durchbesetzt.
13:03In den letzten Jahren und Jahrzehnten war das dann so,
13:05dass man eher das formabhängig gemacht hat.
13:07Wie bei der Mannschaft.
13:08Wenn man nicht so gut in Form war, hat es ein anderer gemacht.
13:11Abends, nachdem Deutschland das Viertelfinale gegen Frankreich gewonnen hat,
13:16bekam ich einen Anruf in meinem Hotel.
13:18Also wir haben uns neu eingeteilt, du machst das Halbfinale gegen Brasilien.
13:20Bis dahin wusste ich es nicht.
13:21Das ist auch so, das ist halt sportlich.
13:24Also wenn der andere vielleicht besser in Form ist oder die andere,
13:26dann machen die es eben.
13:27Aber mir hat man die Formstärke zugetraut, also habe ich es gemacht.
13:33Marco Rodrigues aus Mexiko gibt ein Spiel frei.
13:36Schweinsteiger.
13:39Dass Brasilien von Anfang an logischerweise irgendwie so ein bisschen den Vorwärtsgang sucht,
13:44das war uns ja auch klar, weil angetrieben durch die Zuschauer im Stadion.
13:48Du willst ja dann manchmal auch ein Zeichen setzen als Mannschaft.
13:52Und es war klar, dass Brasilien so ein bisschen kommt und drückt
13:54und versucht nach vorne zu spielen.
13:57Und wir einfach Situationen, sagen wir mal, abpassen müssen,
14:01bis wir in der Lage sind, eben auch dann unsere Gefährlichkeit auszuspielen.
14:25Da habe ich die Brasilianer gesehen mit dem Messer zwischen den Zähnen.
14:29Und ich habe gedacht, wow, das ist eine Wahnsinnsenergie im Stadion und bei der Mannschaft.
14:33Und die wolle logischerweise in ihrem Land ins Finale, nach Rio.
14:37Und das war dann so ein bisschen die Möglichkeit auf.
14:59Zu Spielbeginn hat Brasilien die Partie sehr früh entscheiden wollen.
15:04Es gab eine ganz, ganz wichtige Grätsche von Philipp Lahm, chirurgisch genau, etwa
15:10auf 16er Höhe.
15:11Also hätte auch schief gehen können und später für Brasilien.
15:15Während dem Turnier hat mein Scout oder unsere Scouts, die haben natürlich Brasilien beobachtet,
15:22weil wir wussten ja irgendwie, wenn wir weit kommen, dann stoßen wir natürlich auch mal
15:25auf Brasilien.
15:26Und da haben wir festgestellt, dass Brasilien auf eine ganz andere Art und Weise spielt
15:33wie immer, das was sie eigentlich früher gezeigt haben und dass sie in der Abwehr total,
15:41nach ihrem Ballverlust, total offen sind, weil die beiden Außenverteidiger ständig
15:45irgendwie im Vorwärtsgang sind, dass es unglaublich viele Räume gibt.
16:04Moos Hummels Tor, mein Dantinister.
16:08Ecke kommt.
16:13Müller!
16:17Tor, Tor!
16:191-0 für Röntgen!
16:20Röntgen!
16:31Drei Spieler laufen nach vorne, Thomas Müller setzt sich ab, schlau, Thomas Müller ist
16:35immer schlau, weiß ganz genau wann er in welchen Raum gehen muss und das Tor war eigentlich
16:40mit Ansage, weil genau das haben wir eigentlich im Vorfeld irgendwie auch erkannt, dass Brasilien
16:47genau da, dort wo das Tor fiel und wo Müller stand, dass dort irgendwie ein freier Raum herrscht.
17:03Und da ist eine Möglichkeit für Klose und nochmal für Klose und 2-0 und er ist WM-Rekordtorschütze.
17:12Brasilien ist schwindelig gespielt durch einen 36-jährigen Stürmer.
17:19Deutschland führt mit 2-0.
17:21Wahnsinn!
17:26Ronaldo ist abgelöst als bester WM-Torstütze aller Zeiten in seinem eigenen Land.
17:32Mit dem zweiten Tor von Klose hat man sich total gefreut, weil man ja die ganze Zeit
17:36wollte, dass Miro Klose diesen Rekord schafft.
17:38Das ging ja wirklich Schlag auf Schlag, wie im Rausch.
18:08Kedira, zu groß!
18:13Es ist eine Demütigung, Brasilien trommelt.
18:22Also sowas habe ich noch nicht erlebt.
18:26Wir sind noch erst in der 29. Minute.
18:29Kedira, Özil, wieder Kedira.
18:33Wahnsinn!
18:34Wahnsinn!
18:35Was geht denn hier ab?
18:39Was geht denn hier ab?
18:415-0.
18:45Deutschland, Brasilien, Klose.
18:495-0.
18:53Deutschland, Brasilien, 5-0.
18:58Es ist wahr.
19:01Sie träumen nicht.
19:03Es ist der 8. Juli 2014.
19:07Müller, 11. Minute.
19:09Klose, 23.
19:10Dann Doppelpack Kroos, der schnellste der Geschichte, 24. und 26.
19:15Kedira, Tor in der 29. Minute.
19:17So richtig wahrnehmen konnte man diese paar Minuten natürlich nicht,
19:22weil das war für uns selber draußen auch ein bisschen unfassbar,
19:26dass das halt eben auch so in der Klarheit irgendwie passiert
19:30und so schnell irgendwie passiert.
19:33Also man unterhält sich auf der Bank eigentlich immer,
19:35aber bei dem Spiel nach den Toren, da haben wir einfach nur so geguckt,
19:39haben dann so rübergeguckt, was passiert hier?
19:42Also wirklich wie in so einem Comic hast du dich so angeguckt.
19:46Und nach dem 5-0 war dieses ganze Stadion leise
19:49und es gab so einen weißen Ball Deutschland-Fans
19:54mitten im gelben Meer Brasilien-Fans.
20:04Pause in Belo Horizonte.
20:06Deutschland führt gegen Brasilien mit 5 zu 0.
20:11Schauen Sie mal und hören Sie mal die Reaktion des Publikums.
20:16Mein allererster Gedanke war, ich weiß nicht, ein Dreivierteljahr zurück,
20:22weil da haben wir in Berlin Deutschland gegen Schwede gespielt,
20:26in einem Qualifikationsspiel.
20:28Wir waren zwar schon qualifiziert für die WM.
20:30Wir haben, glaube ich, eines unserer allerbesten Spiele gemacht in meiner Zeit.
20:35Wir haben in der Halbzeit gegen Schwede 3-0 geführt
20:39und Ibrahimovic lief neben mir in die Kabine rein in der Halbzeit
20:44und hat zu mir gesagt, er hätte noch nie im Leben
20:47gegen so eine gute Mannschaft gespielt wie Deutschland.
20:50Sie haben überhaupt keine Chance und es ist völlig aussichtslos.
20:54Dann haben wir es 4-0 gemacht in der 60.
20:57Und am Ende ging das Spiel 4-4 aus.
21:00In 30 Minuten haben wir völlig den Vater verloren
21:05und sind in so einen Negativlauf reingekommen.
21:09Ich konnte irgendwie gar nicht mehr reagieren.
21:11Und das war mein erster Gedanke.
21:13Gott sei Dank habe ich das mal irgendwie erlebt im Spiel.
21:17Wir hätten auch schon 4-0 geführt.
21:20Als die deutsche Mannschaft mit 15-0 in die Kabine ging,
21:23da war uns natürlich allen klar, die Messe ist gelesen,
21:28Deutschland steht im Finale.
21:31Ich bin einmal kurz reingegangen, um zu pinkeln in der Pause.
21:36Da war natürlich überall diese Stimmung so,
21:39geil, was geht hier ab, also total gelöst.
21:43Und danach muss ich aber sagen,
21:45ich habe immer draußen Fußball gespielt
21:48und habe Flugbälle mit André Schürrle gespielt
21:50zu einer kleinen Halbzeitshow.
21:54Wenn ich schon bei einer Fußball-Weltmeisterschaft dabei sein darf,
21:58dann möchte ich die Zeit nicht in der Kabine verbringen,
22:01sondern gucke dann, dass ich in der Halbzeit
22:03möglichst viel auf dem Platz mache.
22:05Und deswegen war ich gar nicht in der Halbzeit drin,
22:07sondern habe Fußball gespielt.
22:10Und was ich zur Mannschaft gesagt habe,
22:12das war, glaube ich, am Ende in dieser Halbzeit
22:15so wenig wie niemals zu erwarten.
22:18Ich glaube, es waren nur drei oder vier Sätze.
22:21Und ich habe gesagt, wenn einer von uns
22:24irgendwie anfängt, ein bisschen Theater zu machen,
22:27den Gegner lächerlich machen will,
22:30nicht mehr mit der absoluten Seriösität spielt,
22:33wie es bislang war,
22:35der wird definitiv im Finale, falls wir da reinkommen,
22:39definitiv nicht dabei sein.
22:42Und das halbe Dutzend ist voll.
22:45Das ist André Schürrle.
22:476 zu 0 für Deutschland gegen Brasilien.
22:55Und das war's für heute.
22:57Wir sehen uns nächste Woche wieder.
22:59Bis dahin!
23:11Schürrle.
23:137 zu 0.
23:157 zu 0.
23:17Doppeltorschütze nach seiner Einwechslung.
23:20André Schürrle.
23:22Kam in der 58. Minute.
23:30Im Fußball soll man jetzt nicht irgendwie was völlig ausschließen.
23:35Aber es war schon ein Jahrhundertsieg.
23:38Wahrscheinlich wird es bei einem Turnier
23:41ja nicht mehr in der Höhe passieren,
23:44dass ein Halbfinalspiel irgendwie in der Höhe ausgeht
23:47und entschieden wird.
23:49Das kann ich mir jetzt nicht vorstellen,
23:52dass es irgendwann passiert,
23:54weil die Mannschaften sind ja alle mittlerweile,
23:57gerade im Viertelfinale, im Halbfinale,
24:00auf einem wahnsinnig ähnlichen Level und Niveau.
24:04Dass das nochmal passiert ist,
24:06war wirklich, glaube ich,
24:08jetzt mal die Ausnahme für die nächsten Jahrzehnte.
24:13Jetzt vielleicht.
24:15Ja.
24:177 zu 1.
24:20Ich möchte fast sagen, Gott sei Dank.
24:34Und das Spiel ist beendet.
24:36In diesem Augenblick.
24:38Der Freistoß wird nicht mehr ausgeführt.
24:41Deutschland ist im Finale der WM 2014.
24:47Wir sind nach dem Spiel mit dem Bus
24:50durch Belo Horizonte gefahren, zum Flughafen.
24:53Eine Stunde.
24:55An der ganzen Strecke zum Flughafen
24:58standen Abertausende Brasilianer.
25:01Kinder, ältere Leute, Frauen.
25:04Alle in ihren Trikots.
25:06Es fängt ja immer so an,
25:08dass man enttäuscht ist, traurig ist.
25:11Dann ist man wütend als Fan.
25:13Und diese kurze Wut,
25:15die lädt sich dann nicht an der Mannschaft,
25:18weil das Spiel noch zu lange lief.
25:20Und dann ist die Wut wieder
25:22in ein bisschen Trauer und Fassungslosigkeit umgeschlagen.
25:26Und das fand ich total schön.
25:28Es ist ein Applaus für uns Deutsche geendet.
25:312014, speziell wegen des 7-zu-1, war die Krönungsmesse
25:35für die Generation um Schweinsteiger und Podolz.
25:38Die 2004 angefangen hat das Nationalspiel,
25:4110 Jahre vorher, auch Lahm.
25:43Auch für den Bundestrainer Joachim Löw,
25:46der schon 8 Jahre im Amt war.
25:48Immer sehr weit, kam aber nie weit genug.
25:53Für mich war dieses 7-zu-1 als singuläres Ereignis
25:57eine absolute Zäsur, was mein Leben als Fußballfan angeht.
26:01Wenn man als Kind in den 90ern angefangen hat,
26:04Fußballfan zu sein und diesen ganzen Weg
26:07mit der Nationalmannschaft mitgegangen ist,
26:10mit dem Sommermärchen.
26:12Für mich war das ein langes Turnier.
26:14Von Durban in Südafrika bis nach Rio de Janeiro.
26:17Das war eine fantastische Zeit.
26:19Und dann gewinnt Deutschland erst 7-zu-1 gegen Brasilien
26:22und dann diesen Titel in Brasilien.
26:24Das ist für mich der Höhe- und Scheitelpunkt gleichermaßen.
26:27Besser, schöner und toller Fußballfan
26:29und Fan der deutschen Nationalmannschaft zu sein,
26:32wurde es nie wieder und kann es auch nie wieder sein
26:35für unsere Generation.
26:37Das Erste, was mir in den Kopf kommt,
26:39wenn ich an 2014 denke, ist der Sommer meines Lebens.
26:42Wir waren insgesamt 50 Tage in Brasilien.
26:45Mit dem maximal größten Erfolg,
26:47den man als Sportler haben kann.
26:49Eigentlich kann ich mich nur an Freude erinnern.
26:54Wir wissen, um was es geht.
26:56Dass es nur ein Schritt war, um einen großen Titel zu holen.
27:00Und dass unsere Spieler jetzt,
27:02nach einigen Turnieren, die sie gespielt haben,
27:05nach einigen superschönen Siegen und Spielen,
27:08nach einigen Enttäuschungen,
27:10jetzt reif sind, um Weltmeister zu werden.
27:13Das war für mich irgendwie zu spüren.
27:16Jetzt sind die Jungs reif,
27:19weil niemand völlig austickt nach einem 7-1.
27:24Und jeder weiß, unser allerwichtigstes Spiel kommt.
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